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71 ug &cr Qd)wc(t unt) ^erfc^icbencg Prof. Dr. Karl von Goebel p Ein Jahr nach seinem Übertritt in den Ruhestand ist von Goebei im 78. Lebensjahr in den ersten Oktobertagen dieses Jahres ver= storben, plötzlich und unerwartet herausgerissen aus der Tätigkeit, die dem hochbetagten, aber rastlosen Forscher das Amt des Präsi= denten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften auferlegte. Mit ihm ist einer der Größten in der botanischen Wissenschaft von uns gegangen, anerkannt nicht nur in unserem Vaterland, anerkannt auch von der Wissenschaft des gesamten Auslandes. Von Goebels Verdienst um den deutschen Gartenbau ist vor zwei Jahren gelegentlich der Vollendung seines 75. Lebensjahres ge- bührend gewürdigt worden (Juniheft 1930). Er fühlte sich zum Garten= bau hingezogen, weil dessen züchterischen Leistungen, besonders in bezug auf das Gebiet des Zierpflanzenbaues, die Lehre von der Ge= staltung der Pflanze (Morphologie) stützen, von Goebels Lebenswerk ist ja doch das Studium der morphologischen Veränderungen der einzelnen Pflanzenorgane, wie es seinen Niederschlag in dem be= deutendsten Werk „Die Morphologie der Pflanzen" gefunden hat. Grundlage bildet die Erkenntnis, „daß die Pflanzen, wie alle anderen Organismen, auf äußere Einwirkungen nicht immer gleich reagieren, einerseits weil ihr innerer Zustand, von dem die Wirkung abhängt, ein wechselnder ist, andererseits weil die verschiedenen Formen von vornherein verschieden plastisch sind". Als äußere Ein- Wirkungen fassen wir die Außen« oder Umweltfaktoren zusammen, wie sie im Boden mit seiner Zusammensetzung in chemischer, phy« sikalischer und biologischer Beziehung, im Klima usw, zum Ausdruck kommen. Beachtet man die Mannigfaltigkeit der äußeren Einflüsse, die relativ leichte Möglichkeit, Änderungen eintreten zu lassen, vor allem auch im Experiment, dann wird man erkennen, daß die Morphologie ein weites Arbeitsgebiet bedeutet, daß die Voraussetzungen für derartige Arbeiten keine unüberwindlichen sind,- „eine Pflanze, ein Topf mit Erde und eine Fragestellung genügen, um Beobachtungen über Veränderungen an der Pflanze anstellen zu können". Man muß allerdings beobachten und erkennen können. Die Pflanze in ihrem Wachstum und ihrer Entwicklung ist das Produkt der Umwelt,- auch die Pflanzen, die der Mensch in Kultur genommen hat. Änderungen in der Einwirkung der Umweltfaktoren rufen Ver« änderungen in dem normalen oder in dem vom Menschen erstrebten Entwicklungsverlauf der Pflanzen hervor,- es handelt sich um Abweichungen, die wir als Krankheiten bezeichnen. So wird von Goebels Morphologie zu einem Teil des Fundamentes der modernen Phytopathologie = Pflanzenheilkunde. Ihre Bedeutung ist umso größer, je mehr der Pflanzenarzt zu der-Auflassung neigt, daß in sehr vielen, wenn nicht den meisten Fällen die durch Veränderung der Umweltfaktoren hervorgerufene Abweichung vom normalen Lebensverlauf erst ein Befall durch pflanzliche oder tierische Parasiten ermöglicht. So wird von Goebel auch zum Förderer der Pflanzenheilkunde. Von Goebel war ein ausgezeichneter Lehrer, dessen Bestreben dahin ging, seine Vorträge und Vorlesungen durch Anschauungsmaterial den Hörern verständlich zu machen und bei ihnen die Liebe zur Botanik zu fördern,- das weiß der am besten zu beurteilen, der mit ihm als Vorlesungsassistent zu arbeiten hatte. Er war ein scharfer Beobachter, mit dem zu wandern ein Vergnügen war,- gerade auf den Ausflügen lernte man den For= scher besonders kennen. Dankbar ist er dem Schicksal gewesen für alles das, was er im Laufe seines langen, arbeitsreichen Lebens hat erschauen und erkennen können. Diesen Dank kleidete er bei der Feier seines 75. Ge- burtstags in seiner Dankesrede in Goethes Wort aus Faust, II. Teil: Ihr glücklichen Augen, Es sei wie es wolle — Was je ihr gesehen, Es war doch so schön! Prof. Dr. Ludwigs. Heinrich Benary t Wie schon in der letzten Nummer der „Gartenflora" mitgeteilt wurde, starb am 15. November d. J. nach kurzer Krankheit der Gärtnereibesitzer Heinrich Benary im Alter von kaum 49 Jahren. Der so uner« wartet entschlafene Mitinhaber der Firma Ernst Benary, in deren Leitung er seit 25 Jahren tätig war, ist der Sohn John Benarys und der Enkel des Gründers der Firma Ernst Benary. Nachdem er das Erfurter Gymnasium verlassen hatte, lernte er zunächst praktisch in Erfurt und Quedlinburg und studierte dann Botanik. Nachdem er mehrere Jahre der engste Mitarbeiter seines Vaters gewesen war, übernahm er nach dessen Tode die Leitung der Gemüsesamen-Abteilung. 25