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Rehnelt: Zur Erdbeerkultur. Die Kultur der großfrüchtigen Gartenerdbeeren datiert seit Einführung der amerikanischen Erd- beerarten, während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Essind dies Fragariagrandiflora, die Ananas», F. virginiana, die Scharlach», und F. chiloensis, die großfrüchtige oder Chilierdbeere. Diese Vorfahren stammen zum Teil aus Klimaten mit schneereichen oder milderen Wintern. Die Gartenerdbeeren gelten zwar als winterhart, es ist aber bekannt, daß in strengen Wintern und bei Kahlfrost manche Sorten auswintern. Besonders frostempfindlich sind Sorten, die durch dicke, dunkel» grüne, auf kurzen, straffen Stielen stehende Belaubung ihre Abstammung von der Chilierdbeere ver» raten. Als Beispiel kann die allgemein verbreitete „Mad. Moutöt" dienen. Um ihren Erdstamm vor Frost möglichst zu schützen, pflanze man etwas tiefer als gewöhnlich und umgebe die Pflanzen im ersten Jahr mit Torfdünger oder kurzem Stallmist. Das Herzblatt soll frei bleiben. Auch wenn der Frost nicht zum Absterben der Pflanzen führt, kann Schaden entstehen. Das zunächst noch normale Wachstum läßt schon vor Beginn der Blüte nach, der Fruchtansatz ist gering, die Beeren sind größtenteils verkrüppelt. Es kann angenommen werden, daß das auffallend häufige Versagen der sogen. „Elefanten"» oder „Hindenburg"»Erdbeeren, alles „Mad. Moutöt", auf Frostwirkung des hier vollkommen schneelosen Winters mit starken Frühjahrsfrösten zurückzuführen ist. Hebt man eine derartig verkrüppelte Pflanze aus dem Boden, so ergibt sich, daß der mittlere Stammteil gebräunt und abgestorben ist und nur dessen seitliche Verzweigungen grünen. Die Gartenerdbeere liebt freie, sonnige Lage, tiefgründigen, nahrhaften Garten» oder Weizenboden und öftere Verjüngung, Wer darauf Wert legt, alljährlich reiche Erdbeerernten zu haben, lege jedes Jahr eine neue Pflanzung an und beseitige die abgetragene sofort nach der Ernte. Abkömmlinge der Chilierdbeere sind früher erschöpft als Sorten mit hellgrünem Blatt auf dünnem, leicht biegsamen Stiel, eine Eigenschaft der Scharlacherdbeere. Man soll Erdbeerkulturen nicht älter als 3 Jahre werden lassen, doch gibt es Ausnahmen. In meinem schweren Gartenboden, der 1917 noch Hochwald war, zog ich früher die starkwachsende Sorte „Zuckerkönigin", ohne daß nach 5 Jahren ein Nachlassen des Ertrages zu bemerken war. Die beste Pflanzzeit ist August bis Anfang September mit jungen Ausläuferpflanzen von Stöcken, die man während der Ernte durch beigesteckte Stäbe als reichtragend auszeichnete. Durch eine solche Auslese werden die vorwiegend männlichen oder weiblichen Pflanzen mit ungenügend befruchteten und deshalb verkrüppelten Früchten ausgeschieden. Um möglichst reiche Bewurzelung zu erzielen, umgibt man die Mutterstöcke mit Torfdünger, Kompost oder Misterde. Man kann auch die Pflanzen früh» zeitig von den Schnüren entfernen, in Stecklingstöpfe setzen und unter Glas einwurzeln lassen. Ein weiteres Verfahren besteht darin, daß man die pflanzenbildenden Knoten mit Häkchen auf Töpfe mit nahrhafter Erde Befestigt, die in den Boden eingelassen sind. Die Mehrarbeit macht sich durch un= gestörtes Weiterwachsen auch bei trockenem Herbstwetter und größere Tragbarkeit im nächsten Jahre bezahlt. Früher war es üblich, das für Erdbeeren bestimmte Land ausgiebig mit Stallmist zu düngen, und man pflanzte auf 35—40 cm Entfernung. Unsere neuen, großfrüchtigen Sorten, von denen „Oberschlesien" als weitaus die beste gelten kann, brauchen mehr Raum zu ihrer Entwicklung. Man pflanzt auf 80cm. Bei derartiger Pflanzweite kann der Stallmist von den jungen Setzlingen nur zum kleinen Teil ausgenützt werden. Man düngt darum besser schon im Herbst zuvor oder auch erst im zeitigen Frühjahr und setzt nach der Stallmistgabe Frühkartoffeln. Ende Juli, spätestens Anfang August, ist das Land für die Erdbeeren frei. Nach der erforderlichen Bodenbearbeitung streut man 3 — 4 kg Nitrophoska oder die Hälfte Hakaphos. Dieser Dünger wird 8—14 Tage vor der Pflanzung gegeben und leicht untergeharkt. Eine Zwischenkultur im folgenden Jahr ist Zwiebel-Reihensaat frühzeitig in das vorher nicht gelockerte Land. Wenn im Nachsommer das Wachstum der Erdbeeren einsetzt, sind die Zwiebeln bereits geerntet oder doch niedergetreten. Über Erdbeerdüngung und die geeignetste Zeit der Anwendung gehen die Meinungen auseinander. Man wird aber nicht fehlgehen, wenn man die Hauptnahrung im August in Verbindung mit dem Reinigen der Anlage von Unkraut, Holzwolle, Ranken, Entfernen der schlechten Blätter und Auf» lockern des festgetretenen Bodens gibt. Pro Stock gebe ich dann 40 —50g Ammoniak=Superphosphat um die Pflanze gestreut und flach untergehackt. Eine schwache Nachdüngung erfolgt dann im Laufe des Septembers. Dann nichts mehr. Frühjahrsdüngung mag in leichten Bodenarten erforderlich sein, sonst bekommt man bei feuchtem Wetter zuviel Blätter und den Grauschimmel an die Beeren.