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------- 62 I - -«stand äus einigen, und achtzig Musiker« und Sängern, und die Ausführung ivar für ein aus so vielen, unter einander fremden Theilen bestehendes Ganzes, und nach einer einzigen Hauptprobe recht brav. Die allge meine und heilige Stille, die wahrend der ganzen Musik durch die doch ziemlich große Versammlung Herrschte, war Beweises ge nug von der Aufmerksamkeit und Zufrieden heit der Zuhörer, deren gewiß keiner, wenn er anders einiges Gefühl hatte, ungerührt blieb,' welches ohnehin überall, wo man diese vortreffliche Komposition hörte, der Fall war. In einer — für Plauen freilich nicht gar zu ehrenvollen — Hinsicht möchte sich indeß die hiesige Aufführung doch wohl vor — oder vielmehr hinter— allen bisherigen auszeichnen, und dieser Umstand verdient es, schon seiner Emzigheit wegen, als lustige Anekdote für die Geschichte der Musik, und als rraurlger Vertrag zur tr>e,a)lcyre der Lus- klarung, weiter verbreitet und selbst unfern Nachkommen überliefert zu werden, damit sie wissen, daß im Jahr 1822 das Geschlecht der Abderiten auch hier noch nicht völlig ausgestorben war. Es gab nämlich meh rere, welche diese Schöpfung eine Comö- die und das dazu errichtete Orchester ein Theater nannten, und daher ach und weh ausriefen, daß von dem hiesigen würdigen Herrn Superintendent tVt. Tischer und einem Hochedl. Rath die Stadtkirche zur Auffüh rung bewilligt worden war und dieß Heitig- thum auf eine solche Art entweiht werden sollte. Armer Haydn, das hattest du dir wohl nicht vorgestellt, als du jedesmal nur nach einem herzlichen Gebete zu Gott an diese heilige Arbeit giengst, daß man, auch nur im dunkelsten Wmkel deines Vaterlandes, je glauben würde, daß durch diese himmlischen Gesänge zu Gottes, des Weltenschöpfers, Lobe, ein christlicher Tempel entheiligt wer den könnte! — Und hier glaubte man es doch und Obrigkeit, Religionslehrer, und alle Verständige, welche d,e Sache geneh migten, billigten und förderten, wurden schändlich verlästert, als ob sie den ab scheulichsten Greuel unterstützten. Wäre dieß Benehmen, als Folge eines durch Unkunde und Jrrthum bewirkten Heiligen Eifers, auch noch verzeihlich gewesen: so hörte es dieß jedoch zu seyn auf, da alle Befferumerrichtete sich bemühten, durch Vorstellungen und verbreitete Texte jenen Menschen das Verstandniß zu öffnen; da man versicherte, daß fast überall, selbst an Orten, wo man große Concertsääle Hat, z. B. in Dresden und Leipzig rc. diese Musik doch in Kirchen aufgesührt worden sey, theils um dadurch ihre Wirkung zu erhöhen, theilö aber auch, weil sie ihres religiösen In halts wegen eigentlich nur dahin gehört; da endlich sogar von der Kanzel verkündigt wurde, daß der Inhalt dieses Oratoriums nur aus Bibelstellen und geistlichen Arien bestehe, ganz wie unsere gewöhnlichen Kir chenmusiken beschaffen sey, und das Ganze ohnfehlbar die Absicht und Wirkung habe, die Menschen zum Lobe ihres Gottes zu er muntern. Denn da auch nach diesen Ver suchen, während sie die Besserdenkenden un ter jenen Irrenden zur Besinnung zurück brachten, die Lästerungen der übrigen noch nicht nachließen: so sah man deutlich, daß eine falsche Religiosität, die den Schein ei nes