V. Die beiden Modi der Gerbstoffbildung. Problem des Ursprungs des Gerbstoffs. 1. Gerbstoffbildung in nichtgrünen Geweben und in Abwesenheit des Lichtes. In den bisherigen Betrachtungen über den Gerbstoff haben wir den Bildungsprozess desselben in den Blättern und im Licht in den Vordergrund gestellt, weil er ohne Zweifel der ausgiebigste ist. Er ist aber keineswegs der einzige. Wir haben wiederholt bei unseren Untersuchungen über das Schicksal des Gerbstoffs Gelegenheit gehabt, das Neuauftreten von solchem in nichtgrünem, unbeleuchtetem Ge webe zu konstatiren. Prinzipiell genommen ist dieser letztere Vor gang ebenso wichtig als der erste, und er muss hier zunächst noch einmal im Zusammenhang gewürdigt werden. Das genannte Auftreten in farblosen Geweben im Dunkel wurde festgestellt 1. beim Dunkeltreiben der Bhizome in diesen selbst (Versuchs reihe XIII), 2. ebenso beim Dunkeltreiben der Zweige (Versuchsreihe XVI, 2), 3. nicht minder aber auch in den sich neu bildenden Theilen im I. und 2. Fall. Dass der Gerbstoff im Falle 1 und 2 durch Stoff wechselvorgänge an Ort und Stelle erzeugt wird, ist klar. Dagegen könnte im 3. Falle die Möglichkeit Erörterung finden, ob der in den wachsenden Dunkeltrieben hervortretende Gerbstoff nicht aus den Rhizomen bezw. Zweigen eingewandert sei. Der Umstand, dass in den Mutterorganen der Gerbstoff unvermindert erscheint, eventuell sogar vermehrt ist, beweist noch keineswegs sicher, dass der in den neuen Organen auftretende nicht aus ihnen beigeleitet sei; das Ver suchsresultat müsste ja dasselbe bleiben, wenn die Erzeugung des Gerbstoffs im Mutterorgan (Rhizom, Zweig) so energisch wäre, dass die Auswanderungsmenge gedeckt oder überboten würde. Aber gegen diese Auffassung sprechen doch meines Erachtens zwei triftige Gründe: ein anatomischer. Das Auftreten des Gerbstoffs in den jungen Blättern und Vegetationsspitzen ist keineswegs der Art, wie man es bei einer Zuleitung erwarten müsste. Wir werden darauf noch später zu sprechen kommen.