IV. Der Gerbstoff in den Holzgewächsen. Uebersicht der Verhältnisse. Winterruhe der Zweige, immergrüne Blätter. Knospenentfaltung im Frühling, Antheil der Zweige. Die Blätter im Sommer und der Blattfall. Der Gerbstoff im Stamm. Gerbstoffhaltige Samen
30 IV. Der Gerbstoff der Holzpflanzen. pilionaceen-Früchte (Phaseolus) zugleich gerbstoffleer sind, während sich in allen braunen Geweben deutlich Grün- oder Blaufärbung mit Eisensalzen einstellt. Wahrscheinlich ist der braune Stoff das Derivat des schon in der lebenden Pflanze vorhandenen Gerbstoffs. Häufig ist in der lebenden Pflanze der Gerbstoff nur auf bestimmte Zellen beschränkt und diffundirt erst nach dem Tode der Zelle in die Um gebung. So findet sich z. B. in der fast reifen, aber noch saftigen Zapfenschuppe der Cypresse Gerbstoff nur in der Epidermis, der darunter liegenden Zellreihe, im Mittelgewebe aber nur in zerstreuten einzelnen Zellen, endlich um die Harzgänge kranzartig angeordnet. In der reifen Schuppe ist das ganze dünnwandige Gewebe braun und gerbstoffhaltig.« Das hier Gesagte gilt auch für die Blätter. Mit dem Gedanken, dass der Gerbstoff auch in den abfallenden Pflanzentheilen noch bedeutungsvoll sein könne, verträgt es sich auch, dass die hinfälligsten Pflanzengebilde oft recht gerbstoffreich sind: die Knospenblätter, Stipeln und Blumenblätter, die zarten, hinfälligen Blätter in den austreibenden Knospen von Rhododen- dron, von Catalpa und Carya aquatica. Für Blumenblätter stehen mir eine Anzahl Analysen zu Gebote. 50 Rosenblätter (Jaqueminot) hatten 92 mg Gerbstoff, 100 Co rollen des persischen Flieders 73 mg. Blüthenblätter der Ross kastanie enthielten in zwei Bestimmungen das eine mal 2,0, das andere mal 2,5 % Gerbstoff. Aus 100 Corollen von Syringa vulgaris (ziemlich hell gefärbt) erhielt ich 4,7 %, aus den Blumenblättern von Paeonia officinalis sogar 19,5 % Gerbstoff. — Die in der vorliegenden Versuchsreihe unter n. 2 aufgeführten Zahlen über den Gerbstoffgehalt herbstrother Blätter geben uns nun auch Anlass, an die viel berührte*) Frage über den Zusammenhang des Gerbstoffs und Erythrophylls der Herbstblätter heranzutreten. Am deutlichsten hat sich immer Wigand dafür ausgesprochen, dass das »Erythrophyll« direkt oder indirekt aus Gerbstoff hervor gehe; letzthin noch in den Marburger Bot. Heften II. 1887 S. 227 ff. Präcis sagt er S. 232: »Nicht der Gerbstoff an sich stellt das Chromogen des Erythro phylls dar, sondern das Chromogen geht unmittelbar aus dem Gerb stoff hervor und ist mit demselben noch so nahe verwandt, dass es *) Zuletzt z. B. Biblioth.botan. Heft II, 4 886, S. 13 f. — Tübinger Arbeiten 11,311.