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faßte Gebrauchsanweisung beigefügt. Der Angeklagte bringt eben falls Tabletten zu gleichem Zwecke, aber unter anderer Bezeich nung in den Handel. Er hat die Gebrauchsanweisung des 1)>-. G. fast wörtlich nachgedruckt und verbreitet sie mit seinen Tabletten. Das Landgericht hat festgestellt, daß die nachgedruckte Gebrauchsanweisung sich darstellt als das Ergebnis eigener geistiger individueller Tätigkeit ihres Verfassers und in knapper, klarer Form eine kurze Anweisung gibt, wie sich nach den neuesten klinischen Erfahrungen eine solche Kur am einfachsten und zweck mäßigsten gestalten soll. Auch Diätvorschriften enthält die An weisung. Wenn solche für die fragliche Krankheit auch schon längst in Lehrbüchern dargestellt und bekannt sind, so wird doch diese Gebrauchsanweisung dadurch nicht des Charakters eines auf individueller geistiger Arbeit beruhenden Schriftwerkes entkleidet, denn diese Anweisung ist nicht eine getreue Abschrift aus Lehr büchern, sondern auf Grund medizinischer Kenntnisse und Er fahrungen nach reiflicher Überlegung in eine knappe und klare Form gebracht worden, die sie kennzeichnet. Als Urheber sieht das Gericht den vr. G. und den Chemiker N. an. Wenn dem letzteren auch die klinischen Kenntnisse abgehen, so kann er doch bei der Formgebung des Schriftwerkes gestaltend mitgewirkt haben. Darauf, ob er Verfasser ist (er allein hat Strafantrag ge stellt), kommt es nicht an, denn er ist Herausgeber des ohne den Namen des Verfassers erschienenen Schriftwerkes. — Die Revi sion des Angeklagten, der insbesondere die Berechtigung des Chemikers R. zur Stellung des Strafantrags bestritt, wurde vom Reichsgericht als unbegründet verworfen. Lentze. * Reichsstempelsteucr. Beleuchtungssteuer. — Der Reichs tag hat am 25. d. M. die Reichsstempelsteuer (Umsatzsteuer für Immobilien) mit 174 gegen 161 Stimmen bei einer Stimm enthaltung angenommen. Weiter nahm er in derselben Sitzung auch die Beleuchtungssteuer an. * Zur Reichsfinanzreform. — Die Finanzkommission des Reichstags lehnte am 25. d. M. den Stempel auf Feuer versicherungspolicen ab. Der Scheck st empel wurde an genommen. * Das Kaiserpreissingen in New -)ork. — Bei dem Kaiserpreissingen am 22. Juni, an dem zahlreiche deutsch-ameri kanische Gesangvereine teilnahmen, errangen das »Kreutzerquartett« und der »Jungmännerchor« den Kaiserpreis, da sie beide die gleiche Punktzahl erhielten. Als Preislied war Matthieu Neu manns Festchor »Warnung vor dem Rhein« gewählt worden. Deutsche Reichsbank. — Die von dem Reichskanzler be rufene außerordentliche Generalversammlung der Reichsbank anteilseigner fand am 24. Juni vormittags ll'/z Uhr im Reichs bankgebäude in Berlin statt. Der Vorsitzende, Präsident des Reichsbankdirektoriums Wirklicher Geheimer Rat Ha Venstein erläuterte den Gegenstand der Tagesordnung, die Beschlußfassung über den von dem Reichstage in dritter Beratung beschlossenen Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Bankgesetzes vom 14. März 1875. Nachdem in der Diskussion die — auch vom Zentralausschuß empfohlene — Annahme von mehreren Seiten befürwortet worden war, wurde zur Abstimmung durch verdeckte Stimmzettel geschritten. Es ergab sich, daß die Abänderung der in Betracht kommenden Vorschriften des Bankgesetzes einstimmig angenommen und einer dem Artikel 7 des Gesetzentwurfs ent sprechenden Abänderung des Statuts der Reichsbank ebenfalls mit Stimmeneinheit zugestimmt wurde. (Deutscher Reichsanzgr.) Anschaffung wissenschaftlichen Materials für spanische Universitäten. — Durch Königliche Verordnung ist die spanische Regierung, wie bereits in früheren Jahren, ermächtigt worden, den Universitäten Barcelona, Granada, Madrid, Oviedo, Sala- insgesamt eine Summe von 200 000 Peseten zur Anschaffung von wissenschaftlichem Material zur Verfügung zu stellen. Es kommen vorzugsweise Gegenstände für die medizinischen, klinischen, natur wissenschaftlichen, physikalischen, chemischen und pharmazeutischen Zwecke der Universitäten in Frage. Man wende sich an die Dekane der betreffenden Fakultäten. (LI 8r. vsoano cke 1a Laoultack Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. äs ) (Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Madrid.) (Aus den im Reichsamt des Innern zusammen gestellten »Nachrichten für Handel und Industrie«.) Das Sehtelephon (?). — Wie den »Leipziger Neuesten Nachrichten« aus Kopenhagen mitgeteilt wird, berichtet die dort erscheinende Zeitung »Politiken« über eine beachtenswerte Er findung zweier Brüder Andersen, mittels deren Anwendung es möglich sein soll, durch das Telephon nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen. Die Erfinder haben die Grundgedanken ihrer Er findung der Redaktion des Kopenhagener Blattes dargelegt; allein, da die Erfindung zur Patentierung angemeldet ist, so entzieht sich ihre Technik vorläufig der öffentlichen Mitteilung. Was »Politiken« mitteilen kann, ist dies, daß vermöge einer überaus einfachen Konstruktion das Bild ebenso schnell und sicher durch das Telephon vermittelt werden soll, wie jetzt der Laut. Und zwar kommen bei der Erfindung nicht, wie bei Pro fessor Korns telegraphischer Bilderübermittelung oder bei der Erfindung der französischen Gebrüder Velin, fremde Körper in Anwendung, die mit dem Apparate in Verbindung gesetzt werden; das Bild entsteht nicht auf photographischem oder- mechanischem Wege durch Punkte oder Striche oder durch An wendung von Farbe, sondern es ist gleichsam eine Lichtüber tragung durch die eigenen Farben und Bewegungen der Natur, bloß in verkleinertem Maßstabe. Der Apparat wird durch einen Kontakt in Verbindung mit der Telephonleitung gesetzt, und nun kann man abwechselungsweise den Laut- oder den Lichtstrom durch die Leitung gehen lassen. Hat der, mit dem man spricht, einen entsprechenden Apparat, so ist die Verbindung herzustellen. Man kann sich dann im Telephon selbst dem andern zeigen, oder man kann dem, der am andern Ende des Drahtes sitzt, die Gegenstände vor Augen führen, um die es sich handelt, wie z. B. Schriftstücke, Warenproben, Maschinen in Tätigkeit und dergleichen mehr. Und da der Apparat nicht unmittelbar neben dem Fernsprecher zu stehen braucht, sondern auch im weiteren Umkreise eines Raumes benutzt werden kann, wenn nur der Kontakt hergestellt wird, so eröffnen sich dieser Erfindung reiche praktische Verwendungsmöglichkeiten. DieRedaktion von»Politiken« gesteht, daß sie die Darlegungen der Gebrüder Andersen zuerst mit großem Mißtrauen erfüllt hätten. Sie zog daher einen an gesehenen Ingenieur zu Rate, den die Erfinder nach anfäng lichem Zögern in die Geheimnisse ihrer Erfindung einweihten. Daraufhin hat dieser Ingenieur erklärt, daß der der Erfindung zugrunde liegende Gedanke neu und von genialer Einfachheit sei; inwieweit er sich praktisch verwirklichen lasse, konnte er natürlich nicht beurteilen. Die beiden Andersen, zwei Männer von 28 und 30 Jahren, sind Söhne eines Sattlermeisters aus Odense, die sich bereits durch eine Anzahl kleinerer Erfindungen bekannt gemacht und seit 8 Jahren an ihrer neuen großen Erfindung gearbeitet haben. (Nach: Lpzgr. Neueste Nachrichten.) * Darwin - Gedenkfeier in Cambridge. — Die Feierlich keiten zum Gedächtnis von Charles Robert Darwin (1809— 1882) haben am 22. d. M. an der Universität Cambridge ihren Anfang genommen. Bom schwedischen Bnchgewerbeverein. — »Lörouin^en kor dokbanät.vtzrk« hielt am 19. Juni d. I. im »Lavillon tor LoiLtmmit- verlr« der am 4. Juni eröffneten großen schwedischen Kunst gewerbeausstellung in Stockholm seine Hauptversammlung ab. Zum Vorsitzenden wurde Bibliothekar C. Grönblad gewählt. Der Sekretär machte Mitteilung darüber, welche Arbeiten der Verein gegenwärtig zur Herausgabe in Vorbereitung hat. Das Verzeichnis über schwedische Bucheignerzeichen (Exlibris), das der Verein im An schluß an seine im vorigen Jahre veranstaltete Exlibrisausstellung hat ausarbeiten lassen, liegt zum Versand an Mitglieder bereit. In Kürze wird auch der Neudruck der Komödie »IRisbe« von Magnus Olai Asteropherus (um 1620), die als das erste schwedische Drama anzusehen ist, in einer von Dozent Ernst Meyer besorgten Ausgabe fertig sein. Der Verein gibt, soweit möglich, jährlich ein Buch heraus, das Interessen des Kunsthandwerks berührt und, falls solches nicht zu Gebote steht, auch andere interessante 998