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schaffen — und selb!? unsere Gesundheit sichern könnten. Dmn will man das leugnen, was durch so viele Beispiele bewährt worden ist? Sind nicht hundert Fälle von lebendig begrabe» nen Personen in einem dem Könige von Preußen gewidmeten Buche unter dem Titel: Achtung den Scheintodten Halle 1820 mit Benennung des Orts und der Personen ausgezeichnet, die jeder nur äesen darf, wer noch daran zweifeln wollte ? Stand nicht in den Baireuther Zei tungen neulich noch folgende empörende Ge schichte: „No. i8r. Montags den Sept. „>820. Brüssel, den 5. Sept. Ohnlängst „kam ein hiesiger Gastwinh Abends spät mit „ seiner Frau von einem Spaziergang nach Hau- „se, und fiel neben ihr sinnlos zur Erde. Ei- „nige Augenblicke darnach hielt man ihn, selbst „nach der Erklärung der Aerzte, für wirklich „ todt. Am folgenden Tag legte man ihn m ei- „nem Sarg von Eichenholz, schraubte ihn zu,, „und brachte ihn in eine Capelle, in welcher die „ Tobten gewöhnlich so lang verwahrt werden, „ bis man sie außerhalb der Stadt bringt. Vor- „ gestern hörten die in der Nachbarschaft dieser „Capelle wohnenden Leute ein immer stärker „ werdendes Gepolter in derselben. Sie zelgrrn „cs dem, der die Schlüssel zu derselben in Ver- „ Wahrung hatte, an. Dieser öffnete sie, und „ nun fand man den Sarg an dem einen Ende „ zerbrochen, der Deckel war durch die Gewalt, „die der wieder zu sich gekommene Gastwirch „angcwendet hatte, in die Höhe gehoben, er „ selbst aber schwamm in seinem Blute und hatte „nun wirklich seinen Geist aufgegeben." Wer hat Gefühl genug, um das, was te uer Unglücklichste unter allen Unglücklichen gelit ten haben mag, nur dem kleinsten Theile nach nachzuempfinden? Oder wer bürgt uns dafür, daß nicht diesem oder jenem, daß nicht einem uns lheuren Gegenstände, daß nicht uns selbst ein Schicksal begegnet, dessen bloßes Andenken die Haare emporsträuben macht? In dem er zählten Falle wurde das Gepolter gehört; aber wie kann man cs hören, wenn drei Ellen hoch Erde den Sarg bedecken? Gesezt aber auch die verdickte eingeschloßene Luft unter der Erde hin derte die Wiederkehr des Bewußtseins und Le bens, ist die Furcht vor einem solchen höllischen Augenblicke nicht schon für jeden Sterbenden quälend l Wir lieben die Gegenstände unserer Zärtlichkeit unsere guten Eltern, Gatten und Kinder, sollten wir ihnen nicht diesen lezten Be weis der Fürsorge und Liebe geben, daß wir so gar die wiögllchkeit des Lcbendigbcgrabenwer« den von ihnen abwenden? Ich bin fest über- zeugt, es ist leitender Fall, daß einer lebendig begraben wird und es vergehen vielleicht 50 und mehrere Jahre ohne ein solches Schlachtopfcr der Nachiatzigkeit. Aber find wir diese Vorsicht nicht unserer Beruhigung schuldig? — Man überlege dabei, wie volkreich unsere Stadt ist. Hier, wo alle Häuser voll von Bewohnern sind, wo manche Familie kaum einen leeren Platz hat, wo Eltern, Großeltern, Geschwister und eine Menge Kinder vielleicht nur in einem kleinen Zimmer beisammen wohnen — ist da nicht ein Leichenhauv ein Bedürfnis, däs unter die drin gendsten gehört? Kann man in Abrede sepn, baß— ich komme auf den wichtigen Punkt der Gesundheit — nicht diese darunter leidet, wenn Leichen lange in einem Hause mitten unter den» L»v»»d>grn «usoewahrr werden ? W«»<> verpe stende Krnutpeiten herrschen und die Lebendigen den Leichengeruch einathmeu, ist es da ein Wun der, wenn das tödtende Gist sich^ immer weiter verbreitet und zwei drei Personen aus einem Hause oder in der Nachbarschaft sterben? Ist da ein Leichenhaus nicht das einzige Mittel, um nach und nach Hunderten das Leven zu retten ? — Diese vier Gründe, aus welchen ich damals die Nothwendigkeit eines Leichenhaufes darzustellen ftichte, hatten den Erfolg, daß E.E. Rath all- hier mir die sogenannte alteKirche auf dem Got tesacker überlies, die bisher als ein Aufenthalt von mancherlei Geräthschaften zur Schändung des Gottesackers gereicht hatte. Ich habe die ses Haus in einem solchen Zustand versetzt, und so weit hergestellt, daß es nun recht füglich ein Leichenhaus avgeben kann. Die Kosten dafür betragen freilich etwas weniges über looTblr. und also mehr, als es gekostet haben würde, wenn ich weniger für Anstand und Würde hält« sorgen