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^5 64, 18. Mürz 1S12. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. 3495 Alter hinein jugendfrisch gebliebenen Künstlers, dessen Lebens werk in Tausenden von Blättern, Zeichnungen und Gemälden niedergelegt ist, bekannt und vertraut. Nicht nur die engere Heimat, sein geliebtes Wien, sondern alle österreichischen Städte und Lande hat der Künstler mit beispiellosem Fleitze zum Gegenstand seiner Kunstbetätigung gemacht. Fast drei Menschenalter hindurch, vom Ausgang der zwanziger Jahre bis in den Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts hat des Meisters nimmermüde Hand in der Heimat und auf seinen weiten Reisen durch die Alpen, Dalmatien, Ungarn, Italien, Deutschland, ja selbst bis in die Krim die Natur in der Land schaft ebenso treu nachgebildet wie in den Werken der Bau kunst, und immer wußte er seinen Bildern und Aquarellen, die trotz des Eingehens auf die feinsten Details eine seltene Frische und Leuchtkraft aufweisen, das individuelle Gepräge seines Vorwurfes zu verleihen. Seine Hauptstärke war die Architekturmalerei, und seine Kirchen und Klöster, seine In terieurs wie auch die mit wunderbarer Leichtigkeit hingeworfe nen Straßendilder haben ihn besonders in Deutschland weit mehr bekannt gemacht als seine reinen Landschaften. Ludwig Hebest, der feinsinnige Wiener Kunstschriftsteller, dessen tragi scher Tod noch heute in schmerzlicher Erinnerung ist, war der Berufenste, um das künstlerische Werk Alts in die Form zu kleiden, die seine ganze universelle Kraft und Eigenart er schließen konnte. Nach Hevesis Tode hat der Kunstkritiker K. M. Kuzmany die Vollendung des Manuskripts übernommen, und unter Mitarbeit hervorragender Kunstgelehrter, wie vr. Dörnhöfer und Or. Eder, ist das Werk zu dem geworden, als was es jetzt vorliegt. Textlich ausgezeichnet, frei von je dem kuror bioZrapIiieuo, gerecht und sachlich das Können Alts ein- und adschätzend, illustrativ ganz vorzüglich und mit größter Generosität ausgestattet, so daß man mehr als einmal glaubt, dw Originale selbst vor sich zu haben, wird das Werk als eins der bedeutendsten anzusprechen sein, die in den letzten Jahren dem Schassen eines einzelnen Künstlers gewidmet worden sind. Es enthält 61 Tafeln, davon 31 farbig, 100 Text bilder, davon 6 farbig, und kostet 172.—. Der Vertrieb liegt in den Händen von Artaria L Co. in Wien. Eine ebenfalls sehr interessante Publikation bringt die Hofkunsthandlung von Emil Richter, Dresden, heraus. 30 Handzeichnungen von Professor Richard Müller in vorneh mer Leinwandmappe zu 75.—. Die große Wertschätzung, deren sich die Handzeichnung bei den Kunstkennern und -lieb- habern erfreut, nimmt immer mehr zu und bestätigt die längst erkannte und verfochtene Tatsache, daß gerade in ihr sich der unmittelbarste Niederschlag der künstlerischen Impression am besten und markantesten Ausdruck verschaffen kann. Die Kupferstichkabinette und -sammlungen bewahren die Hand zeichnungen großer Meister mit dem gleichen Respekte auf wie die von aller Welt angestaunten Gemälde, und während die Kunsthtstorik sie schon seit langem als unentbehrlichen Quell der Forschung erkannt hatte, findet jetzt auch der Laie mehr und mehr Freude daran, sich in die eigentliche Handschrift des Künstlers zu vertiefen und von hier aus den Weg zu finden, der ihn zum Verständnis des Bildes führt. So wird auch die Veröffentlichung der Zeichnungen Müllers, der als einer der geistvollsten und tüchtigsten Künstler dem Lehrkörper der Dresdner Akademie angehört, gewiß aus lebhaftes Interesse stoßen. Müllers stark phantastischer Sinn und seine Vorliebe für Dinge, die dem Gros der Künstler ferner liegen, sind das Charakteristikum seiner Kunst. So finden wir neben einfach schlichten Blättern, in denen er Akte, Köpfe, Landschaften im Augenblickseindruck festhält, eine Menge höchst origineller Dinge, in denen das Spirituelle seiner Kunst in oft direkt faszinierender Weise betont ist. Dinge, deren tiefer Sinn nicht immer auf den ersten Blick und ohne Kommentar zu verstehen ist, die aber bei näherer Betrachtung sich als die Ausflüsse eines feinen Künstlergeistes offenbaren, der dort noch viel Schönes und künstlerisch Reizvolles findet, wo die anderen längst aufgehört haben. Und gerade in ihnen tritt auch die erstaunliche Kraft Müllers, seinen Gedanken in genialen Stri chen vollkommenen Ausdruck zu verleihen, in bester Weise zutage. Als dritten Band der Sammlung von Kunstgeschichten Lrs Ilna bringt der Verlag Julius Hoffmann in Stuttgart jetzt die Geschichte der Kunst in Frankreich heraus. Ein Buch, das in den Tagen, da die Bevorzugung der französischen Ma lerei am Kunstweltmarkte noch immer die Gemüter erhitzt, ge wiß nicht ohne eine Art aktuellen Interesses ist. Nun, dieses Buch hat ganz sicher nicht den Charakter einer Streitschrift. Klar und sachlich, ja gelegentlich sogar mit einer kühlen Re serve behandelt Louis Hourticq den gewaltigen Stoff und führt zuguterletzt doch einen Bau von ganz gewaltiger Größe auf. Eine umfassende Kenntnis der französischen Kunstdenkmäler, eine hohe philosophische Intelligenz und eine außergewöhn liche Sicherheit des ästhetischen Urteils setzten ihn in die Lage, die französische Kunst in eine Betrachtungssphäre zu rücken, die den Anschluß an die größten Kapitel der Mensch heitsgeschichte gewinnt und seine Kunstgeschichte zu einer Psychologie des französischen Volkes erhebt. Von der gallo- römischen Kunst bis zur Gegenwart, von den Grabmälern, Triumphbogen, Brücken und Theatern von Narbonnc, Orange, Nimes und Arles bis zu den grandiosen epochemachenden Werken der Manet und Monet, det Rüde und Rodin führt der Weg, den uns der Verfasser mit sicherer Hand entlang ge leitet. Man glaubt, wenn man den 475 Seiten starken Band aus der Hand legt, gar nicht mehr Kunstgeschichte gelesen zu haben, so fesselnd, geistvoll und sprachgewandt ist das Riesen material bearbeitet und in Anordnung und Gliederung über sichtlich und großzügig durchgefllhrt. Mit beinahe 900 Ab bildungen ausgestattet, die trotz der Kleinheit doch noch einen hinreichend guten Bildeindruck geben, in der bekannten ge diegenen Weise ausgestattet, die alle Publikationen von Julius Hoffmann in besonderem Maße auszeichnet, wird das Werk bei seinem außerordentlich billigen Preise von 6 einer freudigen Aufnahme nicht nur seitens aller Kunstgelehrten und Interessenten sicher sein, sondern überhaupt aller Men schen, denen das Wissen von der Kultur und der Kunst unserer Nachbarlandes ebenso ein Bedürfnis ist wie das des eigenen. Daß die seit mehr als einem Jahrzehnt eingesetzte Be wegung, dem Volke das Beste der Kunst in guten und billigen Wiedergaben zu übermitteln, noch ein dankbares Feld für Kunstverleger und -Händler ist, beweist die auf diesem Gebiete noch immer herrschende unermüdliche Produktion. Riesen haft schwillt der Strom des Gebotenen an, und wo früher noch jede neue Publikation mit Spannung erwartet wurde, macht sich heute schon eine Erlahmung des Interesses und eine gewisse Gleichgültigkeit bemerkbar. Nur das Besondere, Außergewöhnliche findet die Beachtung des Sortiments und des Publikums, das vor einem Kunstladen meistens ebenso beklommen steht wie in einem Warenhause. Mit frischem Wagemut hat auch der Verlag für Volkskunst (R. Keutel) in Stuttgart sich der Bewegung angeschlossen und in seinen bis herigen Veröffentlichungen ein gutes Verständnis für das wirkliche Bedürfnis der breiteren Massen bekundet. Als neu gibt der Verlag jetzt neben seinen früher erschienenen Kunst gaben in schwarz seine Hefte auch farbig heraus, und die vorliegenden geben schon einen guten Begriff der dem Verlage vorschwebenden Richtungslinie. Zwei Hefte von Ludwig Richter, eins von Eugen Burnand, dem Schweizer Maler, der durch diese Publikation eigentlich erst dem deutschen Kunst freund so recht bekannt wird, dann der Schwabe Theodor Schüz, der mit Richter viel gemein hatte, ohne freilich dessen ungeheure Popularität zu erlangen, und endlich der Frank- 485'