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247, 22 Oktober 1904. Nichtamtlicher Teil. 9149 Nichtamtlicher Teil Buchhandel und Buchgewerbe in Leipzig und ihr Einfluß auf den Leipziger Postversendungsverkehr. Von Postinspektor Lachmann, Leipzig. (Schluß aus Nr. 245, 246 d. Bl) Einfluß des Buchhandels und des Buchgewerbes auf den Leipziger Postversendungsverkehr. Die Massen der aus den Kommissionsgeschäften und sonstigen buchhändlerischen Betrieben, namentlich aus den Verlagsbuchhandlungen und Barsortimenten, hervorgehenden Paketsendungen verteilen sich in dem Verhältnis von SV, 10 und 32 vom Hundert der Gesamtheit auf die Postämter 1 (Hauptpostgebäude), 2 (am Dresdener Bahnhof) und 8 (Ecke Täubchenweg und Göschenstraße). Der Rest von 8 vom Hundert wird bei den Postämtern 3 (und zwar bei der Zweigstelle dieses Postamts am Bayrischen Bahnhofe), 15 in Leipzig-Reudnitz und bei dem Postamt in Leipzig-Thonberg aufgeliefert. Der Löwenanteil unter diesen Ämtern entfällt demnach auf das Postamt 1; es sei daher näher geschildert, in welcher Weise sich bei diesem Amte der Einfluß des Bücherversendungsverkehrs geltend macht. Die Paketannahme findet im Erdgeschosse des den west lichen vom östlichen Posthofe trennenden Quergebäudes statt. In der 6V m langen Paketschalterhalle, zu der vom östlichen Posthofe je ein Seiteneingang und in der Mitte ein aus drei Türen bestehender Haupteingang führen, stehen zur Annahme der gewöhnlichen Pakete 16 Federschnellwagen bereit, deren jede mit einem Buchstaben des Alphabets (s., b usw.) bezeichnet ist*). Außerdem dienen fünf Franko schalter und zwei Wertpaketannahmeschalter zur Abfertigung des Publikums. Hinter den 16 Wagen mit den zugehörigen Klebetischen dehnt sich die geräumige Packkammerhalle mit den Sortier- und Verladeplätzen, der Abfertigungsstelle für Paketsäcke, den Tischen für die Paketadressen-Bucher und -Stempler, der Güterpostabfertigungsstelle, der Ausländs abteilung und dem Zimmer des Abteilungsvorstehers der Packkammer und seiner Hilssbeamten aus. In den Vormittagsstunden, in denen die Auflieferung nur etwa 8VV bis 900 gewöhnliche Pakete beträgt, genügen zwei Wagen, und in den Nachmittagsstunden (Auflieferung 1000 bis 3500 Stück) bis fünf, am Donnerstag sechs Wagen nebst drei Schaltern zur Bewältigung des Annahme verkehrs; von 62 Uhr ab müssen an allen Wochentagen sämtliche 16 Wagen in Betrieb genommen und alle sieben Schalter besetzt werden. Denn in der siebenten Stunde schwillt die Auflieferung beträchtlich an und erreicht oder übersteigt mitunter in dieser einen Stunde die ganze bis dahin aufgekommene Nachmittagsauflieferung. Nur der Donnerstag macht in letzterer Beziehung stets eine Aus nahme, da ein großer Teil der an diesem Hauptspeditions tage des Buchhandels zu versendenden illustrierten Wochen zeitschriften schon über Mittag von 12 bis 3 Uhr einge liefert wird. In der achten Stunde erreicht die Auflieferung ihren Höhepunkt, indem sie in dieser einen letzten Stunde so hoch steigt, daß sie im Durchschnitt der ganzen bis um 72 Uhr *) Dieselben Unterscheidungsbuchstaben, welche übrigens in den Rückmeldungen andrer Postanstalten häufig versehentlich nicht angegeben werden, führen die Aufgabenummern der bei den 16 Wagen ausgelieserten Pakete. Eine 17. Federschnellwagc dient zur Bornahme der Stichproben bei den von 6 Uhr abends ab summarisch eingelisserten Paketen. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 7l. Jahrgang. stattgefundenen Tagesauflieferung gleichkommt oder sie noch übertrifft. Beispielsweise betrug in einer der Märzwochen, in normaler Verkehrszeit, vom Montag bis Sonnabend die Gesamtauflieferung von 8" bis 72 Uhr (in den ersten elf Stunden) 20491 Stück, die Gesamtauflieferung in der letzten Stunde dagegen 20 632 Stück, und von 62 bis 7« Uhr sind in der ganzen Woche mit Abrechnung des Donnerstags 5640 Stück, das ist annähernd ebenso viel wie von 12" bis 62 Uhr (5706 Stück) aufgeliefert worden. Die 20 632 Stück verteilen sich auf die Zeit von 72 Uhr bis zum Schluß wie folgt: 72 bis 72 Uhr 3465 Stück, 72 „72 3970 72 „72 „ 4536 72 „82 „ 4762 nach 82 „ 3899 „ . Die Hauptursache dieses Zusammendrängens auf die letzten Abendstunden ist auf den Buchhandel zurückzusühren; denn wenn auch neben diesem noch eine Anzahl andrer Firmen, insbesondere verschiedene große Modewarenhäuser und Konfektionsgeschäfte, beim Postamt 1 Massenpakete auf liefern und hinsichts der Auflieferung in letzter Stunde hinter dem Buchhandel nicht zurückstehen, so entfallen doch auf letzteren im Jahresdurchschnitt annähernd der Gesamt auflieferung des Postamts 1 und ftz der Auflieferung in der letzten Abendstunde, und es sind fast stets Buchhändlerfirmen, deren Leute abends als letzte den Schalteroorraum verlassen. Die fortgesetzten und von dem Vorstande des Vereins Leipziger Kommissionäre sowie von der Leipziger Handelskammer unterstützten Bemühungen der Kaiserlichen Ober-Postdirektion zur Herbeiführung einer Wandlung in diesen Verhältnissen sind bei der entgegenkommenden Haltung der meisten be teiligten Firmen insofern von Erfolg begleitet gewesen, als vielfach Vortransporte zur Post abgeschickt werden; indes bildet die späte Einlieferung der Hauptmassen, welche von buchhändlerischcr Seite mit dem Hinweis auf die eigentüm liche Organisation des Buchhandels und auf die unbedingte Notwendigkeit schneller Lieferung behufs Abwehr der Gefahr einer Überflügelung durch andre Hauptsitze des Buchhandels begründet wird, immerhin auch jetzt noch die Regel. Neben dem in der Organisation des Buchhandels be gründeten Umstand, daß von den Kommissionsbuchhand lungen auch die schon im Laus des Vormittags eingehenden Bestellungen erst gegen Abend zur abschließenden Behand lung gebracht werden können, wird der späten Postaufliefe rung von Bücherpaketen noch dadurch Vorschub geleistet, daß die nachmittags und abends in Leipzig einlaufenden direkten Aufträge der Sortimenter, die häufig mittels Telegramms oder Fernsprechers erteilt werden, noch an demselben Tag Erledigung finden, eine Gepflogenheit, die auch in der ganzen übrigen Leipziger Geschäftswelt heimisch ist und deren not wendige Beibehaltung von der Leipziger Handelskammer im Jahresbericht für 1902 damit begründet wird, daß gerade sie »nicht zum mindesten die Leistungsfähigkeit und die Be deutung des Leipziger Handels zu so hohem Rus hat kommen lassen«. So erledigen namentlich die großen Bar sortimente grundsätzlich alle Aufträge, die ihnen bis 72 Uhr abends zugehen, noch an demselben Tag. Neben dem Zusammendrängen der Massenauflieferungen auf die letzten Abendstunden machen sich bei den Paket annahmestellen eine vielfach ungenügende Vorbereitung der aufzuliefernden Pakete und die hierdurch veranlaßte häufige Nichtübereinstimmung zwischen den Aufschriften der Pakete und den Begleitadressen störend bemerkbar. Eine Reihe von 1202