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Amts Blatt des Königs Amtsgerichts und des Stadtrathes Als Beiblättern 1 . Jllustrirtes Sonntagsblatl (wöchentlich); 2 Landwirthschaftliche Beilage (monatlich). Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Abonnement« - Preis Vierteljahr!. 1 M. 25 Pf. Ans Wun? b unentgeltliche Zu sendung. Inserate sind bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- puszeile (oder deren Raum) 1V Pfennige. Geschäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, CarlDaberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-BureausvonHaafen- stein L Vogler, Jnvalidendank. Rudolph Mofse und. G. L. Daube L Eomp. Z» Wulsnih schenk Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Rmgegend Druck und Verlag von E. L. Förster's Erben in Pulsnitz. RoUNUNdViSBZigstM UahVAÄNg. Verantwortlicher Redatteur^Hermann Schulze Sonnabend. Ur. W. 18 Juni 1887. Pockenerkrantungen betreffend. Die Erhebungen über die während der letzten Jahre amtlich bekannt gewordenen Pockenerkrankungen innerhalb des Reichsgebietes haben ergeben, daß die Entstehung der Mehrzahl dieser Fälle auf die Einschleppung dieser Seuche aus dem Auslande, (namentlich Rußland, Oesterreich und Italien) zurückzuführen ist. Vornehmlich sind es die in Deutsch land Beschäftigung suchenden fremdländischen Arbeiter und unter diesen vorwiegend die zur Zeit der Ernte eingestellten landwirthschaftlichen Arbeiter, die vielfach an den Pocken erkranken und zum Ausgangspunkte für weitere Seuchenfälle und sogar für kleinere Epidemien werden. Das Königliche Ministerium des Innern hat deshalb angeordnet, daß fortan fremdländische Arbeiter aus Ländern, in welchen der allgemeine Impfzwang überhaupt nicht besteht oder erst in den letzten 10 Jahren eingeführt ist, einer möglichst baldigen, innerhalb 3 Tagen nach der Ankunft vorzunehmenden üntersuchnug zu uuterzieheu ' und diejenigen unter ihnen, welche sich nicht über eine in den letzten 10 Jahren vorausgegangene erfolgreiche Impfung oder überstandene Blatteruerkrantung ausweiseu können, der Schutzpockenimpfung zu unterwerfen find. Die Ortsbehörden werden hierdurch angewiesen, strengstens über Einhaltung des vorstehend Verordneten zu wachen und bei Feststellung von Pockenerkrankungen unter den vorerwähnten Ankömmlingen sofort nach Punkt 1 der in der Osterland'schen Sammlung Band 8 Seite 2 abgedruckten Ministerialverordnung vom 19. Januar 1886 au dm Königlichen Bezirlsarzt binnen 24 Stunden die erforderliche Anzeige zu erstatten. Königliche Amtshauptmannschaft Kamenz, am 3. Juni 1897. von Erdmauusdorff. Ium Abonnement auf das mit dem 1. Juli 1897 beginnende III. Quartal des Wochenblattes für Pulsnitz und Umgegend, Amtsblatt des Kgl. Amtsgerichts und des Stadtrathes zu Pulsnitz gestattet sich die unterzeichnete Exped. ergebenst einzuladen. Bestellungen auf das neue Abonnement nehmen alle Briefträger, sowie unsere Stadt- und Landzeitungsboten entgegen. Hochachtungsvoll G. K. Förster's Erve«. Griechenland und die Türkei. Die Friedensverhandlungen in Konstantinopel nehmen Dank der Einigkeit der kontinentalen Mächte nunmehr ei nen befriedigenden Verlauf, und lassen trotz mancher noch zu beseitigender Schwierigkeit einen baldigen Abschluß er hoffen. Inzwischen muß es schon als ein Gewinn betrach tet werden, daß es gelungen ist, einen Waffenstillstand zu vereinbaren und wenigstens zwischen den beiden Armeen dem Blutvergießen ein Ende zu machen. Denn daß die griechische Landbevölkerung an der thessalischen Grenze noch unter Gräueln zu leiden hat, die schlimmer sind als die Schrecken des Krieges, haben diese Unglücklichen ihren uninsormirten Landsleuten zu verdanken, die, trotzdem sie ihre "Flucht mit der Schnelligkeit des modernen Siegers im Wettlauf von Marathon bewerkstelligten, immer noch die Zeit sanden, die Gefängnisse zu öffnen, und den in ihnen eingesperrten Verbrechern die Freiheit zu geben. Daß diese mit levantinischer Tücke ersonnene Maßregel nicht von dem erwarteten Erfolge begleitet war, die türki schen Truppen für das Morden und Brennen jenes Ge sindels verantwortlich zu machen und eine für die Pforte nachtheilig Rückwirkung zu äußern, ist den die beiderseiti gen Armeen begleitenden Kriegsberichterstattern zu danken, die einstimmig der im türkischen Heere herrschenden treff lichen Disziplin das beste Zeugnis ausstellen. Die Bevölkerung Kretas scheint schließlich zu der Ein sicht zu kommen, daß ihr Verlangen, der Botmäßigkeit der Griechen überantwortet zu werden, ein verhängniß voller Fehler war, und daß das Anerbieten der Großmächte, der Insel, nach Befreiung von türkischer Herrschaft, Auto nomie (Selbstverwaltung) zu verleihen, längst hätte angenom men werden sollen. Das abstoßende Schauspiel, welches das renommirende und alle Welt, nur nicht sich selbst verantwortlich machende, ausschließlich durch eigenes Verschulden ins Unglück ge stürzte griechische Volk gegenwärtig bietet, hat ihm die Sympathien selbst der begeistertsten seiner ehemaligen Freunde geraubt. — Dem StaalSoberhaupte sollte aber der nur durch die Nachsicht Europas verhinderte gänzliche Zusammenbruch der griechischen Monarchie endlich zum Bewußtsein bringen, daß ein König, zumal wenn er einem nordischen Fürstengeschlechte entstammt, in einem Lande, dessen Bevölkerung für den Besitz schrankenloser Freiheit unreif ist, nicht nur ein Dekorationsstück bilden darf. Die unvermeidliche Folge eines solchen allzu nachgiebigen Verhaltens ist, daß der politisirende Pöbel sich der Herr- schäft bemächtigt und das Land dem Untergange entgegen- sührt. Die Vertreter der Mächte erhoben bei der Regierung Wegen der andauernden Abreise bewaffneter Freiwilliger nach Kreta Vorstellungen, worauf die Regierung erwiderte, daß es keine griechischen Unterthanen, sondern kretensische Flüchtlinge seien, deren Abreise sie nicht verhindern könne. Das einzige, was die Regierung thun könne, fei, die Ab- reisenben zu entwaffnen. In dieser Richtung wurden denn auch Befehle erlassen. Man erwartet in diplomatischen Kreisen jetzt ein schnelleres Fortschreiten der Friedensverhandlungen, da über alle Punkte volles Einvernehmen herrschen soll. Ge genwärtig findet im Mdiz Kiosk ein lebhafter Ideenaus tausch über das Programm Hanotaux' betreffs der Orga nisation der Verwaltung Kretas statt. Die Bestimmungen über den Gouverneur, der eine vollständig neutrale Per- sönlichkeit sein soll, rufen keine Meinungsverschiedenheiten hervor. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Am Mittwoch Nachmittag in der zweiten Stunde verkündeten die Sturmglocken Feuer, es brannte der Weitzmann'sche Gasthof zur König Albert-Eiche in Ohorn bis auf die Umfassungsmauern nieder, nur die Scheune und der Eiskeller blieben verschont. Die Ohorner Feuerwehr war rasch am Brandplatze und beschränkte das Feuer auf seinen Herd, leider machte sich das Fehlen von Wasser empfindlich bemerkbar. Der Brand scheint infolge einer schadhaften Esse entstanden zu sein. Am Brandtage und auch am nächstfolgenden Tage wurde die Brandstelle, namentlich von Pulsnitz aus, stark besucht. Pulsnitz. Die Anwohner des Neumarktes gaben ihren Schönheitssinn für unsere Stadt in recht erfreulicher und dankenswerther Weise kund, indem dieselben die im Jahre 1874 geschaffene Brunnenfigur echt vergolden ließen. Jahrzehnte lang wird die Figur nun der Witterung Wider stand leisten und für den Neumarkt eine Zierde sein. Pulsnitz. Der Gewerbeverein ladet für nächsten Montag seine Mitglieder — Nichtmitglieder haben jedoch auch Zutritt — zu einem im Wolfsaal stattfindenden Ex perimentalvortrag des Herrn Ingenieur Schubert ein. Wir verfehlen auch an dieser Stelle nicht, auf diesen hochin teressanten Vortrag aufmerksam zu machen, umsomehr als der Herr Vortragende von anderer Seite bereits warm empfohlen wird und vor allen Dingen einen klaren Vor- trag haben soll. Das Thema an und für sich bewegt jetzt alle Welt und bedarf keiner weiteren Empfehlung. Pulsnitz, 18. Juni. Wie nöthig es ist, sich vor Einbrechern zu hüten, zeigt wieder folgender Fall. Als heute in den ersten Morgenstunden ein junger, 20jähriger, gut gekleideter Bummler in Fischbach bei Arnsdorf um herbettelte, kam er auch in die Wohnung des Hausbesitzers Otto Nitsche, in welcher er blos 2 Kinder gewahrte. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß die Kinder allein waren, schloß er dieselben ein, stieg in den ersten Stock hinauf und nahm dort eine Geldbörse mit 27 Mk. Inhalt, eine Uhr und mehrere Schmucksachen an sich. Er wurde jedoch durch die zurückkehrenden Eltern, welche sofort Verdächtiges ahnten, verscheucht und flüchtete sich in das Heu. Als man dasselbe unter Hinzuziehung der Polizei bereits mehrere Male mittelst Heugabel ohne Erfolg durch sucht hatte, wollte man schon davon abstehen, als ein neuer Gabelstich den Kopf des Diebes getroffen hatte, so daß er laut aufstöhnen mußte. Der Bursche hatte in Folge der Gabelstiche Verletzungen am ganzen Körper. Er ist ein geborener Böhme, wurde natürlich sofort festgenommen und in das Amtsgericht Stolpen eingeliefert. — lieber das richtige Verhalten bei einem Gewitter herrschen noch die verschiedensten Ansichten. Das Wichtigste bei einem Gewitter ist, Zugluft in der Wohnung abzu schneiden, also die Klappen zu den Schornsteinen und die Thüren zu schließen und nur in jedem Zimmer einen oberen Fensterflügel offen zu lassen. Zugluft hat schon in nicht seltenen Fällen den Blitz sogar am Blitzableiter vorbei in die Gebäude hineingelenkt. In jedem bewohnten Raume ist der Zutritt der freien Lust nicht nur der Erneuerung der Stubenlust wegen, sondern auch darum anzurathen, weil ein in ein Zimmer hineinfahrender Blitzstrahl den betäubten Bewohner leicht Erstickun (sgefahr bringen kann. In der Regel hinterläßt der Blitz an Orten, wo er ein schlägt, einen starken schwefligen Qualm und Leute, die vor Schreck und Betäubung ohnmächtig geworden sind, können dann leicht ersticken, wenn nicht irgend eine Stelle zum Abzug offen ist. Dazu eignet sich ein oberer Fenster flügel am besten. Bautzen, 1b. Juni. (Sitzung der I. Strafkammer des Kgl. Landgerichts.) Der zuletzt in Pulsnitz in Arbeit stehende Barbier Richard Julius Springer aus Lauban, 1878 geboren und bisher unbestraft, stahl in Pulsnitz am 18. April aus einer Mädchenkammer im Hotel „zum grauen Wols" dem Zimmermädchen Schieblich 2 M. 40 Pf., sechs Tage später aus einem von ihm erbrochenen Reise- korbe in einer Kommer des Gasthofes „Stadt Dresden" der Kellnerin Roth 20 M-, am 6. Mai im Baumeister Johne'schen Hause aus der von ihm ebenfalls gewaltsam eröffneten Kammer des Dienstmädchens Rietschel ein Geld täschchen mit 10 M. Inhalt und eine Apfelsine, und zwei Tage darnach im Hause des Wagenbauers Dimler aus einem Kleiderschranke in einer Bodenkammer dem Sattler lehrling Schöne 1 M. 20 Pf. Auch diese Kammer und den Schrank brach er auf, während die Annahme der An klage, daß er auch im ersten Falle die Kammerthüren im „grauen Wolf" gewaltsam abgerissen habe, nicht ausrei chend in Gewißheit gesetzt wurde. Der Angeklagte ver wirkte wegen einfachen und schweren Diebstahls zwei Jahre sechs Monate Gefängnis. — Zum Schwurgerichtsvorsitzenden für die im dritten Kalendervierteljahr 1897 beginnende Sitzungsperiode beim Königlichen Landgericht Bautzen ist Herr Landgerichts direktor Aboe ernannt worden. — In Bischofswerda halten am 20. Juni die Westlausitzer evangelisch-lucherischen Männer- und Jüng lingsvereine ein Kreisfcst ab. Die Hauptfeier findet auf dem Butterberge statt. — Ueber die Probefahrt des neuen englischen Doppel- schraubendampferS „Dresden" berichtet der „Dresdner Anzeiger" des Näheren: Es waren zahlreiche Persönlich keiten des Festlandes geladen, darunter auch der Eisenbahn- Direktions-Präsident Kranold aus Berlin und der Gene raldirektor der bayrischen Eisenbahnen v. Ebermeyer. Be sonders willkommen waren aber wohl die Dresdner Gäste, der Oberbürgermeister Geheimer Finanzrath Beutler, die Rathsmitglieder Stadtbaurath Klette, Stadtrath Friedrich I und Kommerzienrath Haensel. Ein Extrazug brachte die obersten Vertreter der Eisenbahngesellschaft und ihre Lon doner Gäste nach Harwich, wo auch die continentalen Gäste über Rotterdam eingetroffen waren. Die Hafen bauten und alle im Hafen liegenden Schiffe waren festlich geschmückt und beflaggt, zumal die bald aller Augen auf sich ziehende stolze „Dresden". Nachdem die Gäste vor gestellt worden waren, begaben sie sich sofort an Bord und vom herrlichsten Sommerwetter begünstigt, hatten sie eine mehrstündige hochinteressante Seefahrt, während wel-