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Amts Blatt des Königs. Amtsgerichts und des Stadtrathes AlS Beiblätter: 1 . Jllustrirtes Sonntagsblatt (Wöchentlich); 2 Landwirthschaftliche Beilage (monatlich). Abonnements - Preis Vierteljahr!. 1 M. 28 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Vorm. S Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltig« Cor- puSzeile (oder deren Raum)' 10 Pfennige. HescHästsstellerr: Buchdruckereien von A. Pabsts Königsbrück, C. S. Krausch«, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus vonHaasen- stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und. G. L. Daube L Comp ^schenk/ Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Rmgegend. sind bis Dienstag und Freitag Mittwoch Druck und Verlag von E. L. Förste r's Erben in Pulsnitz. Reunuudvisr;igßteu Jahrgang. Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlein, in Pulsnitz. Rk. 16. 24. Februar I8S7. Die kretische Frage. Die kretische Frage, so brennend sie auch durch die Besetzung Kretas seitens griechischer Truppen und die Einmischung der Großmächte seit der Besetzung Kaneas durch englische, französische, italienische und österreichische Matrosen geworden ist, gelangte in den letzten Tagen doch politisch und diplomatisch auf einen tobten Punkt. Die Griechen können angesichts der Besetzung der Haupt- und Hafenstadt Kanea durch Truppen der Großmächte nicht wagen, diesen wichtigen Platz anzugreiscn, umgekehrt sind aber auch die Großmächte zur Zeit nicht in der Lage, dem Aufstande im Innern der Insel Kreta und der Festsetzung der griechischen, bereits auf der Insel befindlichen Truppen em wirksames Haltgebot entgegenzusetzen. Wenn nun jetzt vielfach angenommen wird, laß die Großmächte darüber berathen, wie sie am besten Griechenlands Uebermuth brechen, so dürfte dieses Mittel ja sehr leicht in der Blokade der griechischen Häfen durch die Kriegsschiffe der Groß mächte gefunden sein, aber bei den nahen verwandt schaftlichen Beziehungen der Höfe von England, Deutsch, land und Rußland zu dem griechischen vom dortigen nationalen Fanatismus mit sortgerissenen Königshaus« Werden es sich die Großmächte wahrscheinlich auch noch einmal überlegen, ehe sie das kleine Griechenland in der Weise in Bedrängniß setzen. So wenig man auch die dreisten Uebergnffe Griechenlands und die damit verbun dene Heraufbeschwörung einer blutigen Lösung der ganzen orientalischen Frage billigen kann, so ist doch auch mit dem Umstande zu rechnen, daß die türkische Regierung feit Jahr und Tag nicht im Stande war, den Ausstand aut Kreta zu unlerdrücken und durch Gewährleistung ent sprechender Reformen die christlichen Kretenser zu beruhigen. Unter solchen Umständen wäre es doch eine politische Thvrheit und auch ein Akt der Barbarei, wenn Kreta unter der direkten Oberhoheit des Sultans bleiben sollte, denn dann würden doch die blutigen Metzeleien fortdauern, und die unglückselige Insel bald nur noch einer Stätte von Blut und Trümmern gleichen. Es ist daher im hohen Grade wahrscheinlich, daß zwar die Großmächte durch ihre Einmischung verhindern wollen, daß Griechenland direkt von Kreta Besitz ergreift, daß sie aber im Uebrigen auch nach einem Wege ersuchen, um Kreta der direkten türkischen Herrschaft zu entziehen. Dafür ist nun durch die Einrichtung autonomer, das heißt in ihrer inneren Verwaltung selbstständiger Staaten, ein Mittel gefunden, um nach dem Beispiele Ostrumeliens oder auch Bulgariens Kreta in ein autonomes Staatswesen umzuwaudeln, dessen Oberherr den Namen nach der Sultan gegen Zahlung eines mäßigen Tributs bleiben kann, dessen Schutz aber thatsächlich die Großmächte übernehmen. Man schreibt bereits davon, daß der Prinz Georg von Griechenland einen Theil seiner Wünsche besriedigt sehen kann. Es ist ja nun hinlänglich bekannt, daß die orientalischen Christen, zumal die Griechen und Armenier, wegen ihrer Hinterlist, Tücke, Habgier und Leidenschaften die große Theilnahme Europas gar nicht verdienen, aber die Türkei ist ja auch ein so durch und durch schwaches und erbärmliches Staats wesen geworden, daß dessen Untergang nur eine Frage der Zeit und der Ländervertheilung an die christlichen Völker des Orients bereits seit fünfzig Jahren geworden ist. Die Insel Kreta wird also wohl auch der türkischen Herrschaft entzogen werden. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. — Das Urtheil der Landwirthe über den Stand der Saatfelder ist fast durchgängig ein ungünstiges. Das häufige Tauwetter und der immer wiedir darauffolgende Frost haben eine starke Eiskruste auf den Feldern geschaf fen, welche nur sehr langsam abtaut. Auf manchen etwas abhängig liegenden Feldern sind durch das vom oberen Thal herabfließende Tauwasser spiegelglatte Eisflächen ent standen, deren Stärke viel bedeutender ist als die Höhe der grünen Saat. Allgemein befürchtet man, daß große Stellen auswintern werden. Ob die Befürchtungen ein treffen und einen wesentlichen Ernteausiall veranlassen, bleibt abzuwarten. Die Knospenentwickelung an den Obst bäumen ist eine ziemlich reiche und die ungünstigen Wit- terungsverhältnisse scheinen an ihnen ohne wesentlichen Schaden voi übergegangen zu sem. — Vorsicht vor jüdischen Stoppneppern! In einem Restaurant in Wilsdruff bot ein jüdischer Herr einem an wesenden Gast 3 Meter Stoff (?) für 19 50 an, der Gast dagegen bot 8 M., und nachdem man hin und her gefeilscht, sogar auch von einem anderen anwesenden Gast dem Händler unverhohlen gesagt worden war, daß dieser Stoff, wenn er ihn für 8 M. ließe, doch nicht 3 Mark wert sei, wurde man doch handelseinig und der Kauf fand mit 8 Mark seinen Abschluß. — Die diesjährigen Wollmärkte fallen in Kamenz aus Montag den 14. Juni, in Leipzig auf Dienstag und Mittwoch den 15. und 16. Juni. Kamenz, 20. Februar. In verflossener Nacht ist ein Einburch in das Comptoir des Fabriketablissement der Herren Gebr. Heidsieck hierselbst verübt worden und haben die Diebe verschiedene Werlhsachen und andere Gegenstände geraubt. — Der Maurer Weimann aus Kunnersdorf ist das Opfer einer unsinnigen Wette geworden. Er hatte sich anhnschig gemacht, einen Liter Korn in einem Zuge aus zutrinken. Ein zweiter Arbeiter Namens Wesche erbot sich, zu derselben Leistung, und die Wette ging dahin, daß Derjenige, der mit dem Trinken zuletzt fertig würde, eine „Auflage- zu geben habe. Das Getränk wurde gebracht, und Weimann hatte kaum den letzten Schluck gethan, als auch schon ein Gehirnschlag seinem Leben ein Ende machte. Aucb an dem Auskommen seines Partners Wesche, der in das Krankenhaus gebracht wurde, wird gezweifelt. Bautzen, 18. Februar. Gestern Abend nach 10 Uhr entstand in der ersten Etage des hiesigen Bierpalastes aus der Tuchmacherqasse gelegenen Kinderstube des B sitzers desselben durch Umwerfen einer brennenden Petroleumlampe seitens der Kinderwärterin ein Stubenbrand, welcher sich schnell verbreitete, sodaß verschiedene Kleidungsstücke Möbel und Gardinen in Brand geriethen, auch durch die Hitze be reits die Fensterscheiben platzten und die Kinder nur mit Mühe aus der Stube gebracht werden konnten. Durch das schnelle thatkräftige Eingreifen der gerade im Bier palast anwesenden Herren Schlachthofmeister Domschke, Dekorationsmaler Vogel, Geschästsagenten Meisel und Rich ter und eines Einjährig-Freiwilligen wurde der Brand glücklicherweise, ohne weitere Dimensionen annehmen zu können, bald wieder gelöscht. Dresden, 20 Februar. Um falschen Gerüchten, welche andere Blätter betreff« des Kirchenbrandes verbrei tet haben, entgegenzutreten sei noch mitgetheilt: Es ist un wahr, daß Hunderte von alten Kirchenbänken sich auf dem Dachboden der Kirche befunden haben. Die alten Bänke, die bei der Renovation aus dem Schiff und von den Emporen der Kirche entfernt werden mußlen, sind an ei- mn hiesigen Zimmermelster verkauft worden. Es ist fer ner unwahr, daß auf dem Boden Wäsche getrocknet worden ist und wohl gar ein Ofen dabei sich befunden habe. Es ist sehr tief zu bedauern, daß sich Blätter dazu hergeben, solche und andere völlig grundlose Gerüchte zu'verbreiten. Dresden, 22. Februar. Die ihres Gotteshauses beraubte Kreuzkirchengemeinde versammelte sich gestern erst malig in dem ihr bis zur Fertigstellung einer Jnterims- kirche zur Verfügung gestellten großen Saal des Vereins hauses, Zinsendorfstraße, zum Gottesdienste. Der Saal war, wie vorauszusehen, schon eine Stunde vor Beginn der gottesdienstliche Handlung vollständig überfüllt. Herr Superintendent Or. Dibelius predigte über Jessaias 64, 11—12: „DaS Haus unserer Heiligkeit und Herrlichkeit, darin sich unsere Väter gelobet haben, ist mit Feuer ver brannt ; und Alle«, was wir schönes hatten, ist zu Schaden gemacht", und Markus 8, 34: „Wer mir will nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." In sämtlichen Kirchen unserer Stadt hat man am gestrigen Hauptgottesdienste der Kreuzkirchen gemeinde gedacht. — Wie vorsichtig die Geschäftsleute bei Abfassung von reclamehasten Annoncen sein müssen, um nicht in die Maschen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zu verfallen, zeigt eme Verurtheilung eines Zeitzer Geschäfts inhabers. Derselbe hatte im „Zeitzer Anzeiger" Anzeigen erlassen, in denen es u. A. heißt: „Einziges Geschäft, das nicht vorschlägt" und „Es wird zu festen Preisen verkauft". Ein Concurrent ließ nun in dem betr. Geschäft um eine Joppe, die mit 7 Mk. 25 Pf. ausgezeichnet war, handeln. Vom Verkäufer wurde sie dem Käufer mit 7 Mk. 25. Pf. angeboten und schließlich mit 6 Mk. 50 Pf. verkauft. Das Zeitzer Schöffengericht verurtheilte den Ladeninhaber zu 150 Mk. Geldstrafe wegen Vergehens gegen Z 4 des Ge setzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Strafkammer des zuständigen Landgerichts hat das Urtheil bestätigt. — Als Ursachen des theilweisen Mißerfolges der 1896er Obsternte wird im Jahresberichte des Landesobst bauvereins im Königreiche Sachsen angegeben: naßkalte Witterung während der Blüthe der Pflaumen und spät blühenden Aepfel, Frostschäden in den höheren Lagen, daS verheerende Auftreten des Rostpilzes an Aepfel- und Birn bäumen, verschiedene Baumschädlinge, namentlich der Frost spanner, der Apfelwickler, die Kirschfliege, Blattläuse, ganz besonders aber das starke Ueberhandnehmen der Blutlaus. Letztere hat das Direktorium des Landes-Obstbauvereins veranlaßt, an das König!. Ministerium des Innern erneut das Ersuchen zu richten, die Aufsichtsbehörden zur streng sten Durchführung der schon bestehenden Bestimmung an zuhalten. Es soll eine weitere Belehrung zur Bekämpfung der Blutlaus ausgearbeilet und dem König!. Ministerium zur Verfügung gestellt werden. — Bischofswerda erhält nun laut Bescheid der Kriegsministerium keine Garnison. — Bekanntlich findet Juni und Juli dieses Jahres in Großenhain eine Ausstellung für Gewerbe, Industrie und Landwirthschaft statt. Dem Vernehmen nach gingen für diese Ausstellung bereits von allen Seiten erfreulich zahlreiche Anmeldungen ein. Vielleicht interessirt es da etwas von der rührigen Stadt dicht an Sachsens Nordost grenze in anderer Beziehung zu hören. Großenhain ist zur Zeit eine hervorragende Textilindustriestadt und Mittel punkt und Kaufplatz für einen weiten preußisch-sächsischen landwirthschattlichen Bezirk. Früher, d. h. noch bis in die Zeiten der Reformation und darüber hinaus, war Großen hain ein hervorragender Stapel- und Umschlageplatz an der von Leipzig nach Breslau führenden sog. hohen Straße, desgl. der Handelsstraße Hamburg-Wien. Auch jetzt noch herrscht an dem einst zum Königreiche Böhmen gehörigen Orte ein betriebsames Handels- und Gewerbeleben. Für den Gewerbetreibenden ist der Name Großenhain so wie so von gutem Klange, wirkte und lebte doch die besten Jahre seines segensreichen Lebens Preußker, der Vater der sächs. Gewerbevereine, in Großenhains Mauern. Leipzig, 19. Februar. Der Tag der Eröffnung der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Aus stellung zu Leipzig rückt immer näher heran. Der 14. April ist, wie schon erwähnt, der Tag, von welchem an das große Leipziger Unternehmen aller Welt zum ersten Male offen stehen soll. Die Ausstellung wird für daS allgemeine Publikum täglich um 10 Uh.' vormittags geöffnet; der Eintritt durch bas Haupiportal ist jedoch auch schon in der Zeit von 8—10 Uhr vormittags gegen Zahlung des doppelten Eintrittspreises gestattet. Die Dauerkarten, welche für Herren 15 Mark, für Damen 10 Mark kosten, haben auch für diese Stunden Giltigkeit. — Die Buchgewerbliche Kol- lektiv-Ausstellung, welche mit der Leipziger Ausstellung verbunden ist und das gesamte Buchgewerbe und die in seinem Dienst stehende Maschinen- und Papierindustrie umfaßt, zählt bis jetzt 500 Theilnehmer, die zusammen allein gegen 6000 gm Bodenfläche beanspruchen. Der der Kollektiv-Ausstellung zugewiesene Raum zeigt die getreue Nachbildung der Klosterruine Paulinzella in Thüringen. Die Einladungen zu der mit der Buchgewerblichen Kollektiv- Ausstellung verbundenen Ausstellung der periodischen Presse in Sachsen und Thüringen ergehen in diesen Tagen. Sollte hier und da ein Verleger übergangen worden sein, so wende er sich an den Geschäftsführer der Buchgewerblichen Kollektiv- Ausstellung, Herrn A. Woernlein, Leipzig, Buchhändler. Haus, Hospitalstraße 11. — Der auf dem Leipziger Aus stellungsplatze zu errichtende Musterstall wird ein in jeder Beziehung Interesse erregendes Ausstellungsstück sein. Die Einrichtung stellt einen Privatstall nach englischem Muster dar, in welchem die Vortheile einer vornehmen, dabei aber preiSwerthen und praktischen Stalleinrichtung dem Besucher vor Augen geführt werden. — In Löbau ist am 18. ds. M. Herr August Förster, der Gründer und Senior der Pianosortefabrik „August Förster- gestorben. Wie der Verblichene als In haber und Schöpfer eines umfangreichen Etablissements, daS sich durch seine Leistungen einen Weltruf erworben hat, bei Jedermann geachtet und geehrt war, so erfreute er sich auch als Mensch im Umgänge mit seinen Mitbürgern der