Volltext Seite (XML)
Nr. 125 (R. 88) Leipzig, Dienstag den 2, Juni 1838 103. Jahrgang Die Verstempelung von Verlagsverträgen nach dem neuen Arkundensteuergeseh Von Dr, jur. Alexander Elster I. Das neue Urkunden st euergesetz (UrkStG.) vom 5. Mai 1936 (RGBl, I S. 407) vereinigt die bestehenden Stempel steuern der deutschen Länder in einem einheitlichen Reichsgesetz, das an die Stelle der bisherigen fünfzehn Lan- dcsstempelgesctze tritt. Die verschiedene steuerliche Behandlung der Urkunden hört mit dem 30, Juni auf; die Undurchsichtigkeit vieler, z, Tl, veralteter Bestimmungen wird aufgehoben, eine Gleichheit der wirtschaftlichen Behandlung geschaffen, Zweifels fragen (wenn wohl auch nur zum Teil) werden geklärt. Damit ist verwirklicht, was in meinem Aufsatz über dis Stempelsteuer bei Vcrlagsverträgen (namentlich nach preußischem Recht) im Börsenblatt Nr, 218 vom 18, September 1934 bereits angedeutct wurde, aber gerade für den Vcrlagsvertragsstempel bieten auch die neuen Bestimmungen manche Schwierigkeiten und Zweifelsfragen, Grundsatz des neuen Gesetzes ist das »Urkunden prinzip«, Dieses bedeutet (was auch für unsere Frage wichtig ist), »daß sich die Stempelpslicht einer Urkunde nach ihrem Inhalt richtet«, daß (wie die amtliche Begründung weiter sagt) »eigent lich als Gegenstand der Steuer das Rechtsgeschäft erscheint, trotz dem aber nur die über die Rechtsgeschäfte errichteten Urkunden besteuert werden sollen«. So sagt 8 1 des neuen Gesetzes grund legend: »Der Urkundcnsteuer unterliege» die in diesem Gesetz bczeich- netcn Rechtsgeschäfte und sonstigen Rechtsvorgängc, wen» über sie im Inland eine Urkunde errichtet worden ist.« Das bedeutet, daß Verträge (also auch Verlagsvcrträge) nur dann der Stempelpflicht unterliegen, wenn »eine Urkunde er richtet« worden ist — eine formelle, freilich nicht etwa nur nota rielle oder gerichtliche, sondern auch eine nur Private Ur kunde, aber eben doch eine Urkunde. Bloße Briefform würde also — ebenso wie ein lediglich mündlicher Abschluß — keine Urkundensteuer fällig machen. Hierüber sagt § 2: »Die Steuerschuld entsteht ... bei einer prioatschristlichen Urkunde über einen Vertrag ») wenn die Urkunde von den Ber- tragsteilen unterzeichnet wird: mit der Unterzeichnung, b) wenn die Urkunde nur von einem Vcrtragsteil unterzeichnet wird: mit Aushändigung der Urkunde an den anderen Vertragsteil, an einen Dritten oder an eine Behörde.« Die Frage, ob der nur briefliche Abschluß, bei welchem eben jeweils nur ein Vertragsteil die einander ergänzenden Er klärungen unterschreibt, stcmpclpflichtig ist, wurde für das frühere Recht darauf abgestellt, ob »nach der Verkchrssitte ein förmlicher schriftlicher Vertrag abgeschlossen zu werden Pflegt«; war das der Fall, dann wäre die die Steuer ersparende nur briefliche Ver einbarung eine Umgehung; im entgegengesetzten Fall käme eine Urkundensteuerpslicht nicht in Frage. Das darf auch wohl nach dem neuen Gesetz als grundsätzlich richtig angesehen werden. Es wird nicht verlangt, daß um der Steuer willen »Urkunden errich tet werden«, wo man — ohne an die Steuerfragen zu denken — mit formloser mündlicher oder brieflicher Verständigung auskam; z, B, bei Beiträgen zu periodischen Werken, bei sonstigen kleinen Aufsätzen oder auch kleineren selbständigen Schriften, Aber andrerseits soll nicht von der allgemein und üblicherweise für notwendig gehaltenen förmlichen urkundenmäßigen Bindung ab gesehen werden,, um die Steuer zu ersparen. Wann das ein« oder das andere bei Verlagsverträgcn vorlicgt, wird nur von Fall zu Fall festgestellt werden können. Aber um Mißbräu chen generell vorzubeugen, hat das neue Gesetz einige Gattungen von Verträgen genannt, bei denen die Stempelsteuer (Urkunden- steucr) auf jeden Fall zu entrichten ist. In § 8 heißt es (Abs, 3): »Kommt ein Vertrag durch Austausch von Briefen oder son stigen schriftlichen Mitteilungen zustande, so ist er nicht steuer- pslichtig, soweit nicht in den M 13 bis 15 etwas anderes be stimmt ist.« Diese KZ 13 bis 15 nennen die Miet - und Pachtver träge, die D i sn st v er t r L g e und die Werkverträge, die sämtlich auch dann steuerpflichtig sind, wenn der Vertrag nur durch Austausch von Briefen oder sonstigen schriftlichen Mit teilungen zustande gekommen ist. Daraus folgt also, daß dies für den Verlagsvertrag nicht gilt. Aber es taucht hier doch die Frage auf, ob nicht der Werkvertrag, der oftmals die Form für einen Berlagsver- trag — z, B, bei erst zu schaffenden Werken oder bei Neben arbeiten, Rcgisterherstellung u, dgl, — abgibt, nach § 15 auch bei bloßer Briefform steuerpflichtig ist. Das wäre ein — gegenüber dem im allgemeinen höher bewerteten Verlagsvertrag — ein ungerechtes und unmögliches Ergebnis, Der Z 15 Abs, 4 hilft hier zu der besseren Einsicht, obwohl er vermutlich an diese wcrkver- tragliche Abart der Verlagsverträge nicht gedacht hat, Werk lieferungsverträge nämlich, d, h, solche Werkverträge, bei denen sich der Leistende verpflichtet, »das Werk aus einem von ihm zu beschaffenden Stoff herzustellen-, sind von der Besteuerung überhaupt ausgenommen. Wenn es sich um werkvertrags ähnliche Verlagsverträge handelt, so wird es sich zu meist um eine Art von Werklieferung handeln. Aber cs ist natür lich für die Praxis ganz unmöglich, vom Verleger oder dem Stempelverteiler zu verlangen, daß er in jedem zweifelhaften Fall entscheiden solle, ob es sich s) um einen Berlagsver- trag schlechthin (mit Steuerpflicht nur bei Errichtung einer Vertragsurkunde) oder b) um einen Werkvertrag (mit Steuerpflicht a u ch bei nur brieflicher oder sonstiger Abmachung) oder c) um einen Werklieferungsvertrag (ohne jede Urkundensteuerpflicht) handelt. Man sieht also, daß die erwartete Klärung solcher Zweifelsfälle zunächst sehr schwierig ist und vielleicht erst von guten Kommentaren oder Gerichtsentschei dungen erbracht werden kann. So wird man im allgemeinen von der Einreihung der hierhergehörigen Verträge unter ß 20 (»Son stige Verträge«) auszugehen und den »Verlagsver trag- als gemeinsame Gattung zu behandeln, aber keine schwierige Unterscheidung nach Abarten innerhalb des Ver lagsvertrags zu machen haben. II. 8 20 UrkStG. lautet (Abs, 1): »Steuerpflichtig ist auch ein sonstiger in diesem Gesetz nicht ausgesührter Vertrag über einen vermögensrechtlichen Gegen stand.« (Abs. 2): »Die Steuer beträgt 1. wenn im Vertrag die Vcrpslichtung zur Entrichtung einer Geldschuld übernommen oder das Bestehen einer Gcld- 493