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des Königs. Amt 'UuLSnrtz Blatt Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Inserate sind bis Dienstag u. Freitag, Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor» puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Geschäftsstellen bei Herrn Buchdruckereibes. Pabst in Königsbrück, in den An» noncen-Bureaus von Haast n- stein <L Vogler u. „Jnvaliden- dank" in Dresden, Rudolph Mofse in Leipzig. Als Beiblätter: I. Illnstr. Sonntags- t'tatt lwöchentlich), 2. Wne landrvirth- schaftliche Weilage (monatlich). Abonnements - Preis: Vierteljährl. 1 M. 25 Pf. A.rf Wunsch unentgeltliche Zusendung. sch en ö/ ^siirpulsintz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend Druck und Verlag von E. L. Först er's Erben in Pulsnitz. SwmunddibBzigstLV Jahrgang. Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlein in Pulsnitz. 2S. Oktober 1800 Mittwoch Tvnnerftag, Sen 30. October 1800, von Borm. 10 Uhr an, sollen auf dem Kittvrgutv 8eliniolliuit bei Königsbrück 2 Pferde, 7 Ochsen, 0 Kühe, 8 Kalben, 5 Zuchtschweine, 0 Futrcrschwetne, 1 Dreschmaschine mit Göpel, 1 Drillmaschine, 1 Halbcharse, 1 Americain, 3 Kutscygcschirre, 5 Wirthschastswagen, 100 Schock Kor» und circa 30 Acker anstehende, auch von diesen bereits ausgehackte, Kartoffeln öffentlich meistbietend gegen joforllge Bezahlung versteigert werden. Gundermann, Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts Königsbrück. Die Moltke-Feier. Zu einer großen, imposanten deutsch-nationalen Kund gebung hat sich die Feier des 90. Geburtstages des Generalfeldmarsckalls Grafen Moltke gestaltet, die An zeichen, welche darauf hindeuteten, daß das ganze deutsche Volk diesem Ehrentage seine wärmste Sympathie entgegen bringen würde, entsprachen dem Sachverhalt. In der Reichshauptstadt, in den deutschen Residenzen, in den Mittel- und Kleinstädten, überall haben flatternde Fahnen gezeigt, daß das Heiz der Nation bei ihrem großen Manne war; Festfeiern aller Art haben Bürger jeden Standes zum gemeinsamen Begehen des bedeutsamen Tages überall vereint, wo nur Deutsche ihren Sitz haben. Auch aus dem Auslande kommen zahlniche Meldungen dieser Art, bei den deutschen Vertretern, im Schooße der deutschen Colonieen sind Festmähler veranstaltet, auf Welchen dem Gefeierten manches brausende Hoch erklang. Für die deutsche Jugend fand schon am Tage zuvor eine besondere Feier statt, in der Armee waren ebenfalls fest liche Veranstaltungen getroffen, und die Ossiziere wie Mannschaften begingen in geeigneter Weise den Ehrentag des großen Feldherrn. Hervorragend war die Geburts tagsfeier in Molike's engerer Heimath, in Mecklenburg, namentlich in seiner Vaterstadt Parchim, und auch in Schleswig-Holstein, wo der Feldmarschall lange Jugend jahre verbracht. All und jeder Parteihader schwieg an diesem Tage, von allen Seiten wurde darin gewetteifert, dem bescheidenen Manne Zeichen der Liebe und Verehrung darzubringen, und würdig voran stand in dieser Beziehung Berlin, wohin Moltke auf speciellen Wunsch des Kaisers gekommen war. Dem Feldmarschall liegt nicht viel an äußeren Huldigungen im Allgemeinen, das zeigte sich bei seiner Ankunft, deren Stunde vor dem großen Publikum geheim gehalten war. Als schlichter „Civilist" traf Moltke auf dem Bahnhofe ein, von Wenigen nur erkannt und mit der ersten besten Droschke fuhr er in sein Heim. Als dann aber die wogende Volksbegeisterung mit dem glänzendsten Fackelzuge, den Berlin je gesehen, ihm ihre Huldigung darbrachte, da sprach Herz zum Herzen, und mit tiefbewegter Stimme dankte der Feldmarschall für all' diese treue und herzliche Anhänglichkeit. Der Fackelzug. Grau und schwer lag der Himmel über Berlin. Von Zeit zu Zeit sandten Regenschauer kalte Tropfen auf die ungeheure Menschenmenge herab. Schon zu früher Stunde begann die Ansammlung, Tausende, und Abertausende strömten von allen Richtungen heran, und dazwischen erschollen die Rufe der fliegenden Händler, die Münzen, Medaillen, Festzeitungeu anpriesen. Um 6 Uhr Abends war auch kein Plätzchen mehr frei, die errichteten Tribünen, Balkone, Fenster, Alles war von Schaulustigen umlagert und die Theilnehmer am Fackelzuge hatten Mühe, auf ihre Plätze zu gelangen. Endlos waren die Massen, die sich an diesem Abende vereinten. Um 7 Uhr setzte sich der glänzende, nach Tausenden von Theilnehmern zählende Zug in Bewegung und marschirte vom Lustgarten die Linden hinunter zum Brandenburger Thore hinaus, um das neue Reichstagsgebüude herum zum Königsplatze, an welchem das Generalstabsgebäude, Moltke's Wohnung, gelegen ist. Volle zwei Stunden dauerte der Marsch, und mit Jubel ging es an dem Geburtstagskinde vorüber. Die Vorhalle hinter den Arkaden vor dem Hauptein gange des Generalstabsgebäudes war durch dichte Gruppen von Blattpflanzen in ein Laubzelt verwandelt worden. Den Abschluß dieser grünen, lebendigen Wände nach oben hin machte eine gefällig geordnete Draperie aus rothen, goldbefranzten Stoffen. Vorn im Zelte war ein Lehn sessel aufgestellt worden, auf welchem der Gefeierte sich niederlassen sollte. Aber wahrend der ganzen langen Dauer des Zuges schien der neunzigjährige Herr in keinem Augenblick ein Bedürfniß zu empfinden, dielen Sessel zu benützen. Nach einer musikalischen Huldigung der Ber liner Liedertafel war der Feldmarschall in jene offene Laubhalle getreten, in welche der feuchte Wind des Oktober-Abends empfindlich hinemwehte, gegen dessen Kühle den greisen Herrn nur der übergeworfene tuchene Offiziers-Paletot mit einem Pelzvorsioß schützte. Die Mitglieder seiner Familie, Herren und Damen, und der Adjutant des Generalstabschefs, Major Zahn, umgaben den Generalfeldmarschall dort. In aufrechter Haltung stehend, sah Letzterer dem Fackelzuge mit großem Interesse zu und wurde nicht müd^, den ihn mit endlosem Hoch- und Hurrahgeschrei, Fahnen-, Mützen-, Hüte- und Schlägerschwingen, begrüßenden Männern und Jünglingen diese Grüße mit Verneigen und Erheben der Hand zum Mützenschirm zu erwidern. Gegenüber dem Gencralstabsgebäude hatte sich gleich beim Beginn des Zuges ein Sängerchor aufgestellt, welcher den Gesang „Das ist der Tag des Herrn!" anstimmte. Vom Kroll'schen Etablissement warf eine elektrische Sonne ihre Strahlen genau in solcher Richtung auf die Sieges säule durch die Dunkelheit, daß die goldene Victoria auf der Spitze im hellsten Lichte daraus hervortrat. Und nun zogen sie vorüber, von Herolden und berittenen Fanfarenbläsern, sowie Studenten im vollsten Wichs ge führt, Wagen auf Wagen, Banner auf Banner, Trupp auf Trupp, und vom Schmettern der Trompeten begleitet ertönten ununterbrochen die Hochrufe. Einige wenige Male trat Stille ein vor einer Anrede an den Gefeierten und dessen Antwort, der Alle lautlos lauschten. So hielt Namens des Festcomitees dessen Vorsitzender Rappo folgende Ansprache: „Ew. Excellenz wollen gnädigst diesen Fackelzug empfangen, den Berliner Bürger huldigend daroringen. Möge er aufgefaßt werden als das, was er sein soll und das, was er ist; als eine Huldigung nicht nur der theilnehmenden Berliner, sondern auch des ge- sammten Bürgerthums der Reichshauptstadt, ja aller Deutschen. Das ganze deutsche Volk erhebt mit uns in dieser Stunde Herz, Stimme und Hand und ruft: Se. Excellenz der Generalfeldmarschall Graf v. Moltke, er lebe hoch, er lebe wieder hoch und ewig hoch!" Während die Menge ringsum und alle die, welche jede Fenster öffnung und den Balkon des Generalstabsgebäudes dicht besetzt hielten, begeistert in das Hoch einstimmten, stiegen farbige Leuchtkugeln vom Platze aus zum Nachthimmel auf und zerstoben prasselnd m der Höhe. Aus den Händen des Sprechers nahm der Jubilar sichtlich bewegt einen ihm überreichten silbernen Lorbeerkranz entgegen und erwiderte mit klarer, Heller und vernehmlicher fester Stimme folgende Worte: „Das, was Sie mir hier bereiten, hat mich tief gerührt, und mehr als je empfinde ich es heute, ein Bürger von Berlin zu sein; das macht mich stolz und froh. Der gewaltige Aufschwung, den Berlin genommen hat, datirt von der Wiedernufrichtung des Deutschen Reiches, dem großen Werke unseres großen Kaisers Wilhelm. Wenn Sie so freundlich sind, mir einen An theil an den Erfolgen zuzuschreiben, welche dahin geführt haben, so vergesse ich doch nicht, daß mir treue uud tapfere Mithelfer zur Seite gestanden haben, vor Allem vergesse ich nicht die Braven, welche ihre Liebe zum Vaterlande mit dem Tode besiegelten. Ich bitte Sie, allen meinen Mitbürgern meinen herzlichen Dank zu sagen für diese glänzende Kundgebung." Stürmischer Jubel erweckte diese Erwiderung. Und immer neue Gruppen des Zuges erschienen mit ihren Bannern. Bald mit berittenen kostümirten Trompetern, bald mit Militärmusikcorps an der Spitze kamen sie heran, die Berliner Schützenvereine und der Märkische Sänger bund. Die Sänger machten Lem Feldherrn gegenüber Halt, bildeten einen Kreis und ließen das Lied erklingen: „Gott grüße Dich!" Neue Hurrahrufe folgten, und dann dankte der Feldmarschall den Sängern, besonders den Herren, die von außerhalb gekommen, um ihm einen so fchöuen Abend zu bereiten. Der Jubel stieg, als die Bürger aus den einzelnen Wahlkreisen anrückten. In dichten Schaaren kamen sie mir ihren Fackeln vorüber. Die folgenden Gruppen bildeten gewerbliche Institute, Fabriken rc. mit mehreren reichgeschmückten Wagen. Der erste war der grünumkränzte, mit großen Fässern beladene der Berliner Bockbrauerei. Der originellste Wagen war der des Krieger vereins „Vorwärts", auf welchem in lebendigen Gestalten die Abbilder des Feldmar challs in seinen verschiedenen Lebensaltern vom kleinen Fähnrich bis zum großen Feld marschall stnfenweis hintereinander aufgestellt waren, über ragt von einer Germania im Adlerhelm. Mit herzlichem Lachen betrachtete der Feldmarschall diese seine Ebenbilder. Fast alle Berliner Brauereien folgten dann mit reichge putzten Wagen. Choräle singend rückten das Personal der bekannten Bolle'schen Meierei und die Mitglieder des evangelischen Jünglings-Vereins christlicher junger Männer heran, hinter ihnen ein kolossaler transparenter Würfel mit der Inschrift: „Jesus heute, gestern und derselbe in Ewig keit!" „Allheil!" aus kräftigen Kehlen rufend kamen die Vereine der Radfahrer, Führer und Bannerträger auf blinkenden Stahlrädern an der Spitze, nach ihnen die Sanitätscolonnen, in lichtbraune Blousen gekleidet, das rothe Kreuz an der Mütze. Uud nun wurde über allen Häuptern das prachtvolle, von Schimmeln gezogene Vier gespann der Kunstakademiker sichtbar, auf besten Höhe die beschwingte Victoria den vergoldeten Palmzweig grüßend gegen den Jubilar neigte. Herolde in Purpur, Gold und Silber, Kreuzritter in Kettenhemden und weißen Mänteln, gepanzerte Ritter mit Panieren ritten vorauf, wilde Ger manen in Thierfellen und Krieger der Karolingischen Zeit, mit Speeren, Keulen und Schwertern bewaffnet, schritten fackelschwingend daneben. Dann kam der Wagen der Ger mania, begleitet von Kriegern aus allen Zeitaltern. Der Feldmarschall trat dicht heran, und nunmehr verließ die stolze Germania ihren Thron und sprach huldigend zu dem Feldmarschall folgende Strophen: „Denker Du in Wort und Rath, Lenker der erwognen That, Du im Frieden und im Feld Vaterlandes Sohn und Held, Sieh', es drängt sich Dir zu Füßen Alt und junger Kriegerschaar, Denn ganz Deutschland will Dich grüßen, Das da ist und das da war, Daß ein Bild Dir sei gegeben, Greifbar, wie's die Kunst verleiht, Es gehört Dein großes Leben Aller Zeit, nicht einer Zeit." Damit überreichte die Germania dem Grafen den üppig sprossenden Lorbeer, der reichen Bänderschmuck trug. Moltke war tief erschüttert: „Ich kann stolz sein, daß ich so viele patriotische Bürger um mich sehe. Ich nehme die Huldigung hin für Germanien, für's deutsche Volk!" Zu gleich mit dem laut erbrausenden Jubelgeschrei der Krieger