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Chinesische Pagode im „Kew Garden". H. Nessel: Garteneindrücke einer kleinen Reise. Im Sommer vorigen Jahres unternahm ich eine kurze Reise nach Paris und London, um Umschau zu halten nach schönen Gewächshauspflanzen, Blütenstauden und sonstigen gärtnerischen Errungenschaften, Gleich nach der Ankunft in Paris führte mein Weg nach dem Jardin des Plantes, darin hat sich seit meiner dortigen Tätigkeit 1901 —03 in Anlage sowie Beetbepflanzung nichts geändert. Zedern, Paulownia stehen noch, aber die alte Robinia war verschwunden, sie war ja schon 1901 mehr Mauerwerk als Baum. Die Gewächshäuser machten in bezug auf die innere Einrichtung und den Pflanzenbestand nicht den besten Eindruck. Das ehemals schöne Palmenhaus „Jardin d'Hiver" war pflanzenleer und außer Betrieb gesetzt,- ebenso ließen die übrigen Häuser zu wünschen übrig, das Victoria-regia-Haus war ohne Wasser und Pflanzen, nur die tropischen Nutzpflanzenhäuser zeigten guten Bestand. Die systematische Abteilung war wohl peinlichst sauber, aber fast ohne Pflanzen. Dagegen waren die Kulturen der Versailler Handelsfirmen in guter Verfassung, besonders Orchideen und Croton. Das gleiche gilt von der Pariser Stadtgärtnerei. Der Park von Versailles mit seinen geschnittenen hohen Hecken, trotzdem sie lückenhaft sind, und mit den vielen Wasseranlagen, noch dazu bei abendlicher Beleuchtung, verfehlt auf den Fremden nicht seine Wirkung. Die kleinen und großen Parke, wie: „Jardin du Luxembourg", „Buttes Chaumont", „Monceau", „Montsouris", „St. Cloud", wären bei der drückenden Hitze wohl ein angenehmer Aufenthaltsort der Pariser Bevölkerung gewesen, wenn sich die Mücken nicht so unliebsam bemerkbar gemacht hätten und Bänke, Blattwerk und Wege in Staub gehüllt gewesen wären. Trotz bestmöglicher Pflege waren die Rasenflächen verbrannt. Einige Ausflüge in die weitere Umgebung, so nach „Chateau Fontainebleau", mit seinem alten Baumbestand ein Dorado für Dendrologen, nach dem Rothschildschen Schlosse in Ferneres en Brie mit seinem gepflegten Park, guten Warmhauskulturen und seiner Fasanerie, nahmen die übrige Zeit meines dortigen Aufenthaltes in Anspruch. Auch der Gärtnerei von J. Chautrier, Mortefontaine (Oise) möchte ich gedenken, denn das dort an Pflanzenmaterial Gesehene war tadellos,- herrliche Pflanzen von Anthurium, Crotons, Caladien, Nepenthes, Orchideen, Bromelien, Alocasien und Maranten usw. boten sich hier dem Auge. Als ich mein vorgesehenes Programm beendet sah, fuhr ich von Paris über Dieppe-Newhaven nach London. Hier empfing mich die gleiche Hitze wie in Frankreich, aber für den Blumenfreund doch eine andere Welt, alles stand im Zeichen der Blüte,- zwar nicht in der City, sondern in den anbei»