Volltext Seite (XML)
MoMMM für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg «ud Amgegend. Erscheint: ^rittwoS» und Sionnabenb« früh 6 Uhr. NbonnementSpreiS: Lierieljährlich 1j Mark. Anferate werden mit 10 Pfennigen für den -toum einer gespaltenen CorpuS- Zeile berechnet u. find bis spätestens Dienstag» und Freitag» Vormittag» S Uhr hier aufzugeben. Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und der städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. Dreißigster Jahrgang. Buchdruckerei von «ruft ««bwig Förster in PulSni* Verantwortliche Redaktion, Druck und »erlag von Pau! Weber in PulSnitz. «efchäfttstellrn für Königsbrück: bei Herrn Kaufmann R. Tschersich. Dresden: Annoncen- Bureau'S Haasenstein L Vogler, Jn- validendank, W. Saalbach. Leipzig Rudolph Roffe, Haasenstein L Vogler. Berlin: Eentralannoncenbureau für sämmtliche deutsche Zeitunzen. von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, ^>der solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. Lxpvel «ies Mittwoch. 35. 1. Mai 1878. - ! -- - . - Bekalurtmachung. Die öffentlichen Impfungen in dem Jmpfbezirke Reichenau v»t Koitzsch, Gräfenhain und Reichenbach werden im laufenden Jahre durch den Königlichen Be zirksarzt Herrn vr. insä. Reinhard vorgenommen werden. ' Kamenz, am 24. April 1878. KöniglicheAmtsbauptmannschaft. Schäffer. Seiten des unterzeichneten König!. Gerichtsamtes sollen die zum Nachlasse des verstorbenen Mühlenbesitzers Gustav Emil Guhr in Großnaundorf gehörigen Immobilien und zwar 1 ., das Mühlengrundstück 8ud Nr. 6 und 8 des Brandcatasters und Fol. 7 des Grund- und Hypothekenbuchs für Großnaundorf und 2 ., die Feldgrundstücke Nr. 251a und 252 des Flurbuchs sud Fol. 131 des Grund- und Hypothekenbuchs für genannten Ort den 9. Mai 1878 öffentlich freiwillig an Ort und Stelle versteigert werden. Kauflustige werden daher geladen, gedachten Tags bis Mittags 12 Uhr, widrigenfalls sie zum Bieten nicht würden zugelaffen werden, im Luuze'fchen Gast hof in Großnaundorf sich einzufinoen, über ihre Zahlungsfähigkeit sich auszuweisen und hierauf der Versteigerung besagter Grundstücke an Ort und Stelle sich zu gewärtigen. . Die ungefähre Beschreibung der Kaufsobjecte, die Taxe der einzelnen Grundstücke sowie die aufhaftenden Oblasten und die Subhastationsbedingungen sind aus den Beifugen zu den im hiesigen Ämtshause und im Lunze'schen Gasthofe in Großnaundorf aushängenden Anschlägen zu ersehen. Pulsnitz, am 20. April 1878. Das Königliche Gerichtsamt daselbst. Jahn. W. Außtand und Kngtand. Der russisch-englische Konflikt liegt nunmehr seit Wochen so, daß keiner von beiden Gegnern die militä rische Position aufgeben will, welche er einmal einge nommen hat, so yah einzige Hoffnung auf einem Kompromiß beruht, welcher nach dieser Richtung hin geschlossen werden könnte. Diesen Kompromiß herbeizu führen, haben sich europäische Mächte Mühe gegeben, und in erster Linie Fürst Bismarck als Vertreter desje nigen Reiches, dessen hervorragende Machtstellung es be sonders dazu befähigt, ein wichtiges Wort in die Waag schale zu legen. Die ganze diplomatische Aktion der letzten vierzehn Tagen drehte sich um diese „guten Dienste" des Fürsten Bismarck in einem Zirkel, der sich jetzt als ein fehlerhafter Kreis erweist, in so fern neuerdings durch ein Telegramm der „Times" aus Petersburg bestätigt wird, daß, nachdem England die erste, als Kongreßbasis proponirte „Formel" beanstandet hat, eine neue „Formel" erforderlich sei, nach welcher die Mächte die bestehenden Verträge in ihrer Beziehung zum Traktat von San Stefano in Erwägung ziehen sollen. Wie die „Times" wissen will, sei diese Formel bereits ausfindig gemacht und werde auch für „annehmbar" gehalten. Diese prob lematische Ausdrucksweise wird aber von dem Cityblatt noch dadurch abgeschwächt, daß es Oesterreich den Wunsch nach einer ganz anderen Basis zuschreibt, nämlich nach einer solchen, welche die entstandene Streitfrage dadurch löst, daß jede Macht sich für den vergrößerten Einfluß Rußlands in geeigneter Weise schadlos halten soll. Wie die Dinge sich einmal festgefahren haben, dürfte diese „annehmbare Basis" nicht mehr Erfolg haben, als die bisherigen Kompromißversuche! Fürst Bismarck selbst, der Hauptvermittler, ist gegenwärtig durch Krankheit an seiner friedenstiftenden Tyätigkeit verhindert und im üb rigen dürfte er sich wohl in Bezug auf John Bull auf den Standpunkt gestellt haben, im Herzen nicht über mäßig viel danach zu fragen „ob er den Cassio tödtet, oder Cassio ihn tödtet, oder ob beide sich gegenseitig tödten." Daß unser Reichskanzler keinen sehr intensiven Eifer für die Beilegung des Zwistes aufgewendct hat, möchten wir schon aus dem Vorschläge entnehmen, daß England und Rußland ihre strategischen Stellungen ver ändern sollen. Bei der Zuspitzung, welche die kritische Sachlage erfahren hat, und nachdem sich beide Theile in alle Gefahren und Wagnisse eines kriegerischen Kon fliktes hineingelebt hatten, konnte sich ein Mann von dein diplomatischen Scharfblicke Bismarcks selbst genau sagen, daß keiner von beiden zu Gunsten einer diplo matischen Verhandlung von zweifelhaftestem Erfolge die Vortheile auf einem genau geprüften Terrain aufzugeben geneigt sein könne. Man wird England nicht absprechen können, daß es, seitdem es sich für die Politik der Aktion entschlossen hat, ein zielbewusstes Programm von Anfang an bekun dete. Dieser Konsequenz gegenüber mußten die Versuche, von der aufgestellten Forderung etwas abzuhandeln, um so mehr scheitern, als weder Rußland noch Europa sich im weiteren Laufe der Ereignisse verhehlen konnten, daß Englands diplomatische Protcstation gegen die durch den Traktat von San Stefano ausgedrückte ethnographische Politik des General Jgnatiesf einen thatsäöhlichen Rück halt in der muselmännischen Bewegung in dem von Rußland geplanten bulgarischen Staatengebilde gefunden hat. Es ist zu klar, daß die Insurrektion, welche jetzt das Nhodopegebirge zu ihrem Schauplatz ausersehen hat, sich gewissermaßen als Vorspiel der blutigen Vorgänge darstellt, welche über kurz oder lang sich als Reaktion auf die russische Art von Volksbeglückung wiederholen werden. Die Symptome, welche die bulgarische Beweg ung an sich trägt, charakterisiren hinlänglich die Hin fälligkeit und Unausführbarkeit des Vertrages von San Stefano und lassen einen Rückschluß auf das zu, was von den feit Jahrhunderten sich hassenden Elementen verschiedener Abstammung und verschiedenen Glaubens zu erwarten ist, wenn es dem Jgnatieff'schen Schoßkinde gelingen würde, die Präliminarwindeln abzustreifen. Der mohamedanische Aufstand in Bulgarien zeigt bei Zeiten, wie wenig es möglich ist, ein erträgliches Zu sammenleben von Vulgaren, Mohamedanern und Griechen unter russischen Auspizien herzustellen, so daß sür Europa die Mahnung gegeben ist, den verfehlten Tendenzen des Vertrages von San Stefano die Spitze abzubrechen, damit nicht die orientalische Frage der Zukunst eine noch bei weitem schwierigere werde, als es bisher der Fall gewesen ist. Eine noch ganz besondere Tragweite haben die Vor gänge in dem neuen Fürstenthum Bulgarien von den: Gesichtspunkte aus, daß die Ausbreitung dieser Beweg ung längs dem Nhodopegebirge und darüber hinaus nach Albanien und Mazedonien die militärische Situation Rußlands am Bosporus unangenehm beeinträchtigt, so daß nach dem Prinzip des cui proäo8t? d. h. wenn man fragt: „Wem nützt es", die Annahme erlaubt ist, daß England nicht ganz außer Zusammenhang mit der muselmännischen Bewegung steht. Cs ist dies ein An zeichen dafür, daß die britische Regierung mit Eifer und Wachsamkeit alle russenfeindüchen Elemente im Südosten Europas unter ihre Fahnen zu vereinigen sucht, und gewillt ist, dem Vertrage von San Stefano Widerstand zu leisten und gegenüber den von Rußland geschaffenen vollendeten Thatsachen ihrerseits vollendete Thalsachen hinzustellen, angesichts deren Vorkonferenz und Kongreß kaum noch sehr lange sich auf der Tagesordnung Euro pas werden halten können. politischer Meil. Die Aufmerksamkeit, welche, wie man uns schreibt, die Meldung, Graf Moltke sei bei seiner Anwesenheit in Kopenhagen von dem König von Dänemark in Privat- a -dienz empfangen worden, in hiesigen diplomatischen Kreisen hervorgerufen hat, wird noch erheblich gesteigert durch die Londoner Nachricht des Reuterschen Bureaus, England beabsichtige ein Geschwader von 20 Kriegs schiffen nach der Ostsee zu schicken. Es liegt auf der Hand, daß im Falle eines englisch-russischen Krieges die Haltung Dänemarks für England von großer Wichtig keit sein würde. In Wirklichkeit scheinen sich die Regier ungen bereits sehr viel mehr mit dem Krieg als mit dem Kongreß zu beschäftigen. (B. T.) Der Petersburger Korrespondent der „Times" hat dem Londoner Blatte 'die neue Formel mitgetheilt, die England auf dem Kongresse vorbringen soll. „Die Mächte werden zu einer Konferenz eingeladen, um die be stehenden Verträge in ihrer Beziehung zum Vertrage von San Stefano in Erwägung zu ziehen." Die Formel hat nicht nur den Fehler, den für England entscheiden den Punkt, das Recht des Kongresses, über den Vertrag von San Stefano zu Gerücht zu sitzen, nicht zuzugestehen; sie ist auch „schon dagewesen" und seiner Zeit - in London abgelehnt worden. „Ein ähnliches Schicksal dürste — so schreibt man uns von anscheinend unterrichteter Seite — auch dem neuerdings vorgeschlagenen Gedanken austausche vor dem Zusammentritte des Kongresses Vor behalten sein, trotz der italienisch-deutschen Unterstützung, daß England vorher doch erst einmal seine eigenen An sichten über die Neuordnung der Dinge im Orient zum Besten geben möchte. Im klebrigen soll die Reise des Grafen Moltke nach Kopenhagen mit Rücksicht auf die Eventualität eines englisch-russischen Krieges in hiesigen diplomatischen Kreisen großes Aufsehen erregen." Es wäre nicht überraschend, wenn Lord Beaconsfield trotz allen Drängens daran festhielte, seine Karten erst auf der Kon ferenz ausspielen zu wollen. Gäbe er jetzt bereits die britischen Gegenvorschläge an, dann würde es wohl bald klar sein, daß seine Betheuerung für „Europas In teressen" einzuskhen, einfach eine schöne Phrase ist, die den paffenden Deckmantel für die englischen Interessen so lange abgeben soll, bis Rußland vor den Konferenz tisch tritt, mit gewissermaßen bereits gebundenen Händen. Von Petersburg aus giebt man sich allerdings Mühe, den Glauben zu verbreiten, als sei das britische Kabinet