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------- 54 Elberfeld, d. 16. März. Der Ope- rationsplan für den künftigen Feldzug ist bereits von Wien im Hauptquartier zu Mühlheim angekommen. Gleich nach dem Empfang desselben haben sich die Generale zu einem großen Kiegörath versammlet, und man vermuthet, daß die Oesterreicher bald vorrücken werden. In London ist ein Mann, der sich für einen Propheten und Neffen Gottes ausgab und vielen Zulauf von Menschen halte, Brothes mit Namen, arreiirt worden. Er hatte gegen den König, den Minister Pitt und gegen die Briltische Constitution prophezeyt und daß alle Thronen in Europa umgcstürzt werden würden. Sorrderbare Art zu seinem Für- ftenthume wieder zu gelangen. Erzählung aus der anhaltinischen Geschichte. Iürst Fohann I. von Anhalt Zerbst starb i Z8o. zu Palästina, wohin ihn, ei. nigen Gerüchten zu Folge, nicht nur ein heiliger Eifer, sondern auch — eine böse Frau getrieben hatten. Seine zwei Pun zen, Siegmund l. nnd Albrecht IN regier, ten einige Jahre hindurch gemeinschaftlich, und, und cheilten dann ihre Länder. Sieg, münd erhielt die Ländereien ienseit der El- be, und, als Aeltester die Stadt Zerblst. Der dicßeitige Theil, Deßau, Köthen, n. s. w. fiel Albrechten zu. Siegmund regierte mit vielem Anstand. Sein Hof galt für einen der glänzendsten in damaligen Zeiten. Er stiftete einen Orden und zwar den ältesten dieser Art in ganz Teutschland. Er unterhielt stets eine ansehnliche Mannschaft, die man fast als eine stehende Miliz betrachten durfte. Er war der Gemahl der schönsten Sächsin sei- nerZeit, Brigitta von Querfurt; erzeugte mit ihr fünf Töchter und sechs «söhne. Er führte mit dem Erzbischof vün Magdeburg blutige, geldversplitternde Kriege; er war freygebig, liebte Glanz und Pracht; hielt fest über sein Ansehn, und blied — ohne Schulden. So kurz diese Angaben sind, so erhellet doch, wie mich dünkt, aus ihnen: daß Siegmund kein Mann und kein Fürst von alltäglichem Geiste sein konte. Als er er starb, lebten noch viere von seinen Prinzen; alle waren minderjährig, der Aclteste noch nicht sechszehn Jahre alt. Der Krieg mit Magdeburg dauerte noch fort. Anhalte Staaten waren oft verwü. stet und entvölkert tworden. Alles dies gab den fürstlichen Waisen eine trübe Aussicht« Doch ihre größte Gefahr, ihre höchste Be kümmernis kam von einem Manne her, der als ihr nächster Blutsverwandter und anmaskicher Vormund, eigentlich ihr Be- schützet, nicht ihr Gegner hätte seyn sollen, von Fürst Albrecht dm III. Ihm, wie schon oben erwähnt, war das Land zwischen der Elbe und Saale zugefallen. Jetzt ver- langte er auch das Gebiet und die Stadt Zerbst, umerm Vorwande: daß diese stets dem Aeltesten des Hauses gehörten; wüste seine Anerkennung beym Rache von Zerbst durchzusetzen, und zog endlich das ganze Land