Volltext Seite (XML)
394 39- kür-—! In Frankreich soll man ießt auf,'eden Tag, zoo Menschen, die durch die Guil lotine ihr Leben verlieren, rechnen können^ o r —. —7-".'»7--!-^—>> > .2 Wie handelt ein Despot? Man schreibt und und rasonnirt in un sern Zeiten so vieles über Despotismus, schilt Fürsten Tyrannen, ohne den rechtma- sigen gesetzlichen Regenten vom willkührli- chen Herrscher und Unterdrücker seines Volks zu umerscheiden. Es dürfte daher nicht über, flüssig seyn, das Bild eines würklichen Ty- rannen aus der wahren Geschichte von Ma rokko aufzustellen. Muley Ismael, Kayser von Marok- ko, der nach einer langen Regierung im L. 1714 starb, war ein Mann von vielem V»r. stände, thaciger Gemüthsart, unerschrocke- nem Muthe und großem Fleiße. Er stamm te vom Mahomec ab und hieng dem Pro. pheten so sehr an, daß er Lebenslang keinen Wein trank, den Ramassan (Fastenmonat der'Türken und eines ihrer vornehmsten und heiligsten Feste) zwei- Monate eher als sei- ne Unterlhanen zu seycrn ansteng; und nm keine Gelegenheit zu missen, wo er beten und kniecn komne, hatte er in allen weiten Hosen seines PallasteS Steine liegen, die nach Osten wiesen, worauf er seine Andacht zum öftcrn verrichtete. Wenn er zu Pferde saß und seine Aleayden oder Statthalter barfuß, zitternd und zur Erde geneigt da standen und ausricscn: Groß ist die Weis heit unscro Herrschers; unser Herr, der Kö- uig redet wie ein Engel vom Himmel! wie glücklich war alsdann der, den er auslas, eine, Botschaft am andern Ende der Stadt auszurichten! Er schien Flügel zu haben, kehrte athmenlos und mit Staub bedeckt wieder, um sich als einen treuen und fleißi- gen Minister zu zeigen. Nicht gern entließ der Kayser Muley einen fremden Gesandten, ohne vor dessen Augen seine Gewalt zu zei- gen und zwei- oder drey seiner Untenhanen mit dem Spieß zu durchbohren. Er soll mit eigner Hand in seinem lan gen Leben 42,0,02 Menschen seines eignen Volkes umgebracht haben. Wenn er ein gelbes Kleid anhatte: so verkrochen sich selbst seine Lieblinge, weil er in dem Falle den grösten Blutdurst anzeigte. Die erste Fra. ge am Hofe war: welche Laune der Kayscr heute habe? Er verwandte vieles Geld auf Gebäude und war so delikat in seinem Geschmack, daß, wenn ihm der Plan oder die Ausfüh. rung eines Pallastes nicht gefiel, er denselben niederreißen und alle, die daran gearbeitet hatten, hinrichten ließ. Einmal war sein erster Minister bey ihm ungewöhnlich hoch in Gnaden; weil er aber eine Kleinigkeit versah, ließ er ihm einen so derben Stockschilling geben, daß er daran starb. Nachher ward es ihm leid; weil er aber den Minister nicht wieder lebendig ma chen konnte: so ließ er wenigstens den Chir- urgus hinrichten, der ihn nicht hatte kuri- ren können. Ein andermal traf er einen seiner Alcayden mit einer Menge Knechte, die eine Heerde Schaafe zu Markte trie ben. Der Kayser fragte: wem die Hecrde