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Einrede; sie wollte die verletzenden Redensarten der hochmütigen alten Dame nicht noch einmal und dieses Mal durch eigene Schuld gegen sich kehren. Als aber Frau Landy vollends ein gefülltes Weinglas an die Lippen des Knaben führte, da siegte mit Allgewalt die fürchtende Liebe in Elfe. „Das Kind ist schläfrig und müde," sagte sie unvermittelt. „Ver zeihen Sie, gnädige Frau, ich will Robert zu Bette bringen. Es ist auch schon spät, weit über seine gewöhnliche Zeit hinaus." Erstaunt und herausfordernd blitzten die Augen der Matrone die kühne Else an. Aber Helmfeld kam der Bonne feines Knaben rasch zu Hilse. „Ich habe meinen Robert ganz in den Schutz der treuen Else vertraut," sagte er ernst. „Sie darf bei der Ausführung ihrer Pflichten weder gehemmt noch beeinflußt werden." Damit nahm er den Knaben selbst aus den Armen seiner Schwä gerin und übergab ihn der wartenden Else. „Du räumst dieser Person zu viele Rechte ein," sagte Frau Landy, als sie sich allein mit Helmfeld befand. „Lassen wir das auf sich beruhen, liebe Schwägerin," erwiderte er heiter ablenkend. „Du wirst Else näher kennen und ihren Wert schätzen lernen. Erzähle mir lieber von den Erlebnissen Deiner weiten Reise, wir armen Stubenhocker hören gar gerne von solchen Fahrten über das unermeßliche Weltmeer!" Frau Landy war fürs erste von dem Gesprächsthema über Else entfernt. Sie gab einige kleine Reiseabenteuer zum besten — dann begehrte sie in ihr Zimmer geführt zu werden. Helmfeld selber geleitete sie nach dem früheren Schlafgemache Julia s. An der Schwelle schauderte er sichtbar zusammen — er hatte dieses Zimmer seit der Entfernung der jungen Frau aus seinem Hause nicht wieder betreten, es erweckte nun die seltsamsten, er schütterndsten Empfindungen in ihm. Hastig sagte er zu seiner Schwägerin: „Ich werde Dir das Mädchen schicken, welches eigens für Deine Bedienung bestimmt ist. Sie wird alle Deine Wünsche auf das Pünkt lichste erfüllen. Gute Nacht, liebe Amalie!" „Warum so eilig, Herr Schwager?" sagte die Matrone. „Das ist wohl das Zimmer Deiner geschiedenen jungen Frau? Verzeihe mir meine Neugierde, aber ich möchte doch gerne wissen, warum Du Dich von ihr getrennt hast. Dein diesbezüglicher Brief teilte mir die trockene Tbatsache mit, ohne mich irgend etwas über die Motive er raten zu lassen. Ich bin Deine einzige Verwandte, Friedrich, und als solche hätte ich doch wohl ein Recht aus Dein Vertrauen." Die Blicke Helmfelds suchten beharrlich den Boden. „Da ist wenig zu erzählen," sagte er leise und unsicher. „Wir fanden beide, daß wir nicht zu einander taugten. Das war alleS!" „Und warum ist Robert bei Dir?" fragte die Matrone mit scharfer Betonung. „Die Mutter hat daS Recht, ihn bis zu seinem vollendeten zweiten Lebensjahre zu behalten!" Helmfelo brauchte einige Sekunden, um eine passende Antwort zu finden. „Julia hielt es für leichter, sich von dem kaum geborenen Kinde schon damals zu trennen, als später, wenn sie sich mit aller Liebe und den Banden der Gewohnheit daran gehängt hätte," sagte er endlich. „Und ich ging natürlich auf diese ihre Anschauung mit herz licher Freude ein!" „Seltsame Mutter!" murmelte die Greisin, während eine weh mütige Rückerinnerung ihre sonst so harten Züge milderte. „Ich hatte ein einziges Kind — es starb mir dahin, als es kaum drei Wochen zählte. Und ich weiß doch, daß ich zehn Jahre meines Lebens willig hingegeben haben würde, hätte ich mein liebes, kleines Mädchen nur noch einen Monat behalten dürfen. Seltsame Mutter!" (Fortsetzung folgt.) Melder:. M Gin Geiser auf Äsland. Die Insel Island im Nordmeere ist bekannt lich einer der Hauptsitze der noch heute wirksamen vulkanischen Thätigkeit unserer Erde, welche Thätigkeit sich hier vorzugsweise in der Gestalt der Geiser oder Geysir, d. h. der merkwürdigen periodischen heißen Springquellen äußert, deren man auf Island verschiedene, z. B. den großen und den kleinen Geiser, der Strokkr (Butterfaß) u. a. m. kennt. Der kleine Geiser, auf wel chen unser vorstehendes Bild sich bezieht, bildet eine Gruppe von heißen Quellen, weiche 59 Kilometer südwestlich vom großen Geiser liegt. An diesen heißen Quellen des kleinen Geisers bemerkt man in regelmäßigen Zwischen räumen von 3/4 Stunden in den Quellmündungen eine allmählich zunehmende Entwickelung heißer Wasserdämpse in Begleitung eines unterirdischen plät schernden Geräusches; hierauf stößt die Quelle kochenden Wasserschaum aus, welcher in langsamen Perioden steigt und fällt, aber nach und nach sich immer höher erhebt, bis die Quelle nach etwa zehn Minuten senkrechte und seitlich äuflpritzende Wassergraben bis zur Höhe von 10—13 Meter empor treibt. Dieser Wasserstrahl nimmt dann an Umfang und Höhe allmählich wieder ab, bis die Quelle nach Berfluß von weiteren zehn Minuten wieder in ihre gewöhnliche Ruhe zurückgekehrt ist. Diese merkwürdige Erscheinung ist neuerdings von oen Physikern in ihren Ursachen ermittelt worden, so daß man dieselbe an kleinen Instrumenten aus Blech ganz anschaulich künstlich Herstellen und erklären kann. O. M. Der verunglückte Papier-Drache. Wie rasch geht Freude in Leid über! Soeben noch hat der kleine Knabe den neuen bunten Papier-Drachen, welchen ihm der ältere Bruder gefertigt, mit dem innigsten Vergnügen durch die reine Morgenluft segeln lassen und sich an dem schönen Flug desselben ergötzt, da hat an der Ecke ein plötzlicher Windstoß den Drachen erfaßt und gegen eine Straßenlaterne geschleudert, an derer Gestell sich die Schnur sestklemmte und jählings abriß. Nun schwankt und schaukelt das schöne Spielzeug da droben in unerreichbarer Höhe, und bei dem kleinen Fritz ist nun Holland in Nöten und der Papierdrache droht gänzlich verloren zu gehen. Da naht die Rettung in Gestalt einer Gassenkehrer-Familie, deren weibliche Mitglieder denn auch auf die Bitte des ältern Bruders ein menschliches Rühren fühlen und sich mit vereinten Kräften an die Befreiung des Drachen machen, während der alte Gassenkehrer dem Fritz einen warnenden und belehrenden Vortrag über die Kunst hält, einen Papierdrachen in den Straßen steigen zu lassen und sich dabei der nötigen Vorsichtsmaßregeln zu bedienen, — ein Bortrag, welcher wohl leider das Schicksal der meisten guten Lehren haben wird, nämlich als bald vergessen zu werden, nachdem Leid und Gefahr vorüber sind, wie das nun einmal im Menschenleben nicht anders ist. O. M. — In einer Gesellschaft sprach man von einem Echo, das die Worte sechs- bis siebenmal wiederhole. — „Ach, das ist gar nichts," sagte eine Dame, „in meinem Garten habe ich ein ganz anderes Echo. Wenn man ruft: Wie befinden Sie sich? so antwortet es: Sehr wohl, Ihnen zu dienen." Vergoldete Nahmen ;u reinigen- Man übergieße sie mehrmals mit Wasser so lange, bis dieses klar herabfließt. Man reibe sie aber ja nicht mit einem Schwamme oder einem Stücke Leinen, auch wenn diese noch so fein sind, denn sonst nimmt man die Vergoldung weg. Auch eine predigt. Die unglückliche Frau eines Trinkers in Cap. G. (Missouri) kam um die Mittagsstunde in's Wirtshaus, wo ihr Mann saß, und sagte ihm: „Mann, da Du wahrscheinlich keine Zeit hast, zum Essen heim zu kommen, habe ich Dir das Deinige gebracht." Damit stellte sie eine be deckte Schüssel auf den Tisch und entfernte sich. Der Mann lud mit einem erzwungenen Lachen seine Trinkkameraden ein, mitzuhalten, aber als er den Deckel von der Schüsfel nahm, fand er nur einen Streifen Papier mit den Worten: „Möge Dir das Essen schmecken, es ist das gleiche, das Deine Fa milie daheim hat." Girre Gaiserreise im Lahr 1748. Es dürfte nicht uninteressant sein, die Verordnung kenn°n ru lernen, welche aus Anlaß der Reise der Kaiserin Maria Theresia im Jahre 1748 erlassen wurde. Polizeiliche Vorkehrungen aus Anlaß der Reise Ihrer Majestäten Maria Theresia und Kaiser Franz 1748. (Dekret des königlich Mährischen Tribunals an den Olmützer Stadtrat.) Ehr same Weyse! Ihr werdet nochmahlen erinnert, und ernstgemessen befehligt, daß ihr denen allem, was Euch aus Gelegenheit der nunmehr bevorstehenden Tahinkunst beider Kaiser!. Mayestäten unterm 17. Aprilis letzthin sowohl wegen Pflaster- und Säuberung derer Gassen und Gräben, dann einer Herstellung einer WohlfeilheiVan Quartieren und Viktualien, als auch Abschaffung deren Bettlern, Vagabunden und Herrenlosen Gesindels auferlegt wordon, den wirk samsten Vollzug, unter sonst zu gewahrthen habender schwehren Anthung be förderen, anbei aber auch, womit daselbst ein gutes trinkbares B^r gebräuet werde, ingleichen die Beckern sich mit feinen Semmeln, gut — gebackenen Brot und übrigen Backwerk, dann die Fleischhacker mit zugänglichen und schönen Fleisch versehen, die ernstgemessene Fürkherung machen, wie nicht minder die Borkäuffe- .reien ausgebig und zwar allsogleich einstellen. Brünn, 4. Juny 1748. <Olm. Z.) LUderrätsel. Auflösung folgt tn nächster Nummer. Äuadrat-Aufgabe. Bei richtiger Zusammenstellung ergeben die Silben einen Spruch von Göthe. Logogrlph- Drehen mag es auf und nieder Wenn etwas zu schwer, Für die Kräfte seiner Glieder, Dann näht es gar sehr; Doch in bunter Farbenpracht Sieht man cs im Garten prangen: Wird es ohne Schweis gedacht, Streift'« oft kosend unsre Wangen. lich wa» gre! ne fuchs f-n weit willst be nicht nut ,eit i- bei red be AnNösunaen an- voriger Nummer: des Rätsels: Gerührt; deS Palindroms: Sieg—GeiS. Jeder Nachdruck au« dem Inhalt diese» Blatte» wird strafrechtlich verfolgt. Verlag von Paul Webers Erben, Buchdrucker« in Pulsnitz- Redaktion »oll r. A. Pfeiffer t, Stuttgirt. Truck von Greiner L Psetfser t» «tuttgart.