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auserlegten neunjährigen Zuchthaussirafi der Strafanstalt Halle a. S. eingeliefert wurde, ist in einer Zelle allein untergebracht worden. Die Einlieferung des Hentsch erfolgte durch einen Leipziger Gerichlsbeamteu; Hentsch soll die Folgen seines schweren Verraihes mit Resigna tion ertragen, auch eine gewisse Reue darüber an den Tag legen. Mit den übrigen Strafgefangenen kommt er vorläufig nicht zusammen. Dippoldiswalde. In einem nahen Dorfe hatten kürzlich in einem Gehöfte 2 Hühner an einem Tage aus- gebrütet, und zwar das eine 12 dagegen das andere nur 2 Küchlein. Diese zwei Hühnchen steckte der Besitzer mit unter die zwölf und das alte Huhn sperrte er 2 Tage lang in einem dunkeln Stall. Als man dasselbe darnach wieder herauslieb, eilte es sofort zur Heerde und rief seine zwei Küchlein heraus, welche nun auch mit der rechten Mutter gingen. Daraus sperrte man dieselbe wiederum 4 Tage ein, und was geschah nun? Sofort holte sie ihre zwei Küchlein aus dem starken Volke, ging mit ihnen ab seits und hackte sie ohne Weiteres todt. Was sagt der Naturforscher zu dem Gebahren dieses „unvernünftigen" Thieres? — Lieser Tage wurde ein Hundezüchter aus Köstritz vom Landgericht Gera zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt. Derselbe hatte einen in dem Geschästs- katalog als „prachtvolles italienisches Windspiel, zehn Monate alt" bezeichneten Hund für 35 Mark an einen Kaufmann in Pirmasens verkauft. Das italienische Windspiel stellte sich aber bei der Ankunft in Pirmasens als ein ganz gemeiner, mehrere Jahre alte Köter heraus, der nur einen Werth von wenigen Mark hatte. — Die Vermählungsfeierlichkeiten in Philippsruhe haben den außerordentlich herzlichen Verkehr gezeigt, den die bei dieser Gelegenheit auf Schloß Philippsruhe und Schloß Numpenheim versammelt gewesenen fürstlichen Gäste, an ihrer Spitze der deutsche Kronprinz, die Kaiserin von Rußland, die Königin und das kronprinzliche Paar von Dänemark und die englische Kronprinzessin, unter einander gepflogen. Besonders beachteuswerth erscheint der freundschaftliche Umgang des deutschen Kronprinzen mit der Herzogin von Nassau, was in Hinblick auf die Nachricht von der bevorstehenden Verlobung der Prinzessin Hilda von Nassau mit dem Erbgroßherzog von Baden von besonderer Bedeutung fein dürfte. Die Verbindung der Tochter Herzogs Adolf mit dem badischen Thron folger, dem Enkel unseres Kaisers, würde beweisen, daß eine gewiße Animosität, welche man am ehemaligen nassauischen Hose wegen der Ereignisse von 1866 gegen den Hof von Berlin noch hegte, nunmehr gänzlich ver- fchwunden ist und der richtigen Würdigung der bestehen den Verhältnisse Platz gemacht hat. — Dem Vernehmen der „N. P. Z." nach beabsichtigt der Kaiser, bei der Feier der Grundsteinlegung für das neue NeichstagSgebäude selbst eine kurze Ansprache zu halten, wie Se. Majestät auch der Aufstellung des Pro gramms in allen seinen Einzelheiten große Aufmerksamkeit widmet. Die aus Mitgliedern des Bundesra'.hes und Reichstages bestehende Reichstags-Bau-Kommission wird bei dem Festakte als selbständige Behörde fungieren und bei dem Empfange der eingeladenenen Festtheilnehmer die Honneurs machen. Ueber die Gegenstände, welche in dem Grundsteine des Baues Aufnahme finden sollen, verlauten bereits einige Einzelheiten. Zunächst ist zu nennen: die Urkunde über die mehr als zehnjährige Vorgeschichte des Reichstagsbaues; dann der Armeebefehl von 1871, worin der Kaiser den deutschen Heeren seinen Dank für die während des Krieges erwiesene Tapferkeit aussprach. Auch wird ein Gothaischer genealogischer Hoskalender für 1884 darin Platz finden, zur Erinnerung an die regier enden Neichssürsten und deren Familien. Weiter soll ein Handbuch für das deutsche Reich aus das Jahr 1884 das Gedächtniß erhalten an die Mitglieder des Bundes- rathes und des Reichstages, sowie an die Centralbebörden des Reiches, die Missionen und deren Angehörige. Ferner sind bereits Pläne der Stadt Berlin und ihrer Umgebung auf Pergament für die Grundsteinlegung vorbereitet. — Zur Vornahme von Versuchen mit fiullons caxtiL ist die Formirung eines dem allgemeinen Kriegs- departemcnt direkt unterstellten Ballondetachements vom 1. Juni d. I. ab vor der Hand auf die Dauer eines Jahres angeordnet worden. Dasselbe besteht aus 1 Hauptmann als Vorsteher der Versuchsstation, 1 Prc- mierleutnant als Mitglied und Führer des Detachements, 2 Secondeleutnanls, 1 Lustschiffer als technischem Bei- rath der Commission und WerkstattS-Jnspector, 4 Unter- osftzieren und 25 Mann der Infanterie. Tas Detache ment ist am 1. Juni im Ostbahnhose in Berlin zusam- mengctreten, woselbst auch die Unteroffiziere und Mann schaften untergebracht worden sind. — Das zum Schutz der deutschen Nordscefischerei designirte Kanonenboot „Cyclop" hat feine nützliche Thätig- keit bereits eröffnet. Dasselbe hat am vorigen Sonnabend Norderney angelaufen, wo eine ungcwöhniich starke Flotte englischer Fischersahrzeuge vor Anker gegangen war, in ungefährer Zahl von tausend. Die Engländer sind wegen ihrer Rohheit und ihrer gesetzwidrigen Handlungsweise an den Nordseeküsten berüchtigt und ist erst kürzlich ein Fall vorgekcmmen, der diese Rohheit kennzeichnet. Ein oft hier anlaufcnder Kapitän, so berichtet man aus Norderney, war unlängst ans der Fahrt nach Norwegen, da kamen auf Ler offenen Nordsee eme Menge englischer Fischer zu ihm an Bord und verlangten Proviant. Der Kapitän war auch bereit, solchen abzugeben, aber selbst verständlich gegen Bezahlung. Davon wollten die Fischer nichts wissen, und als der Kapitän nun die Herausgabe des Geforderten verweigerte, drangen sie mit Gewalt in den inneren Naum des Schiffes. Der Kapitän stellte sich zur Wehr, erhielt aber mit einem Stemmeisen einen solchen Schlag auf den Kopf, daß er bewußtlos zusam menbrach. Als er erwachte waren die Räuber im besten Plündern begriffen. Nuerschrocken wie er ist, ergriff er sein Messer, drang auf den ersten Besten ein und ver wundete ihn. Da stürzten Alle auf ihn los, und aber mals sank er, von einem Eisen getroffen, ohne Besinn ung um. Der Schlag wirkte nur betäubend und war nicht gefährlich. Der Getroffene kam wieder zu sich. Seine Kisten waren geleert und als er auf das Deck stieg, fand er seine ganze Mannschaft an den Masten fistgebunden. Der rohe, geradezu seeräuberische Uebcrsall ist zwar in England zustehenden Ortes zur Anzeige ge bracht, aber von einer Verfolgung und Untersuchung des Vorfalls ist bislang noch nichts bekannt geworden, eine schlechte Vergeltung der Verdienste, die sich der über fallene und mißhandelte Kapitän durch die Rettung der ganzen Mannschaft eines englischen Schiffes erworben hat. — Ein im Zuchthaus zu Münster befindlicher, zu dreijähriger Strafe verurtheilter Schuhmacher hat kürz lich während des Spazierganges auf dem Hose einen Gefangenausseher, der ihn mehrmals zur Ordnung ver wiesen hatte und, als das fruchtlos blieb, ihn in die Zelle abfübren wollte, mit einem im Aermel verborgen gehaltenen Schustermesser erstochen. — In der Zeit vom 11.—15. September d. I. findet im Hosjäger zu Magdeburg der erste internationale Saat- und Kornmarkt verbunden mit einer Ausstellung von Getreide aller Art, Zuckerrüben, Wurzelgewächsen und einer Ausstellung und Conkurrenz von Reinigungs-Ma schinen für Getreide rc. statt. Spccialbestimmungen darüber liegen im Bureau der Handels- und Gewerbe kammer in Zittau, Bautzenerstratze 7 I zur Einsichtnahme für die Interessenten aus. > — Ein Deutscher Missionar im Namaqualande, zu welchem Angra Pequenna gehört, .schreibt über die Besitznahme des letzteren in einem Briefe vom 6. Novbr. 1883 folgendes: „Nun muß ich noch eine nationale Sache erwähnen, die Euch interefsiren dürfte. Im April 1883 erschien ein Schiff, „Tilly" genannt, an der Angra- Pequenna-Bay, dem einzigen Hafen von Groß-Namaqua- tand. Dasselbe gehört einer deutschen Firma in Bremen mit Namen Lüderitz. Die Erwerbung geschah folgender maßen. Die Herren stiegen ans Land und fragten, wem diese Küste gehöre, und als sie hörten, daß ihr Eigen thümer der König von Bethanien sei, reisten sie hin und kauften den Hafen und die ganze Küste bis 5 Meilen landeinwärts iür 200 alte Gewehre und 2000 Mk. Geld — ein Spottpreis für ein Gebiet, das weit größer ist, als das Grvtzherzogthum Hessen. Seit dieser Zeit ist also der westliche Theil unseres Landes deutsches Eigen- tlmm, und es war neulich auch ein deutsches Kriegsschiff, d e „Carola", dort, um ein englisches Kriegsschiff, das dort Fahrzeugen aufpaßte, hinweg zu treiben, was auch geschah. Die Engländer sollen grobe Augen gemacht haben, als man ihnen erklärte, in den Gewässern einer deutschen Küste habe kein fremdes Kriegs schiff etwas zu suchen. Herr Lüderitz von Bremen ist nan selbst mit einem Dampser angekommen, um das Land zu besichtigen. Da hier viel Kupfer und Silber güvonnen werden kann, so heißt es, das demnächst 300 deutsche Einwanderer zum Behuse des Bergbaues hier- h:r kämen, denn das hiesige Volk ist zur Arbeit nichts werth. Wenn nur nicht mit der deutschen Civilisation aich der deutsche Branntwein seinen Einzug hält! Das wäre des Volkes Ruin. Halle a. d. S., 29. Mai. (N. P. Z.) In dem Dorse Strenz-Naundorf ist die Trichinosis in heftiger Weise ausgetreten; es liegen bisher 17 Personen schwer krank darnieder. — Aus Nordhausen wird dem „Leipz. Tagcbl." gemeldet: Unter den Schülern der hiesigen höheren Lehranstalten herrscht große Aufregung. Es sind näm lich die Nasenklcmmer verboten worden. (Bravo!) In den letzten zwei Jahren nahm unter den Schülern die Sucht einen Klemmer auf die Augen zu setzen, um die Mode mitzumachen, gebildet und gelehrt zu erscheinen, so sehr zu, daß man fast keinen Schüler der höheren Klaffen ohne ein solches Ding zu sehen bekam. Und nun sind sie fämmtlich verschwunden, ein strenges Ver bot der Herren Direktoren hat die Klemmer in Acht er klärt. Die beklagenswerthen Schüler haben nun kein Mittel mehr, gebildet und gelehrt zu werden, als ihre Bücher. Aber die Bürgerschaft begrüßt die Maßregel mit Freude. Wer einer normalen Sehkraft ermangelt, der hat sich, wie dies jetzt gefordert wird, ärztlich unter suchen zu lassen und eine Brille zu tragen. DieBrillen- sorm ist immer die zweckmäßigste und gesündeste; denn die beweglichen, oft abgenommenen Nasenklemmer oder Lorgnons schaben dem Auge durch den häufigen Focus- Wechsel und die ungleiche Beleuchtung. London, 31. Mai. Gestern Abend kurz nach 9 Uhr fanden in Saint James Square in der Nähe von Pall- mall drei Dynamit-Explosionen statt; es wurden durch dieselben die Fenster im Army-and-navy Klub, im Carlton Klub und in Lem, dem Deputirten Wynn gehörigen Hause zertrümmert; Personen sollen jedoch hierbei nicht verletzt worden fein. Gegen 1/210 Uhr erfolgte eine weitere Dynamiuxplosion in Scotland Gard (Hauptpolizeibureau), wobei Fenster zertrümmert und mehrere Personen ver letzt wurden. Ein Hausmittel gegen die Gicht. Dem in Leipzig erscheinenden weitverbreiteten „Neuen Blatt" (Verla z von A. H. Payne) entnehmen wir folg enden höchst interessanten Artikel: „Die „Gicht", worunter man im Volksleben, sowohl die eigentliche Gicht, als auch die rheumatischen Krank heitserscheinungen versteht, ist ein heimtückischer Geselle, oem man nur mit Schreck und Zagen ins Auge zu blicken vermag. Wenn erst der Quartiermacher der Gicht: das Podagra in die große Zehe gefahren ist, so steht eine bange, schmerz- und qualvolle Zeit bevor, denn die dem Quartiermacher folgende Truppe ist ein Heer der grausamsten Quälgeister, die je einen armen Dulder gepeinigt und gemartert. Die Knochengrlenke schwellen mit den sie umgebenden Weichthe.lcn an, ein prickelnder, stechender brennender Schmerz durchzuckt die erkrankten Theile und raubt dem Armen den Schlaf, der Appetit verschwindet, das Herz klopft auf zum Zer springen, ein Gefühl der Beängstigung und Vollsein raubt jede Behaglichkeit, welche die Schmerzen noch etwa zurückgelassen. Ein jäher entsetzlicher Schmerz schreckt den Kranken aus dem Schlafe, nimmt an Stärk« und Ausdehnung z 1, steigert sich bis zur Unerträglichkeit, der Kranke wälzt sich zitternd am ganzen Leibe in s:inem Lette umher, kalter Schweiß perlt ihm aus der Stirn, Fiebergluht durchrüttelt sein Inneres, die trockene glühende Haut droht zu bersten, die Pulse klopfen zum Zerspringen und ein quälender Durst vollendet einen Zustand, der sich wirklich auch nicht annähernd beschrei ben läßt. Gegen Morgen endlich tritt eine „Erleichter ung ein, wenn man den Zustand eine „Erleichterung" nennen dnrf; in der nächsten Nacht beginnt die Marter von Neuem und das setzt sich oft wochenlang fort, bis endlich mit der Zeit die Schmerzen, dann das Fieber und die Verdauungsbeschwerden aushören, der Gebrauch ver steifen und geschwollenen Glieder wieder allmählich beginnt und endlich — endlich der Anfall als kur rt zu betrachten ist. Im künftigen Herbst oder Frühjahr be ginnt aber dasselbe Leiden in derselben Reihensolge. Wir haben uns hier nicht die Aufgabe gestelli, den Verlauf eines Gichtfalles in seiner ganzen aufregenden Ausführlichkeit zu schildern, oder gar die Ursachen der Gicht und die Mittel gegen dieselbe vom medizinischen Standpunkte aus zu erörtern: sondern wir Woller hier nur von einem Hausmittel berichten, welches in mehreren Fällen heftiger Gicht sich ganz ausgezeichnet bewährt hat. Dasselbe ist der Citronensast, in großen Mmgen dem Gichtkranken verabreicht. Es wäre uns eine große Genugthuung, wenn unser Hausmittel auch nur einein unserer Leser, die sich so häufig in ihrer Noth an uns wenden, in seinen gicht ischen Leiden Heilung brächte und wir sind jedem dank bar, der seine Erfahrungen, welche er auf unsere Anreg ung hin gesammelt, uns mittheilt. Wir wollen in Nach stehendem einen Erkrankungsfall jüngster Zeit uni) die dabei stattgehabte Anwendung unseres Hausmittels schil dern, so daß der Leser selber sich sein Urtheil bilden und zutreffenden Falles danach handeln kann. Der Kranke ist ein an hartes Arbeiten gewöhnter Mann von siebensechzig Jahren; er ist Stellmacher in einer Leipziger Eisenbahnwerkstelle. Vor etwa zwanzig Jahren wurde er gelegentlich einer Reparatur, die ihn in starken Schweiß versetzt hatte, plötzlich einem he ligen Zugwinde ausgesetzt und erkältete sich natürlicherweise dabei gründlich. Nicht lange daraus stellten sich die ersten heiligen Krankheitserscheinungen gichtischer Natur ein, und in jedem Jahre fast mußte der Bedauernswerthe wochen lang dre entsetzlichsten Schmerzen erdulden, die ihn hilf los auf das Krankenlager warfe n Der Gebrauch der Teplitzer Heilquellen, welch« ihm die menschenfreundliche Unterstützung der betreffenden, Eisenbahnverwaltung ermöglichte, schaffte nur vorüber gehende Heilung, ebenso der Gebrauch der Salicilsäure, die ihm außerdem bedeutende Verdauungsstörungen und andere Beschwerden, wie Ohrensausen u. s. w. verur sachte. Im Frühjahr und Herbst meldete sich mit entsetz licher Pünktlichkeit jener unheimliche tückische Gast und peinigte — bald mehr, bald weniger heftig — den Kranken. Ein periodisch, sich wi-verholendes Woche ilan- ges Darniederliegen schwächte den Mann aufs äußerste und eine Erholung zwischen den einzelnen Fällen konnte raum eintreten. Um Weihnachten 1883 stellten sich wiederum die Vorboten ein, der Mann wurde krank, mußte seine A » beit aufgeben, kam zwar noch nicht direkt zum Liegen, stand aber nichtsdestoweniger tüchtige Schmerzen au-, bis er Anfang Februar plötzlich in einer Nacht in der Weise erkrankte, wie wir das Eingangs schilderten. Die Knöchel der Füße schwollen an, ebenso die Finger, nament lich die der rechten Hand, eine roth entzündete, trockene, glasig ausjehende Haut, die bei der geringsten Berühr ung schmerzte, umspannte die geschwollenen Theile, die Gliedmaßen waren gelähmt und der Kranke konnte ohne die Hilfe seiner ihn treu pflegenden Frau auf seinem Schmerzenslager sich nicht bewegen. Dazu kam voll ständige Appetitlosigkeit und alle Symlome eines akuten Gichtanfalles traten aus. Acht Tage lang lag bereits der Aermste, als ein Freund des „Neuen Blattes", der Kennlniß von der