Volltext Seite (XML)
— Nach einer soeben publiclrten Uebersicht über die Straf- und Beffermigsanstalten im Königreich Sachsen betrügt der durchschnittliche Bestand in Waldheim (Zucht haus für Männer) 2000, in Hoheneck (Zuchthaus sür Weiber) 300, Zwickau (Gefäugnißanstalt für Männer) und Nossen zusammen 1100, Voigtsberg (Gesängnißstraf- anstalt für Weiber) 250, Sachsenburg (männliche Jugend liche) 200, Grünhain (weibliche Jugendliche) 80 Kopse, in Summa also 3930 Gefangene in StrafanstaltiN. In Correctionsanstalten befanden sich durchschnittlich 580 Personen, davon 500 männliche, 80 weibliche. In Er- ziehungs- und Besserungsanstalten befanden sich 380 Knaben und Mädchen, in Grobhennersdorf 100 Knaben. In beiden Anstalten werden die Zöglinge landwirthschaft- lich beschäftigt. Oschatz, 1. Februar. Vor einigen Tagen pochte, wie das Tageblatt berichtet, zur Mittagszeit demüthig und bescheiden ein sogenannter armer Reisender in einem Hause der Bahnhofsstraße an und bat um eine kleine Neiseunterstützung. Man hatte Mitleid und gab ihm eine gehörige Portion Sauerkraut mit Schweinefleisch, und da man glaubte, daß dem Menschen die Gegenwart einer zweiten Person beim Essen geniren könne, so ließ man denselben allein. Nach kurzer Zeit war die Portion Mittagessen verschlungen, und mit einem „Schön Dank" empfahl sich der Mann. Am Nachmittag gab der Haus herr Anftraa, man solle ihm seine Stiefel bringen. Im Begriff, dieselben auzuziehen, erschienen ihm dieselben doch sehr schwer, und wie er der Ursache nachforscht, sinket er, daß der „arme Reisende" wohl das Schweine fleisch gegessen, doch das Sauerkraut in die Stiefel ge- fchüttet hatte. Meerane. Am Mittwoch früh ist die 17 Jahre alte ledige Kunze in ihrer Wohnung überfallen und der selben mit einem langen dolchartigen Messer ein Stich, welcher den ganzen Hals durchdrungen und die Kehle durchschnitten hat, beigebracht worden. Die Kunze lebt zwar noch, doch soll die Verletzung eine tödtliche sein und ist der Thäter, ein Weber Schunk aus Auerbach i. V, flüchtig. Derselbe hatte ein Licbesverhältniß mit der Verletzten angeknüpft, das vom Vater des Mädchens nicht geduldet wurde. Am Mittwoch früh hatte Schunk dem Mädchen in der elterlichen Hausflur ausgelauert, derselben, wie mitgetheilt, den Stich beigebracht und das Messer in der Wunde stecken lasten. — Der schon mehrfach augekündigte Besuch des Königs Humbert von Italien am Berliner Hofe wird nun doch binnen Kurzem stattsinden. Wie aus Nom gemeldet wird, beabsichtigt König Humbert in Begleitung der Königin und des noch im jugendlichen Alter stehen den Thronerben zu Kaisers Geburtstag in Berlin einzu treffen, was der diesmaligen Feier desselben ein beson deres Relief verleihen würde. Der Besuch des itali enischen Herrscherpaares in der deutschen Reichshauptstadt ist wohl als eine Erwiederung des Besuches aufzufasten, den Kronprinz Friedrich Wilhelm im vorigen December nach der Rückkehr von Spanien der italienischen Königs- samilie abstattete, daneben hat aber die bevorstehende Anwesenheit des Königs Humbert in Berlin unleugbar auch ihre politische Bedeutung, zumal zu einer Zeit, in welcher die Rolle, welche Italien im deutsch-österreichischen Bündnisse spielt, mehr als je erörtert wird. — Der Bundesrath Hal in seiner Sitzung vom 31. Januar folgendesbeschlossen: Bei der Einfuhr von Wein, sowie von Petroleum in zum Transport dieser Flüssig keiten eigens eingerichteten Fahrzeugen ohne anderweitige unmittelbare Umschließung ist das zollpflichtige Gewicht in der Weise zu ermitteln, daß zu dem Eigengewichte der Flüssigkeit bei Wein 17 Procent, bei Petroleum 25 Procent dieses Gewichts zugeschlagen werden. — Ueber die segensreichen Wirkungen, welche die nunmehr schon in verschiedenen Theilen der Monarchie gegründeten Arbeiter-Kolonien ausüben, laufen ersreuliche Nachrichten ein. So wird unter Anderem in Bezug auf die bei Scyda im Regierungsbezirk Merseburg am 14. Dezember eröffnete Kolonie mitgetheilt, daß bereits in der kurzen Zeit ihres Bestehens sich der günstige Ein fluß, welchen diese Kolonie zur Beseitigung der Bettelei und des VagabondenthumS darbietet, deutlich gezeigt hat. Es haben in der Anstalt bereits ca. 100 brodlose Arbeiter Aufnahme und Beschäftigung gefunden, die alle fleißig an der Kultur des dortige» Moores arbeiten, und die Kreise Wittenberg und Herzberg sind schon jetzt in meilenweiter Umgegend von Seyda von der bisherigen Landplage der arbeitsscheuen Vagabonden ziemlich befreit. — In Sorau erregte dieser Tage die Beförderung zweier gebundener Jungen auf Handwagen, unter Be gleitung eines Polizisten, zur Schule, Aufsehen. Die- selben sind unverbesserliche Schulschwänzer und hatten sich der Aufforderung zum Schulbesuch derart widersetzt, daß ihr Transport nicht anders zu bewirken war. In dem älteren 14jährigen wurde auch noch ein gefährlicher Dieb ermittelt, welcher in Gemeinschaft mit einem 18- jährigen Fabrikarbeiter Schaufenster- und wahrscheinlich auch Ladendirbstähle ausgeführt hat. Eine Haussuchung bei den Eltern desselben förderte den größten Theil der gestohlenen Sachen, darunter 11 seidene Tücher im Werthe von 70 Mk., zu Tage. — Ein Schwindel so großartig wie wenige, ist in Groß-Gottern bei Langensalza in Scene gesetzt worden. Der dort lebende Kaufmann Simon Heinemann hatte mit seinen drei Söhnen, die in Hannover lebten, Pferde handel betrieben, und zwar in nicht unbedeutendem Um fange. Er hatte dabei den Geschäftsbrauch eingeführt, daß er sich von den Bauern, für die er Pferde kaufen sollte, Wechselblankets unterschreiben ließ, auf denen er nachher den Betrag mit dem Preise der Pferde ausfüllte. Lange Jahre hindurch hatte er es so getrieben und sich das Vertrauen der ganzen Gegend erworben. Da aus einmal, als er wieder eine ganze Menge solcher Accepte beisammen hat, discontirt er dieselben im Betrage von, soweit jetzt festgestellt, mehreren Hunderttausend Mark, nachdem er sämmtliche Blankets mit hohen Beträgen ausgefüllt hatte und — brennt durch mit seinen drei Söhnen. Die vertrauensvollen Bauern sind auf das Schwerste geschädigt. Am 16. Januar eröffnete das Amtsgericht Wennigsen den Konkurs über das Vermögen; ob aber die von ihm Betrogenen auch nur einen Pfennig zurückerhalten werde», ist fraglich. Mit welcher Rafft« nirtheit von der einen und mit Vertrauensseligkeit von der andern Seite verfahren wurde, dafür nur ein Bei spiel. Einem Bauer legt gelegentlich eines projectirten PserdekaufeS Simon Heinemann ein Blanket zur Unter schrift vor. Der Bauer acceptirt dasselbe. Heineman» sagt zu ihm: „Du hast doch sonst veel beter schriewen (schreiben) könnt! Schwriew Dinen Namen noch mal da da unner!" Dabei giebt er ihm ein neues Blanket und wirft das alte unter den Tisch. Der Bauer setzt seinen Namen auf das zweite. Auch diese Unterschrift erklärt Heinemann für noch nicht genügend und wirst auch das zweite Blanket unter den Tisch, indem er dem Bauer ein drittes hinschiebt, auf welches dieser ebenfalls seinen Namen setzt, und dann geht er nach Hause. Kaum aber ist er fort, so hebt Heinemann auch die ersten bei den Blankets auf, füllt alle drei mit bedeutenden Sum me» aus, und jetzt werden sie dem allzu Vertrauensvollen sämmtlich zur Einlösung präsentirt. Es ist leider wenig Hoffnung vorhanden, die Betrüger zu fassen, und so mancher Bauer wird wohl seine Vertrauensseligkeit dem rasfinirten Simon Heinemann gegenüber mit dem Ver lust von Haus und Hof zu büßen haben. — Ein Schlosser in Barmen hatte sich leicht am Schienbein verletzt, achtete der Sache nicht und trug seine wollenen farbigen Strümpfe weiter. Das Bein sing aber an zu schwellen, wurde trotz ärztlicher Hülse schlimmer und führte endlich den Tod des Mannes an Blutvergiftung herbei. — Wie aus Metz mitgetheilt wird,' steht eine weitere Verstärkung der Garnison insofern in Aussicht, als die beiden Jnfanterieregimenter der Bäurischen Besatzungsbri gade vom nächsten Rekruteneinstellungstermin ab auf dieselbe Friedensstärke gebracht werden sollen wie die Preußischen Jnfanterieregimenter des 15. Armeecorps. Diese Maßregel beruht zunächst auf taktischen Gründen, indem sich die geringere Etatsstärke des 4. und 8. Bai rischen Infanterieregiments bei den Herbstmanövern und den Exercitien mit größeren gemischten Abtheilungen störend bemerkbar gemacht hat: andererseits erfordert auch der Wacht- und Arbeitsdienst in der Garnison bei allen Regimentern die gleiche Stärke und zwar eine größere Stärke als die der Linieninfanterie-Bataillone, da die Festungen Metz und Straßburg auch bei ihrer räumlichen Ausdehnung erhebliche Kräfte absorbiren. Da die vorhandenen Kasernements zur Unterbringung dieser vermehrten Mannschaftszahl nicht ausreichen und es sich hierbei doch um 600 bis 700 Mann handeln dürfte, so ist auf dem Glacis vor dem Deutschen Thore der Bau von Baracken-Kasernements in Aussicht genommen. Ob auch die Bairische Fußartillerie den hohen Etat wie die Preußische Fußartillerie erhalten wird, ist zur Zeit noch nicht entschieden. Darmstadt, 30. Januar. Der Wachsamkeit der Polizei ist es gelungen, gestern in Gadernheim (Oden wald) den als der Theilnahme an den Morden in Straßburg dringend verdächtigen und steckbrieflich ver folgten Joh. Störzer zu verhaften. Das Signalement paßt genau auf den Gesuchten. — In Andernach erwartete letzter Tage ein Han delsmann aus Oberwesel auf dem Bahnhofe den Zug zur Heimreise, als eine Locomotive einlief, deren Ma schinist und Bremser sich in den Wartesaal begaben, um einen Imbiß einzunchmen. Der Reisende benutzt die Gelegenheit, um sich so ein Dampfroß einmal recht gründlich zu betrachten; er besieht sich das Ding von hinten und von vorn, faßt es vorsichtig bald hier, bald dort einmal an, ja er wagt es sogar, das Ungeheuer zu besteigen, um es auch im Innern in Augenschein nehmen zu können. Die Neugierde treibt ihn, hier ein Schräubchen und dort einen Griff zu berühren und — plötzlich bekommt das Roß unter ihm Leben, und ehe er ' »och weiß, wie ihm geschieht, rast es mit ihm von dannen. Wie weit es den überraschten und plötzlich bis in tiesster Seele erschrockenen Mann getragen, wird nicht gemeldet, ein Unglück kam nicht vor, aber die unfreiwillige Extra fahrt hat dem Wissensdurstigen 1300 Mark gekostet. — Aus Pest wird von einer Erfindung, welche einem Ingenieur im Verein mit einem Pester Kaufmann patentirt worden ist, berichtet. Dem Erfinder ist es ge lungen, aus grasartigen und krautartigen Pflanzen und Pflanzenabfällen in grünem oder trockenem Zustande zweierlei Material zu präpariren, und zwar ein langfafer- iges und ein kürzeres. Das erstere läßt sich wie Flachs, Hanf oder Wolle verspinnen und zwar auch mit Ma schinen; das letztere ist zur Herstellung diverser Arten von Filz und Watte verwendbar, kann aber auch zu sogen. Kunstbaumwolle verarbeitet werden, welche so be handelt und versponnen werden kann, wie überhaupt Baumwolle. Es sind selbst verschiedene Arten von Un« kraut und wildwachsenden Pflanzen präparirbar, auch Distelgewächse, weicheres Gestrüpp, Gräser, Rohr, Schilf, Binsen, Waffen- und Moorgewächse, Abfall von Ge wächsen, deren Stengel und Blätter mehr oder weniger parallele Blattrippen habe», sowie größere Gewächse, deren Blüthen oder Früchte, Dolden, mit saserarligen Gefäßen entwickeln. Die Patentinhaber sind Seiler u. Kürschner in Budapest. Paris, 1. Februar. Durch eine heftige Feuersbrunst, welche gestern in Citee Joly, in der Nähe des Pere-la- Chaise, wüthete, sind gegen hundert Familien obdachlos geworden. Mehrere Kinder werden vermißt. Paris, 3. Februar. Eugen Nouher ist heute Vor mittag 9 Uhr gestorben. — Die Anhänger des Prinzen Viktor Napoleon hielten heute eine Versammlung und ernannten einen politischen Ausschuß, welcher die Partei in der nahe bevorstehenden Zeit leiten soll, wo der Prinz ihrer bedarf. Die Versammelten gingen unter dem Rufe: Es lebe der Kaiser! auseinander. — (Ein Bomben-Attentat im Theater.) Aus Kra- jova (Rumänien) wird dem „Südungarischen Lloyd" telegraphirt, daß daselbst am Freitag während der Vor stellung eine Bombe geworfen wurde. Die hierdurch entstandene Verwirrung wurde noch größer durch die gleichzeitig laut werdenden Feuerruse. Dem Attentat sind sieben Menschenleben zum Opfer gefallen. Außer dem sind zahlreiche Personen mehr oder minder schwer verletzt. — Der Kaiser von Rußland schrieb, wie die „Köln. Ztg." miltheilt, vor einiger Zeit in einem Briefe an dir Prinzessin von Wales folgendes über den Fürsten von Bulgarien: „Dieser arme Fürst Alexander; er kämpst vergebens gegen die Nothwendigkeit, er will sich durchaus nicht in die Wirklichkeit fügen, die Bulgaren sind feiner überdrüssig geworden." Nicht ohne Absicht, wie eS scheint ist diese mitleidige Aeußerung des Kaisers in englischen Hoskreisen und weiter hinaus verbreitet worden. — Der britische General Gordon der „FriedciiS- bringer" sür den Sudan, soll feiner diesmaligen Aus gabe nur mit großen Zweifeln an die Durchführbarkeit derselben sich unterziehe». Jedenfalls hätte er mehr Aussichten auf Erfolg, wenn man ihn früher gerufen hätte. Jetzt ist die Lage der egyplischen Garnisonen im Sudan bereits eine außerordentlich üble und fast hoff nungslose. Ehe noch Gordon eintrifft, können die meisten bereits dem Mahdi zum Opfer gefallen sein. So wird z. B. den „Daily News" aus Suakim unterm 31. v. M. mitgetheilt, die Lage von Sinkat auf dem Wege von Suakim nach Chartum sei eine verzweifelte, die Mund- vorräthe seien gänzlich erschöpft, die Bevölkerung sei auf den Genuß von Hunde- und Pferdefleisch angewiesen; wenn der Entsatz unmöglich sei, wollten die Einwohner versuchen, sich nach Suakim durchzuschlagen. General Gordon richtete an den Mahdi ein Schreibe», in welchem die Entlassung der gefangenen Europäer von El Obeid nach Chartum gefordert wird. — Der Bericht des nordamerikanischen Staats- Sekretärs Frelinghuysen an den Präsidenten Arthur über die von fremden Ländern auf die Einfuhr ameri kanischer Fteischprodukte gelegte Beschränkung ist in dem Kongresse zu Washingten eingebracht worden. Der Be richt empfiehlt dem Präsidenten, dem Kongresse keine Repressalien gegen die betreffenden fremden Regierungen vorzuschlagen, bis die Kommission zur Untersuchung des Prozesses der Verpackung und Versendung der ameri kanischen Fleifchprodukte ihren Bericht erstattet habe. Für den Fall, daß nach Konstatirung des gesunden Cha rakters dieser Produkte die befreundeten Nationen ihr bezügliches Einfuhrverbot noch aufrecht erhalten sollten, wird dem Präsidenten anempfohlen, die Aufmerksamkeit dieser Nationen aus die bestehenden Vertragsbestimmungen zu lenken und der zuversichtlichen Hoffnung auf Berück sichtigung derselben Ausdruck zu geben. — Wird wohl nicht Viet helfen! Obstbau-Arbeits-Kalender für Februar. Die für Januar empfohlenen Arbeiten find, soweit es noch nicht geschehen, unverzüglich auszuführen. In der Hauptsache sorge man sür das Graben von Pflanz löchern, Düngung, Ausputzen und Reinigen der Obst bäume und beende in diesem Monat das Reiserbrechen. Mit dem Neiserbrechen habe man es dies Jahr eiliger als je zuvor, da bei so anhaltend warmem Wetter die selben sehr bald unbrauchbar sein werden, indem die Augen zu weit entwickelt sind. Beim Ausputzen gebrauche man mehr Vorsicht als bis dato: man schneide bei ver wilderten Baumkronen nicht zu viel Aeste auf einmal aus, sondern vertheile diese Arbeit auf zwei Jahre, weil bei zu starkem Schnitt sehr viele Räuber oder Wasser triebe am Baume entstehen. Zunächst entferne man alles trockene Holz, dann die sich reibenden Aeste und zuletzt sehe man, wo ein Ast abkommen kann, damit (die Hauptsactoren sür Wuchs und Tragbarkeit) Sonne und Luft bester in die Baumkronen dringen können. Die Schnittflächen mache man möglichst kurz und glatt und bestreiche sie mit Holztheer. Größere Obstplantagenbe sitzer wollen nicht vergessen, in der Nähe der Pflasizungen „Nistgehege" für die besten Raupenvertilger (unsre Vögel) anzulegen, wie sie schon oft beschrieben.