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26. Januar 1884 Sonnabend GeschäftssteKem Königsbrück: bei Herrn Kaufm. M. Tschersich. Dresden; Annoncen-Bureaus Haas enstein L Vogler u. Jnvalidenda«^ Leipzig: Rudolph Rots» Mittw-ch/und"^ Amtsblatt des Köuiqticheh Amtsqerichts, sowie des Atadtratpes zu Aulsnih. Vierteljährlich I Mk. 25 Pfg. - ' §nsercrte . werden mit 10 Mennigen für den SelhsttNÄÄrkiMgsj Isthl'gaNN. zeile berechnet u. sind bis spätestens 4^^ Dienstags^und Frntags^ Buchdruckerei von Ernst LudN ig Förster in Pulsnitz. Verantwort!. Nedactcur Alwin Endler in Pulsnitz. Druck "und Verlag von Paul Webers Erben in Pulsnitz. NuHUläl'tiao 9^77177111^^17 Nrmc.iÄind Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken ob« Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen mag der Betrag beiliegen oder nicht. ^XPKllilivN Ü68 ^Ml8dlLll8G> Mockcnblatt für Pulsnitz, Königsbrück, Nadrbrrg, Radeburg Moritzburg und UmgrgenZ Die politischen Ereignisse in Spanien. Rascher als man dachte, ist das junge spanische Königreich mit seinen Existenzbedingungen in Conflict gerathen und sucht nun wieder sein Heil bei den Con- servativen oder besser gesagt, den altspanischen Monarch isten. Von Sagasta, dem Führer der Moderados, ging daS Ministerium im letzten Herbst im Handumdrehen auf Posada Herrera, d^n Führer der Liberalen über, als aber dieser mit seir.en Reformen nicht durchdringen konnte und gleichzeitig von rechts und links und natür lich auch von den Republikanern unter Castelar ange griffen wurde, da wandte sich der König Alfons wieder zu seinem ersten Berat her, zu Canovas del Castillo, dem Oberhaupt der altspanischen Monarchisten, welche nun wieder am Ruder sind und das spanische Königreich vor Schiffbruch behüten sollen. Bedenkt man l)ie ewig gährenden politischen Zustände in Spanien und die starke Ausbildung der liberalen, demokratischen i.nd revublikanischen Parteien in diesem Lande, so ersche nen die Aussichten der spanischen Con- srkvülivrn, sich an der Regierung zu halten, wenig günstig, mit Hülfe ihres hochbegabten Führers Canovas del Castillo, gewinnt ihre Zukunft doch ein anderes Bild. Canovas ist kein Parteiheld, wohl aber ein Mann der nüchternen, praktischen That und ein großer Patriot. Er ist es ja auch gewesen, der dem in schlimmen Par- teihader darniederliegenden Spanien klar machte, daß die Wiederausrichtung der angestammten Monarchie, natürlich unter neuen constitutionellen Garantien, die einzige Möglichkeit darbiele, um aus den fortwährenden Revolutionen herauszukommen und Canovas führte dann auch im Einverständnisse mit einer Anzahl patri otischer Generale den Prinzen Alfonso, den Sohn der vertriebenen Isabella, aus Wien als König von Spanien vor nun neun Jahren zurück. Später war auch Canovas fortwährend als Ministerpräsident bemüht, in Spanien die alte und die neue Zeit auszugleichen, das konstitu tionelle Königthum mit dem schwer geprüften Volke zu versöhnen und den ehrgeizigen und demagogischen Par teien das Feld zu entziehen, überhaupt Alles vom prakt ischen und patriotischen Standpunkte zu leiten. Man nannte deshalb Canovas del Castillo den „aufgeklärten Conservativen" und den „spanischen Bismarck". Dieser begabte Staatsmann konnte sich aber trotzdem damals nicht am Ruder erhalten, denn abgesehen von der demo kratischen Gegnerschast in den Cortes bereiteten ihm Neider und Jntliguanten, zumal der noch immer viel zu einflußreiche, ehrgeizige Marschall Serano, der noch immer den Staatsretter Spaniens spielt, so viel Schwierig ketten, daß er nach zweijähriger Amtsführung von der Leitung des Ministeriums zurücktrat. Die neueste Ne- gterungSnoth Spaniens und das Vertrauen des Königs haben nun aber Canovas wieder an die Spitze der Ne gierung berufen, offenbar zu dem Zwecke, um vor allen Dingen das inSpanien noch viel angefochtene monarchische RtgierungSfhstem zu stärken. Das Programm, welches Canovas für seine Regierung aufgestellt hat, ist klar und gemäßigt. Eine Verfassungsrevision will er nur auf Wunsch des Königs, der Cortes und des Volkes vornehmen, das allgemeine Wahlrecht aber auch dann beibehalten und nur eine den verschiedenen Ständen entsprechende Klafsificirung eintreten lassen. Die Re publikaner bezeichnete Canovas als staatsfeindlich und ist entschlossen, jede aus ihrer Mitte hervorgehende po litische Umwälzung wie auch jede andere staatsgefährliche Bewegung energisch zu bekämpfen. Die Sitzungen der aufgeregten Cortes sind bis auf Weiteres geschloffen und werden wahrscheinlich erst in drei Monaten die Neu wahlen stattfinden. Bis dahin muß man sich auf die Regirrungsersolge Canovas del Castillos gedulden. Zeitereignisse. Pulsnitz, 24. Januar. 'Der am letzten Montag im hiesigen Gewerbeverein gehaltene Vortrag des Herrn Lehrer Schmalz über: „Die künstlerische Ausstattung der deutschen Wohnräume im Mittelalter und 16. Jahr hundert," war sehr zahlreich besucht. Nachdem Herr Vorstand Rietschel die Anwesenden mit dem Wunsche begrüßt, daß im neuen Jahr stets so eine rege Betheilig ung wie an diesem ersten Vortragsabend sein und das Interesse der Mitglieder für - den Verein stets wachsen möge, ertheilte er Herrn Schmalz das Wort. Der ge schätzte Redner führte dem Auditorium durch feinen ge diegenen Vortrag ein klares Bild vor Augen, wie unsere Vorfahren Kunst und Handwerk bei Ausstattung ihrer Wohnräume gemeinsam zu vflegen verstanden, derselbe wurde noch unterstützt und erläutert durch viele ausge stellte, auf das Kunsthandwerk der Vorzeit sich beziehende Zeichnungen und Abbildungen, welche vor und nach dem Vortrag mit Interesse in Augenschein genommen wurden. Redner erntete lebhaften Beifall und ward ihm der Dank der Anwesenden durch Aussteben und durch Herrn Vor stand Rietjchet noch im Besonderen ausgebrü'uk. V. Pulsnitz. Am Mittwoch Abend concertirte die L. Rainer'sche Tyroler-Sängergesellschast aus Achensee im Gasthof zu Pulsnitz M. S. Obgleich daS Wetter sehr ungünstig war, so war doch das Concert ganz leidlich besucht, wäre vielleicht auch noch besser besucht worden, wenn der Anfang desselben statt 7 um 8 Uhr gewesen wäre. Die aus 4 Personen (2 Herren und 2 Damen) bestehende Gesellschaft interessirte allgemein durch ihre kräftige und muntere, Herz und Gemüth anregende Vor tragsweise und riß nach jedem Stück die Zuhörer zu stürmischem Beifall hin, den die Sänger jedesmal mit Zugabe eines Liedes oder Cyther-Vortrages freundlichst belohnten. — Der wirklich vorzügliche Karlsbader Kaffee, welchen Herr Max Thürmer in Dresden, Dürerstraße 9, auch in Pulsnitz eingeführt hat, sei hiermit auch den Lesern dieses Blattes bestens empfohlen. Derselbe ist (geröstete Bohnen) in wohlverschlossenen Original-Blech büchsen verpackt und in 3 verschiedenen Preislagen, welche sich an der Etiquette unterscheiden, verkäuflich. Alles Nähere hierüber besagt das Inserat in der heut. Nr. d. Bl., in welchem auch die Niederlagen bekannt gemacht sind. — Der Hoslieserant Herr I. C. Schmidt-Erfurt sendet uns seinen hübsch illustrirten Samenkatalog, der in angenehmer Kürze das Empfehlenswertheste und Aus gewählteste von Gemüse, Blumen rc. Samen enthält. Er unterscheidet sich dadurch in vortheilhaster Weise von vielen seiner Genossen, die in dickleibiger Buchform die Wahl unter den vielen tausenden Nummern dem Laien bedenkliches Kopfzerbrechen verursachen. „Vom Guten das Beste," das ist die Devise des Catalogs. Kamenz. In der dritten Morgenstunde des 20. d. M. ist in der Scheune des Hausbesitzers Johann Traug. Gierth in Jesau Feuer ausgebrochen und ist dieselbe bis auf die Umfassungsmauern niedergebrannt. Die darin aufbewahrt gewesenen Stroh-, Heu- und Holz-Vorräthe, sowie eine Menge Haus- und Ackergeräthe sind ebenfalls ein Raub der Flammen geworden. Wie bei früheren Bränden in Jesau, so wird auch diesmal Brandstiftung vermuthet, es ist jedoch bis jetzt noch nicht gelungen, des ruchlosen Thäters habhaft zu werden. Bautzen, 21. Januar. Der Tischlermeister Müller hierselbst wurde gestern Abend kurz vor 8 Uhr in der Nähe des Domkapitels plötzlich durch einen Schuß in den Oberschenkel verletzt, infolge dessen er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Nicht wenig erstaunt aber war man, in dem ca. 3 cm tief ins Fleisch gedrungenen Geschoß einen reichlich L cm langen, fein zugespitzten Bleistift zu erkennen. Die Polizei ist eifrig bemüht, den leichtsinnigen Schützen zu ermitteln. (B. N.) Radeberg, 19. Januar. Die vielbesprochene Ange legenheit, nach welcher ein hiesiger Hausbesitzer seinen geistig verkümmerten Sohu seit Jahren eingesperrt halte, stellt sich als übertrieben heraus. Die eingeleiteten staatsanwaltschaftl. Vernehmungen, die dieser Tage stattfan den werden wohl Genaueres ergeben. Vorläufig genüge die Mittheilung, daß der Raum, in welchem der Betreffende, um ihn vom Demoliren der Sachen abzuhalten, in Ab wesenheit seiner Eltern sich aufhalten mußte, in der Wohnstube sich befindet und in einem Verschlage besteht, der nach dem Hofe zu ein Halbfenster hat. Und das Verkümmertsein des betreffenden Menschen reduzirt sich darauf, daß derselbe um deswillen ein schmutziges An sehen hatte, weil die Anwendung von Seife und Wasser bei demselben wohl kaum zu des Leibes Nothdurst ge rechnet ward. Uebrigens dürste übertriebenen Gerüchten mit der Mittheilung am besten begegnet sein, daß die bis herigen Erörterungen weder eine Verhaftung der Eltern herbeigeführt, noch die Wegnahme des Sohnes von ihnen bat. — Die Fabrikation von Dynamit hat am Mittwoch in der Dynamitfabrik bei Kleinwolmsdorf ihren Anfang genommen. — Zu welcher Rasftnirtheit die „Naschsucht" schon bei Kindern zarten Alters führen kann, beweist solgendes in Radeberg geschehene Vorkommniß. Ein 9jähriger Knabe findet ein Zwanzigmarkstück, statt dasselbe aber nun seinen Eltern abzuliesern, wechselt er es bei einem Bäcker und vergräbt vom empfangenen einzelnen Gelde fünf Thalerstücken auf dem Kirchhofe und versteckt 1( 2 anderwärts, die übrigen 3Vr aber sind nach und nach vernascht worden. — Dahingegen ist über die Ehrlichkeit eines anderen Schulknaben zu berichten, der eine auf der Landstraße verloren gegangene goldene Uhrkette ge funden und dieselbe, sobald ihm der Verlustträger bekannt geworden, abgegeben hat. Dresden. Gegen ll/2 Millionen Mark befinden sich bereits in dem Kapitalfonds, der angesammelt wird zum Zwecke der Erbauung einer neuen AugustuSbrücke, da die sämmllichen Einnahmen nach Abzug der Unkosten in die hierfür gegründete Kasse abfließen. Im Jahre 1883 betrug der Brückenzoll aus genannter Brücke 60366 Mark. Bei einem eventuellen Neubau würde die Brücke etwas mehr elbabwärts zu stehen kommen und ungefähr auf der Stelle einmünden, wo sich jetzt das Helbigsche Etablissement befindet. Bekanntlich ist bei der Anlage der Hauptstraße in Neustadt schon auf diesen Umstand Rücksicht genommen. Dort müßte für den gleichen Zweck das alte Blockhaus fallen. — Ein Antrag Sachsens beim Bundesrathe geht dahin, daß der landständigen Bank des sächsischen Mark grafenthums Oberlausitz bis Schluß des Jahres 1885 ertheilte Privilegium zur Ausgabe von Banknoten bis zum 2. Januar 1891 zu verlängern. Zur Begründung des Antrages wird darauf hingewiesen, daß diese Bank, welche Eigenthum der Korporation der Stände des Land kreises ist, hauptsächlich bezweckt, dem kleineren ländlichen Grundbesitze innerhalb des Königsreichs Sachsen eine Kreditquelle zu eröffnen, bei welcher derselbe gegen mäß igen stabilen Zinsfuß und ohne die Befürchtung will kürlicher Kündigung jederzeit bares Geld ohne CourS- verlust erhalten kann, wie auch darlehnsuchenden Gemein den oder Korporationen billigen Kredit zu verschaffen. Die Bank beschäftigt sich nicht mit eigentlichen kauf männischen Geschäften, namentlich auch nicht mit Dis- kontirungen von Wechseln. Der Reingewinn der Bank wird zureinen Hälfte zum Reservefond geschlagen, zur an deren Hälfte zur Unterstützung von Gemeinden bei Un terbringung armer Kranker, zur Aufbringung der Mittel für daS Volksschulwefen u. f. w. verwendet. Diese land-