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— Nach 8 25 Abs. 2 der Allerhöchsten Verordnung vom 6, September 1879 über das Verwaltungs-Zwangs verfahren wegen Betreibung von Geldbeträgen sind die Vollziehungsbeamten nur nach Maßgabe des ihnen er- theilten schriftlichen Auftrages zur Empsanguahme von Geldern ermächtigt; ebenso dürfen dieselben bei Aus reichung von Kostenrechnungen Zahlungen nur nach In halt ihres schriftlichen Auftrages entgegennehmen. Der Kostenpflichtige kann nach 8 19 der Verordnung die Vorzeigung des Auftrages verlangen. Die an Vollzieh ungsbeamte geleisteten Zahlungen von Beträgen, zu dersu Erhebung denselben di? Berechtigung fehlt, sind als rechts gültige Zahlungen nicht anzusehen und müssen daher bei etwaigen Unterschlagungen seitens untreuer Beamten von den Kostenpflichtigen nochmals gezahlt werden. Da solche Unterschlagung in neuerer Zeit mehrfach vorge kommen sind, so kann das Publikum nicht nachdrücklich genug aus die erwähnten Vorschriften aufmerksam gemacht werden. — (Der Ausschuß des Kongresses deutscher Land- wirthe) erläßt an die deutschen Landwirthe eine Warn ung davor: die Neubildung von Centralstellen zu unter stützen, „deren Tendenz nur im Gegensätze zu unseren, (des Kongresses deutscher Landwirthe) Bestrebungen, zur Zersplitterung der Kräfte führen müßte und den realen Interessen der deutschen Landwirthschast verhängnißvoll werden kann." Das klingt sehr unbefangen, steht aber immer schief darum. Der Kongreß hat sich früher mit der Bildung von Bauernvereinen einverstanden erklärt — so lange nur solche begründet wurden, welche mit den jetzt im Kongreß deutscher Landwirthe herrschenden ag rarischen Bestrebungen übereinstimmten. Die Warnung vor Zersp'^erung der Kräfte wird erst ertasten, nachdem der Eisenacher Bauernverein gestiftet worden, welcher nicht in das agrarische Horn stößt. Daß dieser als deutscher nicht blos lokaler oder provinzieller Verein wir ken will, also eine neue Centralstelle bildet, ist ein faden scheiniger Vorwand für die erlassene Warnung. — Die Reichsregierung beabsichtigt, in Teheran, der officiellen Residenz des Schah's von Persien, eine Gesandtschaft zu errichten. Bisher waren in Teheran von europäischen Mächten nur Oesterreich, Ruhland und England vertreten. Bei der Bedeutung Persiens für die asiatischen Verhältnisse und seiner wachsenden commer- ciellen Wichtigkeit lag die Errichtung einer deutschen Ge sandtschaft in Teheran schon seit längerer Zeit im Plan. Wahrscheinlich wird schon in der nächsten Reichstags- Session ein bezüglicher Nachtragsetat vorgelegt werden. — Der seit dem Jahre 1880 für die baierische Fahne eingezogene Infanterist Friedrich Stadelmann hat einen unüberwindlichen Haß auf den Soldatenstand ge worfen und infolge dessen schon die verschiedensten Vor strafen, unter andern auch wegen Desertion 1 Jahr 6 Monate Gefängniß sich zugezogen. Aber alle diese Verurtheilungen genügen ihm nicht, er hat es auf Aus stoßung aus dem Militärstande abgesehen. Am vergan genen Sonnabend stand er wieder vor dem Militärbe zirksgerichte in München, des Majestätsverbrechens und der Beleidigung des Gerichtshoses angeklagt, deren er sich bei seiner letzten Verurtheilung durch grobe Schimpfer eien schuldig gemacht hatte. Der Angeklagte erklärte, er werde keine Strafe annehmen, sobald sie nicht mit der Entsernung aus dem Heere verbunden sei. Als man ihn wieder nur zu 1^/, Jahre Gefängniß verurtheilte, tobte und schimpfte er wiederum in unbotmäßigster Weise, weshalb ihm noch eine Disciplinarstrafe von 14 Tagen strengen Arrestes zuerkannt wurde. In der Zelle setzte er sein Toben fort, wurde aber endlich klein laut, als man ihm sämmtliche Kleider htnweggenommen und die Luftheizung abgesperrt hatte, die Kälte brach den Starrsinn des jungen Mannes, der sich durch die Scheu vor dem Stande eines Vaterlandsvertheidigers jedenfalls auf immer unglücklich, auch bereits Selbst mordversuche gemacht hat. Zum Jahreswechsel. Ein neues Jahr steht vor der Thür, das alte will entfliehen, Den Wolken gleich am Firmament, die rastlos weiterziehen; D'rum schaut nochmals der Blick zurück auf's Jahr, das bald entschwunden, Auf seiner Sorgen bunte Zahl, auf seine frohe Stunden. Es brachte ja so manchen Schmerz, so manche trüben Tage, So manchen Kammer barg's in sich, so manche bitt're Klage — Und doch ist auch der Freuden Quell so reichlich uns geflossen, Es ward so manches reine Glück im alten Jahr genossen. Und nun gedenkt des neuen Jahr's — schon rauschen seine Schwingen — Und fragend tönt's von jedem Mund: Was wird es uns wohl bringen? Vergebens aber sucht der Mensch den Schleier keck zu heben, Den höhr'e Machte unsichtbar vor seine Zukunst weben — Und doch blinkt uns aus Zukunftsnacht ein gold'ner Stern entgegen, Deß' holder Strahl uns neu erquickt, wie warmer Frühlingsregen : Die Hoffnung ist's, die grüßend winkt, vor der die Nebel weichen, Die Hoffnung ist's, die freundlich uns den Weg will weiter zeigen. In diesem Zeichen laßt uns denn das neue Jahr begrüßen — O, möge uns in seinem Schooß nur reine Freude sprießen! Doch was sür uns in seinem Schooß auch liege noch verborgen, Ob Frxude, Frieden, reines Glück, ob Schmerzen, Noth und Sorgen — Stets wollen wir mit muth'gem Blick, stets hoffend vorwärts schauen Und dem, der über Alle wacht, uns gläubig anvertrauen — Hell aber mög' das alte Wort in Aller Herzen dringen: Ein neues Jahr, ein neues Glück—so soll's auch diesmal klingen! ßin gesandt. Der für die Verloosung des „Vereins für Kinder heilstätten an den deutschen Seeküsten" unter vielen An deren angekaufte Tafelaufsatz im Werthe von 5000 Mk. ist in den Werkstätten der Hofgoldschmiede Sr. Majestät des Kaisers D. Vollgoid L Sohn in Berlin gefertigt und zeichnet sich durch Solidität sowohl, als auch durch Schönheit der Formen aus. Der Aufsatz im reichsten Rococcoflyl in 14 löthigem Silber ausgeführt, erreicht mit dem Sockel bei einer Höhe von 96 eoutm. ein Ge- sammtgewicht von 50 Zollpfund. Anknüpfend an den Zweck der Verloosung, auch der ärmeren Jugend die heilkräftige Wirkung der See Theil werden zu lasten, war es dem Künstler Aufgabe, die Segnungen des Meeres symbolisch darzustellen. Auf dem mächtigen Fuß, dessen schön geschwungenen Rococco-Formen auf den Beschauer anziehend wirkten, erhebt sich eine kunstvoll getriebene Muschelschale, in welcher aus wogenumbraustem Felsenriffe ein Neptun thront. Die kraftvolle Gestalt des Meeresgottes, den Dreizack in der Linken, streckt egnend seine Reckte über die an den Muschelrändern rohlockend allstauchenden Najaden aus, welche mit beiden Händen die Erzeugnisse ihres Elements emporreichen. Die Verbindung zwischen Schale und Fuß wird durch kühn cmporsteigendes, nach oben weit auslaufendes Schilf und Blätterornament vermittelt. Der Verkauf der Loose u 1 Mark zu dieser fast in ganz Deutschland concessio- nirten Lotterie ist dem Bankhause Carl Heintze in Berlin >V., Unter den Linden 3, und dessen Filialen in Hamburg und in Bremen übertragen. Paris, 28. December. Die „Republique fran^aise" sagt, nachdem die Anwesenheit regulärer chinesischer Trup pen in Sontay einmal konstatirt sei, habe Frankreich das unbestreitbare Recht, von China eine Geldentschädigung zu fordern. Wenn man sich zu zahlen weigere, würde Frankreich nur die schwierige Wahl haben, sich ohne Kriegserklärung eines Pfandes zur späteren Zahlungs leistung zu versichern. Nermischtes. * Freiberg. Eine Ueberraschung eigener Arj ist dieser Tage einem Leipziger Geschäfte zu Theil gewor den, welches leere Kisten von einem hiesigen Geschäfts mann zurückgesandt bekam. In einem dieser hölzernen Behältnisse hatte hier eine Katze sich ein gemächliches Lager bereitet, dies war bei Zufügung des Deckels un bemerkt geblieben, und als bei der Ankunft in Leipzig die Kiste geöffnet wurde, fprang zur Ueberraschung des Empfängers eine Katze heraus. Dieselbe schien übrigens an dem Leben und Treiben Leipzigs keinen Gefallen zu finden, verschmähte in ihrem Heimweh dort Speise und Trank und zeigte sich erst wieder munter, als sie, ge wissenhaft zurückspedirt, wieder hier anlangte. fff Die amtliche Säuferliste eines bei Bielefeld benach barten Ortes enthält nur einen Namen, und dieser eine Proskribirte ist, der Polizeidiener. Sämmtlichen Wirthen des Ortes ist eine polizeiliche Verfügung zugegangen, durch welche der Polizeidiener auf die Dauer von 14 Monaten für einen Trunkenbold erklärt wird und dieselben angehalten werden, den Genannten während der oben bezeichneten Zeitfrist in ihrer Wirthsstube nicht zu dulden, am Wenigsten ihm aber Getränke zu verabreichen. ** (Was das Jagdvergnügen kostet.) Eine Gesell schaft von sechs Berliner Jägern suhr am letzten Sonn tag mit der Stettiner Eisenbahn zur Jagd, um in der Nähe von Biesenthal dem edlen Waidwerk nachzugehen. Trotz der überaus ungünstigen, Witterung haben die Schützen verhältnißmäßig noch Glück gehabt, denn in vier Tagen haben sie sechs Hasen erlegt. Am Donner stag kehrten die wackeren Nimrods nach Berlin zurück; jeder von ihnen konnte der Gattin wenigstens einen Hasen mitbringen. Während der Rückfahrt nach Berlin wurden die gemeinschaftlich zu tragenden Kosten berechnet. Herr L., der Pächter der Jagd, hatte die Ausgaben bestritten. Dieselben stellten sich wie folgt: 6 Mann auf 4 Tage Verpflegung pro Mann und Tag 3 Mk. gleich 72 Mk., 16 Flaschen Portwein L 3 Mk. gleich 48 Mk. Eisenbahn- sahrt hin und zurück und einmalige Benutzung eines Bauerngespanns 19 Mk., 150 Stück Cigarren L 10 Pf. 15 Mk., in Summa 154 Mk. Eine ganz respektable Summe für fechs Hasen. Rechnet man hierzu noch diverse kleine Ausgaben, wie z. B. Jagdmunition, Zehr ungskosten auf den Bahnhöfen u. s. w. und berechnet den Verlust im Geschäfte, so kann man sich einen Begriff machen, was den Berliner Jägern ein einziger Hase kostet. Diese Hasenjagd war noch keineswegs die theuerste. Im September d. I. hat vier Jägern bei einer Reb hühnerjagd, welche sechs Tage bei Lübben abgehalten wurde, jedes Rebhuhn 37 Mk. gekostet. Und doch bleibt das Jagen ein schönes Vergnügen. (Gegen eine rafsinirte Giftmischerin) ist in Leyden die gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden. Die Frau ist beschuldigt, nicht weniger als 16 Verwandte durch Gift aus dem Wege geschafft zu haben. Habgier soll der Beweggrund zu der grausen That gewesen sein. ff Ueber einen Doppel-Raubmord wird aus Köln vom 26. December gemeldet: Der Uhrmacher Bernhard Stockhausen und seine betagte Mutter, die Witwe Stock hausen, wurden in ihrem -Hause an der Glockengüsse ermordet. Diese ist eine der gangbarsten Straßen unse rer Stadt, das Haus liegt dicht neben dem Hauptpost amt?, in der Nähe des Stadttheaters und des Polizei präsidiums. Den Eintretenden bot sich ein schrecklicher Anblick dar. Der junge Uhrmacher lag auf der Seite, mit dem Kopf hinter der Hausthür, die Brust war von Stichen zerfetzt, ein Stich ins Herz hatte ihn getödtet; ein anderer war ihm in ein Auge versetzt worden, auch oben auf dem Kopfe zeigte sich eine Wunde, die von einem Stiche herrührte. Dicht bei ihrem Sohne lag die unglückliche Mutter, ebenfalls eine Leiche; sie hatte eine Verletzung am Kopfe und ebenfalls den Todesstoß in die Brust erhalten. Der junge Mann hatte noch ein Stück von einem Maßstock in der Hand, ein Zeichen, daß er von der Arbeit aufgestanden und in das Haus getreten war, wo ihn sein gräßliches Schicksal erreichte. Mehrere Umstände, sowie das Gutachten der heibeigeholten Aerzte lassen schließen, daß die Blutthat am Abend vor Weih nachten vollführt wurde. Da, wie man nach einer Lücke in dem Uhrenvorrrath glaubt annehmen zu sollen, eine Anzahl der Uhren verschwunden waren, so scheinen die beiden Leute einem Raubmord zum Opfer gefallen zu sein. Wie heute mitgetheilt wird, hat sich die Be hörde eines Mannes, gegen welchen sich Verdacht erhoben, versichert. * Der jüngste Sturm, welcher so unendlich viel Unheil an der Küste von Ostfriesland anrichtete, ist eine in Westeraccumersiel wohnende Familie besonders ver- hängnißvoll gewesen. Bei dem auf dem sogenannten „Hohenweg" erfolgten Untergange des Schiffes „Maria Katharina" haben zwei Söhne des Schiffskapitäns Janssen daselbst ihren Tod in den Wellen gefunden. Damit haben die geprüften Eltern innerhalb fünf Jahren den Verlust von vier hoffnungsvollen Söhnen zu beklagen, welche jämmerlich in den Wellen der Nordsee ihr Grab fanden. Zff8 Stuttgart, 26. Decbr. Wahrscheinlich, um einem bei Feniern, Nihilisten und verwandten Berufs genossen tiefgefühlten Bedürfniß abzuhelfen, hat ein Che miker, der in dem kleinen, idyllisch am Donauufer ge legenen Städtchen Riedlingen domilizirt ist, sich in den Kops gesetzt, die Welt mit einem neuen Sprengstoff zu beglücken. Der edle Menschenfreund besaßt sich schon seit längerer Zeit mit der Präparirung dieser neuen Sprengmaterie, dessen Wirkung sich, wenn man der „Riedlinger Zeitung" glauben darf, zu derjenigen des Dynamit verhalten soll, wie etwa ein Erdbeben gegen das Anflackern eines schwedischen Zündholzes. Der neue Sprengstoff soll in einer Flüssigkeit bestehen und dabei die an sich schätzbare, aber in den Kreisen der Verfertiger von Thomas-Uhren zweifellos unangenehm berührende Eigenschaft besitzen, daß er beliebig nach einem oder mehreren Tagen zum Explodiren gebracht werden kann. Versuche sind bereits mit dem neuen Sprengstoff gemacht worden, bei denen sich einige der eigens dazu geladenen Gäste, welche sich die Sache gar zu nahe ansehen wollten, leider die Nasen und Finger in schmerzhafter Weise ver brannt haben. * (Hinrichtung durch Electricität.) Der Bundes regierung der Vereinigten Staaten ist ein Apparat an geboten worden, mittelst dessen zum Tode verurtheilte Verbrecher unter Ersparung aller peinlichen Vorbereit ungen schleunigst hingcrichtet werden können. Derselbe besteht aus einem einfachen isolirten Lehnstuhle, dessen Arme mit einer dynamoelektrischen Maschine in Verbind ung stehen und durch welche der Verurtheilte mittelst elektrischen Schlages getödtet wird. * (Eine ziemlich zahme Fischotter) besitzt Herr Mau rermeister R. am Noßplatze in Gera. Das Thier be wohnt im Hause einen Theil des Souterrains und hat eine Tonne mit Wasser zur Verfügung. Es hat eine Stimme wie die eines heulenden Kindes, pfeift aber auch ganz munter. Die Fischotter ist während ihrer Gefangenschaft bedeutend gewachsen, ist besonders gegen die Frau vom Hause, die sie pflegt, zutraulich, hört auf den Namen Hans u. beschäftigt sich außer der Fütterungszeit die dort befindlichen Braunkohlenstücke verschiedentlich auf zubauen. In Skandinavien und auch anderorts werden diese Thiere bekanntlich zum Fischfang abgerichtet. Der polnische König Johann Sobieski weinte, als man ihn den Tod seiner abgerichteten Fischotter meldete, und wollte durchaus den Dragoner, der dieselbe aus Unkennt- niß getödtet hatte, erschießen (1680), thats aber auf Bitten der Geistlichkeit nicht. Die oben erwähnte Fisch otter wird mit abgebrühtem Fleische gefüttert. Sie hat einen starken Appetit, und man hat gefunden, daß man, wenn ihr nur Fische gereicht würden, nach dem heutigen Fischpreise eine jährliche Summe von ungefähr 2000 Mark aufwenden müsse. Daraus ist aber zu beurtheilen, einen wie großen Schaden diese Räuber der Fischerei und Fischzucht zufügen. ff (Ertrunken.) Aus Hamburg schreibt man: Vom Postdampfer „Saxonia" fuhr am ersten Feiertag Abends ein Boot mit neun Arbeitern nach gethaner Arbeit nach dem St. Pauli-Fischmarkt ab. Das Boot gerietst ins Schwanken und die Arbeiter stürzten ins kalte Element. Trotz sofortiger Hilse gelang es doch nur vier Mann zu retten, während sünf Arbeiter, sämmtlich Familienväter, ihren jähen Tod fanden.