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Mockriiblatt für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und RmgegcnKr Erscheint: Mittwochs und Sonnabends. Abonnementspreis: ikixschlikßlich de« jeder Sonnabend-Nummer berlieaenden SonntaaSblalte«) Vierteljährlich 1 Mk. SS Pfg. Anserate werden mit »0 Pfennigen für den Raum einer gespaltenen Corpus- zeile berechnet u. sind bis spätestens Dienstags und Freitags BormittagS » Uhr hier aufzugeben. Amtsblatt des Königlichen Amtsgerichts, sowie des Ktadtrathes zu Aulsnitz. FNnfun-dreitzigster Jahrgang. Buchdruckerei von Ernst Ludwig Förster in Pulsnitz. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Paul Weber in Pulsnitz. Geschästsstevs» für Königsbrück: bei Herm Kaufm. M. Tschersich. Dresden: Annoncen-Bureaus Haaseuftei« L Vogler u. JnvalidendanL Leipzig: Rudolph Moll» dtuäUlärtiao "0N uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarke« oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. LxpkäiilON llk8 ^Nli8dlLUvH° Sonnabend. 17. November 1883 Ein neues Ämkucksei der Revanchepartei. Die famose Revanchepartei im Franzoscnlande ruht und rastet niemals, wenn sie auch einmal kurze Zeit den Kopf hängen läßt. Früher hetzte und schimpfte sie meistentheils nur gegen Deutschland, jetzt malt sie aber den Kriegsteufel direkt an die Wand und hat neuerdings ein Kuckucksei producirt, wie man es kaum für möglich halten sollte. In der 1rg,utza,i86", dem geachtetsten fran ¬ zösischen Militärfachblatte, ist von einem höheren fran zösischen Osficiere eine sogenannte „Studie"?! erschienen, welche direkt den nächsten europäischen Krieg prophetisch behandelt und in der Studie natürlich eine Niederlage Deutschlands prophezeite. Woher der armselige Tropf, mag er nun ein französischer Stabsosficier oder gar ein General sein, diese ausgezeichnete Kenntniß der Zukunft nimmt, wird man bald sehen. Nicht Tugenden, nicht glänzende Eigenschaften der Gegner sind es, welche Deutschland überwältigen, sondern einfach die ebenso kühnen als frechen Voraussetzungen und Hirngespinste des Verfassers der Studie. Alles athmet in derselben den unverbesserlichen, bis zum Wahnsinn eitelen und ehrgeizigen französischen Maulhelden. Nach demselben geht der nächste Krieg deshalb los, weil in Rußland und Frankreich der Haß gegen Deutschland täglich ge wachsen ist. Ein netter Kriegsgrund dieser Haß, dessen Ursache der Verfasser nicht weiter begründet. Als nun der Krieg losgegangen ist, muß Deutschland gleich seine Truppen theilen und nach des Verfassers Idee 8 Armee korps gegen Rußland und 10 Armeekorps gegen Frank reich wenden. Anders thut es der Herr Prophet nicht, denn es scheint ihm doch selbst etwas gewagt vorzekommen zu sein, Deutschland besiegt werden zu lassen, wenn es nicht wenigstens von zwei anderen Großmächten ange griffen wird. Deutschlands Verbündeter, Oesterreich- Ungarn, nutzt natürlich den Deutschen gar nichts, denn die ungarischen Regimenter machen mit den Russen ge meinsame Sache (seit wann die Ungarn die Russen so sehr lieben, bleibt Geheimniß des französischen Wahr sagers) und der Rest von Oesterreichs Macht leistet nichts. Rumänien und Serbien wollen zwar auch zu Deutschland halten und gegen Rußland kämpfen, werden aber durch die mit Rußland verbündete Türkei (ganz neue Idee des Verfassers!) in Schach gehalten, ebenso wird Italien, welches Deutschland gegen Frankreich helfen wrll, durch die französische Panzerflotte lahm gelegt. — Nun geht der Wahrsager zum eigentlichen Kriege über. Der findet nicht durch rasche Entscheidung statt. Russische und deutsche Heere schlagen sich verzweifelt mit abwechseln dem Erfolge in Polen herum und Deutschland, welches mittlerweile auch von Frankreich angegriffen ist, erbittet und erhält von Rußland einen Waffenstillstand. Warum gerade in dieser Krisis, sagt der Verfasser aus strategi schen Gründen nicht, wohl läßt er es aber durch das Auftreten der Franzosen auf dem Kriegsschauplätze durch blicken, denn diese müssen es ja sein, die den Deutschen die entscheidende Niederlage beibringen. Allmählich aber sicher werfen denn auch die Franzosen, nach des Ver fassers Prophezeiung, die deutschen Heere über den Rhein zurück, und an der Tauber, nicht Weit von Würzburg, kommt es zur großen Entscheidungsschlacht. Dieselbe wird gewonnen durch die Ueberlegenheit der französischen Artillerie und durch den Verrath der Bayern, Württem berger, Hessen und Badenser, welche nach des Verfassers unverschämter Erfindung während der Schlacht zu den Franzosen übergehen und diese bitten, in Deutschland die Zustände vor 1866 wieder einzuführen. Inzwischen hat der König von Preußen den französischen Oberbe fehlshaber um Frieden gebeten, Elsaß Lothringen wird wieder an Frankreich, Ostpreußen an Rußland abgetreten und Frankreich stellt den deutschen Bund, wie er vor 1866 war, wieder her und das deutsche Reich hat wieder aufgehört. So endet der wackere französische Prophet und es bleibt allen Vernünftigen überlassen, darüber nachzugrübeln, warum die Franzosen noch immer nichts gelernt haben, warum sie dem Fürsten Bismarck, der seit zwanzig Jahren die erfolgreichste Politik trieb, den Ab- chluß der unsolidesten Bündnisse andichten, warum cs nach alter französischer Fabel die Bayern, Württemberger, Hessen und Badenser, die doch 1870/71 treu zur deutschen Sache hielten, sein müssen, die in der nächsten Entscheid ungsschlacht zu den Franzosen übergehen und warum ein ernsthaftes französisches Mililärfachblatt solchen ebenso albernen als gefährlichen Phantasien seine Spalten öffnete?!! — Es giebt darauf nur eine Antwort: Die Revanche, die Eitelkeit und Ruhmsucht der Franzosen soll künstlich, wenn auch durch die verrücktesten Mittel, groß gezogen werden. Zeitereignisse. Pulsnitz. Bei der am Donnerstag abgehaltenen Ergänzungswahl der . hiesigen Stadtverordnete» sind folgende Herren gewählt worden: Schneidermstr. Ferdi nand Müller, Schuhmachermstr. August Hentschel, Bäcker- mstr. Gottsried Oswald son., ansässig, und Pfefferküchler Bernhardt Rietschel, unansässig; als Stellvertreter die Herren: Fabrikant G. Hempel und Färbermstr. Lufft. Ohorn, 10. November. Heute Vormittag V2lO Uhr zogen die Schulkinder unseres Ortes im feierlichen Aus zug von dem Schulhause nach dem Wilh. Philipp'schen Gasthof, um dort mit ihren Herren Lehrern, wie allerorts, daS Lutherjubiläum zu begehen. Mit dem Gesänge des ersten Verses des Liedes: „Ein' feste Burg ist unser Gott" wurde die Feier eröffnet. Dann wies in kurzer Ansprache Herr Oberlehrer Beckel auf die Bedeutung des Tages hin. Hierauf hielt nach einem abermaligen Gesänge eines Verses des Lutherliedes Herr Lehrer Hartmann die Festrede. In gediegener Weise entrollte Herr Hartmann ein klares Bild von dem Kampfe Luthers gegen seine Feinde, illustrirt durch den Reichstag zu WormS, und schloß seinen gewiß wohlgrlungenen Vortrag mit der Ermahnung weiter zu kämpfen im Geiste uns Sinne unseres großen Reformators. Hieran schlossen sich in Abwechselung mehrere Deklamationen von Schülern der 1. und 2. Klasse, sowie verschiedene durchgängig gut ausgeführte Gesänge, geleitet von Herrn Lehrer Leupold. Gewiß wird allen Besuchern das schöne Fest in treuer Erinnerung bleiben. Tags daraus, den 11. Nov. wurde von der Gemeinde auf dem Schulplatze eine Lutherlinde gepflanzt. — Wie im weiten Gebiete der evangelischen Kirche wurde auch in der Kirchsahrt Oberlichtenau die 400ste Wiederkehr des Geburtstages vr. Martin Luthers festlich begangen. Nach Vorausgang einer am Sonnabend früh veranstalteten Schutfeierlichkeit, bestehend aus Gesängen und Declamation auf die Person und das Wirken Lu thers bezüglicher Gedichte durch etliche Schüler und einer gemüthsvollen Ansprache seilen des Hauptlehrers, sowie einer am Nachmittag staltgefundenen Abendmahlsfeier, wurde der eigentliche Festtag durch Blasen eines ChoraleL vom Kirchthurme begrüßt, worauf um 9 Uhc ein aus der Jugend, dem Gen einderathe, Kirchen- und Schul vorstande, dem Militär- und Arbeiterunterstützungsverein gebildeter Festzug unter Glockenläuten und Choralblasen nach dem Psarrhofe sich bewegte, um Kichenpatron und Pfarrer vom begränzten Psarrhause abzuholen, und hier auf durch eine von der Jugend errichtete, mit der In schrift „Eine feste Burg ist unser Gott" gezierte Ehren pforte und durch die Hauptthür, über welcher stand „das Wort, sie sollen lassen stahn", in das ungemein freund lich und sinnig geschmückte Gotteshaus eintrat, daselbs dem Hauptfestgottesdienste beizuwohnen, an welchen sich die Pflanzung einer Lutherciche vor dem Gottesackerthore unter Ansprache dcs Ortspfarrers aafchloß. Am Nach ¬ mittag aber zog die gesammte Schuljugend, geleitet vom Pfarrer und ihren Lehrern, unter Glockengeläute vom Schulhaus zur Kirche zu dem kür sie bestimmten Fest gottesdienst, während am Abend im dichtgefüllten Saale des Gasthofes „zum Linden" eine Wiederholung der Ge sänge und Declamationen der vortägigen Schulfeier statt fand. Im Rückblick auf die verlebten schönen Festtage gebührt es all den Gliedern hiesiger Kirchgemeinde, welche dieselben so freundlich zu gestalten nicht Zeit noch Mühe scheuten, als insbesondere Denen, welche das Gotteshaus mit lieben Geschenken (Lutherportrait, gemalt von einem jungen Gemeindegliede, und „Luther, die Bibel übersetz- ' end", Oeldruckbild, vom Kirchenvorstande) bedachten, den herzlichsten und wärmsten Dank auszusprechen. So mögen sie denn in dauernder Erinnerung verbleiben diese köst lichen Lutherfestjubeltage bei allen Gliedern unserer Kirch- fahrt und Segen wirken in ferne Zeiten. — Aus allen Orten Sachsens, auch den kleinsten, wird gemeldet, daß die Luthertage in festlicher, der Größe und den Mitteln der Ortschaft entsprechender Weise ge feiert wurden. Es würde zu weit führen und den Leser ermüden, wollten wir aus jedem Orte die Programme melden, nach denen die Festlichkeit begangen wurde. Ueberall ist der Schuljugend der ihr gebührende Antheil am Feste eingeräumt worden und überall wird, und sei es in Gestalt eines zu Ehren des Tages gepflanzten Baumes, die Erinnerung an die diesjährige Feier durch ein äußeres Zeichen der späten Nachwelt erhalten bleiben. Wo aber zur Vorbereitung der Festtage Vorträge mit Bezug auf Luther und dessm Wirken gehalten worden sind, ist eine überaus rege Theilnahme feiten des Publi kums zu bemerken gewesen, so daß man mit Recht wohl zu der Schlußfolgerung berechtigt ist, es habe die Be deutung der Luthertage feste Wurzeln geschlagen im Volke und die Säkulaneier werde gute, reiche Früchte tragen für die fernere Entwickelung des religiösen, mo ralischen und socialen Lebens. — Welche entsetzlichen Folgen es haben kann, wenn man sich von Hunden küssen läßt, darauf hinzuweisen hatten wir schon mehrfach Veranlassung. Hier wieder ein Beispiel: Im jüdischen Krankenhause zu Berlin befindet sich gegenwärtig ein Patient, ein in den drei ßiger Jahren stehender Herr F., welcher in vergangener Woche von Dr. Israel einer gefährlichen Operation unterzogen wurde, behufs Entfernung eines Echinococcus (Hundebandwurm) der Leber. Dabei ist eine Wasch schüssel voll Echinococcus-Blasen entfernt worden. Trotz der Schwere des operativen Eingriffs befindet sich der Patient wohl, und es ist Aussicht vorhanden, daß der- elbe durchkommen wird, zumal er bereits vor acht Jahren schon einmal dieselbe Operation überstanden hat, welche der damalige chirurgische Direktor des jüdischen Krankenhauses, Geheimer Rath von Langenbeck, an ihm ausführte. Die Ursache dieser bedenklichen Erkrankung hat ihre direkte Erklärung durch das eigene Geständniß des Patienten gefunden, daß er in seiner Jugend gern mit einem Hunde gespielt hat und sich auch öfters von ihm küssen ließ. Dieser Fall mag wieder zur Warnung dienen, von der leidigen Unsitte der allzu großen Zärt lichkeit gegen Hunde abzulassen. — Einen eigenthümlichen Eindruck muß es auf den fühlenden Menschen machen, wenn er in einem öffent lichen Blatt: folgendes Inserat liest, welches die Ge meindebehörde Kleindrebnitz in einem Lausitzer Blatte veröffentlichte: „Nächstkommenden Sonntag Nachmittag 3 Uhr sollen im Erbgcricht 2 elternlose Kinder (Will kommens), ein Knabe von 7 und ein Mädchen von 10 Jahren, nach Mindestforderung in Erziehung gegeben werden." — Im Jahre 1882 sind im Königreich Sachsen 1054 Brandsälle vorgekommen. Blitzeinschläge, durch welche Gebäude beschädigt worden sind, haben sich 131 ereignet und zwar 4S zündende und 62 kalte.