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— 158 Bad Napoleon in Biarritz. (Mit Text.) sangen lächelnd und heftete seine treuherzigen Augen mit solch mesmerischem Blicke auf Bella, daß sie ihren Blick nicht von ihm abwenden konnte. „Es war an dem Abend, wo der bekannte Rei sende M. daselbst die beiden jungen Indianer vorstellte, die er aus Texas mitgebracht hatte —" „Ah, das ist nun mehr als achtzehn Monate her," erwiderte Bella mit leichtem Erröten. „Ich erinnere mich zwar des Abends noch ganz deutlich, jedoch nicht, oaß ich Sie dort gesehen habe." „Ich ward Ihnen nicht vorgestellt, mein Fräulein, denn Sie verließen zu frühe die Gesellschaft," sagte Otto Webern. „Ich aber erkun digte mich nach Ihrem Na ¬ men undfreute mich zu hören, daß wir Landsleute, wenigstens Süddeutsche seien! —" „Sie waren in Nordamerika, wie ich hörte?" fragte Bella be wegt. „Warum und wann gingen Sie dorthin?" „Ich hatte mich irgendwo unter einem falschen Namen eingeführt und stand im Verdachte eines Verbrechens," versetzte Otto unbefangen und erwiderte ruhig lächelnd den forschenden Blick der Stistsdame, die kein Auge von ihm verwandte. „Ich fühlte mich zwar frei von Schuld, aber ich durfte meinem guten Vater die Schande nicht an- thun, vor dem Schwurgericht erkannt und verurteilt zu werden. Darum entfloh ich, gelangte nach mancherlei Fährlichkeiten ohne Paß und viel Gepäcke nach Bremen, fuhr als Zwischendecks-Passagier nach New-Jork, entschlossen, dort so lange unter fremdem Namen zu leben, bis mein Vergehen verjährt sein würde, und meinen guten Eltern den Grund davon zu berichten, jedoch ohne Namen zu nennen, denn die Sache war ja nicht mein Geheimnis!" „Und Sie haben wohl viel Ungemach erduldet?" fragte Bella, auf deren Antlitz Glut und Blässe wechselten. „Oh, nicht eben viel," entgegnete Otto mit wehmütigem Lächeln. „Ich hatte ein Paar rüstiger Arme, guten Mut, ein ruhiges Gewissen und ein Bild in meiner Seele, das mich über Vieles erhob. Ich wanderte in's Innere von Pennsylvanien, verdingte mich bei einem Farmer als Gehilfe oder Knecht, wie man hier sagen wurde, schrieb zunächst an meinen Vater, was ich ihm nicht verhehlen konnte, und bat um seine Verzeihung und seinen Segen. Monate vergingen, bis ich „Nun denn, mein Fräulein, ich hatte in Berlin, wo ich mich zu meiner Ausbildung aushielt, weder Gelegenheit in Ihre Nähe zu kommen, noch irgend einen Anknüpfungspunkt gefunden," sagte Otto mit offenem Blick und Freimut. „Ihr Vormund hütete Sie wie ein Drache, bevor es mir noch gelang, mich bei Ihnen einführen zu lassen, und zwar durch die Frau Professorin Bellin —" „Meine ehemalige Gouvernante — meine liebe treue Brödan," sagte Bella; „Sie kennen sie also?" „Hatten Sie Berlin verlassen, aber ich hörte, daß Sie im Herbst auf Ihr Gut gehen würden, wo ich einen alten Freund hatte, — Knopp!" „Und woher kennen Sie diesen?" fragte Bella. „Oh, wir sind alte Bekannte, mein Fräulein! Da ich Landwirt werden sollte, verbrachte ich einen Teil meiner Knabenjahre bei meinem Oheim, dem Herrn v. C. auf Amerang, wo Knopp damals als Guts ¬ hohe kräftige Gestalt vom schönsten Ebenmaß, dieselben gesund an gehauchten gebräunten Züge, dieselben lebhaften, geistvollen, etwas mutwillig blickenden Augen — nur das Haar nicht kurz und bürsten artig am Kopfe abgeschmtten, sondern natürlich reich gelockt, der Bart kein wirrer, das Gebühren frei und weltgewandt. Der Fremde, welcher Bella so lebhaft an Otto Hast erinnerte, daß ihr Herz hörbar laut pochte, ging mit sicherer ruhiger Würde auf die Dame vom Hause zu, stellte sich ihr vor und ward auf das verbindlichste empfangen. Eine frohe, über alle Maßen beglückende Ahnung dämmerte in Bella auf, und als die junge Dame an ihrer Seite entschuldigend ausstand, um einem Winke ihrer Mutter zu folgen, eilte Bella in's Neben zimmer zu der Stiftsdame, der sie ihre überraschende Entdeckung an vertrauen und die sie zur Bestätigung derselben auffordern wollte. Als Bella und Fräulein v. Angerstein wieder m den großen Salon zurückkehren wollten, trat ihnen der Staatsrat mit dem jungen Fremden an der Hand entgegen. „Hier bringe ich Ihnen meinen Meerschäumer und Prairie- wanderer, mein liebes Fräulein v. Hahn! Mein Sohn Otto — Fräulein Bella v. Hahn!" „Ich hatte, wenn ich nicht irre, schon früher das Vergnügen, dem gnädigen Fräulein unter eigentümlichen Umständen zu begegnen," sagte Otto Webern und sein stummer bedeutsamer Blick schien zu bitten, daß Bella vorerst noch nichts enthülle. „In der That ja, ich entsinne mich und freue mich herzlich dieser Wiederbegegnung," stammelte Bella mit Glut übergossen und unsicherer Stimme. „Entschuldigen Sie, wo sahen wir uns zum ersten- male, Herr Webern?" fügte sie verlegen hinzu. „Ich hatte das Glück, Sie zum erstenmale in Berlin zu sehen, gnädiges Fräulein, m einer großen Gesellschaft beim Geheimerat und Professor W.," erwiderte Otto unbe- crst begriffen, welches Opfer Sie mir brachten, Herr Hast!" flüsterte sie und reichte ihm die Hand; er lächelte leicht errötend bei diesem Namen, und die Stistsdame stand vom Sofa auf und bemerkte Plötzlich eine schöne blühende Gewächshauspflanze am andern Ende der Loggia, welche sie genau besichtigte. „Ich habe vergebens Alles aufgeboten, um Sie wieder aufzufinden und meine unsäglich große Schuld ab zutragen, obschon dies vielleicht niemals möglich ist, mein edler, treuer, uneigennütziger Beschützer! — Aber vor Allem eine Frage: wie und warum kamen Sie unter jener Vermummung nach Mauern?" „Wollen Sie nicht böse sein, wenn ich ganz offen bin, Fräulein?" „Im Gegenteil — ich verlange vor Allem unbedingte Offenheit!" sprach Bella feierlich. Antwort und Wechsel bekam. Dann schrieb ich an meinen alten treuen Freund, den Förster Fritz Knopp, und bat ihn um Nachrichten über den Sägemüller Lebrecht und die Ergebnisse der gerichtlichen Unter suchung über die Ursache seines Todes. Und als endlich die Ant wort kam und das Rätsel seiner Todesart gelöst wurde, da weinte ich vor Freuden und dankte Gott auf den Knieen für diese Lösung, denn nun konnte ich ja wieder in die Heimat zurückkehren. Ich kündigte meinem ehrlichen Hans B. Johnson, griff zum Wanderstab, durchreiste einen Teil oer Union und verzögerte dadurch meine Heim kehr. Heute endlich ward mir das unschätzbare Glück, die Meinigen wiederzusehen, und es ist ein glückliches Omen, daß Sie, mein Fräu lein —" „Otto, hier sind Freunde, welche Dich begrüßen wollen," sagte der Staatsrat herantretend. „Nun, Fräulein v. Hahn, wie gefällt Ihnen mein Junge? Hab' ich von dem Burschen zu viel gesagt?" „Gewiß nicht, Herr v. Webern; Niemand anerkennt bereitwilliger als ich die trefflichen seltenen Eigenschaften Ihres Sohnes," entgegnete Bella. Der glückliche Vater dankte ihr dieses Lob mit einem Hände druck und eilte zu dem lange Entbehrten. Bella aber legte ihre bebende Hand auf den Arm der Stiftsdame und flüsterte beklommen: „Führe mich in die Loggia hinaus, liebe Tante; ich ringe mit einer Ohnmacht!" Dort im Schatten der immergrünen Gewächse, welche die Loggia schmückten, suchte Bella ihre wirren Gedanken zu sammeln. Eugenie v. Angerstein suchte ihr Trost einzureden und ihrem Erstaunen Aus druck zu geben, aber Bella verstand ihre Worte nicht — sie hatte nur Einen Gedanken, während sie so, ihre Hand in Fräulein v. Angerstein's rech ter, in dem niedrigen Sofa saß, den Blick fest auf die Thüre geheftet, welche die Loggia mit den Gesellschafts zimmern verband. Endlich, nach langen Mi nuten, welche ihr wie eine Ewigkeit vorkamen, erschien eine hohe stattliche Gestalt unter der Portiere und eilte auf die Einsame zu. „Ich bin Ihnen noch eine Erklärung schuldig, gnädiges Fräulein! Sind Sie geneigt, meine Entschuldigung anzu hören ?" Sie lächelte so weh mütig süß, sie blickte ihn so innig an, daß er sie ganz begriff und ein Tabourct heranziehend, sich ihr gegen- übcrsetzte. „Sie haben meine letzten Zeilen durch Knopp erhalten?" „Ja, und ich habe dann jäger war ich wuchs dem Hoj ster, und durchstrei mitKnopp und Wali mich selber eine Herz Zuneigung Franz uni nem Vater und ich bei dem bic Knopp un! »em B Alles, all eines Tag' glücklich > Franz Tod des trinkens n nem Weih' erretten. U dem Vorn einer mehr chentlichen kursion ver ich mein e liches H kam dann Mauern, trautemich alten bie Knopp an, gewann mit viel N siir den a teuerlich Einfall, sein Gel einzutreten — nun ja, Ihnen nah' sein!" Bella dri die Hand das Herz, dessen unge mes Pocher beschwichtig sah Otto an und frc dann: „l wenn die r tige Todes des Sägen lers nicht , deckt, wenn' unschuldig eontumaoi' Wegen st lässiger ! tung verurt worden will Was hätten' dann gcthar . »Ich wt! Io lange Amerika bliebensein > Wich ehr durchgeschl gen haben, weine Str verjährt ge wir wäre, m Fräulein, "v setzte Otto. „Und w Cie dann rückgekomm 1ie erglüh er »Dann