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—* 147 Ungemach über sich ergehen lassen, bevor er Caspar endlich an den Stamm einer Saatbuche gedrückt fand, wo dieser sich vor dem Ge witter bestmöglich zu schützen suchte, und ihm anbot, den Jagdgast, dem das Wasser spanncnhvch in den Stiefeln stand, nach der Hütte bei der Saatschule zu führen. Bella bemühte sich, einer leichten Verlegenheit Herrin zu werden, als Herr v. Duisberg eintrat und sie in ihrer Lage entdeckte, und mit einem „Ah, Pardon, meine Gnädige! ich wußte nicht, daß Sie mit dcni Herrn Forstgehilfen hier Paul und Virginie spielten!" Herrn Hast einen hämischen Blick zuwarf, den dieser kalt und mit verweisender Entrüstung erwiderte. „Bitte, treten Sie nur ein, Herr v. Duisberg, denn einem solch durchweichten Unglücklichen, wie Sie, wird selbst diese kleine Hütte willkommen sein!" entgeg nete Bella leichthin. „Ich nehme gar keinen Anstand, zu gestehen, daß Herr Hast sich einen großen Anspruch auf meine Dankbarkeit er warb, indem er mich noch rechtzeitig hierher brachte und vor der Unbill der Witterung sicherte!" Edwin versuchte noch in einigen Epigrammen seinem Unmut Lust zu niachen, aber Bella blieb ihm keine Ant wort schuldig, ohne jedoch auch nur die mindeste Ge reiztheit zu zeigen. Viel mehr räumte sie dem durch weichten Waidmann einen Sitz auf der Bank ein. „He, Bursche, hast Du vielleicht einen Schnaps bei Dir?" fragte Edwin nach einer Weile. „He, Forst- gchilfe Hast! ich meine Ihn!" setzte er dann hinzu. Dieser drehte sich rasch und unwillig nach dem Lieute nant um und heftete einen forschenden, zürnenden Blick auf ihn. — „Hat Er ver standen, Bursche ?"schnarrte Edwin. „Nein, ich bin weder des Herrn Lieutenants Bursche, noch gewöhnt mich von ihm per Du oder Er behandeln zu lassen — verstanden?" „Ah, man hat Ambi tion?" man sühlt sich hier als Ritter einer bedrängten Dame und man will sich ein Air geben, obschon man —" „Nun, vollenden Sie! Herr Lieutenant v. Duis berg!" rief Hast mit fun kelnden Augen nnd mühsam bewahrter Fassung. „Ich wollte sagen, ob- > schon man nur ein Wild- Hüter ist!" sagte Edwin mit geringschätzigem Achsel zucken. ' i „Das ist einfach un richtig — mit demselben Hilft der Mutter Recht könnte ich andere Wird die Butter Leute Stallknecht nennen!" „Bursche! —" „Herr Lieutenant!" sagte Hast ruhig, und hatte die Hand auf- j gefangen, welche ihn mit einer Maulschelle hatte versehen wollen. „Wollen Sie mich zwingen, hier zu vergessen, vor wem wir stehen? ! Wollen Sie mir so kommen, dann sehen Sie sich vor, so schleudere ich Sie an die Wand, daß Sie den Kops zerschellen!" und er packte den Lieutenant beim Handgelenke, daß er sich krümmte. — „Nein, seien Sie ruhig, gnädiges Fräulein! ich werde mich nicht vergessen! Ich will nur dem Herrn hier bemerklich machen, daß er sich in der Adresse geirrt hat!" „Wer ist man?" herrschte der Lieutenant wutbebcnd. „Ein Mann, der studiert hat und unter gebildeten Menschen aufwuchs —" „Um hernach Forstläufer zu werden?" „Man kann dem Gemeinwesen als Forstläufer und Wildhüter vielleicht ebenso gut dienen, wie als Lieutenant," versetzte Hast mit einer mannhaften Ruhe, welche die angstbebende Bella etwas be schwichtigte. «Uebrigens bin ich Forstpraktikant, habe meine Prüfungen gemacht und bin niemals relegiert worden, was ich zu bemerken bitte, — wie ich denn in jeder anderen Hinsicht, zu jeder andern Zeit und an jedem andern Ort privatim zu Diensten stehe!" „Gnädiges Fräulein, ich bedaure sehr — aber man scheint hier zu vergessen, was man einem Gaste gegenüber zu beachten verpflichtet ist!" wandte sich Edwin spitzig an Bella. „Man scheint auch andererseits nicht zu beachten, was man den Leuten schuldig ist, die in meinen Diensten stehen!" versetzte Bella mit bleichen Lippen und un willigem Blick. „Herr Hast, , glauben Sie, daß wir den Heimweg antreten können? Es regnet minder stark!" „Wir werden heimgehen müssen, gnädiges Fräulein, denn wir können das Ende dieses Regens nicht hier ab warten — ich bin parat!" sagte er, hing Rucksack und Büchse um nnd hüllte sich in einen andern von den alten Säcken. „Lassen wir die Mappe hier, gnädiges Fräulein! ich werde sie mor gen aufs Schloß schicken!" Bella und Hast gingen voran; Edwin und Kaspar folgten in einiger Entfer nung. Dann rannte der Lieutenant vor und wollte Bella seinen Arm anbieten, den sie jedoch dankend ab lehnte. An schlüpfrigen Stellen reichte sie Hast die Hand, nnd als man drun ten ein Waldthal passieren mußte, wo der Bach aus getreten war und hoch über die Trittsteine her flutete und keine Möglichkeit zeigte, sie übersetzen zu lassen, ohne knietief in die lehmige reißende Flut zu waten, sagte der Förster-Adjunkt mit höflichem Tone: „Nichts für ungut, gnä diges Fräulein, aber hier bleibt nichts Anderes übrig, als daß Sie sich bequemen, Virginie zu spielen und sich von mir hinüber tragen zu lassen. Aus eine halbe Stunde auf oder ab führt keine Furt über den Bach!" „Jn's Himmels Namen denn!" flüsterte sie er glühend, und zog die nassen Schöße ihrer Robe an sich. „Ich muß es schon geschehen lassen, daß Sie Verpflich tung auf Verpflichtung aus mich häufen!" . Hast hatte seine Büchse Das Kindelein, an einen Fels gelehnt und Bald fertig sem. die zierliche kleine Gestalt mit größtem Zartgefühl auf den linken Arm gehoben, daß ihr winzig kleiner schmaler Fuß in den durchnäßten Bottincn noch über dem Wasser schwebte. Dann griff er mit der Rechten in die nächsten Erlenzweige und trug Bella sicher und trocken hinüber, kehrte zurück, um sein Gewehr zu holen, und kam wieder. Bella war mit den beiden Hunden vorangegangen und mühsam den schlüpfrigen Pfad an der Böschung hinaufgestiegen. Sie war verlegen und murmelte einige Worte des Dankes, als Hast sie ein holte. Als sie über den nächsten Hügel hinüber gekommen waren und dem Waldsaume sich näherten, sahen sie drunten auf dem Feld wege Albrecht mit einer geschloffenen Droschke heranfahren. Hast rief ihn an, führte Bella hinunter und hob sie in den Wagen. „Halt, Albrecht, wir müssen noch auf Herrn v. Duisberg warten,