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A der Ta;che, die eine mitleidige Bäckerseele mir geschenkt. Dem Hunde warf ich eine davon hin. Das arme Thier verschlang den Biffen heißhungrig und verlieb mich von dem Augenblick an nicht mehr. Bedenken Sie, daß die beiden Wecke der ganze Vorrath von Lebensmitteln waren, den ich, der arme Wanderer, besaß. Ich theilte redlich mit dem noch Aermeren! War das nicht mit echt philosophischem Geiste gehandelt?" - „Bravo!" rief Lessing gerührt. „So lange ich noch einen Weck besitze, soll der Philosoph einen halben davon haben. Und für den Hund findet sich wohl auch noch ein Knochen. So mag er denn mit hereinkommen!" — Iw Zimmer wur den der Philosoph und sein Hund zuerst bewirthet; dann begann die Vorlesung eines Abschnittes aus dem Manu skripte. Lessing sand, daß einige gute Züge darin waren, wenn auch viele Sonderbarkeiten mit unterliefen und der Stil rauh, holperig und zum Theil sogar undeutsch und ungrammatikalisch war. Auf den letzteren Umstand machte der berühmte Autor den armen Kollegen aufmerk sam und dieser antwortete kaltblütig: „Das mag wohl richtig sein. In der Vorrede werde ich also mit einigen Worten kurz anzeigen, daß ich kein ordentliches Deutsch zu schreiben verstehe. Was liegt denn an der Schale, wenn nur der Kern gut ist!" — „So wollen wir also abwarten, ob etwas Gutes daraus entsteht. Bleiben Sie vorläufig bei mir als mein Gast!" — Der Philo soph dankte. Er blieb fünf Monate im Lessingschen Hause, erhielt ein eigenes Zimmer, freien Tisch und noch etwas Taschengeld für seine kleinen Bedürfnisse. Als das Frühjahr herrannahte, die Witterung milder und die Tage länger wurden, erwähnte er einst, daß er mit seiner Arbeit bald fertig sei. — „Auch ich habe eine Arbeit nahezu vollendet," sagte fein freundlicher Wirth darauf, „ein Merkchen betitelt: „Die Erziehung des Menschengeschlechts." Haben Sie Lust, eine Probe da von zu hören?" — Der Philosoph bat eifrig darum und Lessing las ihm einige Abschnitte aus der herrlichen Ab handlung vor. „Nun, was meinen Sie dazu?" — Der Philosoph krümmte sich und wimmerte, seine Augen rollten wie wahnsinnig in ihren Höhlen. — „Nun?" — „Ich sage, daß Sie ein großer unvergleichlicher Geist sind, was ich übrigens auch schon früher niemals be zweifelt habe. Ihr Werk wird noch leben, wenn Sie selber seit tausend Jahren tod sind. Aber ich, großer Gott, ich! WaS bin ich? Ein Esel bin ich! Morgen früh reise ich ab. Ich bin Ihnen schon zu lange beschwerlich gewesen. Mein Manuskript werfe ich ins Feuer. Sie sind der große Philosoph, der die Menschheit zu belehren, aufzuklären und zu bessern berufen ist. Ich armer Teufel von Philosoph will mich in Zukunft nur damit befassen, das Hundegeschlecht zu veredeln. Soweit mögen meine Fähigkeiten vielleicht reichen. Ich danke Ihnen für alle Ihre Güte und Freundlichkeit. Aber ich bin nicht Werth, Ihnen die Schuhriemen aufzulösen, geschweige denn, Ihr Brot zu essen. Morgen reise ich!" — Lessing versuchte ihm daS auszureden und ihn zu längerem Verweilen zu bewegen, aber vergeblich; doch ein kleines Reisegeld ließ er sich aufdringen. Am anderen Morgen in der Frühe wanderte der philosophische Vagabund aus Wolfenbüttel Mit seinem Knüppel in der Hand und gefolgt von dem ruppigen Hunde. Da wohl kaum anzunehmen, daß er anderwärts so viel Menschenliebe und theilnehmendes Interesse für seine Philosophie wieder gefunden, wie bei dem menschenfreundlichen Lessing, so könnte es wohl möglich sein, daß er mit seinem Hunde ins Unglück ge wandert und elendiglich hinter einem Zaune gestorben ist. Freilich wäre ja auch am Ende wenig daran gelegen. Denn ein solcher vagabundirender Philosoph stirbt gewiß mit ebensoviel Gelassenheit unter Gottes freiem Himmel hinter einem Zaune, wie ein anderer in seinem guten Bette. vermischtes. . 7 Ein humoristischer Betrugsfall wurde kürzlich durch einen Gendarm in einem Dorfe bei Potsdam festgestellt. Derselbe hatte einen Landstreicher aufgegriffen, und als er denselben behufs Erlangung von Legittmationspapieren visitirte, fand er weiter nichts bei demselben als ein falsches 5-Pfennigstäck und zwei vollständig gleichgeformte Schnapsflaschen. Als nun der Gendarm den Vagabunden fragte, wozu er die beiden Schnapsflaschen bei sich führte, gab dieser folgende Erklärung: Die eine Flasche fülle er sich stets voll mit Wasser und stecke sie in die Tasche, während er die andere in einer Destillation mit Kümmel füllen lasse und diese Flasche ebenfalls in die Tasche stecke. Da nun in jede Flasche gerade nur für fünf Pfennig Kümmel hineingeht, so lege er jedesmal das falsche Geldstück, das er bei sich führe, auf den Tisch. Selbstredend weisen dies die Verkäufer zurück, unv mit der Motivirung, daß er kein Geld weiter bei sich führe und den Schnaps nicht bezahlen könne, reiche er dann stets die eine Flasche zurück, damit die Betreffenden den Kümmel wieder ausgießen. Ahnungslos wird dieser Wunsch von den Verkäufern erfüllt, wobei diese nicht merken, daß der schlaue Patron die mit Wasser gefüllte Flasche überreicht und sich nachher an dem gratis erwor benen Kümmel gütlich thut. Da behaupte man noch, es gebe nichts Neues unter der Sonne. f Zerbst und dessen ganze Umgegend befindet sich in einer furchtbaren Erregung. Es handelt sich um einen Krach. Seit einigen Tagen ist nämlich der Kaufmann Alfred Schulze, Besitzer einer Stärkefabrik in Deetz und Direktor der Jütrichauer Stärkefabrik, Agent mehrerer Feuer- und Hagelversicherungen rc., flüchtig geworden. Die vorhandenen Passiva sollen jetzt schon die Höhe von 200,000 Mark erreichen. Eine Menge Landwirthe und eine große Anzahl Geschäftsleute und Gewerbtreibende verlieren bedeutende Summen. Auch die Mitglieder seiner Familie hat Schulze nicht verschont. Aber man spricht noch von Wechselfälschungen. Seine Geschäfts bücher hat Schulze vor der Flucht verbrannt. Er hatte Versicherungsgelder, die von der Magdeburger Feuerver sicherungsgesellschaft an ihn längst gezahlt waren, nur theilweise an die Versicherten abgeliefert. Das hat zur Entdeckung geführt. ^Karlsbad, 16. August. Die Seiltänzerin Josephine, eine junge blühende Dame, produzirte sich heute Abends auf dem Platze nächst dem Schützenhaus aus dem 50 Fuß hohen Thurmseile. Sie hatte unter dem Beifall der Menge ihre Production mit größter Präcision eben beendet und wollte gerade das Seil verlassen, als dasselbe plötzlich riß und die Dame mit gellendem Aufschrei in die Tiefe stürzte. Das Gerüst stürzte gleichzeitig zusammen und man glaubte, die Un glückliche sei unter den schweren Balken begraben. Glück licherweise fielen die Balken seitwärts, aber nichtsdesto weniger war die Künstlerin bewußtlos. Sofortige ärzt liche Hilfe brachte sie wieder zum Bewußtsein, doch scheint sie eine innerliche Verletzung erlitten zu haben. Das Publikum war in größter Aufregung, viele Damen wur den ohnmächtig. Die Verunglückte wurde ins Kranken haus überführt. f Schadewalde, Kreis Lauban, 15. August. Gestern entstand in dem Hause des Ziegelmeisters Simon ein von den traurigsten Folgen begleitetes Brandunglück. Das Haris wird von dem Einwohner Dittrich mit Frau und fünf Kindern bewohnt, von denen die drei ältesten Kinder sich bei dem Brande noch rechtzeitig durch daS Fenster retteten, während Dittrich mit seiner Frau und den beiden jüngsten Kindern ihre Zuflucht in den Keller nahmen. Feuerwehren waren zwar schnell aus der Brand stelle, doch war bei dem Holzbau nicht mehr viel zu retten. Nun wurden aber die Bewohner des Hauses mit Aus nahme der drei geretteten Kinder vermißt. Erst nach wiederholten anstrengenden Nachforschungen und nachdem man aus der Brandstelle ein leises Wimmern vernommen hatte, fand man den Ehemann Dittrich nebst Frau und beiden Kindern im Keller leblos vor. Es gelang nach großer Anstrengung, die beiden Kinder ins Leben zurück zurufen. Dittrich und seine Frau waren jedoch schon entseelt. 88 Dr. Boyd's Privatheilanstalt sür Geisteskranke in Ealing bei London fiel am Dienstag Nachts einer Feuersbrunst zum Opfer, wobei leider der Verlust mehrerer Menschenleben zu beklagen ist. Um zwei Uhr Morgens wurden die Bewohner der kleinen Villeggiatur durch entsetzliche Hilferufe aus ihrem Schlafe geweckt. Der Helle Feuerschein ließ sogleich erkennen, um was eS sich handle, und ehe eine Viertelstunde vergangen war, hatten sich schon die Feuerwehr und Hunderte von Leuten ringefunden, um Hilfe zu leisten. Die Flammen schlugen zu den Fenstern des Untergeschosses heraus, und bei den Fenstern der oberen Stockwerke sah man die Irren händeringend stehen und hörte ihre verzweiflungs- vollen Hilferufe, ohne ihnen beispringen zu können. Einige liefen mit brennenden Nachtgewändern in den Zimmern umher und sprangen endlich aus den Fenstern, was für die meisten jedoch ziemlich glücklich ablief. Die Feuerwehr war nach längeren Bemühungen endlich im Staude, mit der Herausholung der vom Feuer bedrohten Personen zu beginnen und hatte schon glücklich an 12 Personen in Sicherheit gebracht, als plötzlich das Dach einstürzte und Alles in dem Feuermeere begrub, was noch innerhalb der vier Mauern des brennenden Hauses lebte. Wie bisher festgestellt, sind Dr. Boyd, fein Sohn, 2 den besseren Ständen angehörende Patienten und dre Köchin des Etablissements in den Flammen umgekommen, und man glaubt, daß noch eine Dame, welche gleichfalls in der Heilanstalt untergebracyt war, ihr Leben einge- büßt hat. Die Geretteten haben zumeist furchtbare Brand wunden erlitten. Prozeßverfahren in Sibirien. Ueber einen Prozeß wegen vielfacher Mißbräuche, der gegen den Kreischef von Kansk, Wassiljew, augenblicklich schwebt, bringt die „Wost. Obosr." folgende Mittheilungen: Das l Aktenmaterial umfaßt 60,000 Bogen, zum Transport > derselben waren 6 Pserde nöthig, und ebensoviele Men- lschen waren erforderlich, um bei halbtägiger Arbeit die Akten in der Gouvernements-Verwaltung in Schränke unterzubringen. Nach dem Urtheil competenter Personen soll der Prozeß noch vor Schluß des Jahres 1885 vor dem Gouvernements-Conseil zur Verhandlung kommen. Im Jahre 1888 wird er voraussichtlich vor das Conseil der Hauptverwaltung Ostsibiriens gelangen, wo die Ver handlungen vermuthlich bis zum Jahre 1892 oder 1893 sich hinziehen werden, und wenn der Prozeß dann vor den Senat kommen sollte, so dürste die definitive Ent scheidung zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts zu erwarten sein. Das ist die Prozedur, wie sie unter den gegenwärtigen Justizverhältuissen in Sibirien üblich ist. -- Die Verantwortung für diese Angaben müssen wir dem genannten Blatte überlassen. f (Echt Amerikanisch.) Ein reicher New-Aorker empfing jüngst den Besuch eines armen Freundes aus dem Westen, mit dem er den Bürgerkrieg zusammen durchgemacht hatte, der im Krieg ein Bein verloren hatte und in Folge dessen einen Stelzfuß trägt. Der New- Aorker führte seinen Freund in sein prächtiges Haus. Derselbe trat mit seinem Holzfuße fest auf in dem nach neuester Mode mit kostbaren Holzsorten parketirten und nur hier und da mit einzelnen Teppichen belegten Be suchszimmer. Der Hausherr bemerkte erschreckt die Ver wüstung, welche die Holzbeintritte seinem spiegelblanken Parket bereiteten, und brach nach einer Geile, während der Gast in seiner Bewunderung der ringsumher aufge stellten schönen Sachen des Zimmers auf- und abgegangen war, in die Worte aus: „Willst Du nicht lieber auf den Teppich kommen, — ich bin besorgt, Du möchtest auf dem glatten Boden da ausgleiten!" „Durchaus nicht, alter Junge," lautete die beruhigende Antwort. „Habe gar keine Angst für mich, — ich habe da unten am Ende meines Holzbeines einen scharfen Nagel für das New- Uorkec Steinpflaster eingeschlagen. S'ist rein unmöglich, daß ich ausgleite." (Mitgefühl.) Wäscherin (im Vorbeigehen zur Freundin, die allein im Waschhaus beschäftigt ist): „Aber Frau Nachbarin, thut Ihnen der Mund nicht weh, wenn Sie den ganzen Tag nicht reden können?!" Kingesandt. Der Familie zurückgegebe«. „Sehr geehrter Herr! Da ich lange Jahre hin- „durch krank, oft sehr schwer krank war, und als un- „heilbar erklärt wurde, bot mein Mann alles auf, um „mir wenigstens das Leben noch so lange wie möglich „zu erhalten, er schaffte alles an, was er erfuhr und „aus den Blättern las, aber alles vergebens; wir „hatten auch schon öfter von den berühmten Brandt's „Schweizerpillen gehört, mein Mann ging noch selber „des Abends spät und holte mir welche aus der Apotheke; „ich fühlte gleich nach dem ersten Einnehmen eine Ver- „änderung in mir, und nach mehrmaligem Gebrauch „konnte ich das Bett verlassen, nun habe ich die Pillen „ein ganzes Jahr regelmäßig gebraucht, (das war näm- „lich vor ungefähr 1 '/r Jahre) und konnte nun bis jetzt „alle meine häuslichen Arbeiten wieder selber verrichten. „Diese Veränderung war nun natürlich allen Verwandten „und Bekannten so auffallend, daß sich alle nach der „Ursache erkundigten, und habe ich Allen Ihre Pillen „(wofür ich Ihnen nebst Gott noch den Dank schulde) „auss Beste empfohlen. Hochachtungsvoll Frau H. „Wiesenthal. Rohrbeck bei Schönflies N. M., Kreis „Königsberg." An Herrn R. Brandt, Apotheker in „Zürich. Marktpreise in Kamenz am 17. August 1883. 8 Sack Gerste. — 124 Sack Hafer. — 8 Sack Heide korn — 6 Sack Hirse. — 10 Sack Erbsen — 15 Sack Kartoffeln. höchster ^niedrigst. Preis. Pre iS. 50 Kilo Korn 8 43 8 12 Heu 50 Kilo 3 20 Weizen 10 62 10 Stroh 1200 Pfd. 17 Gerste 7 14 6 70 Butter 1 Kilo 2 60 Hafer 7 50 7 20 Erbfen 50 „ 10 80 Haidekorn 10 - 9 33 Kartoffeln 50 „ 4 50 Hirfe 13 50 13 — Zufuhr. 212 Sack Korn. — 72 Sack Weizen — Portland-Cement von auSg-z-ichn^»*.«i«dekroft in >/f, A un- '/< Tonnen, sowie Ster.n - Kement ^in U To. ist wieder eingetroffen und empfiehlt solchen billigst Yklwin Endler EhrenerklimuEs Das von mir vor eprsgen Wochen in Bezug auf die FanMe des Hrn Theo dor Schie bj^ch verbreitete Gerücht erkläre ich .hiermit für vollständig un wahr »ndill derUebereilung gesprochen. Agnes verw. Müller, geb. Schöne. 2 geübte Ban-«M?fchläg«r werden per sos. geß, Au erfr. in der Exed. d. Bl. Dienstag, den 14. August, — ist ein -raune»! Wachtel- Hun- ohne Gürtel in Puls- nitz entlaufe«. Gegen gute Bel. abzug^ -e> Moritz Körner, Lichtenberg. KHuldöekenntnisle, Uiethkontrakte, Bagatellklagen verkauft NIv zu Pulsnitz.