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Ser Försters-Adjunkt. Novelle von Otfrid Mylius. (Fortsetzung.) >, Sie möchten wissen, wer Jener dort ist, gnädiges Fräulein?" fiel Knopp ein, als er Bella's Zögern bemerkte. «Das ist ein junger Forstmann, der bei mir als Unterförster eintreten möchte, ein gewisser Hast, Fräulein Bella, — ein tüchtiger Mensch in I seinem Fache und eine rechte Erleichterung für mich, denn er ist auch Landwirt und kann mir in der Wirtschaft an die Hand gehen, da mir's doch 'n Bißchen sauer wird, Wald und Wirtschaft zugleich zu leiten seit des Verwalters Tod, Darum wollt' ich die gnädige Herrschaft schönstens gebeten haben, ihn als Untersör- ster anzustellen und mir zum Adjunktus zu geben I" „Sie haben im Voraus meine Einwilligung, lieber Knopp — vorausgesetzt, daß Herr v. Hirschfeldt nichts dagegen einzuwenden hat," sagte Bella freundlich und schielte nach dem Jägersmann hinüber, auf dessen ehrlichen Zügen eine flüchtige Röte aufstieg. „Ich dächte, hierüber könnten wir hernach zu Hause mit größerer Muße sprechen, meine liebe Mündel," versetzte der Legationsrat mit einer höflichen Bestimmtheit, welche keine Widerrede zuließ. „Mich dünkt, wenn wir uns nicht beeilen, so ist es Nacht, bevor wir das Gut erreichen, liebe Bella, und Sie werden doch die Heimat noch im Abendlichte sehen wollen. — Lassen Sie den Förster auf den Kutschbock steigen und mitfahren!" „Oder lieber hier herein, Knopp I Wir haben noch Raum im Wagen," sagte Bella, beiseite rückend. „Warum nicht gar, Fräulein? Das würde sich ja nicht schicken!" rief Knopp herzlich lachend. „Nein, nein, ich weist schon, was sich ziemt, Gnädige! Unser einer geht durch den Buchrain leicht in der selben Zeit hinunter, in welcher Sie mit der Kutsche fahren. Will oen Wagen nicht unnötig beschweren! Auf Wiedersehen drunten im Schlosse!" Er schloß den Schlag des Rei ewagens, trat zurück und gab dem Postillon ein Zeichen, weiter zu ahren. In dem Augenblick, wo die Pferde anzogen, lief ein barfüßiger Junge heran und warf Bella den schönen Strauß Waldblumen, welchen der junge Forstmann seither in der Hand gehalten hatte, aus den Schoß. „Wie hübsch! wie elegant!" stammelte Bella, und vergrub ihr liebliches Antlitz in die Blumen, um ihre Bewegung zu verbergen. Bis sie aber ihre Börse gezogen und sich aus dem Wagenschlag gebogen hatte, um dem Jungen ein Geldstück zuzuwerfen, war der Reisewagen schon ziemlich weit weg und die Straße hinter ihr leer, denn Knopp und feine Begleiter waren wieder in's Holz getreten. „Wie mir so Wohl ist unter diesen ehrlichen wackeren Leuten!" I sagte Bella und blickte mit leuchtenden Augen zu ihrem Begleiter auf. „Dieser redliche alte Förster Knopp, der mich schon als Kind auf den Armen getragen und mich reiten gelehrt hat! Wie gefällt er Ihnen, lieber Herr Lormund?" „Jenun, für einen solchen Halbwilden ist er so Übel nicht, nur schauderhaft familiär," entgegnete Herr v. Hirschfeldt. „Diese Leute ' treiben alsbajd Mißbrauch mit der Freiheit und dem Vorrecht, welche ihn langjährige Dienste geben. Ihr habt überhaupt hier im Süden schauderhafte Manieren! Das ist eine Derbheit, eine verletzende Ver traulichkeit und ein leidiges Verkennen aller StandeSunterschiede, was sich hier hinter den Schild der sogenannten süddeutschen Gemütlichkeit flüchtet! So etwas kann bei uns im Norden nicht Vorkommen, Gott sei Dank! wir kennen noch Mittel, uns diese Menschen drei Schritte vom Leibe zu halten! — Ich werde dem Mann bedeuten, daß ich seinen Ton gegen Dich nicht goutiere, mein liebes Kind. Mir ist gar nichts fataler, als diese täppisch-gutmütigen, zudringlich-vertrau lichen Allüren der alten Dienstleute. Der iunge Mensch mit dem kurz geschnittenen Haar und Räuberbart hatte mehr Takt und Lebens art; er begriff besser seine Stellung und was dieselbe involviert. Du mußt dem alten Grünrock etwas mehr Respekt einflößen, mein Kind, sonst tanzen Dir Deine Leute auf der Nase!" „O, glauben Sie dies nicht von dem alten Förster, lieber Herr v. Hirschfeldt," entgegnete Bella und blickte schüchtern und beinahe traurig zu ihrem Vormunde auf; „der gute Knopp hatte das volle Vertrauen meines Vaters und hat sich desselben auch würdig gezeigt, wie Sie zugeben werden. Hat er nicht, als der Verwalter starb, so mitten in der Ernte, sich mit der größten Energie und Umsicht der Fürsorge der Wirtschaft angenommen und Alles zum besten Ende gebracht?" „Nun ja, der Mann that seine Schuldigkeit, ich gebe es zu, aber der Gedanke lockte ihn, so mit einem Male das Faktotum zu sein und vielleicht den Rentmeister auch noch entbehrlich zu machen," sagte der skeptische Legationsrat. „Bei alledem ist es aber sehr indiciert, ihm etwas mehr Respekt für seine junge Herrin einzuflößen, die nun kein Kmd mehr ist!" „Und wenn ihn nun doch das Herz noch mehr dazu triebe, als der Eigennutz, Herr Vormund?" sragte Bella. „Das Herz, liebes Kind?" entgegnete Herr v. Hirschfeldt ironisch. „Was verstehst Du vom Herzen, Liebe, und hat solch ein knorriger Bursche auch ein Herz ? Alle Diener müssen den jungen mit dem Respekt für ihre Herrschaft vorangehen!" Bella schwieg und roch an ihrem Strauß; diese kalte Sprache über den alten Förster that ihr weh, aber sie achtete den Vormund. L. „Hollah, ihr Mannen, schreitet tüchtig aus und meldet drunten im Dorfe, daß die Herrschaft da ist! Sorge für Deine Böller, Kasper! Bist ja Artillerist gewesen; feure nicht zu früh — erst wenn die Pferde halten, — sonst gibt's ein Unglück!" rief der alte Knopp, holte die kurze Stummelpfeife aus der Jagdtasche und schlug sich Feuer. — „Na, Herr Otto! Was sagen wir nun zu dem jungen Fräulein?" wandte er sich dann an den jungen Forstmann neben ihm, als die Anderen außer Hörweite waren. „Jst's wirklich dieselbe, welche Sie in Berlin —" „Sie ist es — sie ist ein Engel," erwiderte Hast, aus seinem stillen Sinnen aufwachend. „Wie hübsch und lieblich sie geworden ist, und doch noch immer so kindlich naiv, so liebreich! — Ihr habt Eure Sache trefflich gemacht, Alter! Ich bin Euch zum innigsten Dank verbunden!" „Ich sollt' Ihnen tüchtig den Kopf waschen, Herr Otto, daß Sic so nebendraußen stehen blieben! Hätten herantreten und ihr 'mal keck in'S Auge blicken müssen! Potz Schwerenot, ich denke, Sie sind ja sonst nicht so links bei den Weibsleuten! Oder haben Sie den schnurrigen Einfall aufgegeben, mein Adjunktus zu werden, he?" „Im Gegenteil, ich bin fester als je zu dem Scherz entschlossen, Knopp! Und ich darf mich auf Euch verlassen?" „Na, Spaß, Herr Otto! Verlaßt Euch getrost aus mich — eine Probezeit von vier Wochen, wie wir's verabredet haben. Dann aber müssen Sie Ihre Karten offen ausspielen — wenn's überhaupt nur so lange vorhält!" lachte der Förster. „Nehmen Sie sich in Acht, junger Herr! Weiberaugen sind scharf, und die alte Mamsell ver wandte kein Auge von Ihnen, und der alte Fuchs, der Legativnsrat, darf auch nichts merken, sonst geht es mir um die Riemen." „Deshalb blieb ich wohlweislich im Schatten der Bäume, Alter!" erwiderte Hast lächelnd. „Und Ihr leiht mir das Zeug von Eurem Jungen, dem Franz, der beim Mrlitär ist, denn die Schale muß doch zu der Rolle passen, die ich übernehme, wenn ich mich sorgen der Herrschaft vorsteüe."