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MockcMutt für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend. Erscheint: Mittwoch» und Gonnavends. Abonnementspreis: ««»schließlich de» jeder Sonnabend-Nummer beiliegenden Sonntagsblattes) Vierteljährlich 1 Mk. Pfg. Inserate werden mit L0 Pfennigen für den Raum einer gespaltenen Corpus- zeile berechnet u. sind bis spätestens Dienstags und Freitags Vormittags v Uhr hier aufzugeben. Amtsblatt des Königlichen Amtsgerichts, sowie des Htadtrathes zu Aulsnih. FünfMl-dreWgster Jahrgang. Buchdruckerei von Ernst Ludwig Förster in Pulsnitz. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Paul Weber in Pulsnitz., Geschäftsstellen silr Königsbrück: bei Herrn Kaufm. M. Tschersich. Dresden: Annoncen-Bureaus Haasenstein L Vogler u. Jnvalidendant. Leipzig: Rudolph Moss» von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. LxpkrMivN Ü68 Hmt8dlatte8. Sonnabend. 1». Februar 1883. Nachdem für den abwesenden Tagearbeiter Friedrich Emil Merlin aus Großröhrsdorf der Bandweber Friedrich Julius Rosenkranz daselbst als Abwesenheitsvormund bestellt worden ist, wird solches andurch bekannt gemacht. Pulsnitz, am 5. Februar 1883. Königliches Amtsgericht. vr. Krenkel. Tas jüngste Manifest des Zaren und die Lage in Deutschland. Der Zar Alexander III. hat soeben an alle Ruffen ein Manifest erlassen, in welchem er hcrvorhebt, daß durch das schreckliche Ercigniß, durch welches er auf den Thron seiner Väter berufen worden sei, die mit dieser Beruf ung verbundene Krönungsfeier einen Aufschub habe er leiden müssen, um erst wieder eine Beruhigung der Ge- müther eintreten zu lassen. Nachdem dies geschehen, solle Unter den üblichen Feierlichkeiten im Mai dieses Jahres die heilige Krönung in der ersten Hauptstadt des Reiches, in Moskau, stattfinden, und bittet der Zar alle seine Ünterthanen, sich an diesem Tage im Gebet mit ihm zu vereinigen, um für Rußland Frieden und Wohlergehen Und für seine Regierung Weisheit und Segen zu er stehen. Und am Schluffe des Manifestes betont der Zar, daß er mit der Aussetzung der Zarenkrone das Gelübde seiner Väter erneuern, seine Herrschaft, die ihm von Gott über Rußland anvertraut wäre, ganz und gar der Wohl fahrt des Vaterlandes zu weihen. Dieses Manifest des Zaren enthält offenbar meh rere Kundgebungen von hoher politischer Wichtigkeit für daS Ausland und giebt auch zum Theil ein Bild von der Lage in Rußland selbst. Dieselbe maß nach schweren und langen Beunruhigungen sich jetzt soweit geklärt haben, daß man endlich, zwei Jahre nach dem gewalt samen Tode Alexanders II., an eine Vornahme der in Rußland traditionellen und sogar in Verbindung mit der russischen Staatsreligion stehenden Krönung Alexan ders III. im Kremel zu Moskau ernstlich denken kann und die Vorbereitungen trifft. Kein Wort des Mani festes kündet indessen irgend welche Reformen in der Art und Zusammensetzung der Regierung an, sondern auch Alexander III. hält, trotz aller furchtbaren Warnungen lediglich an dem patriarchalischen Zarenregiment fest, wonach der Zar der unumschränkte Herr und Gebieter in Rußland ist und sein Wille von den Beamten, als seinen Vertretern, direkt und unverfälscht ausgesührt wird. Daß dieses durch die fortgeschrittene Cultur der russischen Ration überlebte und durch corrumpirte Beamte verhaßt gemachte Regierungsshstem in Rußland nicht mehr lange zu halten ist, scheint man also, nach dem Manifest zu urtheilen, in der Umgebung des Zaren noch nicht ringe- sehen zu haben und eine dauernde und solide Beruhig ung Rußlands und eine Ausrottung des Nihilismus durch bloße Polizeimaßregeln kann leider noch nicht er wartet werden, denn die schweren Gebrechen im russischen Staatsleben bleiben eben trotz des besten Willens des Zaren bestehen. Sonst gewährt die Regierung Alexan ders III. aber doch einige gute Hoffnungen, denn der selbe richtet, wie nach dem Manifeste und auch nach früh eren Kundgebungen zu urtheilen ist, die Aufgabe seiner Negierung vorwiegend auf die Hebung der inneren Wohl fahrt seines Reiches, auf die Förderung von Ruhe, Ord nung und wirthschastlichen Fortschritten, und so darf man wohl erwarten, daß Rußland auch sein Bestes zur Erhaltung des Weltfriedens beilragen und beim Ringen mit seinen kolossalen inneren Schwierigkeiten auch früher oder später die rechten Mittel und Wege finden wird, um dieser Schwierigkeiten Herr zu werden und seiner großen gährenden Bevölkerung eine innere Wiedergeburt zu geben. Zeitereignisse. — Vor der 1. Strafkammer des König!. Landge richts zu Bautzen wurde am 31. Januar über folgenden Fall verhandelt: Der Leinweber Ernst Gotthelf Schöne in Ohorn ward am frühen Morgen des 11. Aug. v. I. vom Waldwärter Jacob in Röhrsdorfer Staatsforstreviere betroffen, als er eben, barfuß mit aufgezogenem Gewehre an einer Stelle, wo Rehwild zu wechseln pflegte, sich un berechtigt dem Jagdvergnügen hingab. Er suchte sein Heil in schleuniger Flucht, wird aber von Jacob und deffem Sohne eingeholt, ergriffen und ihm das geladene Gewehr abgenommen. Der Aufforderung des Beamten nach angekündigter Arretur, ihm zu folgen, setzte Schöne indeß entschiedene Weigerung entgegen, legte sich nieder und schlug mit Armen und Beinen um sich, so daß Jacob und Sohn große Mühe hatten, dem Schöne die Hände zu seffeln. Hierbei drohte Schöne anfangs dem Beamten: „Warte nur, ich will Dirs schon gedenken!" gab aber dann klein bei und legte sich aufs Bitten, indem er sagte: „Ich geb zehn Thlr., jeder kriegt 5 Thlr., wenn Sie mich gehen lassen!" Schöne, 68 Jahr alt, drei Mal be straft, ein zur Wilddieberei hinneigender Mensch, will nach seiner heutigen Erklärung es an jenem Morgen nur auf einen Raubvogel abgesehen haben, da er in der Zeitung gelesen habe, daß das frei sei, während er dem Beamten eingeräumt, daß er einen Dachs schießen wolle. Er ward wegen unberechtigter Ausübung der Jagd, Widerstands und Bestechung zu sechs Monaten Gefäng- niß verurtheilt, auch wurde auf Einziehung des (zerleg baren) Gewehres erkannt. — Am 1. Februar d. I. ist auf den sächsischen Staatseisenbahnen eine Bestimmung in Kraft getreten, welche jedenfalls von reiselustigen Eltern freudig begrüßt werden wird, da von diesem Zeitpunkte an Fahr- und Rollstühle, welche Kranke oder Gelähmte mit sich führen, sowie Kinderwagen nicht mehr der theuren Taxe der Waarensendung unterliegen, sondern als Paffagiergut behandelt, auf ein Tourbillet also bis zu einem Gewichte von 25 Kgr. befördert werden. — Herr Restaurateur Fritz Böhme in Rathen hat am Donnerstag in der Elbe zwei Welse gefangen, von denen der eine Vr Centner und der andere V« Centner wog. — Die Wahl des Socialdemokraten v. Vollmar (Wahlkreis Burgstädt-Mittweida) ist von der Wahl- prüsungSkommission zu beanstanden vorgeschlagen wor den. Auch sollen über die Vorkommnisse bei derselben Erörterungen angcstellt werden. Ferner beanstandete die Commission die Wahl Kutschbachs (Zschopau-Marien berg). Leipzig, 5. Februar. Der gestern hier stattgesun- dene 2. Verbandstag der Glaser-Innungen im König reich Sachsen war von 86 Theilnehmern besucht. Bei den Verhandlungen wurde die Einführung der Legitima tion zum Empfang der Reiseunterstützung sür wandernde Gehilfen beschlossen. Der Beitritt zum Verband der deutschen Gla Gerinnungen Deutschlands fand ebenso wie die Beschickung des deutschen Glasertages im nächsten Juli die Zustimmung der Verbandsmitglieder. Ober meister Brümmer hier stellte schließlich den Antrag den Vorstand des Glaserbundes zu ersuchen, Statuten eines Normal-Innungs-Statuts für Glaserinnungen vorzu- b ereilen. — Der Eigenthümer der Kronenapolheke in Leipzig- Gohlis, Herr R. Münch, veröffentlicht in dem „Pharma- ceutischen Central-Anzeiger" Folgendes: Im Laufe der letzten Wochen wurde mein siebenjähriges Töchterchen zweimal bei heftigem Fieber — ziemlich 40 Grad C. Körperwärme — von Diphterie befallen, und beide Male wurde folgendes Mittel mit Erfolg angewendet. Es ist Oloum toröbiiMirmo rootitioaium für Kinder pro äoÄ 1 Theelöffel voll früh und am Abend ; Erwachsene nehmen 1 Eßlöffel voll ebenso. Zum Nachtrinken giebt man den Kindern laue Milch, mischt auch wohl den zweiten Thee löffel voll Osl damit, weil letzteres dann besser genommen wird und giebt auch hier Milch nach, damit das schänd liche Brennen im Halse der Kleinen bald nachläßt. Der Erfolg war wahrhaft wunderbar; schon nach einer halben Stunde nach dem Einnehmen des Oeles tritt eine hellere Röthe am Rande des dyphteritischen Belages ein, welche immer mehr nach innen fortschreitet. Der Belag — auch wenn sehr groß — schrumpft mehr und mehr zusammen, ballt sich förmlich und verschwindet gewöhnlich innerhalb 24 Stunden, ohne eine Spur zu hinterlassen, vollständig. Mein Kind gurgelte außerdem mit einer schwachen (V^) Kalichlorium-Lösung erst zwei- dann dreistündlich, um die sehr entzündeten Mandeln zu beruhigen. Ich bitte die geehrte Collegenschast ebenso herzlich als dringend, im Interesse der Kinder von meiner obigen Mittheilung vorkommenden Falles Gebrauch zu machen und nament- ich die Herren Aerzte zu Versuchen dringend auszusor- dern. Wir haben hier noch eine Menge Fälle, sowohl von Erwachsenen als Kindern, wo das Mittel stets mit gutem Erfolge gegeben wurde; kein einziger Fall verlief ungünstig. — Die Frage der obligatorischen Arbeitsbücher ist bekanntlich in letzter Zeit vielsach Gegenstand von Er örterungen in Versammlungen und Vereinen gewesen und sind es besonders die Führer der Gewerkvereine und der Socialdemokraten, die sich die Gelegenheit nicht haben entgehen lassen, um aus ihr Kapital sür die Bearbeitung der Massen zu schlagen. Es konnte daneben einiger maßen befremdlich erscheinen, daß aus den Kreisen der Arbeitgeber, des Kleingewerbes wie der Fabrikindustrie, neuerdings wenig oder keine Kundgebungen in der be legten Frage erfolgt waren, die durch den Antrag des Abg. Ackermann und Genossen wiederum auf die Tages ordnung des Reichstags gebracht worden ist, und für die Gewerbeordnungskommission des letzteren mit allerdings nur einer Stimme Majorität ausgesprochen hat. Dem Bedürfniß, auch ihrerseits Stellung dazu zu nehmen, scheint man in letzter Stunde noch in den Kreisen der Handwerker Rechnung getragen zu haben. Auf Einlad ung des Centralvorstandes des „Allgemeinen deutschen Handwerkerbundes", dessen Sitz in Berlin ist, fand am 1. Februar eine Versammlung von Vertretern des selbst ständigen Handwerkes statt, zu der trotz der eiligen Ein ladung doch eine stattliche Reihe von Deligirten aus einer großen Anzahl deutscher Städte, u. A. aus Bremen, Hamburg, München, Altona, Köln( Leipzig, Dresden, Hannover, Bromberg erschienen war. Dre Verhandlungen fanden unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt; von 70 Reichstagsabgeordneten aller Fraktionen, die dazu gela den waren, hatten sich indeß nur sechs konservative, Ackermann, v. Köller, Staudy, Graf Holstein, v. Lüderitz und Günther (Sachsen), eingefunden und bedeuteten da durch, sowie durch ihre allseitige Theilnahme an den bis nach Mitternacht dauernden Debatten das lebhafteste Interesse für die gewerbliche Reform im Allgemeinen und die Arbeitsbücherfrage im Besonderen. Die Verhand lungen constatiren vollständige Einmüthigkeit der an wesenden Vertreter des Handwerks in der Forderung nach Einführung obligatorischer Arbeitsbücher für alle gewerblichen Arbeiter ohne Unterschied des Alter-, und