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das Dokument ergriffen und in's Kaminfeuer geworfen. Blount sprang hinzu; Morris suchte ihn zurückzuhalten. Nach kurzem Ringen machte der Sekretär sich frei, aber es war zu spät — das Papier war zu Asche verbrannt. Mit einem Verzweiflungsschrei wankte die Frau zurück und sank in einen Stuhl. Einen Moment starrte Blount seinen Gegner an; aber nur einen Moment; dann stieß er einen Freudenruf aus und eilte aus dem Zimmer. Allyn Morris fühlte, daß für ihn nichts mehr zu hoffen war. Da man einmal Mordaunt's Geheimniß kannte, hatte er alle Gewalt über ihn verloren, denn jener war durch das Geschehene derartig niedergeschmettert, daß ihm nichts daran lag, ob noch mehr bekannt werde, oder nicht. So war es nur noch die Verzweiflung, mit welcher das gestellte wilde Thier bis zuletzt kämpft, die Allyn Morris sich gegen das unvermeidliche Schicksal wehren ließ. „Ida," sagte Helene, „um des Himmels willen, erkläre mir dies! Ist jene Frau wirklich meines Bruders Gattin?" „Ja, Helene. Habe Geduld, und Du sollst Alles wissen — " „Fräulein Stillworth," fiel Allyn Morris ihr heftig in die Rede, „wann werden Sie dieser Komödie ein Ende machen?" „Die Komödie ist zu Ende und die Schauspieler thäten besser, wenn sie die angenommenen Charaktere fallen ließen." „Sie bestehen also darauf, diele Dame ,ur Frau meines Freundes zu stempeln?" „Sie ist seine rechtmäßig angetraute Frau." „Und Ihre Beweise —?" „Sind hier!" rief mit lauter Stimme der in diesem Moment in's Zimmer stürzende Blount; dann eilte er zu Florence und überreichte ihr das Dokument, welches ihr Bruder ihm in Verwahrung gegeben hatte. „Vermuthlich ein Trauschein," sagte Morris höhnisch. „Aber es bedarf hier besserer Beweise als eines auf diese Art vorgelegten Papieres." Blount zog die selbst angefertigte Kopie des Briefes aus der Tasche und hielt sie Mordaunt vor. „Auf Ihr Ehrenwort als Gentleman — haben Sie dies schon einmal gesehen oder nicht?" „Was ist es?" fragte Morris. „Noch eine andere Fälschung?" „O, nein," entgegnete der Sekretär; „es ist das Fac- simile eines Briefes, welcher sich im Besitze des Bruders dieser Dame befindet." „Ja," sprach jetzt Mordaunt, der einen Blick auf das Papier geworfen hatte, „und ich selbst habe es geschrieben." „Was?" rief Morris, „Du bekennst —?" „Die Wahrheit! Ja!" Dann stand er von seinem Sitze auf, schritt auf Allyn Morris zu und sprach zornig: „Sie haben mich bereits genug zu unrechten Schritten verleitet; von diesem Augenblick an hört jede Verbindung zwischen mir und Ihnen auf. Sie rissen mich von meiner Gattin, welche ich, ich gestehe es mit Beschämung, getäuscht, aber später aufrichtig lieben gelernt hatte. Sie brachten mich dazu, daß ich meine späte Reue bei Spiel- und Trink-! gelogen zu vergessen suchte. Sie umstrickten mich so, daß! ich zuletzt vollständig in Ihrer Gewalt war, und damit die? Beute Ihnen nicht entginge, veranlaßten Sie mich, Sie mit mir hierherzubringen und für meinen Freund auszugeben. Aber in einer schwachen Stunde verriethen auch Sie mir Ihr Geheimniß und gaben sich dadurch in meine Gewalt; And jetzt, da ich selbst öffentlich bloßgestellt worden bin, jetzt gebe ich Ihnen den Rath: Hüten Sie sich! Noch bin ich nicht alles sittlichen Gefühles bar — Sie freilich glaubten mich so tief gesunken, daß ich vor nichts mehr zurückbeben würde. Gott weiß, es ist weit mit mir gekommen und ich verachte mich selbst noch mehr, als ich Sie Haffe. Allein Sie haben mich so weit getrieben. Ich will nicht ganz der Schurke werden, zu welchem Sie mich machen wollten — noch bin ich im Stande, wenigstens einmal ehrlich zu han deln. Sie verlangen Beweise, daß diese Dame diejenige ist, für die man sie hier erklärt hat. So hören Sie denn: Ich schwöre bei'm allmächtigen Gott, daß ich sie unter dem Namen Georg Ashley am 2. Juni 1850 in Deutschland heirathete und daß sie meine rechtmäßige Gattin ist. Und nun, Louis Gale, verlassen Sie diesen Ott — verlassen Sie dieses Land, denn ich bin fertig mit Ihnen." „Aber ich bin noch nicht fertig mit Ihnen. Bezahlen Sie mir, was Sie mir schuldig sind, oder ich werde aller Welt Ihre Schande verrathen." (Fortsetzung folgt.) Giovanna, die Hochter des Iiraien. Erzählung von W. Irey. (1. Fortsetzung.) Die Engländer stritten für ihre Ehre und waren jetzt offenbar im Vortheil, doch wurden sie im ersten Anstürme nach dem Backbord hinüber gedrängt. Da erfolgte ein furchtbarer Knall. Eine Feuer- und Rauchsäule stieg zum Himmel empor. Das Piratenschiff war in die Luft geflogen. „Ein Hurrah für Altengland!" rief Clifford. „D'rauf und d'ran!" schallte es aus den Reihen der Engländer und sie warfen sich mit solcher Wucht auf ihre Feinde, daß diese bis an den Rand des Schiffes zurückge drängt wurden. „Raum für die Feuerspritze!" schrie in diesem Augen blicke Ralph, der Steuermann. Die Reihe der Engländer theilte sich und der Schlauch des bezeichneten Instrumentes schlängelte sich alsobald über das Verdeck. „Wir haben den Bösewichten Theewasser gekocht!" rief Ralph und gleich darauf quoll ein dampfender Strahl aus dem Schlauche hervor. Jetzt war die Niederlage der Piraten besiegelt. Sie warfen sie über Bord und nach wenigen Minuten zeigte sich das Verdeck des „Wirbelwindes" von ihnen gesäubert. „An die Kanonen!" donnerte Clifford und beugte sich über den Rand des Schiffes, um zu sehen, ob die beiden Boote schon in die Schußlinie gekommen waren, doch be merkte er zu seinem Verdruß, daß dieselben die Breit seiten des „Wirbelwindes" vorsichtig vermieden. „Ergebt Euch oder wir bohren Euch in den Grund!" rief er den Flüchtlingen zu. Sie antworteten höhnend. Clifford gerieth außer sich vor Entrüstung. Er ließ die Segel beisetzen und fuhr dem einen Boote nach. Plötz lich krachte es am Kiel. Man hörte ein lautes Geschrei und die Insassen des ersten Bootes waren im Schooße des Ozeans verschwunden Jetzt wandte man sich gegen das zweite. Der „Wirbelwind" drehte sich und zeigte seine Breitseite. Ein furchtbarer Krach, dann hörte man einen neuen Aufschrei und als der Pulrerdampf sich verzog, war das zweite Boot ebenfalls verschwunden. Es war mittlerweile dunkel geworden und als die Engländer Umschau hielten, war der aus der Gewalt des Piraten gerettete Kauffahrer nirgends zu erblicken. Das Schiff schien von der Fläche der See gleichsam verschwunden.