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nichts verdorben hat, so daß er seinem Nachfolger keine allzuschwierige Aufgabe hinterläßt. — Was nun den Lebensgang des Dahingeschiedenen anbelangt, so be merken wir, daß Heinrich Karl Freiherr v. Haymerle am 7. December 1828 zu Wien geboren wurde, an der dortigen orientalischen Academie seine Studien absolvirte und an der 1848er Bewegung theilnahm, wobei er mit den Waffen in der Hand gefangen genommen und zum Er schießen verurtheilt, jedoch begnadigt wurde. 1850 trat Baron von Haymerle in die diplomatische Carriere als Dolmetschadjunct bei der österreichischen Jnternuntiatur zu Constantinopcl, ward 1857 Legationssecretär, trat unter Beust in das österreichische Ministerium des Aus wärtigen Md übernahm nach einander die diplomatische Vertretung Oesterreichs in Athen, im Haag und in Rom, bis er, wie schon oben erwähnt, am 8. October 1879 zum Nachfolger Andrassy's ernannt wurde. Wie Baron v. Haymerle als Politiker einen geachteten Namen hinter läßt, so sichern ihm auch seine persönlichen Eigenschaften den Anspruch auf warme menschliche Sympathie. — Zeitereignisse. Pulsnitz, 12. October. Die gestern Abend im Saale des „Hotel grauer Wolf" stattgefundene Versammlung bezüglich der Reichstagswahl war von vielen Personen aller Stände besucht. Nach Eröffnung derselben durch Herrn Apotheker Herb, welcher den als Candi daten der Fortschrittspartei aufgestellten Herrn Fabrik besitzer Ed. Weigang aus Bautzen vorstellte, ent wickelte letztgenannter Herr sein und seiner Partei Pro gramm, indem er zunächst die Vorwürfe, welche man den Liberalen und der Fortschrittspartei mache, sie seien revolutionär, republikanisch rc. als erfunden bezeichnete; die Fortschrittspartei wolle nur Wahrheit und Recht und stehe treu zu Kaiser und Reich. In weiterer Ausführ ung seiner Grundsätze erwähnte Redner di Judenfrage; er entkräftete die Vorwürfe, die man seiner Partei hin sichtlich derselben mache, die bürgerliche Gleichstellung der Juden sei ein Recht, daß sich ihnen nicht wieder nehmen lasse, nur müsse ihren Uebergriffen und dem Wucherthum durch vernünftige Gesetze Einhalt gethan werden. Ferner betonte er die Nothwendigkeit der Verantwort lichkeit des Neichsministeriums und der Beschränkung der Allmacht des Reichskanzlers, der Diätenzahlung an die Neichstagsabgeordneten, damit nicht nur reiche Leute, sondern auch Gewerbetreibende das Volk vertreten könnten. Auf die Militärgesetze übergehend, widerlegte er zunächst die Beschuldigung, als beabsichtige seine Partei, weil sie sparen wolle, das Vaterland zu entkräft- igen; es möge nur zweckmäßiger gewirthschaflet werden und nicht unverhältnißmäßige Summen, z. B. für luxuri öse Bauten wie die Kadettenanstalt zu Lichterfelde, wo jeder Kadet 12,000 Mark koste, die Jägerkaferne zu Dresden u. a. m. aufgewendet werden — Opfer, die man der deutschen Nation nicht zumuthen könne. Unter den Haupt-Ersparnissen befinde sich die Einführung der zweijährigen Dienstzeit, die zur Ausbildung der Soldaten vollständig hinreiche und das Militärbudget, dessen sieben jährige Bewilligung überhaupt ein Unrecht sei, um viele Millionen entlasten würde. Auch die Institution des einjährig-freiwilligen Dienstes tadelte er in ihrer jetzigen Einrichtung, ebenso die Justizgesetze, das Socialistengesetz, das durch sein Unterdrückungssystem mehr schade als nütze, das Vereins- und Preßgesetz rc., hinsichtlich deren er das ablehnende Verhalten der Fortschritts-Partei klar legte. Zur Zoll- und Steuerreform bemerkt Redner, seine Partei sei nicht unbedingt für Freihandel, sondern mache einen Unterschied und halte für gewisse Rohstoffe ebenfalls einen Schutzzoll nothwendig, doch keinen Zoll für allgemeine Verbrauchsgegenstände, der Kornzoll nütze nur der größeren Landwirtschaft, die kleinere schädige er mehr; ebenso treffe die Petroleumsteuer hauptsächlich den Armen, denn der Reiche brenne Gas. Die Börsen steuer sei gleichfalls nicht gerecht, denn sie treffe meist nur kleine Käufer und Geschäfte, nicht aber die großen Speculanten; dem armen Manne seien durch den Stempel die Rechnungen und Quittungen vertheuert. Gegen Verdoppelung der Biersteuer erkläre er sich aus drücklich, eher für Erhöhung der Branntweinsteuer. Das Tabaksmonopol verwirft er unbedingt, weil es gerade zu ein nationales Unglück sein würde; Tausende von Arbeitern würden dadurch brodlos, eine große Menge von Geschäfts-Existenzen vernichtet und der Preis des Tabaks auf eine ungeheure Höhe geschraubt werden. Der Reichskanzler strebe nur immer dahin, für seine Projecte recht viel Geld zu bekommen, allein gegen seine immer neuen Steuerprojecte müsse der Reichstag sich ab lehnend verhalten. Hinsichtlich der Arbeiterinvaliden pensionen und der Arbeiterversicherung erklärt er die vor liegenden Entwürfe für durchaus unpraktisch und un ausführbar, größtentheils sei die Unfallversicherung be reits geregelt und die ganze Frage werde sich sicher in anderer als in der vorliegenden Form lösen lassen. Die Jnnungsgesetze bedürften vielfach der Modifikation; gegen Zwangs Innungen erkläre er sich unbedingt, da gegen für zeitgemäße Regelung des Lehrlingswesens. — Nachdem dw Redner noch als Parole seiner Partei die wahre Volks- und bürgerliche Wohlfahrt dargestellt, schloß er seinen Vortrag unter vielfachem Beisall. Der Vorsitzende empfahl den Anwesenden die Wahl des Herrn Weigang und erklärte die Versammlung für ge schloffen. PulSnitz. Am 7. October hat sich der 32 Jahre alte Gutsbesitzer Schäfer in Obersteina durch Erhängen selbst entleibt. Zerrüttete Vermögsverhältnisse sollen das Motiv zu dieser That gewesen sein. Großröhrsdorf, 13. October. Unser über 5000 Seelen zählender Jndustrieort wird seit Anfang dieses Jahres von einer Scharlachepidemie mit Diphteritis und Gehirnentzündung in einer hier noch nie dagewesenen Heft igkeit und Bösartigkeit heimgesucht, die kaum zu schilderndes Herzeleid in viele Familien gebracht hat und der bereits über 80 blüh nde Kinder im Alter von 2—14 Jahren, darunter allein 18 Schulkinder, zum Opfer gefallen sind und die auch schon wiederholt Altersklassen von 15—20 Jahren ergriffen hat. Es giebt leider Familien, die den Verlust sämmtlicher Kinder, in einer Familie sogar 5, zu be lagen haben. Von der König!. Amtshauptmannschaft zu Kamenz sind in Verbindung mit dem König!. Bezirks arzte neuerdings ganz strenge Maßregeln bezüglich der Epidemie getroffen worden. Unter diesen Umständen wird das nächsten Sonntag und Montag hier zu feiernde Kirchweihfest, zu dem wir in anderen Jahren viele liebe Gäste, namentlich aus Dresden, begrüßen durften, gewiß recht still und freudelos verlaufen. Vorsicht dürfte na türlich geboten sein, da eine Verschleppung der Krank heit leicht erfolgen könnte. (Diese Warnung dürfte nam entlich auch von den Bewohnern unserer Stadt zu be herzigen sein, die während der Kirmestage in der Regel massenweise nach Großröhrsdorf zu wandern pflegen.) — Die König!. Amtshauptmannschaft zu Kamenz macht belannt, daß die Maul- und Klauenseuche in Zietsch wieder erloschen ist. Elstra. Montag, den 10. Oc'ober, nachm. 2 Uhr, beging der Reltungshausverein der Amtshauptmannschas! Kamenz im Nettungshause zu Elstra die Feier des fünf jährigen Bestehens der Anstalt unter Anwesenheit der Herren: Amtshauptmann von Zezschwitz, k. kriiu. vio. Leßmüller, der Directorialmitglieder und Vereinsmit glieder, sowie mehrerer Damen aus Pulsnitz und Elstra in Beisein der Diaconiffe Louise Hornung nebst den 13 Mädchen, die jetzt dort erzogen werden. Der Vorsitzende des Vereins, Herr Oberpfarrer vr. pliil. Richter aus Pulsnitz, sprach nach kurzem Gesänge und der Vorles ung des 121sten Psalmen oas Gebet. Kurzer Gesang beschloß die Feier. Nach Besichtigung aller Räume des vortrefflich eingerichteten Anstaltsgebäudes begab man sich in die Stadt, um im „Herrenhause" die Jahresver sammlung, welche der Herr Vorsitzende leitete abzuhalten. Nach Verlesung des letztjährigen Protokolls durch den Schriftführer des Vereins, Herrn Oberpfarrer Mietschke zu Elstra, erstattete der Herr Vorsitzende den Jahresbe richt, nachdem derselbe der Versammlung einen Brief des stellvertretenden Vorsitzenden, des Herrn Reichstags abgeordneten Ritter Reich auf Biehla, der am Erscheinen amtlich behindert war, mitgetheilt und dessen Festgabe, eine Zwanzigmarknote, Herrn Cassirer, Apotheker Zillich, ausgehändigt hatte. Ter Jahresbericht enthielt einen ge drängten Ueberblick über den seit der Weihe der Anstalt vollendeten fünfjährigen Zeitraum, gedachte Derer, die sich um dieAnstalt besonders verdient gemacht, zunächst derVer- dienste der am 1. Oct. nach fünfähriger Thätigkeit abbc- rufenen Diaconiffe Marie Groß, sowie des Eintrittes der bisher am Martinsstifte in Leipzig thätig gewesenen Diaconiffe Louise Hornung. Innerhalb der fünf Jahre wurden 21 Mädchen ausgenommen. 1876 vier, 1877 drei, 1878 drei, 1879 zwei, 1880 fünf, 1881 vier — 1 aus Talpenberg, 1 aus Ohorn, 3 aus Bautzen, 2 aus Königsbrück, 1 aus Räckelwitz, 1 aus Neustadt b. Stolpen, 1 aus Särke, 2 aus Dresden, 3 aus Elstra, 1 aus Bischheim, 2 aus Gödlau, 2 aus Rauschwitz, 1 aus Kleinförstchen. Ein Kind starb 1880. Am Palmsonn tage 1881 wurden 7 confirmirt, Tags darauf, den 11. April, wurden dieselben vom Herrn Vorsitzenden unter entsprechender Feierlichkeit entlassen und jeder derselben eine Confirmandenbibel überreicht, als Geschenk eines un bemittelten, ungenannt bleiben wollenden Freunds der Anstalt aus Pulsnitz. Die Entlassenen wurdnt sämmt- lich in Dienste untergebracht. — Aus dem von Herr, Apotheker Zillich ausführlich erstatteten Rechenichäi^e richte ging hervor, daß man mit den eingtgätigenen Unterstützungsbeiträgen bei sparsamer Verwaltung bis jetzt hat auskommen können und daß gegenwärtig noch ein Caffenbestand von 92 vorhanden war, der aller dings nicht ausreichend sein würde, die Bedürfnisse bis Schluß dieses Jahres zu decken. Der Verwaltungsaus wand erforderte in den letzten Jahren durchschnittlich 2700 Man bat angelegentlich um fernere freund liche Unterstützung der segensreich wirkenden Anstalt, die vielmehr Kinder aufnehmen könnte, wenn sie dazu aus reichende Mittel besäße. Zu Rechnungsrevisoren wurden die Herren Rector Opitz in Elstra und Fabrikant Wehner 86n. in Ossel gewählt. Hierauf folgte die Beralhung der vom Herrn Vorsitzenden entworfenen Instruction der Diaconisse und der Hausordnung, die längere Zeit in Anspruch nahm. Geschäftliche und sonstige Verwaltungs- angelegenheiten bildeten den Schluß der Verhandlung. Möge das neu beginnende Verwaltungsjahr ein reich ge segnetes sein! Kamenz, 12. Oct. Die vom 13. bis 18. October im Gasthofe zu „Stadt Dresden" stattfindende Obstbau- Ausstellung des Kamenzer, Obstbauvereins scheint doch die Erwartungen bei weitem zu übertreffen. Gegen 70 Aussteller mit mehreren Hundert verschiedenen Sorti ments haben sich erfreulicher Weise an derselben be- theiligt. Der Besucher wird sowohl von der Reichhalt igkeit der ausgestellten Sorten als auch von dein ge schmackvollen Arrangement ungemein angenehm berührt werden. Bereits haben die Herren Sortirer und Preis richter ihre mühevolle Arbeit begonnen. Ohne aus weitere Details eingehen zu wollen, sei nur erwähnt, oaß diese Ausstellung dem Obstbaufreuno eine Menge anregende Gedanken spenden und ihn sicherlich nicht un- besriedigt lassen wird. Möchte durch recht zahlreichen Besuch bewiesen werden, wie sehr man den Obstbau als hochwichtigen Culturzweig zu schätzen weih. Marktpreise in Kamenz am 13. October 1881. « höchster ^niedrigst'.'!! I Preis. Preis. 50 Kilo Korn 9175 9 55 Heu 50 Kilo 2 80 Weizen 12 35 11 47 Stroh 1200 Psd. 21 — Gerste 8 21 8 — Butter 1 Kilo 2 — Hafer 7 50 7 20 Erbsen 50 „ 10 58 Haidekorn 9 — 8 67 Kartoffeln 50 „ 2 ->0 Hirse 12 36 12 — Kirchenn aÄrlcht e n. Parochie Pulöniß. vom. XVIII p. Hin., den 16. Octbr. 1881. predigt Vorm. Herr Oberpfarrer Vr. xk. Richter, Nachm. Herr Diac. Großmann. Die Beichtrede hält der Erstere. Parochie Königsbrück. vom. XVIII x. Irin., den 16. Octbr. 1881. Vorm. 8 Uhr: Beichte und Communion. Vorm. 9 Uhr predigt Herr k. Schneider ans Höckendorf. Der Nachmittagsgvttesdienst fällt aus. 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