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Nichtamtlicher Teil. ^ 135, 15. Juni 1910 Sehr wichtig ist ferner, für die Zukunft dahin zu wirken, daß die Schulen rechtzeitig vor jedem Schulhalbjahr ausreichende Aus kunft über diejenigen Schulbücher geben, die gebraucht werden sollen, sowie daß die Lehrer und Schulbehörden künftig nicht mehr in unnötig rigoroser Weise den Gebrauch nur der allerneusten Auflagen verlangen. Der Unterzeichnete Vorstand wird demnächst an sämtliche zuständigen Ministerien der deutschen Bundesstaaten entsprechende Eingaben richten, soweit von diesen Mnisterien nicht bereits — wie in Preußen und dem Königreich Sachsen — die Nachgeordneten Behörden entsprechend angewiesen sind. Er em pfiehlt aber zugleich den Kreis- und Ortsvereinen, auch ihrerseits rechtzeitig vor jedem Schulhalbjahr bei den betreffenden Instanzen, sei es schriftlich, sei es durch persönliche Besuche vorstellig zu werden, damit den von den Ministerien zu erwartenden Verfügungen auch wirklich entsprochen wird. Aber auch der Berlagsbuchhandel wird erheblich zur Bekäm pfung der bestehenden Übelstände Mitwirken können. Der Unter zeichnete Vorstand hat deshalb dem Deutschen Verleger-Verein folgende Anregungen zur Erwägung vorgelegt: Es ist dahin zu wirken, daß unveränderte Auflagen auf dem Titelblatt als solche hinreichend gekennzeichnet, bei wenig verän derten Auflagen tunlichst vom Verleger Supplemente geliefert werden. Der Verleger sollte, wenn das Erscheinen einer neuen erheblich veränderten Auflage innerhalb des Schulbüchergeschäfts unver meidlich ist, doch möglichst eine geographische Verteilung eintreten lassen und bis 10 Prozent der von einem Sortimenter bezogenen Exemplare an höheren Schulen gebrauchter Schulbücher zurück- nehmen, wenn inzwischen eine neue, erheblich veränderte Auslage- nicht erschienen ist und der Sortimenter ihn innerhalb zehn Tagen nach Schulansang benachrichtigt und die Exemplare selbst inner halb drei Wochen franko zurüäsendet, falls der Verleger nicht anders darüber verfügt. Es ist ferner angeregt, Freiexemplare gegen geringe Spesen vergütung tunlichst durch das Sortiment zu liefern und wenn diese nicht völlig gratis, sondern zu ermäßigtem Preise geliefert werden, in jedem Falle die Lieferung durch das Sortiment und mit ent sprechendem Rabatt zu bewirken. Endlich soll dahin gewirkt werden, daß bei bedingten Bestel lungen— d.h. unter der Bedingung, daß innerhalb einer gewissen Frist keine neue Auslage erscheint — der Verleger in jedem Falle Nachricht gibt, wenn er die Bestellung nicht ausführt und aus direkte Anfragen wegen neuer Auslagen Auskunft erteilt. Dadurch soll selbstverständlich der Verleger nicht verpflichtet werden, mit dem Inhalt seiner Auskunft über das hinauszugehen, was mit seinem Interesse vereinbar ist. Der Unterzeichnete Vorstand gibt sich der Hoffnung hin, daß es bei allseitiger Durchführung der vorstehend erwähnten viel seitigen Anregungen gelingen wird, einen großen Teil der Übel stände im Schulbüchergeschäst zu beseitigen, die sich gegenwärtig leider zum Schaden von Sortiment und Verlag herausgebildet haben und daß sich hierbei ein buchhändlerisches Gebrauchsrecht allmählich entwickeln wird, das später in der Verkehrsordnung festgelegt werden kann. Der Vorstand ersucht Sie um eine freundliche Mitteilung, ob Sie bereit sind, in Ihrem Kreise in der hier vorgeschlagenen Rich tung zu wirken, und die von ihm angeregten Maßnahmen ins Werk zu setzen. Leipzig, den 9. Mai 1910. Hochachtungsvoll Ter Vorstand des Börsenbereins der Deutsche» Buchhändler zu Leipzig Karl Siegismund, Erster Vorsteher. Tie Lchulbüchcrbörse. Bericht des Herrn G. Knothe in Hannover. Das Schulbüchergeschäst ist das reine Lotterisspiel! In dein einen Jahr verkauft der Sortimenter sozusagen Partien von einem Schulbuche, im andern Jahre von demselben Buche, obwohl das Buch noch gebraucht wird, rein gar nichts oder nur wenige Exem- plare. Die Folge davon ist, daß dem Sortimenter trotz au und für sich vorsichtiger Bestellung von vielen Schulbüchern nach Schluß des Schulbüchergeschästs eine Menge auf Lager liegen bleibt. Eine Bitte an den betreffenden Verleger, einen Prozentsatz des Bezuges zurücknehmen zu wollen, ist in den meisten Fällen erfolg los. Der Sortimenter läuft infolgedessen Gefahr bei dem schnellen Aufeinanderfolgen der Schulbücherauslagen, am nächsten Schul bücherturnus eine alte Auflage am Lager zu haben, die er wegen des Nichtbefolgens des preußischen und sächsischen Ministerial erlasses seitens der Schulen, unveränderte oder wenig veränderte Auflagen nebeneinander zu gebrauchen, nicht an den Mann bringen kann. Um diesem Übelstande abzuhelfen, ist es ratsam, vornehmlich in den Städten, in denen buchhändlerische Ortsvereine existieren, während der Schulbücherzeit eine sogenannte »Schulbllcher- börse« zu veranstalten, am besten am dritten Tage nach Schulansang. Darunter verstehe ich eine Zusammenkunft der Schulbücher führenden Sortimenter, in der der Sortimenter alle die Schulbücher kundgibt, von denen er eine große Anzahl übrig behalten hat oder von denen er annimmt, daß am nächsten Schul büchertermine sicher eine neue Auslage zu erwarten ist. Die an wesenden Sortimenter haben sich genau die Firmen zu notieren, die derartige Angaben gemacht haben. Jeder der betreffenden Sortimenter ist verpflichtet, vom nächsten Tage an bis zum nächst jährigen Schulbücherturnus von seinem Lager die von ihm ange gebenen Schulbücher^; um Nettopreise gegen bar dem darnach verlangenden Kollegen abzugeben. Findet das Haupt- schulbüchergeschäst zu Ostern statt, so ist kurz vor Michaelis eine kleinere »Schulbücherbörse« zu veranstalten, in der die Sorti menter die von den seinerzeit erwähnten Schulbüchern anzu- geben haben, die teils durch eigenen Verkauf oder durch Abgabe an die Kollegen absorbiert sind. Um nicht unnötige Wege beim Einholen der offerierten Bücher zu haben, empfiehlt es sich, wo heutigentags wohl jeder Buchhändler telephonischen Anschluß hat, vor dem Einholen telephonisch anzufragen, ob Betreffender noch bewußtes offeriertes Buch am Lager hat. Empsehlenswert ist ferner, daß die Handlungen, die aus diese Weise ihre Schulbücher schnell absorbiert haben, durch Rundschreiben den Kollegen das nunmehrige Fehlen der und der Bücher melden, damit man die betreffende Handlung in seinen Listen bei den betreffenden Büchern streichen kann. Die Erfahrung hat gelehrt, daß diese sogenannte Schulbücher börse sich vortrefflich bewährt hat und daß aus diese Weise das Schulbücherlager sehr reduziert werden kann. Ein Spesenaufschlag aus den Nettopreis ist keinesfalls zu empfehlen, da bei diesem Ver fahren eben jeder Schulbücher führende Sortimenter Nutzen haben kann. Es ist einleuchtend, daß in den Städten, in denen Ortsvereine existieren, durch den engeren Anschluß der Kollegen aneinander die Schulbücherbörse sehr leicht zu bewerkstelligen ist. In Städten, in denen keine Vereine existieren, ist das Verfahren auch zu em pfehlen. Vielleicht dürfte dies der Anfang sein, in solchen Städten, in denen sich heutigentags die verehrten Kollegen leider noch sehr oft der Konkurrenz wegen wie Hund und Katze gcgenüberstehen, diesem leidigen Zustande ein Ende zu machen! In Stadt Hannover ist die Schulbücherbörse schon seit vielen Jahren im Gange und funktioniert vortresflich. Es dürfte Wohl sehr selten Vorkommen, daß die Sortimenter Hannovers vom Beginn der Lieferungspslicht nach der Schulbllcherbörse an bis zum nächsten Schulturnus vom Verleger oder Barsortimenter ein Schulbuch verlangen.