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Norlunblntt für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend StchMndrwanjigstrr Jahrgang Verantwortliche Redactivn, Druck und Verlag von Ernst Ludwig Förster in PulSniy. Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und der städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. Erscheint: Mittwochs n. Sonnabend« früh 8 Uhr. NbonnementSpreis: Vierteljährlich 12Z Ngr.- auch bei Bestellungen durch die Post. Inserate werden mit 1 Ngr. für den Raum einer gespaltenen Corpus-Zeile berechnet und sind bis spätestens Dienstags und Freitags Vormittags 10 Uhr hier aufzugeben. Geschäfts st eilen . für Königsbrück: bei Herrn Kaufm. M Tschersich. Dresden: Annoncen bureau von C. Graf und Haasen stein L Bögler. Leipzig: Bernhard Freyer, Rudolph Mosse, Haasenstein L Voglers und Eugen Fort daselbst. Auswärtige Annoncen-Austräge von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung aus. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. ' ^int8dL»tte8. Mittwoch 4. November 1874 Bekanntmachung. Die für jeden Schulbezirk zu bestellenden Schulvorstände (8 24 ff. des Gesetzes vom 26. April 1873) sind nach § 70 der Ausführungsverordnung vom 25. August 1874 bis zum Schlüsse des Jahres 1874 zu wählen. Mit Bezug hierauf wird auf Folgendes aufmerksam gemacht: Die Wahl der Mitglieder der Schulvorstände — mit Ausnahme der in Z 25, tl. 2, 3, 4 des Gesetzes gedachten — erfolgt durch die Mitglieder der Gemeindever tretungen bez. der Schulgemeinden ans ihrer Mitte auf drei Jahre. (Vergl. auch § 26, Abs. 2 des Ges.) Die Zahl der hiernach zu wählenden Schulvorsteher, soll, ohne Hinzurechnung der Lehrer, sowie des Pfarrers bez. Ortsschulinspectors (ß 25, 2, 3, 4 und Z 29 des Gesetzes), mindestens vier und in der Regel nicht mehr als zwölf betragen. Sind mehrere bürgerliche Gemeinden, oder Gemeindctheile oder exemte Grundstücke zu einem Schulbezirke vereinigt, so haben sich die Betheiligten über das Ver- hältniß ihrer Vertretung im Schulvorstande vor der Wahl thunlichst zu vereinbaren. Gelingt dieß nicht, so ist Anzeige an die Bezirks-Schulinspection zu erstatten. Die Herren Gemeindevorstände des hiesigen Bezirks werden angewiesen, zunächst für die Feststellung der Zahl der Schulvorsteher in jedem Schulbezirke nach Obigem besorgt zu sein und den Erfolg bei Strafe spätestens bis zum 20 November I. anher anzuzeigen, worauf sodann wegen Vornahme der Wahlen selbst Anordnung ergehen wird. Kamenz, am 27. October 1874. Königliche B e z i r k s s ch u l i n s P e c t i o n. Schäffer. O. Flade. Auf Grund der Anzeige vom 1. und Registratur vom 29. vorigen Monats, ist heute auf dem die Firma Gottkold Gebler Lf Sohn in Bretnig betreffenden Folium 95 des Handelsregisters für den hiesigen Gerichtsamtsbezirk, der Fabrikant Herr Robert W>igand Gebler in Bretnig, als Mitinhaber dieser Firma eingetragen worden. Pulstnilz, am 2. November 1874. Das Königliche Gerichtsamt daselbst. Fellmer. Bekanntmachung. Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichtsamte sollen -en AO. Deeember 1874, die dem Schneider und Häusler Auguft Eduard Mockritz in Gottschdorf zugehörigen Grundstücke nämlich m, das Hausgrundstück Nr. 20 des Brandcatasters und Fol. 29 des Grund- und Hypothenbuchs, und b., das Kiefernhochwald-, Feld- und Wicsengrundstück Nr. 289, 290, 291, 292 des Flurbuchs und Fol. 102 des Grund- und Hypothekenbuchs für Gottschdorf, welche Grundstücke am 22. Juni 1874, ohne Berücksicktigung der Oblasten,H zu u auf 105« Lhlr -- -- zu st auf 150 Thlr. -- —- gewürdert worden sind, nachdem der frühere Ersteher derselben wegen Nichteinzahlung des Dritttheils der Erstehungssumme seines Erstehungsrechtes verlustig gegangen ist, anderweit nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängendeu Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Königsbrück, am 23. October 1874. Königliches G c r i ch t s a m t d a s e l b st. Meusel. Schm. Erledigt hat sich der unterm 6. dieses Monats hinter dem Ziegelstreicher Carl ^tuguft Pochert aus Lüttichau, von hier aus erlassene Steckbrief, durch Pochert's Aufgreifung. Königsbrück, am 27. October 1874. Das Königliche Gerichtsamt daselbst. Meusel. C. S. Die Anklageschrift gegen «Kullmann. Nachstehend veröffentlichen wir den Wortlaut der Anklageschrift gegen Kullmann, die in schöner und klarer Form ein anschauliches Bild der einzelnen Momente und der Psychologischen Motive seines ruchlosen Attentates gegen den Fürsten Bismarck darbietet. Die Anklage lautet: Das königliche Appellationsgericht zu Bamberg hat am 14. September 1874 gegen Eduard Kullmann, 21 Jahre alt, ledigen Böttchergesellen aus Neustadt-Magde burg, wegen Verbrechens des Mordversuchs auf eine Klage erkannt, denselben vor das Schwurgericht ver wiesen und die Abfassung einer Anklageschrift verordnet. Demgemäß erklärt der Unterzeichnete königl. Staatsan walt, daß aus der geführten Voruntersuchung folgende Thatsachen hervorgehen: 8 1. Am 4. Juli d. I. traf der deutsche Reichs kanzler Fürst v. Bismarck zum Curgebrauch in Kissingen ein und nahm dort seine Wohnung in dem am rechten Ufer der Saale, nördlich von der über diesen Fluß führenden Brücke gelegenen Hause des praktischen Arztes vr. Eduard Diruf jun. In den zu diesem Hause ge hörigen Hofraum gelangt man von der Straße durch eine Einfahrt. Mittags'zwischen 1 und 2 Uhr fuhr der Fürst regelmäßig nach dem Salinenbad, und zu dieser Zeit versammelte sich vor dem Hause täglich eine große Menge von Curgästcn und anderen Leuten, um den Fürsten zu sehen und zu begrüßen. Dies war auch am Montag, den 13. Juli der Fall. An diesem Tage ver ließ Fürst Bismarck gegen halb 2 Uhr in offenem Wagen seine Wohnung. Der Wagen war eben durch die Ein fahrt auf die Straße gelangt und hatte in der Richtung nach rechts gegen die Brücke eingebogen, als aus dem versammelten Publikum heraus ein junger Mann links an den Wagen hinsprang und aus einer Entfernung von 1 bis 1.2 Schritten, nach dem Kopfe des Fürsten zielend, eine Pistole abschoß. Glücklicherweise verfehlte zwar der Schuß sein Ziel, der Fürst hatte jedoch in äußerster Lebensgefahr geschwebt, denn die zweifellos scharfe Ladung war hart an dessen Kopf vorüber gefahren und hatte seine zum Gruß erhobene, nach dem Hute greifende rechte Hand gestreift. An dieser und zwar an der inneren Fläche der Handwurzel, zwei bis drei Centimeter von einander entfernt, fanden sich bei der im Verlaufe des Nachmittags vorgenommenen Wundbeschau zwei Verletz ungen, von denen die eine nach übereinstimmendem ärzt lichen Gutachten offenbar von einem Projectil herrührte, und es darf nicht unerwähnt bleiben, daß selbst diese Streifwunde, sofern sie nur bis .) Linie tiefer einge drungen, für den Fürsten sehr verhängnißvoll geworden wäre, daß in diesem Falle eine Verletzung der Palsader stattgefunden hätte. Die andere Wunde war durch den Anprall des brennenden Schießpfropfens verursacht. Außerdem zeigt sich noch, vermuthlich durch Steifen eines Pfropfens yervorgebracht, eine Verletzung an der linken Seite der Nasenspitze des Fürsten, und weiter im Gesichte waren an einigen Stellen schwarze Pünktchen — Pulver körner — bemerkbar. Die beiden erstbezcichneten Verletz ungen machten eine mehrwöchige wundärztliche Behand lung nöthig, und von deren Folgen war der Fürst selbst bei seiner Abreise von Kissingen am 12. August noch nicht völlig wieder hcrgcstellt. § 2.' Nach abgegebenem Schuß eilte der Attentäter rückwärts um den Wagen herum und suchte auf der rechten Seite desselben zu entkommen, wobei er die Pistole von sich warf. Während er an dem auf dem Bocke ge bliebenen Hofkutscher Sebastian Schund vorübersprang, versetzte ihm dieser einen derben Peitschenhieb. Darauf wurde er von mehreren der in hohem Grade entrüsteten und erbitterten Augenzeugen des ruchlosen Attentates festgehalten und durch die herbeigekommenen Sicherheits organe in das landgerichtliche Gefängniß zu Kissingen abgeführt. Dort gab er sich 'sofort als den Böttcher gesellen Eduard Franz Ludwig Kullmann aus Neustadt- Magdeburg zu erkennen. Er ist am 14. Juli 1853 geboren und der Sohn eines ganz unbemittelten Fisch händlers. Nach seiner Entlassung aus der Volksschule erlernte er bei dem Meister A. Welsch zu Neustadt-Magde burg das Böttcher Handwerk. Im Jan. 1872 begab er sich in die Fremde u. arbeitete an verschiedenen Orten, namentlich