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342 Deutsches Reich Pulsnitz, 26. Octbr. Nächsten Donnerstag, den 29. Octbr., beabsichtigt Herr Herrmann Reichmann auf hiesigen Schiebhause einen über seine in Asien, Afrika u. s. w. gemachten Reise einen Vortrag zu halten, welcher höchst spannend und interessant zu werden verspricht. Genannter Herr hat kürzlich im Dresdener Handwerker verein ebenfalls einen solchen Vortrag gehalten^ welcher, wie die „Dresdener Nachrichten" mittheilten, sehr bei fällig ausgenommen wurde. Wir glauben daher unsere Leser hierdurch noch ganz besonders aufmerksam machen zu müssen und verweisen im Uebrigen auf die im heutigen Blatte befindliche Annonce. Dresden. Der Vorstand der Dresdener Börse hat in der Bankgesetzfrage eine Petition an die kgl. Staats- regiernng gerichtet, welche mit folgender Bitte schließt: „Die sächsische Regierung wolle bei dem Bundesrathe des Deutschen Reiches auf Zurückziehung des jetzt chor- liegenden Bankgesetzentwurfes und Einberufung von Sachverständigen und Vertretern der Zettelbanken zur Aufstellung anderer, allen berechtigten Interessen Rechnung tragenden bankgesetzlichen Bestimmungen hinwirken even tuell wenigstens an dem mehrerwähnten Entwürfe die Modifikationen herbeizuführen suchen, die nach der Vor stellung dringend geboten erscheinen." — Mit Zugrundelegung einer von vr. Gerlach in Leipzig nach amtlichen Quellen erschienenen Schrift: „Die Dotationsansprüche und der Noth stand der evange lischen Kirche in Preußen", tritt die Magdeburger Ztg. mit Wärme sür die Befriedigung der gerechten Ansprüche der evangelischen Kirche ein. Im Jahre 1810 hob der Staat gegen Stein's Rath das ganze in liegenden Gründen bestehende, noch übrig gebliebene protestantische Gesammtkirchengut (die Revenüen sollen 8^ Millionen betragen) auf und übernahm dafür die Verpflichtung, für die kirchlichen Bedürfnisse aus Staatsmitteln „reich lich" zu sorgen. Daß dies nicht geschehen ist, während andererseits die katholische Kirche freigebig ausgestattet wurde, weist die genannte Druckschrift ausführlich nach, unter Hervorhebung der Thatsache, daß in der Monarchie, von Hannover abgesehen, 1020 Pfarrstellen unter 600 Thlr. Einkommen existiren. Wenn, bemerkt die Zeitung, dieser Nothlage nicht bald gesteuert wird, so werden bald sür Hunderte von evangÄischen Gemeinden keine Prediger mehr vorhanden sein. Berlin, 23. October. Der Kaiser wird ani 29. d. M. im Weißen Saal des kömgl. Schlosses den Reichs tag in Person eröffnen. Nachmittags gedenkt derselbe sich mit den königl. Prinzen von hier nach Blankenburg zu begeben, um an den beiden nächstfolgenden Tagen Hofjagden daselbst abzuhalten. Die Rückkehr nach Berlin erfolgt dann am 31. October Abends. Berlin. Die Ausgaben des Reichs-Jnvalidenfonds sind für das Jahr 1875 um fast 9 Millionen Mark geringer veranschlagt als für 1874, die Einnahme um 4 Millionen Mark höher, so daß gegen das Vorjahr eme Differenz zu Gunsten des Fonds von 13 Millionen Mark entsteht. Die Differenz zwischen Zinsen-Einnahme und Ausgabe beträgt jetzt nur noch ungefähr 4 Millionen Mark; es läßt sich mit ziemlicher Gewißheit voranssehen, daß in höchstens drei Jahren die Ausgaben so gesunken sein werden, daß sie aus den Zinsen gedeckt werden können. Berlin. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: „Man sollte im Allgemeinen glauben, daß es kaum noch eine Gegend der bewohnten oder unbewohnten Erde giebt, auf welcher französische Journalisten oder sonstige Agenten, nicht schon preußische Spio ne, Allianzen, Waffensendungen Heere, Flotten oder sonst dergleichen entdeckt hätten. Mit bewundernswerthcr Versatilität ist es dennoch einem algerischen Korrespondenten des „Journal des Dsbats" gelungen, fern im afrikanischen Wüstensande von einem Allianzvertrag zwischen Deutschland und Marokko flüstern zu hören. Dec Correspondent hat die Zeltgespräche der Beduinen nicht vergeblich belauscht, denn er kennt sogar den Wortlaut des Vertrag nach Paragraphen. Lciut Z 1 verpflichtet sich der Sultan von Marokko, den Algier am Nächsten belegenen Hafen an Deutschland abzutreten, ß 2: Ter Kaiser borgt dem Sultan „die nöthigen Millionen" und das erforderliche Personal, Offiziere und Ingenieure, um die marokkarische Armee zu organisiren und große Arbeiten ausführen zu lassen. § 3: Er verkauft dem Sultan 200,000 Chaffepots. Sobald die Armee in das Feld rücken kann, wird sie die algierische Grenze überschreiten, die Muselmänner werden sich je nach dem Fortschritt der Invasion erheben. — Nachdem einige Pariser Blätter unsere Artillerie einschließlich eines aä llvo erfundenen Artilleriedirectors nach Spanien ver pumpt haben, verpumpt der erfindungsreiche „Correspon dent aus Algier" unsere Ingenieure nach Marokko. Auffällig bleibt nur, daß sich noch kein Unterkommen sür die Ulanen gesunden hat, für welche man doch in Frank reich so viel — Interesse gezeigt." — In der Angelegenheit des Grafen Arnim hören wir, daß der Abschluß der Untersuchung voraussichtlich zu Anfang der nächsten Woche zu erwarten sein wird, nachdem der Untersuchungsrichter aus Paris von der Vernehmung des Botschaftspersonals zurückgekehrt ist. Personen, welche in diesen Dingen gut unterrichtet sein können, sind der Meinung, daß auch bereits in der nächsten Woche die Entlassung des Grafen Arnim aus der Haft erfolgen werde. Alan glaubt, daß diese Entlassung noch der Endlich öffneten sich die bleichen Lippen der Kranken. hinunter, auf welchem mehrere Kinder sich mit Spielen Hülfe des gnädigen Herrn sorgte, daß wir in unsern letzten Lebensjahren, wo wir nicht mehr zu arbeiten ver- Marthe hielt erschöpft inne. die Frankreich. St. zichtet. Die Bonapartisten und Orleanisten werden also fwckte es dann zu sich. erfolgt sei. Spanien. eme von der und mit seit das des Grafen zu willfahren und die Angelegenheit den Gerichten zu überweisen. Diese letztere Mittheilung wird uns auch von sonst gut unterrichteter Seite bestätigt, allerdings mit dem Hinzufügen, daß Graf Arnim sich außerdem noch persönlich in dieser Angelegenheit an den Kaiser gewandt habe, der aber hier erklärte, den: amt lichen Entwickelungsgang nicht vorgreifen zu wollen. — In der Nähe von Saarbrücken kam eine ein- „Meine gute Dörthe," hauchte sie, „ich werde nun bald bei meinem Alten liegen, auf dessen Grabhügel wir un Norden eine gemeinschaftliche Candidatur haben. — Der Carlisten-General Dorregarah und Graf Lazilla wurden, Ersterer in Nancy, Letzterer in Lille internirt. Der spanische Botschafter wurde davon in Kenntniß gesetzt. ' . zusammen, als es Frühling wurde, noch ein paar Kränze niedergelegt haben. Wie mein Alter, ehe er die Augen uns nach Gottes Willen trennen müssen, wieder daran erinnert. Nimm' es niit Dir und bewahre es wohl. Es sind ein paar Buchstaben nnd eine Krone darein ge stickt. Vielleicht kann es Dir dazu dienen, Deinen Vater, wenn er noch lebt, aufzusinden, denn cs ist nicht der vor der Eröffnung des Reichstages eintreten werde. Die heutige „Börsenztg." enthält eine längere Ausführung über die Vorgeschichte der Arnim'schen Affaire, welcher augenscheinlich authentische Mittheilungen zu Grunde gelegen haben. In derselben wird betont, daß Gras Arnim selbst nachdem er verschiedene Verhandlungen zwischen ihm und dem auswärtigen Amte wegen Herausgabe der Schriftstücke resultatlos verlaufen, die Entscheidung der Justizl ehörde in jener Angelegenheit gewünscht habe. Aus diesem Grunde habe der Kaiser, dem diese Ange legenheit vom auswärtigen Amte zur Entscheidung unter, breitet worden sei, die Ordre ergehen lassen, dem Wunsche und zwecklos, möglicher Weise sogar schädlich gewesen sein würde. Man habe Ursache, sich darüber zu freuen, daß die Abberufung des Ministers in der friedlichsten Weise zvor Wehmuth, daß sie kein Wort über die Lippen zu ! bringen vermochte. spännige Fuhre einen ziemlich steilen, sandigen Feldweg Die Alte reichte ihrem Liebling die abgezehrte Hand bat dann mit schwacher Stimme die Bäuerin, sie Dorothee allein zu lassen. Die Wärterin warf dem Mädchen einen Blick zu, da sagte: Sie macht es nicht mehr lange. Das junge edelherzige Mädchen zögerte keinen Augen blick, dem Ruft zu folgen. Sie beauftragte eine der auch. Und wenn ich meinen Chrstian da oben wieder sehe, tvas der liebe Gott mir wohl gewähren wird, da Sich an das Lager setzend, auf dem die Verblichene ruhte, weinte Dorothee lange still vor sich hin. Sie hatte gegründete Ursache zu dieser tiefen Be- trübniß. War sie jetzt doch zum zweiten Male Waise geworden, denn Marthe war ihr wahrhaft eine Mutter gewesen. Als ihre Thränenfluth sich etwas erschöpft, dachte sie an ihre Zukunft, die ihr jetzt in einem düsteren Lichte erschien. „Noch wenige Wochen," sagte sie zu sich selbst, „und Du mußt Alles verlassen, was Dir lieb und theuer war, woran Dein Herz mit den heiligsten Banden hängt. Die gnädige Frau, die Dich nur auf den Willen ihres SohneS auf dem Schlöffe behielt, sendet Dich hinaus in die Fremde, wo Du als Dienerin Dein Brot suchen sollst. Du wirst die lieben Fraulein, die Dich wie Ihresgleichen behandelten, Tu wirst Berthold, der immerdar die Liebe eines Bruders gegen Dich zeigte, vcrmuthlich nie wieder- Madrid, 22. Qctober. Die Carlisten haben nach! hier Angegangenen Meldungen die Provinzen Alicante; und Murcia verlaffen. Dou Alphons von Bourbon,! welcher einen neuen Versuch gemacht hat, über den Ebro i sationsgierigen Publikum hingeworfen wird, ist die Nach richt von einer „Concentration deutscher Truppen zwischen Metz und Straßburg." In Deutschland weih man nichts irgend einer ungewöhnlichen Truppenbewegung an Westgrenze des Reichs. Dienerinnen, dem Herrn Junker Berthold zu melden, aus welcher Ursache sie nicht bei dem Feste anwesend sein könne und verließ mit raschen Schritten das Schloß. Nach einer Viertelstunde stand sie an Marthe's Sterbe lager. Sie fand ihre Pflegemutter nicht allein. Eine rüstige Bäuerin die von dem Gutsherrn zu Marthe's Pflegerin beim Beginne ihrer Krankheit befohlen worden, war bei ihr. Die rothe Dörthe. Erzählung von I. Krüger. Fortsetzung aus Nr. 85. Eine bange Ahnung durchzuckte Dorothoe's Herz. Sie wußte, daß ihre treue Pflegemutter Marthe, beugte sich ans ihre Hand nnd weinte bitterlich. Wäre ihr eine rechte Mutter gestorben, ihr Schmerz hätte nicht aufrichtiger, nicht stärker sein können. Nach einer kleinen Weile bat Marthe: „Hebe mich etwas empor, liebe Dörthe" Das Mädchen that, wie die Alte gewünscht. Als Marthe nun aufrecht im Bette saß, deutete sic, Diese Ahnung bestätigte sich. Der Knabe meldete ihr, die alte Marthe sei gestern so schwach geworden, daß sie schwerlich noch Ende dieses Tages erleben werde. Ihr einziger Wunsch vor ihrem Tode wäre, ihre geliebte Pflegetochter noch einmal zu sehen und sie sterbend zu segnen. deren Mann schon vor einem Jahre gestorben, schon seit längerer Zeit bettlägerig war und fürchtete, schlimme Nachricht zu hören. Marthe und Dorothse sahen sich einige Augenblicke stumm an. Die Sterbende schien neue Kräfte zu Dem zu sammeln, was sic dem guten Kinde noch zu sagen beabsichtigte. Die Brust Dvrothoe's aber schwoll so „Und nun," versetzte die Kranke mit immer leiserem Tone, halte mir Deinen Kopf her, liebe Tochter. Ich will meine Hände — hilf' mir dabei — auf Deine schönen rothen Locken legen, wie ich immer beim Abend segen that, als Du noch ein Kind warst." Ihren Schmerz gewaltsam bekämpfend, kniete Doro thee an dem Sterbelager nieder, neigte das Haupt, faßte die Hände der alten Frau nnd führte sie so, daß sie ihr Haar berühren konnten. rechte Hand mit Miihe ansstreüend, auf den untern Theil der Bettdecke, wo ein etwas vergilbtes, aber England. London, 23. Octbr. Die „Times" bespricht die sauber gewaschenes Schnupftuch lag. „Da Alles, was ich besitze, dem gnädigen Herrn gehört," sagte sie, „so kann ich Dir Nichts hinterlassen, als dies Tuch da. Es war das Eigenlhum Deiner Paris, 22. Octbr. (K. Z.) Der Bonapartist de armen seligen Mutter. Sie hat in der letzten Stunde Paul veröffentlicht in Liller Blättern ein «chre.ben, sich damit den Angstschweiß vom Gesicht gewischt. Ich worin er auf seine Candidatur zu Gunsten Fievet's ver- habe cs in meiner Lade sür Dich aufbewahrt. Dann -aber bald darauf vergessen nnd mich erst jetzt, wo wir v»-, - Noch einmal leuchteten die Augen der Sterbenden vorzudrmgen, ist von den Regiernngslruppen zurnckge- ^ie geklärt auf. Ein letzter leiser Segcnsschimmer ent- wie;en und wird lebhaft verfolgt. . . - bebte ihrem Munde, dann zuckte sie zusammen. Ihr Madrid, -3. October, -der von dem General: bekam die Todtenfarbe. Sie sank zurück, um sich ^ban bei Bogarra geschlagene Carüstenchcf Lozano wied.r zu erheben nnd Dorothöe hatte nun eine mit mehreren Offizieren aus der Flucht m die Hande: zweite Mutter zu beweinen. der Regierungsbehörden gefallcu und soll wegen Zerstör- z Sie gestattete der Wärterin, die mehrere Rückte bei ung von Eisenbahnen und Todtung von 4 Eisenbahn-! der alten Frau gewacht und der Ruhe benöthigt war, beamten vor Gericht gestellt werden. sich niederzulegen. Name Deiner Mutter, den Du sehen wirst, Cie wird es wohl von dem Manne, der an ihrem Unglücke schuld, erfolgte Abberufung des englischen Geschäftsträgers beim > geschenkt bekommen haben." päpstlichen Stuhle nnd hebt dabei hervor, das, der Papst, i Wie sehr das Mädchen auch vom Schmerz über- obschon ihm mit aller gebührenden Ehrfurcht und Rücksicht! wältigt war, sie griff doch schnell nach dem Tuche, faltete begegnet werde, dennoch keine weltliche Macht mehr-es auseinander, drückte das einzige Erbthcil, was von besitze und daß die Unterhaltung eines besonderen Ge-° ihrer rechten Mutter ihr geblieben, an die Lippen und sandten bei der päpstlichen Curie'eine ähnliche Maßregel, """" wie die Stationirung des „Oronoque" in Civitavecchia, vergnügten. Bei der Annäherung des Wagens, dessen Führer aus irgend einem Grunde zurückgeblieben war,! wichen die Kinder aus bis auf eines von zwei Jahren,! welches ruhig weiter spielte. Was geschah? Das Pferd! schloß, Dir dankte, daß Du auch in dem vornehmen hielt, unmittelbar vor Lem bedrohten Kinde angclangt,-Hause uns eine gute Tochter geblieben, die dafür mit stille, wartete einige Augenblicke ab, bis das Kind sich-Hülfe des gnädigen Herrn sorgte, daß wir in unsern von selbst entfernen würde, griff endlich, als letzeres nicht letzten Lebensjahren, wo wir nicht mehr zu arbeiten ver- geschah, das bedrohte Geschöpfchen am Kleidchen und mochten, nicht zu darben brauchten, so thue ich das jetzt legte es zur Seite in eine Hecke, worauf das kluge Thier seinen Weg fortsetzte. Die Thatsache ist verbürgt. — Die „Deutschen- resp. Preußenfurcht" spukt schon ich immerdar rechtschaffen gelebt und seine Gebote be- wieder in den Köpfen der Franzosen. Es ist klar wie folgt habe, so will ich ihm erzählen, daß Du nach seinem die Sonne, daß Deutschland sich schon wieder mit Kriegs- Tode Deine Gesinnung gegen mich nicht geändert Haft." gelüsten trägt; preußische Agenten durchziehen Frankreich Marthe hielt erschöpft inne. Das-Mädchen aber und kaufen den französischen Nemonteoffizieren alle Pferdes vor der Nase weg, indem sie bessere Zahlungsbedingungen machen. So sucht nach Angabe des „Univecs" Preußen mit schlauer Berechnung die französische Cavallerie schon im Voraus todt zu machen und wenn es zum Kriege kommt, werden die französischen Cavalleristen zu Fuß ausreiten müssen. Ein anderer Brocken, der dem scn-