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RUmr blatt für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg imd Umgegend. Erscheint: Mittwochs u. Sonnabend« früh 8 Uhr. Abonnementspreis: Vierteljährlich 12^ Ngr., auch bei Bestellungen durch die Post. Inserate »erden mit 1 Ngr. für den Raun, einer gespaltenen Corpus-Zeile berechnet und sind bis spätestens Dienstags und Freitags Vormittags 10 Uhr hier aufzugeben. Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und der städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. StchsundMaMgflcr Jahrgang. - Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Ernst Ludwig Förster in Pulsnitz. GseschästSstellen für Königsbrück: bei Herrn Kaufm. M. Tschersich. Dresden: Annoncen bureau von C. Graf und Haasen stein <L Vogler. Leipzig: Bernhard Freyer, Rudolph Mosse, Haasenstein L Vogler und Eugen Fort daselbst. Auswärtige Annoncen-Aufträge von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Postcinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls aufgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. ckv« Sonnabend gl. SV. Juni 1874 Der bisher in Pulßnitz Meißner Seits aufhältlich gewesene, aus Grüngrabchen bei Königsbruck gebürtige Tagearbeiter Johann Gottfried Mattnfch, ist in hier gegen ihn anhängigen Polizeifachen zu vernehmen und demselben der Schluß der Untersuchung und Bescheid bekannt zu machen. Da hier nun so viel bekannt ist, daß sich Mattusch auf einem Rittergute in der Nähe von Dresden in Arbeit befindet, so wird derselbe hiermit öffentlich vor geladen, zu seiner Vernehmung beziehendlich zur Untersuchungsschluß- und Bescheidsbckanntmachung am L8. Juli 8874, Vormittags S Uhr, an hiesiger Gerichtsstelle sich einzufinden, und werden alle Polizeibehörden hierdurch ersucht, den rc. Blattusch im Betretungsfalle von dieser Vorladung in Kenntniß zu setzen und hierüber kurze Nachricht anher gelangen zu lassen. Pultznitz, am 20. Juni 1874. Das Königliche Gerichtsamt daselbst In Stellvertretung: Wolf, Assessor. Deutsches Reich. Pulsnitz, 25. Juni. Von ganz glaubhafter Seite wird uns die Mittheilung, daß Ihre Majestäten der König und die Königin von Sachsen auf ihrer Reise durch die Obcrlausitz auch unsere Stadt mit ihrem Besuche beehren und kurzen Aufenthalt hierselbst zu nehmen ge denken. Ihre Majestäten treffen am 8. Juli Vormit tags 10 Uhr 20 Minuten hier ein. — Vergangenen Dienstag, Abends in der 7. Stunde, Verunglückte der Zimmermann Müller von hier dadurch, daß er von dem Gerüste, welches behufs der Reparatur des Kirchenthurnies aufgestellt ist, herabstürzte und sich dadurch äußere und wahrscheinlich auch innere Verletz ungen zuzog. Ob diese Verletzungen lebensgefährlich sind, haben wir bis jetzt noch nicht in Erfahrung ge.racht. Bautzen. Neuerliche Fälle von Tollwuth der Hunde mahnen zur doppelten Vorsicht. Am 10. Jnni wurde Bautzen und Umgegend von einem Hunde geängstigt, welcher auf seinem Laufe alle ihm begegnende Hunde anfiel und mitunter gräßlich zusammenbiß. Für die Besitzer solcher gebißenen Hunde, welche dieselben nicht haben tödten lassen, ist die Nachricht wichtig, daß jener Hund dem Schänkwirth K. in K. gehört hat und im vorigen Monate von einem tollen Hunde gebissen worden War. In Schönbach hat sich am 20. und 22. Juni ein Jagdhund zweimal von der Kette gerissen und Vieh und Menschen verletzt. Er ist sodann erschossen worden. Bei der Section hat sich ergeben, daß auch dieser Hund mit der Tollwuth behaftet war. — Die Versammlung sächsischer Landwirthe findet am 2., 3., und 4., Juli d. I. in Verbindung mit der Versammlung des sächsischen Forsivereins zu Leipzig statt. — Herr Bürgermeister Hirschberg in Meißen erläßt im dasigen Tageblatt eine Erklärung, aus welch er hervor geht, daß Meißen seine Garnison verliert. Es liegt da selbst das 13. Jägerbataillon. Alle mündlichen und schriftlichen Verhandlungen mildem Kriegsministerium, eine von Seiten der Stadt zu Erkaufung einer Baustelle für eine Caserne verwilligte namhafte Summe rc., siild ohne Erfolg gewesen. Berlin. Das günstige Verhältniß zwischen der preußischen und dänischen Negierung hat cs gestattet, ein Fahrzeug unserer Marine zur Vertretung des Deutfchen Reiches bei dem tausendjährigen Jubiläum der Insel Island, welches in nächster Zeit gefeiert werden soll, zu entsenden. Die Fregatte „Niobe", der diese Mission zu gefallen ist, liegt zur Zeit auf der Rhede vor Kopenhagen und ist vom königl. dänischen Hofe mit ganz besonderer Aufmerksamkeit behandelt worden. Auch die Stimmung in der Bevölkerung zeigt nichts mehr von irgend welcher Erbitterung gegen Deutschland, denn in keinem der hier eingelaufenen Berichte wird Klage über unfreundliches Benehmen geführt.^ Außer der deutschen Marine wird bei der isländischen Mer vermuthlich nur noch die russische und schwedische Flotte vertreten sein. Berlin. Bezüglich der Expedition zur Beobachtung des Venus-Durchganges hat der Bundesrath beschlossen: 1) Bist den: von dem Executiv-Ausschuß der Commission zur Vorbcrathung der Beobachtung des Venus-Durch ganges im Jahre 1874 ausgestellten Organisativnsplane für die auszufendenden 5 Expeditionen sich einverstanden zu erklären und ausznsprechen, daß gegen den vorgelegten Kostenanschlag und Nachtrag eine Erinnerung nicht be stehe, unter dem Vorbehalte/ daß für jenen Kostenbetrag,' zu dessen Deckung die erforderlichen Mittel durch den Reichshaushaltsetat noch nicht genehmigt sind, die nach trägliche verfassungsmäßige Bewilligung durch Einstellung in den Reichshaushaltsetat für 1875 bewilligt werde; 2) dem Entwürfe eines Statuts der Commission für die Be obachtung des Venus-Durchganges die Zustimmung zu ertheilen. Die Commission besteht aus folgenden Mit gliedern: Prof. Lr. Argel ander in Bonn, Prof. Bruhns in Leipzig, Prof. Förster in Berlin, Director Rümkcr in Hamburg, vr. Schönfeld in Mannheim, Prof. Winnecke in Straßburg, sämmtlich Directoren der Sternwarten in genannten Städten; ferner aus den Astronomen der prcuß. Akademie der Wissenschaften, Prof. vr. Auwers in Berlin, und dem Universitäts-Professor vr. Seidel in München. Berlin. Der Gesetzentwurf, betr. eine gemeinsame Signal-Ordnung für sämmtliche deutsche Eisenbahnen, weicher im Neichs-Eisenbahnamt neuerdings ausgearbeilet wurde, ist jetzt vollendet und den deutschen Bundesregier ungen, so wie den Direktionen der deutschen Eisenbahnen zugescndct worden. Für den 29. d. M. hat der Präsi dent des Reichs-Eiscnbahnamtes eine Cvnfcrenz von De- legirten sowohl der Bundesregierungen, als auch der Eisenbahn-Directiouen ausgeschrieben, um diesen Gesetz entwurf einer gemeinsamen Berathung zu unterziehen. — Aus Obcrschlesien wird folgender interessante Fall gemeldet, welcher aus's Neue beweist, daß die nie dere katholische Geistlichkeit durchaus nicht immer mit der staatsfeindlichen Haltung der Bischöfe einverstanden ist. In einem dortigen größeren Jndustrieorte huldigt der Pfarrer offen dem Grundsätze, daß jeder Bürger, ob Katholik oder nicht, den Gesetzen des Staates gehorchen müsse. Da diese Pfarre mehr als 15,000 Seelen zählt, so stehen dem Pfarrer zwei Capläne zur Seite. Diese jungen Herren waren-empört über die nach ihrer Meinung schon fast ketzerischen Ansichten ihres Pfarrers und ver klagten ihm beim Fürstbischof Förster zu Breslau. Der Verweis sm den alte» Herrn blicb zwar nicht aus; aber der Pfarrer ließ seinen Capläncn diese Denunciation so entgelten, daß dieselben eine Versetzung anstrebtcn. Schon wollte der Bischof diese Versetzung verfügen, als der Pfarrer ihm entschieden erklärte er würde einen an deren Caplan nur dann annehmen, wenn dessen Anstellung nach den kirchengcsctzlichen Vorschriften erfolgte. Um dem ausznwcichen, ertheilte der Bischof den beiden Caplänen den Rath, sich mit ihrem Pfarrer zu vertragen, da er gegenwärtig keine andere Verwendung für sie habe. — Der Krimkrieg machte Napoleon in Europa populär, er stand damals auf der Höhe seiner Macht und seines Einflusses. Dem Drängen Napoleons gegen über war es für Preußen nicht ungefährlich, Frieden und Freundschaft mit Rußland zu halte». Bismarck war damals Gesandter am Bundestage in Frankfurt und wurde vom König oft nach Berlin berufen, er vertrat energisch die Politk des Friedens mit Rußland. Das nahm ihm der damalige französische Gesandte Moustier gewaltig übel und einmal ging er so weit, Bismarck zu sagen: „Diese Politik wird Preußen wiederum nach Jena führen!" — „Warum nicht nach Leipzig?" antwortete Bismarck auf der Stelle. — Kaiser Alexander hat Preußens Haltung im Krimkriege nie vergessen und hat ihr Mit seiner deutschfreundlichen Haltung 1866 und 1870 gedankt. — Der „Lachssang" in deP Weser bei Hameln ist in diesem Jahre besonders ergiebig, was man der vor vier Jahren künstlich gezüchteten Lachsbrut zuschreibt, Vor Kurzem wurde ein Lachs gefangen, der auf dem linken Kiemendeckel acht Brandringe führte. Man ist der Meinung, daß diese Ringe vermittelst eines heißen Instruments zur Zeichnung des Lachses gemacht wurden. Nach einem alten Privilegium sind die Bäcker zu Hameln berechtigt, nach Pfingsten 24 Stunden lang Lachse zu fangen. In diesem Jahre nun hatten diese Herren das Glück, 64 Stück von zusammen 687 Pfund Gewicht zu fangen. — Das Münchener „Vaterland" ist vor Entsetzen außer sich daß der Bischof Heinrich in Passau seinen Palast zur Feier dec Frohnleichnams-Procession neben anderen Flaggen auch mit dem „deutschen Reichszipsel", wie die Flagge mit den deutschen Neichsfarben titulirt wird, hat schmücken lassen. Das fromme Blatt nennt diesen Schmuck am Hause eines deutschen Bischofs geradezu eine herausfordernde Beleidigung gegen unsern Herrgott. — Man schreibt der „Köln. Volksztg." aus Berlin: „Die seit einigen Jahren in entsetzenerregender Weise um sich greifenden Morde und Tödtungcn, sowie insbesondere die durch den Gebrauch des Messers verübten Rohheiten nehmen mit jedem Tage mehr die Aufmerksamkeit des Publikums in Anspruch. Fragen wir uns, woher diese stete Zunahme der Verbrechen und besonders derjenigen gegen das Leben und die Sicherheit der Person, so muß — von den Zeitverhältnissen, den häufigen Kriegen ftc. abgesehen — dafür ohne Frage zu nicht geringem Theil auch die über alle Maßen milde Strafgesetzgebung ver antwortlich gemacht werden, um so mehr, als der Zeit punkt, zu welchem die Brutalität anfing, epidemisch zu werden, mit der praktischen Kenntniß des neuen Straf gesetzes Seitens des Publicums zufammenfällt. Es er scheint dringend geboten, daß die ohnehin unerläßliche Revision des Strafgesetzes auch diese Materie in's Auge fasse und einen Fehlgriff wieder gut mache, welcher der Gesellschaft verhängnißvoll zu werden droht." Frankreich. Paris, 22. Juni. (N.-A.) Die heutige Sitzung des Dreißiger-Ausschusses war äußerst stürmisch. Herr von Tartcron, welcher im Namen der Rechten die Wiederher stellung der Monarchie beantragte, erklärte, daß die Rechte weder von Republik, noch von Septennat sprechen hören wolle. Die Erbitterung zwischen der äußersten Rechten und dem rechten Cent'rum ist so groß, daß so wohl die Verwerfung der Republik, als des unpersön lichen Septennats, als der Monarchie fast unzweifelhaft erscheint. Die Veröffentlichung der Fusions-Geschichte in der „Times" hat noch Oel in's Feuer gegossen. — Der Herzog von Audiffret-Pasquier, der wegen der bedenk lichen Wendung der Dinge seine Badereise aufgegeben, hatte heute in den Couloirs des Parlamenthaufes einen heftigen Streit mit dem Herrn von Larci. Der Herzog droht mit der Stellung der Vorfrage über den Antrag auf Herstellung der Monarchie. — In Versailles war wieder einmal das Gericht von der Anwesenheit des Grafen Chambold verbreitet. — Die Heeresschau zu Longchamps am künftigen Sonntag soll zu Ehren des Herzogs und der Herzogin von Edinburg stattfinden. — Das heutige Begräbniß Janin's gestattete sich zu einer großen Feierlichkeit. Unter den Anwesenden radicalen Literaten wurden Victor Hugo und Laurent Pichat viel fach bemerkt. Dumas, CuviUicr-Fleury, Ratisbon vom „Journal des Debats" hielten die Leichenreden. Paris. Die Statistik der während der 1. Hälfte des Juni polizeilich bekannt gewordenen Selbstmorde in '.Paris zählt nicht welliger als 99 Fälle auf. Dabei