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R'ackcndlatt für Pulsnitz, KSnigsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg Md Umgegend Geschä eNen der Dreißigster Jahrgang Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. Buchdruckerei von ErnM Lubwig Förfler in PulSnitz. Verantwortliche Redaktion. Druck und Verlag von Paul Weder in PulSnitz. Erscheint: «tttwo»« und «annadend« früh 8 Uhr. «bonnementSpreiS: Vierteljährlich 1j Mark. »erden mit 10 Pfennigen für den Roum einer gespaltenen LorpuS- Zeil» berechnet u. sind bis spätestens Dienstag« und Freitags Vormittags « Uhr hier auffugeben. Kaufmann Königsbrück: i He M. Tschersich/ DreSde Annoncen - Bureau'S asenstein L ler, Jn- validendank, W. Saalbach.^Leipztg Rudolph Rosse, Haasenst L Vogler. Berlin: Tentralannoncenbureau für s ämmtliche deutsche Zeitunzen. Auswärtige Annoncen-Aufträge von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag beiliegen oder nicht. 14. September 1878. 74. Sonnabend. Bekanntmachung, die Feuerlöschprobe btr. ' Die diesjährige Feuerlöschprobe soll Montag, den 16 September 1878 abgehalten werden. Die gesammte feuerwehrpflichtige Mannschaft hiesiger Stadt hat sich an gedachtem Tage mit ihren Dienstzeichcn versehen Nachmittag» 5 Uhr auf hiesigem Marktplatz einzufinden und der Verlesung, sowie weiterer Anordnung gewärtig zu sein. Neuzugezogene Personen, die noch nicht im Besitz eines Feuerlöschdienstzeichens sind, haben solche bei Herrn Feuerlöschdirector Lehmann in Empfang zu nehmen. Unentschuldigtes Autzenbleiben oder Erscheinen ohne Dienstzeichen wird mit I Mark Geldstrafe belegt. Pulsnitz, am 9. September 1878. Der Stadtrat h. Schubert, Brgrmstr. Der deutsche Reichstag ist am 9. September im weißen Saale des köngl. Schloßes zu Berlin durch den Stellvertreter des Reichskanzlers, Grasen zu Stolberg, mit folgender Thronrede eröffnet worden: „Geehrte Herren! Im allerhöchsten Auftrage haben Se. kaiserl. und köngl. Hoheit der Kronprinz des deut schen Reiches und von Preußen mich zu ermächtigen ge ruht, im Namen der verbündeten Regierungen die Sitz ungen des Reichstages zu eröffnen. Als die letzte Session geschloffen wurde, befand sich das deutsche Volk noch unter dem Eindrücke der tiefen Erregung, welche ein gegen die Person Sr. Majestät des Kaisers gerichteterMordversuch hervorgerufen hatte. Schon wenige Tage darauf hat sich abermals und mit unheil vollerem Erfolge die Hand eines Verbrechers gegen das Oberhaupt des Reichs erhoben. Gottes Gnade bewahrte auch diesmal das Leben des Kaisers, aber die erlittenen schweren Verwundungen haben Se. Maj. genöthigt, bis zur völligen Genesung sich der Negierungsgeschäfte zu enthalten und die Wahrnehmung derselben Sr. kaiserl. Hoheit deni Kronprinzen zu übertragen. Schon nach dem letzten Mordanfall waren die ver bündeten Regierungen überzeugt, daß die Frevelthat unter dem Einflüsse von Gesinnungen entstanden sei, welche durch eine auf Untergrabung der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Agitation in weiten Kreisen erzeugt und genährt werden. Sie haben dem Reichstag den Entwurf eines Gesetzes vorgelegt, welches diesen gemeingefährlichen Bestrebungen ein Ziel zu setzen bestimmt war. Diese Vorlage wurde abgelehnt. Jetzt, da der Nation ein erneutes Verbrechen die dem Reich und der ganzen Gesellschaft drohende Gefahr mehr und mehr zum allgemeinen Bewußtsein gebracht hat, werden Sie, geehrte Herren, durch Neuwahlen zur Mitwirkung an der Gesetzgebung berufen, aufs Neue zu prüfen haben, ob das bestehende Recht genügende Handhaben zur Un schädlichmachung jener Bestrebungen bietet. Die verbündeten Regierungen haben ihre Ueberzeug- ung nicht geändert. Sie sind nach wie vor der Ansicht, daß eS außerordentlicher Maßregeln bedarf, um der weiteren Ausbreitung dieses Uebels Einhalt zu thun, und den Boden für eine allgemeine Heilung zu bereiten: sie halten Ebenso an der 'Auffassung fest, daß die zu wählenden Mittel die staatsbürgerliche Freiheit im All gemeinen zu schonen und nur dem Mißbrauch derselben entgegenzuwirken haben., mit dem eine verderbliche Agi tation die Grundlagen unseres staatlichen und Cultür- lebens bedroht. Ein von diesen Gesichtspunkten aus aus gestellter Gesetzentwurf wird Ihnen unverzüglich vorge legt werden. Die verbündeten Negierungen hegen die Zuversicht, daß die neugewählten Vertreter der Nation ihnen die Mittel nicht versagen werden, welche nothwendig sind, um die friedliche Entwickelung des Reiches gegen innere Angriffe ebenso sicher zu stellen, wie gegen äußere. Sie geben sich der Hoffnung hin, daß wenn erst der öffent lichen Ausbreitung der unheilvollen Bewegung ein Ziel gesetzt ist, die Zurückführung der Irregeleiteten auf den richt,gen Weg gelingen wird. Auf allerhöchsten Befehl und im Namen der Ver bündeten Negierungen erkläre ich den Reichstag für er öffnet. — In der ersten vom Alterspräsidenten v. Bonin (80 Jahre alt) geleiteten Sitzung im Reichstugsgebäude waren bereits 271 Mitglieder anwesend, d. h. mehr als in irgend einer der ersten Sitzungen früherer Reichstage, welche bekanntlich nur zu ost mit Beschlußunsähigkeit begannen. Man befaßte sich nur mit den vorbereitenden Schritten zur Konstituirung des Hauses. Die Wahl des Präsidenten wurde auf den 11. festgesetzt, uni den Frac- tionen Zeit zu lassen, um sieb über die Wahlen zu ver ständigen. Am Beginn der Sitzung brachte der Alters präsident v. Bonin ein Hoch auf den Kaiser aus, in das die sämmtlichen Anwesenden, mit Ausnahme des Social- democraten Liebknecht — die Abgg. Bebel und Fritsche hatten vorher den Saal verlaffen — kräftig einstimmteu. Zeitereignisse. Pulsnitz, 13. Sept. Die vom hiesigen Gewerbe verein vergangene Mittwoch arrang irte Excursion nach Großröhrsdorf Behufs Besichtigung einiger Fabriketa- blissements, hatte sich einer regen Betheiligung seiner Mitglieder und deren Frauen zu erfreuen. Nach kurzen, Aufenthalt in der Mittelschänke zu Großröhrsdorf wurde zunächst die Fabrik des Herrn W. Schurig, woselbst vorwiegend Schnürsenkel gefertigt werden, besichtigt; so dann verfügte man sich in die Etablissements der Herren Cornelius Boden und Reinhold Boden, um auch hier, bei Ersterem die Schnuren- und Bandfabrikation, bei Letzterem die Gurt- und Hosenträgerfabrikation in Augenschein zu nehmen, wozu die drei genannten Herren in höchst zuvorkommender Weise ihre Fabrikrävme den Besuchern geöffnet hatten. Später versammelte man sich im Restaurant zur „Griten Quelle" in Bretnig zum gemüthlicbcn Beisammensein und trat dann, sehr befriedigt über das Gesehene, den Heimweg wieder an. Königsbrück, 4. September. Herr Gencralstaatsan- walt Dr. v. Schwarze hielt heute hier vor seinen Wäh lern einen Vortrag über seine Stellung zu den wichtigsten Fragen, welche die nächsten Sessionen des Reichstages be schäftigen werden. In Bezug auf das Sozialistengesetz bemerkte Redner, daß dasselbe nur den Ausschreitungen der Socialdemokraten in Schrift und Wort, sowie in Vereinswescu entgegentreten solle, nie aber die gegebenen Freiheiten der Gesetz und Ordnung liebenden Bür ger beeinträchtigen werde und wolle. Auch auf dem Gebiete des Zollwesens und der gewerblichen Gesetz gebung seien Uebelstände zu beseitigen und namentlich in den, Gewcrbegesetz auf frühere wohlthätige Einricht ungen in, Lehrlings- und Gesellenwesen zurückzugreifen, um Sitte, Zucht, Ordnung und Fortschritt im Gewerbe wesen zur Ehre des Arbeiterstandcs zu erhalten. Durch Beseitigung der berührten Mißstände würde auch die Selbstständigkeit, Würde und Achtung Deutschlands vor allen Völkern gewahrt bleiben. Dl'ksdcn, 9. September. Unsere Garnison ist nun vollständig aus dem Cantonnement zurück, denn gestern rückte auch das noch fehlende Gardeceiter-Negiment ein. Die Entlassung der ausgedienten Mannschaften resp. Dis- positionsurlau'ber hat ebenfalls gestern stattgefunden. Allgemein wird von den Mannschaften die gute Aufnahme in den ihnen zugewiesenen Quartieren in der Chemnitzer Umgegend rühmend erwähnt, wie wiederum die Quartier träger mit seltener Ausnahme mit dem Verhalten der Leute zufrieden sein konnten. Ein Mißton störte nur, das war eine in Grumbach bei Hainichen bei Gelegenheit des Tanzes vorgckommene Schlägerei zwischen Infanterie und Reiterei (Ulanen), bei der es vielfach blutige Köpfe ge setzt hat. Die verwundeten Infanteristen sind, soweit thunlich, ins Lazareth, die gravirten Ulanen ins Gefäng- niß gebracht worden. Schwere Strafe wird Diejenigen treffen, welche sich an der militairischen Autorität vergiffen. — An den Rändern beschnittene Zwanzigmarkstücke coursiren gegenwärtig. Dieser Tage hatte ein Steuer erheber in Berlin ein solches in Zahlung bekommen. Bei der Kassenkontrole wurde die Beschädigung des Goldstücks entdeckt und stellte sich ein Defizit von 80 Pfennigen her aus. Ein Blick, ob die Schrift am Rande vorhanden, genügt zur Untersuchung der Vollgiltigkeit. — Wie bereits in Berlin, München und anderen Städten ist auch jetzt in Dresden dem Militär der Besuch einer Anzahl Vergnügungs- und Schank-Lokalitäten (eS heißt 36), in welcher die Sozialdemokraten viel verkehren, verboten worden. — In Meerane herrscht gegenwärtig eine gehobene Stimmung, da die Arbeit in jüngster Zeit ganz wesent lich zugenommen hat. Die dortigen Fabrikanten von halbwollenen Kleiderstoffen — die ein ganzes Heer von Arbeitern beschäftigen — sind mit so überaus reichen Aufträgen für das deutsche Geschäft versehen worden, daß schon Mangel an Arbeitern eingetreten ist. — In Reudnitz bei Leipzig hat sich ein neuer Verein unter dem Namen „Deutsche Treue" gebildet, dessen Hauptzweck es ist, den socialdemokratischen Bestrebungen energisch entgcgenzutretcn. Eine Reihe achtbarer Männer hat bereits ihren Beitritt erklärt. — Recht Erfreuliches wird aus dem sächsischen wie aus dem böhmischen Erzgebirge berichtet, als dort in diesem Jahre das Glück einer guten Ernte genossen wird und ^namentlich auch das Futter für das Vieh sehr reichlich gewachsen und eingeheimst ist. Ebenso verspricht die Kar- loffelernte einen reichen Ertrag. — Gegen die „Wanderlager" und „Wanderaucti- onen" richtet sich jetzt wieder eine lebhafte Agitation von verschiedenen Seiten, welche in Eingaben und Petitio nen theils an den Bundesrath, theils an das preußische Handelsministerium Ausdruck sucht. Die bezüglichen Vor stellungen beklagen eine Uebervortheilung des Publikums, eine Verbreitung werthloser, dem allgemeinen Bedürfniß nicht entsprechender Waaren und eine Verkürzung der Detailverkäufer und damit der gesammten Industrie. Sie fordern zur Abhülse der Uebelstände ein polizeiliches Verbot der Wanderlager, mindestens eine scharfe polizei liche Controle derselben und jedenfalls ihrer Heranzieh ung zu erhöhten Abgaben. — Es gehen diese Vorstellungen übrigens nicht nur von Vereinen für Zunftwesen rc., sondern