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ung derart zu vollziehen, daß sich eine gleiche Entfern ung für die russische Armee und die englische Flotte er gebe, indem man dabei die Zeit berücksichtigte, welche erforderlich sei, um die geräumten Positionen wieder einzunehmen. Die Pourparlers über die Räumung dauerten fort. Nach der hierüber erzielten Einigung werde die Vorkonferenz zusammentreten können, um das Programm für den Kongreß festzustellen. Der Zusammentritt des Kongreßes wiederum würde abhängen von dem Resul tate des Meinungsaustausches zwischen den Mächten über die Frage der Verträge. Auch das „Journal de St. Petersboürg" erwartet den baldigen Zusammentritt des Kongreßes, meint aber, der bloße Zusammtritt des selben sei noch keine Garantie für den Frieden. Es sei nothwendig, daß dem Kongresse ein umfangreicher und offenherziger Meinungsaustausch zwischen den Kabinetten vorangehe. Wenn das Londoner Kabinet zwar den Frieden wirklich wünsche, aber größere Vortheile sür England mittelst Einschüchterung Rußlands zu erreichen glaube, so ist dies ein gefährliches Spiel, welches nicht zum Frieden, sondern zum Kriege führen dürfte. Wenn aber Lord Beaconsfield's Demonstrationen den Krieg bezwecken, so müsse auf ihn die Verantwortlichkeit dafür gegenüber England und Europa fallen. Zeitereignisse. Pulsnitz. (Theater.) Wie umstehende Annonce besagt, nehmen die Vorstellungen im Schützenhause von Montag ab ihren Fortgang. — Nachdem es der Direc- tion Ball gelungen ist, mehrere hervorragende Mit glieder des Dresdner Residenztheaters für sein Unter nehmen zu engagiren, auch, wie man sagt, einige das Auge etwas beeinträchtigende Kräfte ausgetreten sind, so werden wohl von jetzt ab die Vorstellungen allen gerechten Wünschen entsprechen, die das Publikum mit Ausnahme der letzten Vorstellung nicht ganz realisirt fand. Daß tüchtige Kräfte auch bis dato mitgewirkt, ist nicht zu leugnen und dürfte der Montag Abend bei so gut gewählten Stücken ein recht interessanter werden. — Wir machen das Publikum auf diese wie folgende Vorstellungen ganz besonders aufmerksam und wünschen dem Unternehmen in der Form, wie es jetzt vor das Auge des Publikums treten soll, den besten Erfolg. Elstra. Für unsere Stadt wird die Einrichtung einer Telegraphenstation vorbereitet. Dresden, 22. April. Die „Dr. N." bemerken: „Mit Befriedigung werden es namentlich die kleineren Pro vinzialstädte des Landes, welche jetzt noch Sitze von Ge richtsämtern sind, vernehmen, daß sich Herr Justizminister Abeken immermehr der Ansicht anschließt, daß an das Einziehen der Gerichtsämter nur mit schonender Hand ge gangen werden soll. Dem Landtage dürfte bei seinem Wiederzusammentritte eine Eröffnung zugehen, die in der Hauptsache die vielfach in kleinen Städten über dieses Einziehen der Gerichtsämter gehegten Besorgnisse zerstreut. Irren wir nicht, so hat namentlich der Herr Minister des Innern, Herr v. Nostitz-Wallwitz, sich in diesem Sinne ausgesprochen." — In vielen ländlichen Distrikten findet sich auch in diesem Jahre die sogenannte „Wucherblume", welche bekanntlich auf den Feldern großes Unheil anrichtct, an einzelnen Stellen in bedeutend vorgeschrittener Ent wickelung vor. Einzelne Polizeiverwaltungen haben des halb auf's Neue an die Regierungspolizeiordnung vom 25. April 1876 erinnert, wonach die betr. Besitzer von Grundstücken verpflichtet werden, dieses Unkraut, bevor es zur Blüthe kommt, herauszunehmen und derart zu vernichten, daß es entweder 1 M. tief vergraben oder verbrannt wird. Mit dieser Vertilgung muß spätestens vom 1. Mai an begonnen werden. — Die Selbstverwaltung in den Landgemeinden und die damit gemachten Erfahrungen besprach am 8. Feb ruar in der Ökonomischen Gesellschaft im Königreiche Sachsen Herr Amtshauptmann von Bosse aus Meißen, und der sachkundige Vortrag des hierzu berufenen Redners wird durch den bereits erfolgten Druck (Dresden, G. Schönfeld's Verlag) belehrend und anregend wirken. Nach dem zunächst die Richtungen, nach welchen die Gemeinde- ordnung von 1873 jene von 1833 wesentlich erweitert, bezeichnet und besonders die Thätigkeit des Bezirksaus schusses als entscheidenden, berathcndcu oder verwaltenden Organs übersichtlich dargelegt worden, wendet sich der Vortragende zu den Erfahrungen, welche er meist selbst in 2 in ihrer Eigenartigkeit sehr verschiedenen Bezirken zu machen hatte. Daß die Einführung unserer Selbst verwaltung in eine Zeit fiel, wo die Anorderungen an persönliche und pecuniare Leistungsfähigkeit der Gemeinden ohnehin in stetem Steigen begriffen sind, mag gegen die so erwünschte neue Verwaltungsorganisation allerdings ebenso Abneigung veranlaßt haben, als der Umstand, daß solche wesentlich von den rechten Persönlichkeiten abhängig ist, diese aber oft mit Ehrenämtern überhäuft wurden. Dennoch traten die neuen Einrichtungen leicht und eifrig unterstützt in's Leben. Günstig hat sich die Uebung des Wahlrechtes für die Gemeindezwecke gestaltet; ebenso ist die Einigung zu Anlageregulativen meist zweck mäßig erfolgt und über die Mitwirkung des Laienelements bei der behördlichen Verwaltung öffentlicher Angelegen heiten wird Erfreuliches berichtet. Besonders bewährt sich das Institut der Bezirksausschüsse, zumal wo durch Uebertragungen, z. B. von Schanksachen, an die Amts- hauptmannschaft Ueberhäufung mit Berathungsgegen- ständen vermieden worden ist. Behinderungen in der verwaltenden Thätigkeit, namentlich wo Stadt und Land sich zu vereinigen haben, werden sich inimer mehr, wohl auch durch gesetzliche Vorkehrung, heben, wie dieselbe schon jetzt für Armenpflege und Wegebau besonders er sprießlich gezeigt hat. Praktische Vorschläge zu weiterer Förderung unserer neuen Organisation schließen die be- achtenswerthcn Ausführungen des Vortrages. Zittau, 20. April. Am Donnerstage früh wurde der Forstadjunct Stohe im Forsthaus Nr. 6 Petersdorf im Falkenberger Revier von Forstdiebcn in den Kopf geschossen und getödtet. Berlin, 20. April, vr. Bruno Mertclmeyer, Re dacteur des „Berliner Börsencourier" der wegen Maje- stätsbeleidigung zu 9 Monaten Gefängniß verurtheilt wurde, ist vom Kaiser begnadigt worden. — Der Bundesrath hat dem Anträge der preußischen Regierung auf Abänderung der 88 30 und 33 der Ge werbeordnung dir Zustimmung ertheilt. Die genannten Paragraphen handeln von der Konzessivnirung der Privat-Irren-, Entbindungs- und Krankenheilanstalten und auch von der Konzessionirung der Schankwirth- schasten. — Im vorigen Jahre fiel Ostern auf den 1. April, viel später, auf den 21. April, siel es in diesem Jahre und noch später, am 25. April, dem Tage des Evangelisten Marcus, wird es im Jahre 1886 begangen werden. Wir rücken also dem Weltuntergänge immer näher, den der berühmte französische Astrolog Notredame (Nostradamus) für das Jahr in sichere Aussicht gestellt hat, in dein Ostern auf den 25. April fallen würde. Es verlohnt sich daher gar nicht mehr der Mühe, daß sich England und Rußland in der kurzen Spanne Zeit von kaum 8 Jahren noch ernstlich in die Haare ge- rathen. — Die französische Negierung hat beschlossen, es dem kaiserlichen Prinzen nicht zu gestatten, während der Weltausstellung nach Paris zu kommen. — Als ein für die jetzigen volkswirthschaftlichen Zu stände Frankreichs charakteristisches Symptom hebt der Brüsseler „Nord" die Thatsache hervor, daß Frankreich nunmehr definitiv das Regime des Defizits überwunden hat, mit welchem es seit 1840 kämpfte. Die Etats von 1875 und 1876 sind jetzt vollständig beglichen; beide haben einen Einnahmcüberschuß ergeben. Aber noch mehr. Das französische Budget ist nicht nur in die Aera der Ueberschüsse getreten, sondern man hat auch bereits den ersten Schritt zur Steuerherabsetzung thun können. Natürlich gehen Regierung, wie Volksvertretung nur mit äußerster Behutsamkeit nach dieser Richtung hin vor, dennoch aber haben sie keinen Anstand genommen, die erst im Jahre 1872 eingeführte Besteuerung der Ordinairfrachten wieder auszuheben, wobei nicht über sehen werden darf, daß der Staat im Verlause dieser 6 Jahre seine enorme Schuld an die Bank von Frank reich fast gänzlich zurückgezahlt hat. Das System, ver mittelst dessen die Franzosen ihre staunenswerthen Fi nanzresultate erzielen, ist das beinahe bis in seine äu ßersten Konsequenzen ausgebildete System der indirecten Steuern. — Von der Pariser Weltausstellung. Die „Korr. Havas meldet: „Gegenwärtig herrscht die größte Thätig keit auf dem Marsselde. Die Arbeiten für die Welt ausstellung werden bei Tag und Nacht fortgesetzt; am Tage arbeiten 7800 Arbeiter, 2000 oder 3000 führen die Nachtarbeit aus. Fast überall bedient man sich des elektrischen Lichtes, das keine Feuersgefahr bietet und alle anderen Beleuchtungsarten an Helle übertrifft. In den den Ausstellungspalast umgebenden Gärten sind die Gasleitungen schon gelegt und die Gasflammen werden allabendlich angezündet. Die Malereien und Ausschmück ungen der inneren Galerieen sind fertig, die Schau schränke aufgestellt und mit Glasscheiben versehen, und viele Aussteller sind mit ihren Auslagen weit vorge schritten. Viele werden die letzten Tage abwarten, da 12 oder 24 Stunden für die meisten Gegenstände eine genügende Zeit zur Auslage sind. Die ausländischen Ausstellungen scheinen zum größten Theile weiter vor geschritten als die französischen. Namentlich ist es die englische, die mit überraschender Schnelligkeit eingerichtet wird; die Auslagen und die Auslagestellei: sind fast überall beendigt; die Waaren fließen in großen Massen zu. Von den ausländischen Ausstellungen ist sie die größte und wird wohl auch vor allen anderen fertig da stehen. Am Donnerstag übergab das Generalkommiffariat den Salon der deutschen Kommission. Deutsche Arbeiter machten sich daran, den Saal einzurichten. Die schon bestehende Decoration wurde entfernt, um durch eine neue ersetzt zu werden. — Die Zeitschrift des landwirthschastlichen Vereins für Rhcinpreußen berichtet von einer argen Verfälschung von Leinkuchen, welche die Versuchsstation Königsberg ans Licht gebracht. Es waren dieselben aus Rußland bezogen und mindestens mit 25°/« Moorerde versetzt, der eisenhaltige Aschengehalt eines solchen Kuchens be trug 24°/«; gute Leinkuchen dürfen davon nur 7—8°/« enthalten Außerdem befand sich darin auch noch eine Menge von Samen des Knöterichs (koligonum laxati- tvlium.) — Fürst Bismarck wird an: 23. Abends, also ge rade zun: Wiederbeginn der Reichstagsarbeiten, hier er wartet; man glaubt, daß er Berlin vor dem Schluffe der Session nicht verlassen wird. Ueber den Eintritt des Grasen zu Stollberg-Wenigerode in sein neues Amt als Vizepräsident des preußischen Staats- Ministeriums verlautet gar nichts; man sagt, der Stand der orientalischen Frage mache sein Verbleiben auf dem Wiener Botschaftsposten noch nothwendig. — Die „Jndep. beige" erwähnt des Gerüchtes der doppelten Abdankung des Königs und des Kronprinzen von Holland zu Gunsten des Prinzen Heinrich (des künf tigen Gemahls der Prinzessin Marie, Tochter des Prinzen Friedrich Carl von Preußen.) — Vom Stadtgerichte zu Berlin wurde kürzlich ein Briefträger, welcher einen Brief, den er vier Treppen hoch bestellen sollte, aus Bequemlichkeit zerrissen hatte, zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt. — Wie wir erfahren, ist der Gedanke an eine Statthalterschaft des Kronprinzen in Elsaß-Lothringen in Regierungskreisen eingehend erwogen worden, es sind diese Erwägungen indessen noch keineswegs zum Ab schlusse gelangt. Von den nächstbetheiligten Personen sollen der Kronprinz und der Reichskanzler dem Projekte bedingungsweise nicht abgeneigt sein. Der Reichskanzler sähe sich dadurch von der Verantwortlichkeit für die Ver waltung der Reichslande entlastet. Für diesen Fall würde die Verantwortlichkeit auf ein Ministerium über tragen werden, welches an die Stelle des jetzigen Ober präsidiums in Straßburg zu treten hätte und dessen Chef als Bundesrathsmitglied vor dem Reichstage er scheinen müßte. Fraglich bleibt es jedoch, ob durch eine derartige Einrichtung das Neichskanzleramt sür Elsaß- Lothringen beseitigt werden könnte. In den stattgehabten Pourparlers ist auch davon die Rede gewesen, ob die Statthalterschaft des Kronprinzen, mit vorübergehendem Aufenthalte in Straßburg, für eine längere Reihe von Jahren in Aussicht genommen werden und alsdann von seinem Sohne fortgesetzt werden soll. Der Kaiser soll den Wunsch ausgesprochen haben, daß der Kronprinz für den Fall der Ausführung des Projektes am Sitze der Centralregierung in Berlin bleibe. — Es bestätigt sich, daß ein neuer Reichseisenbahn- Gesetzentwurf bereits fertig vorliegt, welcher der gemein schaftlichen Arbeit eines Vertreters des Reicyseisenbahn- amts und eines solchen des Handelsministeriums ent stammt. Es ist jedoch noch fraglich, ob das Reichseisen bahnamt als solches oder die preußische Regierung den Entwurf beim Bundesrathe einreichen wird. Wie wir hören, war seitens des preußischen Handelsministeriums der Geh. Regierungsrath Breseld mit der Ausarbeitung des Entwurfs betraut und ist die Annahme begründet, daß, wenn es demselben möglich gewesen ist, dem Ent würfe den Stempel seiner Mitwirkung aufzudrücken, ein für die Gesetzgebung nicht ganz unbrauchbares Substrat geliefert worden ist. Herr Brefeld war der Verfasser des Gesetzentwurfs, betreffend den Uebergang des preu ßischen Eisenbahn-Interesses an das Reich. — Der internationale Telegraphen-Kongreß sollte nach den ergangenen Einladungen am 1. Juni in Lon don stattfinden. Wie wir hören, hat jetzt die englische Regierung den betheiligten Staaten den Vorschlag unter breitet, die Konferenz auf den Monat Juni des nächsten Jahres zu verschieben. In der Motivirung dieses ihres Antrages weist die englische Regierung darauf hin, daß die sehr wichtige und entscheidende Frage wegen der Tarifreform noch nicht gründlich erwogen sei, anderer seits würden mehrere maßgebende Persönlichkeiten, welche auch an dem am 1. Mai in Paris beginnenden inter nationalen Postkongreß theilnehmen, sich an den Ver handlungen in London nicht betheiligen können, da der Pariser Kongreß wohl schwerlich seine Arbeiten bis An fangs Juni beendet haben wird. Die politische Lage dürste wohl hauptsächlich die englische Negierung zu ihrem Entschlusse veranlaßt haben. Der internationale Telegraphenkongreß wird daher erst im Juni 1879 in London stattfinden. — Die Pforte hat die Nachricht erhalten, daß acht muselmännische Dörfer, in denen Suleiman Pascha eine türkische Truppenabtheilung mit Kanonen und Gewehren auf seinem Rückzüge zurückgclaffen habe, von Bulgariern angegriffen worden seien. Es hätten mehrere Gefechte stattgefunden, die Russen hätten die Kämpfenden ver gebens auf den in San Stefano abgeschlossenen Frieden hingewiesen und jetzt von Adnanopel Verstärkungen zur Herstellung der Ruhe verlangt. — Mukhtar Pascha ist zum Minister der Artillerie ernannt worden, von Reouf Pascha und Osman Pascha heißt es, daß sie zu Gou verneuren entfernter asiatischer Provinzen ernannt werden würden. Die türkischen Journale betrachten das neue Ministerium als ein der Beobachtung der Neutralität zuneigcndes. — Der englische Botschafter Layard ist von Jsmid zurückgekehrt, der russische Gesandte in Athen ist in Stambul angekommen. Berlin, 24. April. Die Verfügung, mittelst welcher die preußische Regierung die seit Neujahr bestandene Be schränkung des Rohleinenverkehrs an der preußisch-öster reichischen Grenze theilweise aufgehoben hat, muß, wenn gleich man es in Oesterreich nicht eingestehen mag, geradezu als eine Wohlthat für die österreichische Grenz bevölkerung bezeichnet werden. Aus offiziellen Berichten ist zu entnehmen, daß seit jener „Beschränkung" der Roh- leincnverkehr beinahe gänzlich aufgehört hat und trotz der Kürze der Zeit eine recht traurige Wirkung auf die Verhältnisse der betreffenden österreichischen Bevölkerung auszuüben im Stande war. Sicherlich wird das auf die preußische Grenzbevölkerung seine Rückwirkung nicht ver fehlt haben. Man konnte auf solche Weise einen Vor geschmack davon gewinnen, wie sich die Dinge gestalten würden, wenn der Handelsverkehr zwischen den beiden Nachbarstaaten keine sreundschastliche Regelung erführe. — England läßt sich augenscheinlich seine Rüstungen,