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dürfte kaum an die Rumänen erfolgen. Mehrere ru mänische Regimenter von den: Belagerungscorps dieser Festung find bereits nach Rumänien zurückmarschirt. — Wien, 19. Februar. Die heutige Beantwortung der Orient-Interpellationen im Neichsrath wurde laut los angenommen. Die Erklärungen des Ministers machten durchaus keinen guten Eindruck. — Wie das „Tagblatt'' erfährt, machten die türkischen Delegirten enorme Schwierig keiten. Sie erklärten angeblich dem General Jgnatieff daß sie weder die von Rußland beanspruchte geogra phische Abgrenzung Bulgariens, noch die verlangte Selbst ständigkeit des bulgarischen Territoriums'annehmen könnten, was um so mehr überraschen mußte, als diese Punkte bei Aufstellung der Friedensbase von der Türkei rückhaltslos zugestandcn worden waren. Die krieger ischen Pester Zeitungen drohen damit, daß Oesterreich Ungarn binnen 20 Tagen an jeder seiner Grenzen über 000,000 Soldaten aufzustellen vermag. — Zufolge An ordnung soll Widdin nicht den rumänischen, sondern den russischen Truppen überliefert werden. Zeitereignisse. PulSnitz. Am 21. d. M. als dem Todestag des Bildhauers Ernst Rietschel, des größten Mannes, den die Stadt geboren, hat sich unser Rathscollegium unter dem Vorsitze des Herrn Bürgermeisters Schubert als Co- mitee constituirt, um im Verein mit dem Stadtverordneten- Collegium die Errichtung eines Denkmals für den großen Meister in hiesiger Stadt herbeizuführen. Kamenz, 18. Feb. (K. W.) Nunmehr in der Lage, über die in vor. Nr. von Pulsnitz aus gemeldete Er langung von zeitweiligen Nacht-Extra-Zügen von Dres den hierher vervollständigte Mittheilung zu machen, ist darüber Folgendes nachzutragcn: Der Stadtrath von Kamen; hatte damals die Initiative ergriffen, indem der selbe ein Gesuch an die k. Generaldirektion der Staats eisenbahnen richtete und dieses Gesuch Behufs Anschluß an den Stadtrath zu Pulsnitz, den Gemeinderath zu Großröhrsdorf und den Gewerbeverein allhier abschrift lich mittheilen ließ. Natürlicherweise erfolgte der An schluß bereitwilligst und es fand das Gesuch in der in vor. Nr. gemeldeten Weise Genehmigung. Der Erfolg des Gesuches erregt viel Freude und es ist mit ziemlicher Bestimmtheit eine erwünschte Frequenz dieser Extrazüge zu erwarten. Zunächst ist nunmehr den Gewerbever einen von Kamenz, Pulsnitz und Großröhrsdorf in die Hand gegeben worden, sich über die geeigneten Tage zu diesen Zügen zu verständigen und das Resultat dazu mitzutheilen. — Ein weniger befriedigendes Resultat er gab das vom hiesigen Stadtrath an die Generaldirektion gerichtete Gesuch: „daß bei Feststellung des nächsten Sommerfahrplanes der jetzige letzte resp. Nachtzug von Dresden auf eine gelegenere spätere Nachtstunde gelegt werde." Die Generaldirektion lehnte dasselbe unbedingt ab, weshalb eine nochmalige gemeinsame Vorstellung der drei Ortsvertretungen erfolgte, worauf eine Bescheid ung noch nicht eingegangen ist. Bischofswerda, 19. Feb. Als am Sonntage der gegen r/«5 hier eintreffende Personenzug sich dein Bahn hofe näherte, wurden die Passagiere eines Wagens 4. Classe plötzlich durch eine heftige Detonation erschreckt und der aufsteig nde Pulverdampf sowohl als auch der Umstand, daß einer der Reisenden stark an der Hand ein anderer nicht unbedeutend im Gesicht blutete, gab Veranlassung, daß die übrigen Niitreisenden sich sofort einer Revision unterzogen. Nach Ankunft des Zuges erklang deshalb aus jenem Wagen der Angstruf, daß in demfelben mit einem Revolver geschossen und 2 Per sonen verletzt seien. Die so sofortige Untersuchung er gab, daß einer der Passagiere Dynamitzündhütchen in der Westentasche zusammengesteckt hatte, welche beim Herausholen eines solchen sich entzündet und dadurch die Explosion der Zündhütchen herbeigeführt hatte. Dem armen Manne, Namens Gnauk aus Seeligstadt, waren die Fingerspitzen der linken Hand zerrissen und beson ders der Daumen arg beschädigt, auch die linke Seite in der Nähe der Westentasche verbrannt, so daß sich dessen Unterbringung im Krankenhause nothwendig machte. Der andere im Gesicht durch die Kupfersplitterchen nur leicht beschädigte Passagier setzte seine Reise mit nächsten: Zuge weiter fort. . Dresden. DäS köngl. sächs. Hauptstaatsarchiv hat für gewisse Epochen des 30-jährigen Krieges so große Wichtigkeit, daß der Geschichtsschreiber Anton Hindely in der Vorrede des zweiten Bandes seiner Geschichte des 30-jährigcn K^eges behauptet, daß keine europäische Regierung die auf diese Epoche bezüglichen Dokumente mit solcher Sorgfalt gesammelt und aufbewahrt habe, wie die sächsische. Das hiesige Archiv giebt darum über die vielen Vorkommnisse, die noch in Dunkel gehüllt sind Aufklärung. — Nächstens erscheint hier eine Brochüre über das Äeußere und Innere des Dresdner Hostheaters von dem Archidekten Gurlitt, deren Reinertrag zu einen: milden Zwecke bestimmt ist. Berlin, 19. Februar. Im königlichen Schlosse voll zog sich in den Abendstunden des gestrigen Tages ein feierlicher Akt, an welchem das preußische Volk den freu digsten und herzlichsten Antheil nahm, die Vermählung der Prinzessin Charlotte mit den Erbprinzen von Sach sen-Meiningen und der Prinzessin Elisabeth mit dem Erbgroßherzog von Oldenburg. Zwei Prinzessinen aus dein mächtigsten deutschen Fürstenhause, die eine Enkelin des Kaisers und Tochter des Kronprinzen, die andere Tochter des Prinzen Fried rich Karl reichten in dieser Stunde die Hand zwei der einst zur Herrschaft iu ihren Staaten berufenen deutschen Prinzen zum Bunde für's Leben. Kein politisches Interesse hat zu diesen Verbingd- ungen geführt, nur die reinste innigste Herzensneigung. In dem Schooße glücklichsten und schönsten Familienle bens erzogen, bringen die jugendlichen Prinzessinnen ihren Gatten alle Tugenden zu, welchen das Haus des Herr schers wie des Bürgers und den Heerd des Aermsten und Niedrigsten verschönern: Muster von Zucht und Sitte, doppelt werthvoll in einer Zeit, in welcher alle Grundlagen der Gefcllschast und der Familie stürmisch bedroht werd:::. Möge Gott den Neuvermählten Glück und Segen im reichsten Maße verleihen und möge es dem kaiserlichen Paar, welches so reichen Segen um sich erblühen sieht, vergönnt sein, sich noch lange an dem Anblick des jungen Glückes za freuen. — Am 18. d. Ak. begannen vor dem Stadtschwur gericht zu Berlin die Verhandlungen gegen den 22-jähr igen Tifchlergesellen Gustav Hermann Thürols aus Burg bei Jena, der des versuchten Raubmordes gegen den Briefträger Killmer, sowie des Raubmordes gegen die Witwe von Sabatzky und gegen den Arbeiter Lude an geklagt ist. Der Andrang der Menge vor den: Gerichts gebäude war ein riesiger; es bedurfte einer großen Po lizeimacht, um die MMe in Fluß zu erhalten. Es sind in: Ganzen 82 Zeugen geladen worden, darunter 2 ge nerelle Zeugen, 5 in dem Falle Killmer, 33 in dem Falle Lude, 33 in dem der Sabatzky und 5 Aerzte. Der Ange klagte bekennt sich in dem Killmerschcn Falle schuldig; aber er habe den Briefträger nicht tödten, sondern nur betäuben und berauben wollen. In den beiden andern Fällen will der Angeklagte unschuldig sein. — Wie in Bundesrathskreisen angenommen wird, dürften mindesten noch acht Tage vergehen, bis die Vor lage betreffend die Stellvertretung 'des Reichskanzlers an den Reichstag gelangt, da die Ausschüsse aus die Erstattung eines schriftlichen Berichtes an das Plenum des Bundesrathes nicht verzichten werden. Bei den weiteren Verhandlungen in den Ausschüssen handelt cs in erster Linie um Anträge, welche eine Erweiterung des Kreises derjenigen Neichsämter bezwecken, an deren Chefs die Stellvertretung des Reichskanzlers übertragen werden kann Bei der Berathung in: Reichstage dürste die Frage der Errichtung eines besonderen Reichsschatzamtes rind die Stellung der Ressort-Chefs dem Reichskanzler gegen über den ersten Platz einnehmen. — Der Bundesrath hielt vorgestern eine Plenar sitzung unter Vorsitz des StaatSministers Hofmann. Nach den einleitenden Geschäften folgte die Mittheilung des Reichstages bezüglich des Antrages Bürgers wegen Be- nachtheiligung des freien Gewerbebetriebes durch ge werbliche Gefangencnarbeit. Dieser Beschluß, sowie Vorlagen betreffend den Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit Nahrungsmitteln u. s. w.; eine Denk schrift über die Verhandlungen wegen Abschluffes des österreichischen Handelsvertrages und die Uebersicht der Betriebsergebnisse der deutschen Staatseisenbahnen im Jahre 1876 wurden den Ausschüssen überwiesen. Nach Erledigung einiger Anträge der Pensionsverhält nisse und Besetzung der Stellen bei der Disziplinarkammer gelangte zur Verhandlung die Vorlage über die Er- sparniffe an Verpflegungsgeldern für die Okkupations- truppen in Frankreich, ferner gelangte zum Abschluß die Vorlage wegen Abänderung der Gewerbeordnung und über Gewerbegerichte, «sowie ein Antrag über die Feststellung des Feingehalts der Gold- und Silberwaaren und der Antrag über Vertheilung des Zinsertrages aus der französischen Kriegskostenentschädigung vom 1. Januar 1876 bis 31. Mürz 1877. Schließlich wurden laufende Geschäfte erledigt. — Die Berathung der zustehenden Bundesrathsuusschüsse über die Stellvertretungsvorlage währte vorgestern Mittag 1 llhr bis Nachmittags 51/2 Uhr ohne zum Abschluß zu gelangen. Außer den er wähnten Anträgen des Referenten und Korreferenten lagen noch von verschiedenen Seiten neue Anträge vor, die nun erst feggestellt werden und abermals zur Kennt- nißnahme der Negierungen gebracht werden sollen. — Die schon wiederholt in Aussicht gestellte Außer kurssetzung der Sechstelthalerstücke wird nunmehr wirk lich erfolgen. Dem Bundesrathe ist soeben der Entwurf einer hierauf bezüglichen Verordnung zugegangen, deren Publication in nächster Zeit erfolgen wird, da die for melle Einziehung bereits mit den: Monat März ihren Anfang nehmen und möglichst innerhalb dreier Monaten beendet sein soll. — Seit Aufrichtung des deutschen Reiches haben die Deutschen nicht mehr vor Engländern, Fianzosen und Russen das bedenkliche Vorrecht, in der Fremde beraubt und todtgeschlagen werden zu dürfen, ohne daß ein Hahn danach kräht. Die Chinesen, die voriges Jahr einen schleßwig - holsteinischen Schiffskapitain ermordeten, haben trotz alles Sträubens auf Drängen der Reichs regierung 10,000 ^! abschäglich an die Witwe zahlen müssen. — Der Reichsanzeiger schreibt: Im Verfolg der neulichen Mittheilung über die Wiederaufnahme der russischen Dampsschifffahrt auf dem schwarzen Meere wird jetzt amtlich gemeldet, daß Sonnabend den 23. d. früh ein Passagierdampfer von Odessa nach Konstan tinopel abgehen wird." Wien, 19. Feb. Das Conclave ist gestern Abend 6^ Uhr geschlossen worden, nachdem sich die Cardinäle, die Ordensobecen und der Gouverneur des Conclave von dcm Verschlusse der Ausgänge überzeugt hatten. ES sind 61 Cardinäle anwesend; die Cardinäle Mac Closkey und Moraes Cardoso werden noch erwartet. Der Car dinal und Erzbischof von Rennes Proffais, wird wegen Krankheit an: Conclave nicht theilnehmen. Die Cardi- nälc werden sich täglich um 10 Uhr Vormittags in der Sixtinischen Capelle zum Scrutinum versammeln, Nach mittags 4 Uhr findet ein zweites Scrutinium statt. — Der „Fanfulla" zufolge hätten sich die englischen Cardi näle Cullen und Howard über das Auftreten Mannings mißbilligend ausgesprochen. Rom, SO. Februar, Nachmittags S'/r Uhr. Die,,Wgenzia Stefani" meldet: Car« diual Pecci würde zum Papste erwählt und bestieg unter dem Namen Leo der Dreizehnte den päpstlichen Stuhl. (Joachim Pecci aus Carpeneto, geboren am 2. Mürz 1810, und somit achtundsechszig Jahre alt, ist von sehr gemüßigter Natur und zugleich an Gesundheit üu- ßerst rüstig.) — Mn heimliches Verhältnis;. Humoreske von Otto Girndt. Fortsetzung. Der Vetter besah seine eigene Kopfbedeckung: „Daß ein Hut diesen Mangnetismus in sich trügt, ist eigen- thümlich. Ich Hütte Lust, den Besitzer davon zu unter richten." „Thu's acceptirte sie lebhaft, „wenn Du ihn: triffst, was der Himmel gebe.' Schildre ihm die Anziehungs kraft seines Cylinders, unfehlbar glaubt er dann, Du weißt, welche Keckheit er gegen mich begangen —" „Was?" rief der Rittmeister einen Schritt zurück tretend. „Und willst ihn dafür zur Rechenschaft ziehen," vollendete sie. Vetter Max warf in erkünsteltem Zorn den Kopf auf: „O, ich werde es!" Daran lag jedoch der Cousine wenig, wie sich aus ihrer besänftigenden Entgegnung ergab: „Ich bitte um kaltes Blut, lieber Haudegen! Nur ihn einzuschüchtern ist Deine Aufgabe. Hast Du sie gelöst, so soll Dich die Muse der Dichtkunst belohnen. Notabene, die Sache bleibt unter uns!" Und ihm die Hand reichend, wünschte sie freundlich: „Gute Nacht Vetter Max!" Hierauf war er nicht gefaßt. „Plötzlich entlassen?" fragte er. „Aber in Gnaden, Mylord, in vollen Gnaden!" winkte sie. „Eure Majestät sind räthselhaft." Sogleich trat Leontine aus der Hoheitsrolle heraus: „Den Erfolg Deiner Bemühung theilst Du mir morgen mit, nicht wahr, guter Junge? O verzeih', ich soll Dich nicht mehr so tituliren!" Der Vetter, der ihre Fügsamkeit in den Willen Anderer Wohl kannte, ließ seinen Zweifel merken: „Von wem nimmt meine Herrin Vorschriften an?" „Von einer Grazie," bediente ihm die zungenfertige Cousine, „der auch mein Herr gern gehorchen würde, wenn ich ihn recht verstehe." Hill begriff ihre Andeutung: „Leontine!" „Max?" lächelte sie schlau. Er sah sich rasch um, eilte auf Sie zu, und die Erregung seines Inneren zitterte durch den Flüsterton: ,Liebe theure Leontine!" „Das heißt," sagte sie melancholisch, „die liebe, theure Leontine bleibt sitzen!" Hill faßte ihre Hände: „Du willst mich ja gar nicht haben!" Mit derselben Treuherzigkeit, wie er, belheuerte sie: „Die ewigen Sterne, die ich vor der Gaskrvne nicht sehe, sind meine Zeugen, daß ich nicht will!" „Er hat Recht," rief der Rittmeister, „Du bist ent» zückend Cousine!" „Wer?" Sie stand äußerst überrascht da und ver nahm auf der Stelle: „Ein Schriftsteller, von dem Du unlängst Etwas gelesen! Gute Nacht, liebe Leontine! Denk nur nach!" So überließ Hill das Mädchen sich selbst. Auf der Treppe aber lachte er in sich hinein: „Ich eile sporn streichs zu ihn: zurück, und müßt' ich ihm aus dem Bett trommeln!" Leontine hatte keinen Versuch gemacht, den Vetter aufzuhaltcn. Sie stand, blickte sinnend in die Höhe, blickte wieder zur Erde, schlug die Arme in einander und ging langsam hin und her: „Weiß ich denn nicht, was ich unlängst gelesen habe?" Alles Grübeln half ihr nicht auf die Spur. Welcher Schriftsteller gehörte zu , ihren Bekannten? Wo war ihr einer begegnet, der von ihr entzückt gewesen sein konnte? Sie grübelte noch, als sie in den Kiffen lag. III. Die Sterne hatten der neuen Sonne das Feld ge räumt, die rüstig vorschritt um den Zenith zu erreichen. Frau von Buffe besand sich in: kleinen Salon allein. Sie erwartete ihren Banquier Spangenberg und hatte in Erinnerung der gestrigen Glossen Leontinens die bei den jungen Mädchen nach dem gemeinsamen Frühstück auf Wandas's Zimmer geschickt: ihre Tochter sollte ihr keine Verlegenheit bereiten.