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Wochenblatt Ne ensfll ecbep -kr 4. tto. iS. H K. und Umgegend für Pulsnitz Abonnement. Monatl. rv^, ! vierteljährlich z.2L bei freier Zustellung ins Haus, durch die Post bezogen untre Nr. ssvr Xt ,.2S. Lricheint Dienstag. Donners tag und Sonnabend. Beiblätter: Illustr. Sonntags blatt u. Humor. Wochenblatt Inserate für denselben Tag find bis vormittags zo Uhr aufzuoeben. Einspaltige Zeile oder deren Raum 12 kokalpr. io Reklame ra Lei Wiederholungen Rabatt. Alle Annoncen-Lrpeditionen nehmen Inserate entgegen. Aints-Blatt -es Bönigk Kmtsgepickts und -es §la-ti»atkes »u pulsntts be!egfamm-8öfe§§e: blockendlskk pulsnik. Amtsblatt für Sen Bezirk des Uönigl. Amtsgerichts Pulsnitz, umfassend di« Drtschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Böhmisch-V -llung, Großröhrsdorf, Bretnig Hauswalde, Ghorn, Gbersteina, Niederstem«, Weißbach, Dberlichtenau, Niederlichtenau, Zriedersdvf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf Druck und Verlag von L. k. Försters Erben (Inh.: w. Alohr.) Expedition: pntsnitz, Bismarckplatz Nr. res. Verantwortlicher Redakteur Dtto vorn in Pulsnitz. Ar. 38. Donnerstag, dm 29. März 1906 58. Jahrgang. Montag, den 2. appi! 190H, NiemanNulsnilL. Das Wichtigke vom Hage. Die Erste Kammer des sächsischen Landtags stimmte gestern dem Verkauf des fiskalischen Areals zur Anlegung eines Truppenübungsplatzes bei. Der gestern Mittag von Smakopmund in Hamburg eingetroffene Postdampfer „Erna Woermann" brachte fünf Offiziere und höhere Militärbe amte, 50 Unteroffiziere und Mannschaften und die Leichen des Leutnants Bandermann und des Pioniers Schulz in die Heimat zurück. Altf der Konferenz zu Algeciras wurde gestern durch eine» Antrag der amerikanischen Dele gierten eine Verständigung in der Polizeifrage angebahnt. In der Frage der Bankanteile wurde ein Einvernehmen erzielt. Marokko und die Marokko-Konferenz. Während die Großmächte in Algeciras noch um eine Verständigung über die Regelung der Polizei- und Bankfrage in Marokko ringen, zeigen sich in Marokko höchst bedenkliche Zustände, die wahrscheinlich zu neuen Konflikien in und mit dem Jammerstaaie Marokko führen werden, wenn es dem Einflüsse der Großmächte und dem Sultan von Marokko nicht gelingt, die Revolution in Marokko zur Ruhe zu bringen. Bu Hamara, der kühne Rebellensührer in Marokko, der sich schon mit seinem Anhänge seit drei Jahren zu halten ver steht, in zwei Provinzen Marokkos sogar als Herrscher gilt, kämpft neuerdings mit noch g'ößerer Kühnheit gegen die Truppen des Sultans als früher. Bu Hamara macht selbst Anspruch auf den Thron i» Marokko entweder auf Grund einer alten mohamedanischer Fabel oder in Form eines ge schickten Schwindel«. Es kommt Bu Hamara dabei zustatten, vaß viele Stämme in Marokko niemals den Willen des Sultan« al« den ihres Oberherrn wirklich achten, sondern immer erst von den Truppen des Sultans zum Gehorsam gezwungen werden mußten. Aber ohne Zweifel wird Bu Hamara auch mit französischem Gelve unterstützt und zwar zu dem Zwecke, um durch den Hinweis auf die ständige Re- volution und Unordnung in Marokko Ursache zu Beschwerden und Einmischungen zu Haden. Frankreich hat also in der Marokkofrage offenbar zwei Eisen im Feuer, es will durch die Konferenz der Großmächte in Algeciras ein gewisses Mandat in Marokko auf Grund seiner durch die Nachbar schaft Algiers gefährdeten Interessen erlangen, oder sich da« Mandat schließlich gar selbst nehmen, wenn m Marokko der Bürgerkrieg vielleicht bis zum Sturze des Sultan« führt. Einer solchen Lage gegenüber und angesichts der Tatsache, daß nicht nur England, sondern auch Rußland wegen finanzi eller Not und Italien und Spanien wegen ihrer Landgelüste in Nordasrika auf Frankreich« Seite stehen, muß sich Deutsch land bescheiden und damit zufrieden sein, wenn Marokko dem Handel und dem Unternehmungsgeiste aller Völker offen bleibt. Ein Ziel, welche« die Konferenz in Algeciras wohl dieser Tage erreichen dürfte. Ein großer politischer Wider spruch liegt ja in der ganzen Marokkofrage und in der Auf- gäbe der Konferenz insofern, weil die Konferenz die Sou veränität deS Sultans von Marokko festhält unv zu stützen sucht, während in Wirklichkeit die Regierung des Sultans von Marokko so schwach und kläglich ist, daß seine Sou veränität tatsächlich nicht existiert, sondern nur als eine ihm von den Großmächten gemachte Konzession behandelt werden kann. Nun ist eS allerdings wahrscheinlich, daß, wenn die 8 Hafenstädte Marokkos unter die polizeiliche und wirtschafts politische Kontrolle der Großmächte kommen, dann die Auf rührer, Räuber und Schmuggler in Marokko den Boden allmählich verlieren und der Sultan eine von den Groß mächten gestützte Souveränität entfalten kann. Frankreichs Loyalität ist m dem weiteren Verlaufe dec Marokkofrage nicht ganz zu trauen, zumal eS an England eine große Stütze für seine Ansprüche hat und auch Rußland, Italien und Spanien, lediglich ihre Sonderinteressen verfolgend, auf Frank reichs Seile in der Marokkofrage stehen. Ob bald in der Praxis in den Zuständen Marokkos viel geändert werden wird, kann erst die Zukunft lehren, denn es hängt eigentlich noch alles in der Schwebe, und dann müßte doch auch erst abgewartel werden, welche Wirkungen die Bank- und Polizei reformen in Marokko haben werden. Oertltche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz Gestern, Mittwoch, Nachmittag zwischen 2 und 4 Uhr sand im Prüfungszimmer der Stadtschule die öffentliche Prüfung der Handelsschüler, sowie die Entlassung der Schüler der 1. Klasse de- Handelsschule statt. Zu diese: Feier hatten sich mehrere Lehrherren oder deren Vertreter, Eltern uns Freunde dieser Anstalt eingefunden. Herr Handels schulleiter Lehrer Heinrich e öffnete diesen Examen mit Gebet und prüfte sodann im Wechselrecht. Ihm folgten Herr Oberlehrer Schmalz im kaufmännischen Rechnen, Herr Lehrer Gräfe in HandelSgeschichte und Herr Kaufmann Wild in englischer Sprache. Die Antworten folgten auf die gestellten Fragen zum größten Teil seh- pünktlich, wenn auch nicht immer verständlich für die erschienenen Gaste. Nach dieser Prüfung erhielten die Schüler ihre Zensuren, deren Resultat nicht gerade ein erfreuliches zu nennen ist, Dis Zensuren im Betragen und Fleiß waren zum Teil nur genügend (2 —3), was) auch Herr Handelsschulleiter Heinrich mit Bedauern konstatieren mußte. Er richtere ferner ermahnende Worte an die Schüler und legte ihnen ans Herz, dahin zu wirken, daß im nächsten Jahre ein Plus erzielt werde. Nur dem Schüler Thomas, bei der Firma A. E. Hauffe, dessen Zensuren sehr gut waren, wurde eine öffentliche Belobigung zu teil. Die abgehenden Schüler verabschiedete Herr Handelsschul- leiler Heinrich in einer längeren, zu strebsamem, sittlichem Lebenswandel ermahnenden Rede. Zum großen Bedauern Derer, die es angeht, prüfte! Herr Oberlehrer Schmal; zum letzten Mal. Aus Gesundheitsrücksichten hat er sein Amt, das er 7 Jahre in dieser Anstalt verwaltet hat, nie dergelegt. Herr Lehrer Heinrich, sowie Herr Städtral Cun- radi, als Vorsitzenver des Handelsschulausschusses richteten ehrende Abschiedsworte an den Scheidenden, worauf Herr Schmalz dankend erwiderte und sich auch von den Schülern verabschiedete, dieselben darauf hinweisend, daß er nur ihr Bestes im Auge gehabt habe. Herr Handelsschulleiter Hein rich stattete sadann noch den Dank ab den Aufsichtsbehörden und beschloß mit Gebet diese Feier. — Die Handelsschule wurde im verflossenen Jahre von 36 Schülern besucht Die Arbeitshefte lagen im Prüfungszimme- zur Ansicht aus Pulsnitz. Letzter Vortrags-Abend des Kaufmämschen Vereins in dieser Saison. Man hat den Dialekt mit gutem Recht den .Herzschlag des Volkes ' genannt. WaS das Menschenkind bewegt in glücklichen und ernsten Stunden, was es fühlt, hoff:, sehnt und denkt, himmelhoch jauchzens und zum Tode betrübt, das macht sich Luft in den mnigen Lauten, mit denen die engere Heimat uns umgibt und die für Gefühlsregungen, für alle Seelenstimmungen die Sprache des Herzen« bilden. Mit den Bestrebungen zur Erweckung und Erhaltung volkstümlicher Eigenart verbinden sich daher auch in unserer Zeit mehr und mehr die gleichzeitigen Be mühungen, der mundartlichen Pflege unterstützende Kräfte zuzusühren und damit einer der edelsten Aufgaben des Volks tums gerecht zu werden. Unter den Künstlern, welche hierzu erfolgreich ihre Kräfte leihen, hat sich nun der Königlich bayrische Hofschauspieler Herr Max Hosp au er aus München, welcher gestern, Mittwoch, Abens im Saale des Schützenhauses vor ein zahlreiches und gespannt lauschendes Auditorium trat, einen ganz bedeutenden Ruf erworben. Reich begabt mit der Nachahmung der menschlichen Stimme in ihren hohen und tiefen Lauten, gewählt und trotzdem natürlich m seiner Vortragsweise, rezitierte der Künstler ernste und heitere Werke süddeutscher, als wie auch norddeutscher (hochdeutscher) Schriftsteller. Rosegger, Karl Stieler, Som- merSdorf und Wildenbruch kamen hier zur Geltung Be sonders hervorzuheben verdienen RoseggerS: .Der Orgler von St. Thomas" und .Der lächerne Hirs'l Beide lief- empfunden geschrieben, doch durch die Vortragsweise jedem Einzelnen verkörpert dargestellt Die humoristi- schen Sachen erweckten ebenfalls regen Beifall und dürfte Herr Hofpauer von hier geschieden sein, auch in einer kleinen Stadt Verständnis und Anerkennung seiner Dialektvorträge gefunden und kennen gelernt zu haben Der Vorsitzende des Kaufmännischen Vereins, Herr Stadtrat Alfred Cunradi, stattete dem Herrn Vortragenden im Namen der Erschienenen den Dank ab. — Wann kommt der Frühling? Der Lenz monat, der uns den Frühling bringen sollte, neigt dem Ende zu. Wohl waren uns wiederholt schon Frühlingstage be- schieden, und mit Goethe mußte man schon Anfang März ausrufen: .Tage der-Wonne, kommt ihr so bald?" Jeder Erfahrene wußte aber auch schon auf« bestimmteste, daß der Rückschlag kommen mußte. Und er ist auch diesmal nicht ausgeblieben Frühlingsanfang am 21. März steht für unsere Region auch nur im Kalender, und erst langwierige Beobachtungen haben den Beweis dafür erbracht, daß die Grenze des Frühlingseinzuges oder des Beginnes der Vege tationsdauer in den drei Zonen Sachsens schwankt: in der ersten Zone zwischen 28 April und 9. Mai, in der zweiten zwischen 10. und 17. Mai, in der dritten zwischen 18. und 25 Mai. Al« Mittelwerte des Frühlingseinzuges sind fest gestellt in der ersten Zone für Leipzig der 29. April, für Dresden der 30, für Chemnitz der 7. Mai; in der zweiten Zons für Annaberg der 13. Mai und in der dritten Zone für Oberwiesenthal der 22 Mai Nach wissenschaftlichen Be rechnungen wird also noch ein Monat ins Land gehen, ehe wonnige Frühlingsluft allenthalben Wald und Flur erfüllt. Doch keine Regel ohne Ausnahmen ! Hat uns schon der März vorzeitige Frühlingstage gebracht, an denen alt und jung auf atmete, warum sollte sie uns der kommende April vorenthalten. Hoffen wir von ihm das Beste. — Wie wird das Wetter am Sonntag sein? Ja, Schockschwerenot, Herr Winter, nun machen Sie aber, daß Sie zum Teufel kommen; denken. Sie, daß Sie so sich Sympathie erwerben, so find Sie schief gewickelt. Kein Mensch kann Sie jetzt leiden, gönnen Sie doch dem jungen Lenz nun auch einmal die Herrschaft. Kommen Sie zu gelegener Zeit wieder, da sollen Sie uns willkommen sein, aber jetzt hinaus Der Kerl hat ein dickes Fell oder er ist taub ! Er läßt es weiter frieren und sendet ein Schnee gestöber nach dem andern! — Die Aussichten sind bei der jetzt noch andauernden Druckverteilung: „Hoher Druck im Nordwesten, niederer dagegen im Südwesten und Nordosten" noch denkbar günstig für Kälte und Schnee. Wir erwarten so bald noch keine Aendernng, es erscheint im höchsten Grade zweifelhaft, ob eS am Sonntag wärmer ist, und wenn — dann jedenfalls nicht wesentlich, auch ist das Auftreten von Niederschlägen zu erwarten, nur ist heute noch nicht zu sagen, ob in Form von Schnee oder Regen. — Höhere Anforderungen sollen in Zukunft an Reserve offiziere gestellt werden, da die Erfahrungen bei den in den letzten Jahren zu Uebungszweckea aufgestellt gewesenen Re serve-Infanterie. Regimentern ergeben haben, daß eine bessere Ausbildung der Oberleutnants und Hauptleute des Beur laubtenstandes dringend erforderlich ist. Künftig soll ein strenges Auge auf die Offiziere geworfen werden, die eine Beförderungsübung absolvieren. Auch bei den Mannschaften soll dafür gesorgt werden, daß jeder Reservist mindestens zweimal 14 Tage im Landwehrverhältnis übt, um die Mann schaften kriegStüchtig zu erhalten. — Ucber d-e Stiftungen von Arbeitgebern berichtet der .Arbeiterfreund', daß sie im ersten Vierteljahr 1905: 27'/, Mill. Mark, im zweiten 57',„ im dritten 18,85 und im vierten 12'/, Mill. Mark betrugen. — Neue Versuchsuniformen wird Berliner Blättern zufolge da« Lehrmfanteriebataillon in Potsdam vom 1. April ab tragen. Waffenrock und Hose bestehen aus graugrünem Tuch, die Knöpfe find gerippt und stumpf, der Rockkragen ist ziemlich niedrig und enthält die Halsbinde eingenäht. — Die Einnahme des Reiches an Zöllen und Ver brauchssteuern betrug in der Zeit vom 1. April 1905 bis Ende Februar 1906: 839,92 Millionen Ma k oder gegen da« Vorjahr 82,81 Millionen Mark mehr. Die Zölle brach ten zwar eine Mehreinnahme von 98'/, Millionen Mark, andererseits ergaben die Zuckersteuer 13,3 und die Brsnnt- Weinverbrauchsabgabe 11'/, Mill. Mark weniger. Der Ueber- schuß der Rsichspost beträgt bisher 34,25 Millionen Mark.