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Der Grrnzbote Der vrenzbote erscheint täglich mit Ausnahme des den Sonn- und Feiertagen folgenden Tages und kostet vierteljährlich, voraus- bezahlbar, 1 Mk. 28 Psg. Bestellungen werden in der Geschäftsstelle, von den Austrägern des Blattes, sowie von allen Kaiser!. Postanstalten und Postboten angenommen. Inserate von hier und aus dem Verbreituugs- bezirk werden mit 10 Psg., von auswärts mit 15 Psg. die 4mal gespaltene Grundzeile oder deren Raum berechnet und bis Mittags 12 Uhr für den nächstfolgenden Tag erbeten. Reclanien die Zeile 20 Pfg. Tageblatt mb Anzeiger für Adorf und das obere Vogtland Verantwortlicher Redacteur, Drucker und Verleger: Atto Weyer in Adorf. 158. Konnabend, den 30. November 1807. 63. Iahrg. Die bereits am vergangenen Sonntag von der Kanzel erlassene Bekanntmachung, wo nach Schulkinder nicht auf den Emporen, son dern im Schiff der Kirche sich einzufinden ha ben, und nur Kinder in Begleitung von Er wachsenen auf deu Emporen Platz nehmen dürfen, wird hierdurch nochmals in Er innerung gebracht. Der Kircheuvorstand. Pfr. Lnther. Politische Rundschau. Berlin, 18. Novbr. Ueber den Empfang des Bischofs Anzer beim Kaiserpaare wird ge meldet, daß der Monarch sich eingehend über die Entwickelung der deutschen Mission erkundigte und die Ermordung der Missionare, sowie die deutscherseits unternommenen Schritte und Ab sichten zur ferneren Sicherung der Deutschen be sprach. Zum Schluß der Audienz erschienen sämmtliche hier anwesende Söhne, sowie das Töchterchen des Kaiserpaares und begrüßten den Bischof. Beim Abschied schenkte der Kaiser dem selben sein Bild mit eigenhändiger Unterschrift. Berlin, 18. Novbr. Der deutsche Kreuzer „Kaiserin Augusta" wird heute in Kanea anle gen und die deutsche Truppenabtheilung einschif fen, welche Kreta verläßt. Die „Kaiserin Augusta" ist bekanntlich nach Haiti bestimmt an Stelle des Kreuzers „Gefion", dessen Reparatur nicht früh genug beendigt werden kann. — Die Nachricht von einer deutschen Trup penlandung in der Kian-Tschau-Bucht auf der Halbinsel Schantung in China scheint sich in der That zu bestätigen. Nachrichten aus Shanghai zufolge wurden vom deutschen Geschwader nach der Okkupation der Kian-Tschau-Bay hundert Mann gelandet. Dieselben sollen dort bleiben bis für die Ermordung der deutschen Missionare Sühne geleistet wird. Es wird noch berichtet, daß die Gewaltthat nicht das Werk von Ban diten gewesen ist, sondern durch den Gouverneur, Namens Lipinghing, angestiftet worden war, ehe dieser nach Sz'-tschwang abreiste, für welche Provinz er zum Vizekönig ernannt worden ist. Die deutschen Besatzungstruppen haben Winter quartiere bezogen. Proviant und Ausrüstung sind ihnen von Shanghai geliefert. Der durch unsere Kreuzerdivision mittels Truppenlandung okkupirte chinesische Hafen war übrigens durch 5000 Chinesen besetzt. Sie führten die preußische Jägerbüchse Modell 1871 und hatten 14 Krupp sche Feldgeschütze. Da von einem Gefecht nichts gemeldet wird, haben sich die Chinesen augen scheinlich ohne ein solches zurückgezogen. Friedrichsruh, 18. Nov. Fürst Bis marck nahm gestern nach gut verbrachter Nacht an der Familientafel wieder theil.. Sein Befin den ist zufriedenstellend. Professor Schwenninger ist nach dreitägigem Aufenthalt wieder nach Ber lin abgereist. — In Oporto sind Matrosen Ides deutschen Kanonenbootes „Wolf" von den Portugiesen in- sultirt worden. Während der Anwesenheit des deutschen Kanonenbootes „Wolf" wurden einige Matrosen des Schiffes, welche sich an Land be geben hatten, von der Bevölkerung belästigt. Die Matrosen verbaten sich das, und es entstand ein Konflikt, in welchen sich Soldaten der Garde Mu- nicipal einmischten, aber anstatt den Matrosen pflichtgemäß ihren Schutz zu gewähren, selbst thätlich gegen sie vorgingen, wobei mehrere der Matrosen mehr oder minder verwundet wurden. Der Kapitän Schröder, welcher an demselben Tage Höflichkeitsbesuche mit den Behörden aus getauscht hatte, stellte die Forderung, daß die An gelegenheit behördlicherseits untersucht und dem deutschen Konsul das Ergebniß der Untersuchung mitgetheilt werden solle. Das Kriegsschiff ist so dann in See gegangen. Portugiesische Berichte scheinen den deutschen Matrosen Trunkenheit vor werfen zu wollen. Doch entspricht das sehr wenig dem Benehmen deutscher Kriegsschiffsmatrosen auf fremdem Lande. Jedenfalls dürfte auch hier eine Untersuchung nicht zu umgehen und erforderlichen falls von Portugal Satisfaktion zu fordern sein. — Zoll auf englische Kohlen. Die Londoner „Shipping Gazette" hat, wie sie versichert, aus glaubwürdiger Quelle die Nachricht erhalten, daß die deutsche Regierung den Vorschlag in Er wägung gezogen habe, nach Ablauf des gegen wärtig noch gütigen, Mitte 1898 aber ablaufen den deutsch-englischen Handelsvertrages einen Ein fuhrzoll auf englische Kohlen zu legen. Be stätigung dieser für die deutsche Kohlenindustrie bedeutungsvollen, aber nicht sehr glaubwürdigen Meldung bleibt abzuwarten. — Ueber die Besetzung der Bucht von Kiant- schau in China durch das deutsche ostasiatische Geschwader wird aus Shanghai gemeldet: Die Operationen begannen am Montag früh unter Leitung des Kontreadmirals Diederichs. Die drei Forts waren von 1500 chinesischen Truppen be setzt. Der Admiral stellte seine Schiffe gegen über den Forts schußbereit auf und sandte dem chinesischen Kommandeur das Ultimatum: Kiant- schau binnen drei Stunden zu räumen. Nach Verlauf dieser Frist landeten in Schiffsbooten 600 Mann mit 6 Kanonen und traten vom Gestade den Marsch nach den Forts an. Die Chinesen zögerten einige Augenblicke; als sie sahen, daß die Deutschen stetig vorrückten, nahmen alle Truppen Reißaus über die Hügel hinter den Forts. Dann rückten die Deutschen ein, zogen die chinesische Flagge nieder und hißten die deutsche Flagge unter Salutschüssen der deutschen Kriegsschiffe. Der chinesische Komman dant, der nicht geflüchtet war, beanspruchte deut schen Schutz für sich und seine Familie, der ihm auch sofort gewährt wurde. Wie aus London gemeldet wird, sind britische und amerikanische Kriegsschiffe nach Kianlschau beordert worden, um die dortigen Vorgänge zu beobachten. — Die „Hamb. Nachr." bemerken zu dem Passus der Thronrede Kaiser Franz Josephs über die österreichisch-russischen Beziehungen: „Wir können nicht leugnen, daß wir gern Näheres über die Abmachungen erführen, die zwischen den beiden Staaten getroffen sind, und darüber, ob Deutschland an dem Einverständniß betheiligt ist, oder ob etwa der Rückversicherungsvertrag, den wir bis 1890 mit Rußland hatten, und der damals vom Grafen Caprivi als zu complicirt aufgegeben wurde, nach österreichischer Seite hin irgend eine Reactivirung erfahren hat. Prag, 18. November. Nach einer Meldung der „Narodni Listy" sind für die zweite Lesung des Ausgleichsprovisoriums im Abgeordnetenhaus hundertundzwanzig Kontraredner angemeldet. — Ein neues Eisenbahnunglück wird aus Oesterreich gemeldet. Bei Horazdowitz ist in der Nacht zum Donnerstag eine leere nachfahrende Lokomotive in den Personenzug Eger-Wien hin eingefahren. Vier Wagen wurden zertrümmert und zehn Reisende in verschiedenen, Grade ver wundet. — Die Türkei hat dem Ultimatum Oester reich-Ungarns, das bekanntlich Donnerstag Abend ablief, noch in letzter Stunde sich unterworfen. Nachdem Mittwoch Nachmittag noch im Pildiz- Palais die Strömung gegen die Erfüllung der Satisfaktion für Oesterreich-Ungarn bemerkbar gewesen war, entschied sich Nachts der Sultan zu Gunsten der Satisfaktion. In den ersten Mor genstunden erhielt heute der Botschafter Varon v. Calice zwei türkische Noten, welche sämmtliche Forderungen betreffs Mersina sowie der Orient bahnen erfüllen. Damit ist der Konflikt befrie digend beigelegt. Oertliches und Sächsisches. Adorf, 19. Nov. Der Gesangverein „Lieder kranz" feierte gestern im Schützenhause sein 44. Stiftungsfest mit Concert und Ball unter zahl reicher Betheiligung der Mitglieder. Das ge wählte Programm enthielt außer den Gesängen auch noch Musikpwcen. Sämmtliche Männerchöre kamen mit guter Nüancieruug und Tertaussprache zum Vortrag und fanden sowohl diejenigen ernsteren Charakters, wie die „Königskinder" v. Siegert, „Spinn, spinn" von Jüngst, „Eislein von Caub" von Mike, als auch die heiteren Gen res, wie der Walzer „Am Wörther See" mit Orchesterbegleitung von Thomas Koschat, das Doppelquartett „Heut kimmt mei Vua" von Fit tig, ebenso wie der Männerchor „Jägerslust" mit Hörner- und Posaunenbegleitung beifällige Auf nahme und günstige Beurtheilung. Von den Musikstücken gefiel besonders „Die Sängerfahrt nach Schleiz", Potpourri über beliebte Männer chöre aus dem Liederschätze des Gesangvereins Liederkranz, arr. von N. N. und für Orchester instrumentirt von Mar Klarner. Sämmtliche Darbietungen, gesangliche sowohl als musikalische, wurden denn auch mit reichem Beifall belohnt. Ein solenner und gemüthlicher Ball schloß sich dem Conzert an und hielt die Theilnehmer noch lange beisammen. Adorf, 19. Novbr. Die heutige Schöffen gerichtssitzung, in der die Herren Tischlermeister Spengler von hier und Ortsrichter Marfin aus Arnsgrün als Schöffen mitwirkten, begann mit der Strafsache gegen die Angeklagten Wald arbeiter G. Neudel, Holzinstrumentenmacher Vräck- lein, und dessen Söhne Arnold und Bernhard Vräcklein, sämmtlich aus Remtengrün. Diese sind beschuldigt, am 30. Juni mit Steinen auf den in Remtengrün wohnhaften Bogenmacher Steudel geworfen zu haben. Der Angeklagte N., der sich jetzt wegen Diebstahls in Sachsenburg befindet, ist heute nicht erschienen, sondern dort vernommen worden. Das Gericht erkannte auf Schuld der Angeklagten und verurtheilte sie zur Tragung der Kosten, den Instrumentenmacher Bräcklein zu 15 Mark Geldstrafe oder im Falle der Uneinbringlichkeit zu 3 Tagen Haft. Die andern 3 Angeklagten kamen wegen ihres jugend lichen Alters mit einem Verweis davon. — — In der 2. Strafsache war der Fleischer geselle Jungfleisch aus Hostenbach bei Saarbrücken, der bei Herrn Fleischermeister Degenkolb hier in Arbeit steht, wegen Beleidigung des hiesigen Schutz mannes Herrn Zaumseil, die er sich in der Nacht zum 9. Sept, zu Schulden kommen lassen hat, angeklagt. Das Gericht erkannte die Beleidigung nicht als solche an und sprach Jungfleisch frei. Die Kosten des Verfahrens fallen der Staatskasse zur Last. * Die neue Serie von Kartenbriefen, welche demnächst zur Ausgabe gelangt, soll alle bei den jetzigen Kartenbriefen bemerkten Mängel nicht mehr haben. Sie soll besser gummirt und zweckmäßiger durchlocht sein und auf der Rückseite ein besseres Deutsch aufweisen. * Der Manglebaum oder Mangrovebaum, der einen großen Bestandtheil der Wälder an den Meeresküsten und in den Flußniederun gen Ostafrikgs bildet, besitzt eine Rinde, die un gewöhnlich reich an Gerbstoff ist. Die Reichs regierung ist nun in dankeswerther Weise be müht, unsere heimische Lederindustrie durch den Hinweis auf dieses in ungeheuren Mengen vor- räthige Material zu unterstützen, und hat bereits an die deutsche Gerberschule zu Freiberg i. S. ein größeres Quantum zur Untersuchung und zu praktischen Gerbversuchen gesandt. * Die diesjährige Aepfelernte scheint auch in Amerika nur schwach ausgefallen zu sein. Denn der amerikanische Apfel, der voriges Jahr um diese Zeit in großen Massen auf den deutschen