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Nr. 131. Wochenblatt für Pulsnitz und Umgegend — Donnerstag, de» 2 November 1905. Seite 6. lärst« und bedsutenste Feldherr und Militärkchriftsteller Ruß lands. Er zeichnete sich in den russischen Feldzügen in der Krim und 1877 durch strategisch; Begabung und persönliche Tapferkeit ungkwöhlich aus. Zar Alexander H. ernannte ihn 1878 zum Befehlshaber der GeneralsiabSakadenne, als welcher er aus die Ausbildung der ruisischen Offiziere refor matorischen Einfluß übte, vor zwölf Jahren wurde er zum Generalgouvsrneur von Kiew ernannt. Sein- Popularität verdankte er seinen von allem militärischen Us»S abweichen den UmgangSformen — er zechte mit den jüngsten Offizieren und schimpfte mit ihnen über ihr; Vorgesetzten — seinen originellen Tagesbefehlen, seinem Wirten gegen die Prügel strafe im Heere und seiner Politik. Dragomirow war be- geistert^r Panslawist, anderseits protestierte er, ohne sich auch dem Zaren gegenüber ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gegen die Verwendung der Truppen zur Unterdrückung der inneren Unruhen, gegen die strafweise Einreihung der Studenten ins Heer und dergleichen mehr. 1903 erfolgte sein Rücktritt auk der Armee und feine Erhebung in den Reichsrat. Im Frühjahr 1905 wurde er zum Leiter des KriegSrater berufen. Vermischtes. * Furchtbare Leiden auf hoher See haben zwei schiff brüchige Matrosen Thomas und Warner überstand^, die als die einzigen Ueberlebenden der Mannschaft des ameri kanischen Schiffe- „Van King" nach N-«.Dork gekommen sind. Sir wurden im nördlichen Teil deS Atlantischen OzeanS von dem Schoner „Kelly" gerettet, nachdem si- fünf Tage und viex Nächte auf dem Meere zugebracht und so entsetzlich unter Hunger, Durst und Kälte gelitten hatten, daß die übrigen sechs Mann der Besitzung wahnsinnig wurden und sich inS Meer stürzten oder vor Erschöpfung starben. Der Kapitän deS „Van King", Moxw ll, und sein Steuermann Chase waren Amerikaner; der Sch ffs- techniker war ein Deutscher, dessen Name unbekannt ist; außerdem bestand die Besatzung noch auS einem Neger, koch, zwei Matrosen und den beiden geretteten Negern Vor zwei Wochen wurde das mit Holz beladene Sch ff leck und erlitt bei einem großen Sturme §ch ffbruch Zuerst banden sich die Leute zur Sicherheit au den Reling dis Schiffe- fest und blieben dort den ganzen Tag, von der See umhergeschleudert und bis aus die Haut durchnäß'. In der Nacht kam eine groß? Wells über Burd, die einen Mann hinwegfegte und einen zweiten Namens Arthur dis Beine brach. Am nächsten Taae kehlte sich daS Sch ff vollständig um; al- einzige Zuflucht bli b ihnen ein Siück deS AchterhauseS, daS nur zur Not als Floß dienen konnte. Arthur hatte schreckliche Leiden zu erdulden; trotzdem ließ er sich an Bord deS FloßeS ziehen, daS ständig von Sturz wellen überschwemmt wurde; er starb aber noch in der- selben Nacht in den Armen deS Kapitän?. Am Tage noch dem Schiffbruch, an einem Sonntag, sichtete man ein Fahr zeug, aber die Hoffnung auf Rettung war vergebens, daS Schiff fuhr vorbei, ohne die mit den Armen winkenden Schiffbrüchigen zu bemerken. Jetzt bemächtigte sich aller die furchtbarste Verzweiflung. Abends warf sich der Steuer, mann, dessen Verstand sich verwirrt hatte, in? Meer. Die Wellen legten sich zwar, die schrecklich? Spannung wurde aber immer unerträglicher. Dann wurde der Kapitän Wahnsinnig und stürzte sich wie der Steuermann ins Meer. Der Deutsche war bei Verstand geblieben; als er aber mitangesehsn hatte, Wir die beiden Leute freiwillig in den Tod gegangen waren, wirkte daS so stark auf ihn, daß er auch inS Wasser sprang und ertrank. Da j-tzt aus dem Floß nur noch drei Mann waren, schwamm eS besser. DaS letzte Opfer war der Koch, der Montag Abend starb, und dessen Leiche von den beiden Ueberlebenden über Bord geworfen Wurde. Nach zwölf Stunde« kam HW. Der Schoner „Kelly" segelte vorbei und zog die beiden bewußrlostn Ne ger mit Schlingen über Bord. In den füns Tagen war jeder um dreißig Pfund leichter geworden, Regenwüsstr in einer Persenntg hatte die Leiden der Unglücklichen er. leichtert und sie vom Tode gerettet. * Die Erfolgs des „Ozean Restaurants". Aus New- Iork wird berichtet: Nach der ersten Fahrt deS Riesen. dompfecS „Amerika" von der Hamburg-Bmerika Linie er- klärte Autor, der Leiter deS Restaurants an Bord des Sch-ff S, daß nach feiner Meinung innerhalb fünf Jahren allen große atlantischen Dampfer X la earts- Restaurants haben werden. Die Preise auf der „Amerika" sind e!wa dieselben wie in den ersten Restaurants der Großstädte, die Weine sind ein wenig billiger. Die Kühlanlage hat so vollkommen gearbeitet, daß man während der gan: n Reise frisches Wild, Geflügel, Obst und G'müss liefern konnte. Von 411 Salonpassagiercn nahmen 120 ihre Mahlzeiten nur im Restaurant ein. Die größte Rechnung von 300 b-zohlte ein Reisender kür ein Souper, während für 3,50 ein vollständiges Frühstück geliefert wurde. Nach der „New-Jork World" betrug die Gesamisinnohme der „Anurcka" aus ihrer ersten Fahrt 600 000 Da sich die Unkosten auf 220 000 belaufen, bleibt ein Nutzen von 380 000 als Zinsen für die KopitülS- anlsge. * Zweimal den Traualtar verlassen. In Allsntown in Pennsylvania lebt ein F?Lul,m Katharina Brett, die vor zwei Jahren als festlich geschmückte Braut am Altar starrt, um sich mit dem Äuserwählten ihres Herzens frrirrlich kirch lich tränen zu lassen. Aber si? wartete vergebens; statt sj- ner kam ein Schreiben des Inhalt?, daß er Lrrcits ein Eh- wsib sein eiz-n nenne und sie infolgedessen nicht noch auch henaten könne. Am Donnerstag voriger Woche stand Frä-.- le'm Berit in der gleichen Kirch« vor demfrlh r Altar, u^. noch einmal ihr Glück, diesmal mit einem anderen Bräuti gam, zu versuchen. Doch wieder war er nicht erschienen, und vom Priester wußte sn zum zweiten Mole ungetaut scheiden. D.e Mutter d S Bräutigams hatte sich dieser Ehe widersetzt und ihrem Sohne im l tztrn Moment zu bestimmen gewußt, die Studt zu verlass n und nicht zur Trauung zu gkh-n. Dis arme Braut wurde bei der absagenden Nach richt ohnmächtig und liegt jetzt an einem Nervenfi-brr krank darnieder. Bezirksliste geschützter Erfindungen. Mitgeieilt vom Patentbureau O. Krüger L Co., Dresden, Schloßsir. 2. EM Z ill.'', Resa: Gem-inlom- Hubvsrrichiung für E-nzslrodwaqen oder Raddruckausser zum gleichzeitigen und gleichmäßigen Bbheben und Niederlossin oller Räder von EisrnbohnfahrMgen. (ert. Pat.) — Robert Hahn, Bautzen: Dampfwaschmaschine, bestehend aus einem Un terteil, eingelagerter Dommel, atS WsschgeM benutzbarem Oberteil und einem W ff" sch ff (Gm ) — G-oßenbainer Webstuhl- und Maschinenfabrik Akt.-Ges, Großenhain: Echlagfallenbswegung an mechanischen Webstühlen. (Gm.) — Wochen-Spielplan der Königk. Hostheater zu Dresden. Königliches Opernhaus. Freitag, den 3. November: Hoffmanns Erzählungen. ('/,8 Uhr.) Sonnabend: Der Evangelimann. C/28 Uhr.) Sonntag: Fra Diavolo. f'/,8 Uhr.) Königliches Schauspielhaus. Freitag, den 3 November: Zar Peter. (7 Uhr.) Sonnabend: Elga. C/28 Uhr.) Sonntag: '/zL Uhr: 1. Volksvorstellung: Brand. '/.,8Uhr: Der Raub der Sabinerinnen. Montag, den 6. November: Zar Peter. (7 Uhr.) W i t t e r n n g s s u s s i ch t e u. Freitag, den 3. November: Zeitweise heiteres, meist wolkiges bis trübes, milder, windiges Wetter mit etwa? Regen. Hauptgewinne derKgl. Süchs Landeslotterie. ö. Klasse. — Gezogen den 30. Oktober 1905. — Ohne Gewähr. 5kW39 Mir. 78420 15639 LIK. 27319 1062» Nir. 43068 98964 MO Nir. 75311 78792 3600 Nir 4165 8334 10033 15029 17706 18463 21393 23778 30500 33422 41117 53757 53849 60384 6378S 66901 71922 79913 81261 86165 91349 91738 2669 Nir. 8466 13279 15051 16365 27397 28630 29848 44609 48844 50431 52184 55008 73042 75086 75133 81236 82888 87086 93993 94998 190» 51 k. 279 525 547 1606 3698 4612 4735 8365 9103 11148 12122 13777 14691 1.5604 20484 20582 21851 24992 25128 27398 31149 36728 37012 4I5L1 42799 45782 53234 56149 59067 65085 66684 70002 70852 73187 75182 76534 79872 80413 82872 85466 85978 93310 93316 50» »Ilr. 2348 3038 3818 3828 5117 537» 8228 9173 10742 10-31 11960 12156 13639 14632 15362 17396 17847 18063 18208 18472 18551 19725 20155 21629 25618 25621 30122 30370 30652 31.96 3358» 35410 39569 41492 44993 47148 48164 52660 54301 55523 56055 58058 64344 64631 67567 68388 69301 71219 71649 72549 77148 77516 81075 82133 85431 89057 92322 96144 97442 97961 Gezogen den l. November 1905. Die Prämie von 300 000 Mir. und ein Gewinn von 5000 Mir. ist ons Nr. 66997 < Herrn Richard Krüzer in Leipzig) gefallen. 97617 3000 Mir 42921. 90855 5622 19199 25096 25394 26522 27687 28223 37901 46199 49667 59:96 60962 7S9L9 76330 77130 84259 90903 93421 94813 97823 2000 >1 k l860 14270 27625 29175 38175 38907 39524 40643 41639 49773 60014 64786 65149 68838 70608 78411 83806 84620 1000 Mir. 87123 .565 90444 9!186 11646 15728 16085 18344 18858 20174 20644 22737 23255 23918 21335 25615 26275 28470 29231 30665 30842 34790 35224 37180 37566 41084 42446 42970 45060 45168 47328 54749 55743 57315 60U7 63897 64822 68909 70: 31 70675 72034 80335 80549 80822 80956 84835 83016 87749 88307 89544 91480 91821 92565 95214 95423 500 MU S! 21 L88N <!'>8U 8071 I1I06 II460 I2LKS I2I4I - 16802 18031 18158 23999 25787 26562 27158 28049 29599 32172 32489 33089 33531 35421 36475 38092 40783 41082 41604 41691 44132 44218 47990 49745 51399 55028 56322 56927 58848 60708 60907 64562 63055 63987 64105 64946 68922 69850 7I0W 72 '40 72743 73238 73681 74323 76134 77272 77434 78008 80199 83343 86168 86639 90510 93744 kirchliche Wachrichte«. Sonnabend, den 4. November, 1 Uhr: Betstunde, Pastor Nesch. Sonntag, den 5. November, XX. naest Irin.: >/>S Uhr: Beichte, l Pastor Resch. 9 „ Predig (Luc. 13, 6 -9), l v,2 „ Gottesdienst für die konfirmierte weibliche Jugend (Bpvstrlg'sch. 16, 13 — 15), Pfarrer Schulze. 8 „ JünglingS- und Mä^nerv rein, Amts woche: Pastor Reich. Mittwoch, den 8. November, abends 8 Uhr: Bibelstu^^ im Konfirmandenzimmer dtsPkarrbaustk, Pfarr«rSch„s„ Das Erbe. Novelle von Lulu von Strauß und Torney. 13. lNachdruck verboten.) Vielleicht würde ihn sein alter Prosissor auch als Assistenzarzt avstellen. Aber darauf konnte er keinen Hausstand gründen. Er dachte die verschiedenen Möglichkeiten ganz sach lich durch, aber das Resultat blleb dasselbe. ES konnte noch Jahre dauern. Und seine Ehrenhaftigkeit litt eS nicht, daß er ein Mädchen aufs ung-wisse an sich band. Er mußte sie sreigeben. Er wußte, waS sie sagen würde. Sie würde aus ihn warten wollen. Aber das durste er nicht annehmen. Wenn er sich auch gebundin fühlte, sie mußte ganz frei bleiben. Franz Frieling war ans Fenster gegangen und sah in die Dunkelheit hinaus. Er konnte keine einzelnen Formen unterscheiden, auch der Himmel war bezogen von einem stumpfen, gleichmäßigen Schwarzgrau. Er hörte auch nirgends einen Lau». Nur die Uhr tickte aufdringlich. Die Nacht ging hin, Viertelstunde auf Viertelstunde. Eine von den Nächten, die älter machen und ein Stück Lebenskraft miluehmen. Aber auch eine von den Nächten, die starke, feste, reise Menschen schaffen. Franz Frieling wollte mit sich selbst ganz fertig sein, ehe da- härteste für ihn kam, ehe er mit Anna Heilmann sprach. Er wollte es ihr ganz ruhig sagen. ES würde ihr nur noch schwerer w-rden, wenn sie sah, daß er litt. Davon brauchte kein Mensch zu Mfscv, auch sie nicht. Mit heimlicher Bitterkeit dachte er, daß Mox selbst gar nicht ahnte, waS eS ihn kostete. Aber dann wehrte er sich gegen den Gedanken. Um Dank tat er eS ja nicht. ES fiel ihm auch keinen Augenblick rin, daß er sich noch Wieck zurückziehen könnte. Die Sache war nun abge macht. Aber in diesen Stunden wurde der impulsiv-! Ent- schluß d-S , uzcnblickS zur bewußten Tat. Er wurde zum Opfer. Ueber daS flache Land kroch die graue, kalte Morgen dämmerung. D r Schein der Lampe wurde häßl'ch gelb und kraftlos. Franz Frieling iöfchie sie aus und wirf sich auf daS Sosa. Nicht um zu schlafen, nur um den Tag zu erwarten. Anna Heilmann hatte sich gewundert, daß si Gestern den ganzen Tag nicmand avS dem roten Haus gesehen hatte. Ader eS beunruhigte sie nicht. Franz hatte wohl zu arbeiten gchobt oder Schreiberei wegen deS HanskouscS, dessen Verhandlungen im Gange waren Heute war eS auch schon später als seins gewöhnliche Zeit. Anna saß allein in der Stube, ihr Vater war aus daS Feld gegangen. Wenn Franz kam, wollte sie mit ihm Nachkommen; der Alte liebte eS, den Rückweg bei einer guten Pfe-se und einem guten Gcfpräch zu machen. Da sah sie Franz den Weg durch den Baum-rarten kommen. Sie stand aus und legte ihre Arbeit zusammen, ohne Eile, ein ruhiges Lächeln auf dem Gesicht. Auf den HanStörstufen kam sie ihm entgegen. Steh sah mit einem raschen M'ck, daß sein Gesicht graublaß und übernächtig war. DaS erschreckte sie, eS Aber sie fragte nicht, paar knappe Worte, ckgegenzugehen, schüt- licht, er war eiwa- müde. So saßen sie denn wMMtst in der Stube, Anna hatte ihre Arbeit wieder Stommen, er stützte den Arm auf ihr Nähtischchen uA-. sah den gleichmäßigen Btw> gungen ihrer große», Möngnorwten Hände zu. Sie wa- Mr hatte ihm doch wohl eiwaS gesetzt si- wußte, das liebte er nicht. Er sagte zu Anfang nurM« N!S sie ihm vorschlug, dem VM»i teile er dcn Kopf. Heute lHbex ren still, oder sie empfanden beroe Sie Sülle heute wunder' lich drückend. Sieh sah aus, ais er plötzlich seine Hand auf ihre Finger legte. „Laß daS j tz', Arina. Ich habe dir etwa- notwen diges zu sagen." Ihre Augen blieben gespannt aus seinem Gesicht, eine Heimlichs Unruhe war darin. „Was ist, Franz?' Er schob den Stuhl zurück und stand auf. „ES ist etwas, daS uns beiden schwer wird, Anna. Aber ich weiß, dsß du tapfer sein wirst. Es Hilst ja auch nichts." Er atmete einmal tief. „Ich will eS nur ohne weitere Umstände so heraus« sagen. Ich habe Verlust gehabt, Anna. Ick» kann die ProxiS nicht übernehmen. Wir fönneu ni»t heiraten." Ihr war langsam das Rot in die Stil» gestiegen. Nun nahm sie seine herobhäugende Hand tn ihre beiden. „Ist bas all.S, Franz? warten wir eben," sagte sie einfach. Er schüttelte den '»ein? Stimme klang hart und heiser, als er wt-ver ipcach, „Das ist es kbest, Anna, das geht nicht. Wir müssen — ich muß dir dein Wort zurückgeben." „Warum?" „Warum? Du mußt da- doch verstehen, Kind. Ich kann ras deinem Vater gegenüber nicht verantworten. Du machst dir gor nicht klar, WaS warten heißt. Ein Jahr nach Lem andern, ohne Aussichten, und älter werden, und vielleicht Verb ltert. DaS dars tch dir nicht antun. Wir Muffen uns aufgeben." Sis war j-tzt auch langsam aufgestanden und sah ihm ins Glicht mit großem, ernsthosten, durchdringenden Au gen. Und aus einmal zuckic ihr Mund, sie faßte mit bei den Händen ganz fest seinen Arm. (Fortsetzung folgt.)