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Nr. 84. Wochenblatt für Pullnitz und Umgegend. — Sonnabend, den 15. Juli 1905. Seite 6 Der Sie tu des Anstotzes. Erzählung von L. Id el er (U. Derelli.). 17. Nachdruck verboten. Ruhig befahl ihm Marianne, den Weg frei zu geben, der Geisteskranke rührte sich nicht nnd versperrte die Tür. Er sah die Dame mit funkelnden Augen an. Dem sonst so Willensstärken Mädchen begann unheimlich zu werden, aber sie versuchte, die finstere Macht zu lösen, die seine Seele augenblicklich verdunkelte. „Singe doch Karl" sagte sie weich und freundlich. DaS Wort half. Und in melo dischen Tönen begann der Unglücklich': „Dort, wo die klaren Bächlein rinnen, Seh' ich von fern ein Hüttchen stehn, Dort weilt von allen Schäferinnen Die schönste, die ich je geseh'n." ES lag ein schneidender Kontrast mit der Wirklichkeit in diesem sanften Liede. Hochaufgerichtet stand das bleiche Mädchen im Grabgewölbe am Sarge ihre- Bruder-, die Augen fest auf den irrsinnigen Mann geheftet, ihr Herz schlug in banger Furcht, zu so später Stunde im einsamen Park mit einem Verrückten, wer konnte Wissen, «a» Karl Eberhard in einer geistigen Umnachtung den nächsten Au genblick beginnen würde? Und woher kam diese Umnach tung? Marianne schauerte zusammen, aber sie zeigte ihre Furcht nicht, ernst und fest blickte sie den Armen an, und durch die welken Totenkränze zitterte weich und sehnsüchtig da- Lied von der schönen Schäferin. Da tönte ein Eulengeschret unmittelbar neben der offenen Tür. Marianne atmete befreit auf, dieser Eulen ruf war von einer Menschevstimme nachgeahmt, so waren doch Menschen in der Nähe und sie nicht mit einem Irr sinnigen allein in der Nacht. Jäh brach der Gesang ab, und der Au-druck der Furcht breitete sich über das ver- wilderte Gesicht und mit einem SchreckenSrus sprang Karl Eberhard seitwärts in da» Gebüsch. Die Tür war frei. Au» dem Dunkel hervor trat -er Inspektor Krause, freund lich grüßend zog er den Hut. „Ich sah, daß er wieder im Parke umherschlich, da bin ich ihm nachgegangen und kam gerade zur rechten Zit. Dies war zuletzt da» ein- zige Mittel, ihn zu verscheuchen, denn er ist körperlich sehr stark; hätte ich ihn mit Gewalt aus der Tür bringen wol len, so hätte er sich am Ende widersetzt, und da er viel stärker ist, als ich, fiel mir die Eule ein. Da» Mittel Hilst doch immer," schloß er lachend, „der Eulenrus muß eine gewaltig satale Erinnerung sür seinen armen, verwirr ten Kopf sein!" Dann trat Herr Krause aus Marianne zu, die noch immer wortlo» neben dem Sarge stand. „Bnä- dige» Fräulein haben sich wohl schon geängstigt?" fragte der treue Mann besorgt. „Kommen Sie, ich werde Sie zum Schloß führen, die» ist auch hier zu so später Stunde ein schlechter Aufenthaltsort für eine Dame." Ohne ein Wort der Erwiderung Heß sich die Schloßher- rin au» dem Gewölbe htnauSsühren, der Inspektor ergriff die Laterne und verschloß die Tür. Zitternd streckte Ma rianne die Hand nach dem Schlüssel aus und seufzte erst erleichtert auf, al» sie da» kalte Metall an ihrem Herzen fühlte. Schwankend schritt sie neben dem Inspektor her, dieser wurde immer besorgter. „Darf ich ihnen den Arm anbieten?" fragte er, „stützen Sie sich doch auf mich, Sie können ja kaum gehen. Ich werde aber doch ein ander- mal mehr aus Karl Eberhard auspassen, e» darf nicht ge- litten werden, daß er hier allein umherstreicht und die Da men so erschreckt." Marianne nahm gern den dargebotenen Arm, sie wußte, wie treu und zuverlässig der Mann an ihrer Seite war und die Nähe eine» treuen Herzen» tat ihr unsägl ch wohl; aber dann wurde ihr dunkel vor den Augen und mit einem schweren Seufzer sank sie zu Boden. Glücklicherweise waren sie schon in der Nähe deS Schlosses angelangt; rasch entschlossen rief Krause einige vorübergehende Arbeiter an und die Bewußtlose wurde schnell in ihrem Schlafzimmer zur Ruhe gebracht. Kor- nelie verlor die Fassung nicht, obgleich sie tief erschrocken und betrübt «ar; sie bemühte sich still und geräuschlos um die Leidende und dank ihrer treuen Sorgfalt schlug Fräu lein Marianne bald wieder die Augen auf. „Soll ich zum Arzt schicken?" fragte Krause. „ES geht vorüber," erwiderte Kornette, „leider kenne ich diese OhnmachtSansälle schon, Tante hat sie öfter-. Doktor Kurze sagt, sie gingen vom Herzen au- und wären nicht unbedenklich, sowie aber da- Bewußtsein zurückkehrt, ist die Gefahr vorüber. Heute geht e- noch, wenn eS sich nur nicht einmal schlimmer wiederholt!" setzte sie seufzend hinzu. „Da- gnädige Fräulein müßte aber doch nicht des Abend» spät so ganz allein zu dem Grabe gehen," bemerkte der treue Beamte in bekümmerlichem Ton, „eS regt sie aus nnd eS ist schon sür einen Menschen, der dem Toten fremd war, schauerlich. Wenigstens nicht mehr des Abends im Dunklen mit einer so unsicher leuchtenden Laterne." „Sie haben recht, Herr Krause," antwortete Kornelie freundlich, „ganz recht und ich werde eS meiner Tante noch einmal vorstellen. Ich würde ja natürlich mitgehn, dann wäre sie nicht allein, aber sie wünscht meine Beglet- tung bei diesen Gängen durchaus nicht." „Nun dann gute Nacht und gute Besserung!" wünschte der Inspektor und verließ da» Zimmer. Kein Wort kam über die Lippen de» ehrenhaften Manne-, tief im Herzen aber dachte er: „Ist e» nur Unglück, oder ist e» auch Schuld, waS sie zu verbergen hat? Sott helfe ihr!" Noch etwa- angegriffen saß Marianne von Marinitzka am andern Nachmittag in ihrem Lehnsessel, aber sie war heiter und vergnügt. Ihr Blick ruhte zärtlich auf ihrer jungen Nichte; sie hatte eS wohl bemerkt, daß Kornelie und der Baumeister sich verständigt hatten, aber die sein- fühlende Dame fragte nicht, sie legte daS Schweigen de- jungen Mädchens auch nicht als einen Mangel an Ver trauen gegen sich au», sie wußte sich von ihrer Verwandten geliebt und wartete in Ruhe, bis Kornelie imstande sein würde, von dem zu sprechen, »aS doch ihr ganzes Her, erfüllte. Diese beiden Frauennaturen bedurften überhaup weniger des AuSsprechenS al» manche andern. Marianne von Marinitzka schwieg über viele», Wa da» Leben ihr gebracht. Ein Wagen fuhr auf die Rampe vor dem Schloßpor tal; Kornelie blickte empor. „Besuch!" sagte sie „aber ganz Fremde. Ein Herr und eine Dame, wer kann e» sein?" Die Herrschaften stiegen ab, gleich darauf trat der Bediente mit zwei Karten ein, die er Fräulein Marianne präsenttrte „Loui» Karmann, Rittergutsbesitzer aus RobertS- höh," laS die Dame lächelnd. „Therese Hamm." Führe die Herrschaften in den Salon, HanS, wir «erden sofort kommen." „Rittergutsbesitzer aus RobertShöh!" rief Kornelie be- lustig», „nun wird dieser ärmliche Bauernhof noch zum Rittergut! Wenn Herr Karmann mit solchen Ansprüchen an sein neue- Heim herantritt, wird da- Vergnügen nicht lange dauern." „Wer ist nun aber Therese Hamm? Die Dame kann weder eine Schwester noch seine Frau sein!" sragte Ma rianne, auf die elegante Visitenkarte blickend. „Vielleicht seine Braut?" „Da- wäre doch nicht passend sür ein Brautpaar, allein im Lande umherzusahren," antwortete Kornelie, „außerdem sagte ja der Doktor, Herr Karmann sei Jung, geselle. Vielleicht eine Verwandte, die ihm den Haushalt führt." „Nun, wir «erden ja sehen," meinte Marianne, und beide Damen traten verbindlich den fremden Gästen entge gen. Herr Karmann war ein noch junger Herr, kaum Mitte Dreißig, sehr groß, sehr Hoger, mit einem bartlosen, blassen Besicht und starkem hellblondem Haar, Fräulein Hamm hingegen war klein und brünett, sehr lebhaft und Wie eS den Anschein hatte, leicht ein wenig gereizt. Sie schien den Herrn sichtlich zu bevormunden, und zu ihrem Erstaunen hörten die Golyae Damen, daß gar keine Ver wandtschaft zwischen den beiden vorhanden war. Fräulein Marianne und Herr Karmann führten ein gleichgtlttg Gespräch über die Verhältnisse der Umgegend, bi- jetzt trat der Fremde noch mit keinem Wort über seine Absichten, die hiesigen Wälder anzukausen, hervor. lieber- Haupt machte der Herr nicht den Eindruck eines gewandten und gewiegten GeschästSmanneS. Fräulein Hamm ließ ihre funkelnden, schwarzen Au gen im Zimmer umherschwetfen, kann betrachtete sie mit scharfen Blick da» junge Mädchen und ihre Schönheit schien ihr zu mißfallen, ein Schatten slog über ihr wenig ansprechende» Gesicht. Sie achtete nicht auf die höflichen Bemerkungen, mit denen Kornelie sich an sie wandte, um sie zu unterhalten, sondern hörte mit sichtlichem Jntnsse dem Gespräch der beiden andern Personen zu. (Fortsetzung folgt.) s«rme88iio88>Mtzit«il finden sachgeiALtze Erledigung durch kueSoll Feldmesser, Dismembrations - Ver- Messungen ävn VKrsp kliodtetvn kelämessern AlklokßestsIIt, Vulsnits, Königsbrücker Str. 252 Z/. Mrck-LxkaW 86ld8t Lu ! 1 OriginM. kelobel's kunsqff - kxtruet- Lsssuren und "/, bis I ^Veingsist (Lpiritns Vini) nseb VorsohMlt vsrwisokt, kM Z Ur teiasten bunsekvxtract, äsr soßlsivb rinn tsrtiß, mit bsisssm Vasser gsnjFssu virä uoä von böobstsm Vokißssobmsvk und grösster 8s- kömwlicMsit ist. vis Lrgpurvls ist «norm! 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