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V. Die Nillandschaften. zur Bereitung eines allerdings nur nach sudanesischen Begriffen wohl schmeckenden Bieres verwendet. Auch Maniok, süße Bataten, Jams, Ko- lokasien werden gebaut. Tabak ist überall im Gebrauche und wird in kurzen Thonpfeifen ohne Rohr geraucht. Hornvieh ist, nach Schweinfurth, nirgends im Lande anzutreffen, selbst Schafe, Esel, Pferde und Kamele sollen mehr zu deu sagenhaften Tieren ihrer Vorstellung gehören. Nur Hühner und Hunde werden gezüchtet. Das Fleisch der letzteren bildet einen vorzüglichen Leckerbissen. Indessen ist auch der Gcuuß von Menschenfleisch bei den Niam-Niam im Schwünge, obwohl, wie Schweinfurth berichtet, mehrere Häuptlinge, die der Forscher kennen gelernt, denselben verabscheuen. Menschenfleisch genießen soll nach ihren Angaben eine berauschende Wir kung äußern. Verspeist werden im Kriege Leute jeden Alters, die alten häufiger als die jungen, ferner Leute, die eines plötzlichen Todes starben und allein dastanden. Ja man will sogar Fälle beobachtet haben, in denen Träger, sobald sie den Strapazen erlagen und verscharrt waren, von Niam- Niam ausgegraben und verzehrt worden sind. Nur dann verspeist man Menschenfleisch nicht, wenn es von Leuten stammt, die an einer ekelerregenden Krankheit gestorben sind. Das Volk wohnt in Hütten, die zu kleinen Weilern gruppiert und über das Kulturland zerstreut sind. Solche Gruppen von Weilern, be richtet Schweinfurth, sind oft durch Wildnisse von mehreren Meilen Aus dehnung voneinander getrennt. Die Fürsten bewohnen, ihrem Range ge mäß, eine größere Anzahl von Hütten. Diese letzteren haben die schon bei den anderen Völkern geschilderte Kegelform. Die Dächer laufen häufig in einen mit zierlichem Strohgeflecht gezierten Oberteil aus. Die Hütten sind nicht selten farbig (rot, schwarz) getüncht. Verzierungen werden häufig mit schwarz-weißem Flechtwerk in Gestalt eines Kreuzes angebracht, wie bei den Fan in Westafrika, welche sie von den Seefahrern gelernt haben werden. Die unreife Jugend bezieht aus moralischen Gründen separate Wohnungen. Die Kornspeicher der Niam-Niam haben eine zierliche Ge stalt und ruhen, um die Frucht vor Nässe und Ungeziefer zu bewahren, auf einem Untergestelle von Latten und sind mit einem glockenförmigen Dache wohl geschützt. Der Fürst, der den Titel „Bjiä" (fast wie „dwiO ausgesprochen) führt, befehligt die waffenfähige Mannschaft im Kriege und vollstreckt mit eigener Hand die Todesurteile. Er bezieht seinen Tribut aus der Jagd beute, besonders dem Elfenbein, und aus dem Ergebnisse des Knaben- und Mädchenhandels. Er besitzt eine durch äußern Schmuck hervorragende Wohnung, ist mit einer Leibwache umgeben und giebt sich nach außen hin in seinen Bewegungen einen solchen Anstand, daß er, wie Schweinfurth meint, an würdevollem Benehmen, an majestätischer Haltung und Tournüre mit allen Fürsten der Erde wetteifern könnte. Um so unerklärlicher, fährt 270