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I. Einleitung. erstreckt sich demnach durch circa 35 Längengrade als ein mächtiger Streifen Landes von etwa 165 geographischen Meilen Breite. Die Notwendigkeit einer genauen Präcisierung der Landschaft und einer den geographischen Vor stellungen unserer Zeit entsprechenden Abgrenzung durch mächtig hervor tretende geographische Individuen, wie es die Stromläufe des Mgir und Nil sind, ergiebt sich aus der großen Allgemeinheit der Bedeutung des arabischen Namens Beleb es-Sudän, unter welchem schließlich, müßte man ihn nicht in bestimmte geographische Grenzen bannen, das gesamte Land der Schwarzen, also auch der mächtige pcninsulare Teil von Südafrika verstanden werden könnte. Die Bodenplastik wie die sonstigen physikalischen Verhältnisse dieses ungeheuren Gebietes sind ebenso mannigfaltig, wie die Völker, welche das selbe bewohnen. Obgleich das ganze Gebiet in der tropischen Zone liegt, hat es dennoch glückliche Verhältnisse in orographischer, hydrographischer und klimatischer Beziehung, welche im engen Vereine miteinander auf dem Territorium in alter und neuer Zeit Staaten von großem Umfange und hoher Bedeutung erstehen ließen — ein Unicum auf dem ganzen, der Staatenbildung so abholden afrikanischen Kontinente. Der Sudan bildet in jeder Beziehung einen vollendeten Gegensatz zur benachbarten Wüste. Der Übergang ist in unmerklicher Weise durch einen flachen Steppengürtel hergestellt. Dem vom Norden aus der Wüste vordringenden Reisenden bietet sich nach und nach eine Fläche mit merkbarer Vegetation: endlich verschwinden die Dünen; das Pflanzenreich fängt an, sich zu entfalten; zahlreiche Spuren von Antilopen, Gazellen und Hyänen, einzelne Naben, Aasgeier und kleine Singvögel deuten an, daß man sich am Ausgang der Wüste befinde. Gerhard Rohlfs, welcher südlich von der Oase Agadem den Boden des Sudan betreten, schildert uns mit lebhaften Farben den Eintritt in das „Land der Schwarzen". Den eigentlichen Übergang zu den fruchtbaren Regionen bildet die große Steppe Tintümma, eine unab sehbare Ebene, hier mehr, dort weniger gewellt, hier mehr, dort weniger mit Gras bewachsen, doch fast nirgends ganz ohne Vegetation. Gustav Nachtigal berichtet, daß sich in der zweiten Hälfte der Steppe die ver einzelten Tundub-Bäume und Akazien zu Gruppen vereinigen und allmählich der Weg des Reisenden zum ausgetretenen Pfade werde. Nun beginnt auch die Waldvegetation, und zwar mit einem Reichtum, der die Reisenden in Erstaunen setzte. „Welch malerische Gruppen, welcher Reichtum der Färbung, welche Mannigfaltigkeit der Formen! Mit inniger Lust weilt das Auge des Wüstenwanderers auf diesen Schöpfungen der Natur, deren Genuß ihm durch den Gegensatz zu der toteu Welt, die hinter ihm liegt, ins Unendliche vervielfältigt wird." „Derjenige freilich," fährt Nachtigal fort, „welcher südlichere Gegenden bewohnt hat, vermißt hier noch tropische Fülle; selbst für den Nordländer verschwindet der Charakter der Üppigkeit