61 Pape und Rohling kennen gelernt haben. Rosegger ist Tendenzdichter, und das ist ein weiterer Hauptgrund für seinen großen Einfluß auf das Volk, und zwar ist er ein Tendenzdichter von ganz einzig konsequenter Halsstarrigkeit, st „Aufmerksamere Leser haben . . . gesehen," sagt er im Vorwort zu seinem neuesten Novellenband („Sonnenschein." Leipzig, Staackmann. 2. Tausend 1902), „daß die Dinge, so in meinem Himmelreich' besonders niedergelegt sind, in anderer Form durch alle meine Schriften gehen, vom ,Waldschulmeistcr' bis zum ,Wcltleben', vom .Gottsucher' bis zum ,Ewigen Licht', von ,Zither und Hackbrett' bis zu den übermütigsten der Dorfgeschichten." Daraus er klärt sich sreilich, daß ein so feinfühliger Ästhetiker wie Anton Lohr („Lit. Warte" I, 1.) nicht viel für die Wald novellisten — denn sie machen es einer wie der andere — vom künstlerischen Standpunkt aus übrig hat. Nun, Win denken: etwas mit Unterschied; es hat ost sogar sehr hohen poetischen Geist, wo eine Sache mit Ausbietung aller Kräfte in künstlerischem Gewände verteidigt wird — eine Ansicht, die auch R. M. Meyer des öfteren ausspricht — und wenn es gar mit Roseggerscher Naivetät und mit Roseggerscher Phantasie geschieht, dann doppelt. Dem Volke — und das Volk hat doch auch sein Recht auf ') „Es istbekannt. daß im Landvolk das Ideal vom Guten mehr gilt, als das vom Schönen. Je ursprünglicher ein Volk, je mehr lebt es in der tüchtigen That, je weniger hat es mit der Kunst zu Ichaffen. Je mehr ein Volk sich verfeinert, um so mählicher entfernt es sich von dem Begriff Tugend, um so mehr nähert es sich der Kunst. In den Städten macht Tugend niemand mehr Freude, nur wenigen Ehre, sie ist verachtet, wie eine altväterische Sache, und an ihre Stelle ist vielfach, der Schönheitssinn getreten."