118 Beichtsiegel — weil er über dessen Umsang sich nicht aus kennt — läßt sich am Karneval im Wirtshaus von erhitzten Weibern zum Tanze zwingen, führt selbst sein Hausmädchen als Gardedame auf den Tanzboden, eifert gegen Hirtenbriefe und Missionen, führt bischöfliche Anordnungen nicht aus und ist allen alles — nur kein Priester.') Lächer lich ist seine Stellung gegenüber dem Jdcalchristen Rolf, seinem Schüler: diesem Knaben weiß er nicht einmal zu antworten aus sein: „Heißt es, er ist vom heiligen Geist gekommen und hat keinen menschlichen Vater. Und das Stammbuch Jesu Christi leitet ihn väterlicherseits von David ab, bis zum Joseph. Wenn Joseph aber doch nicht der Vater ist!" (Ganz davon abgesehen, daß solche Gedanken nie und nimmer in eines „Knaben" Kopf je aufgekommen find.) „So viel studieren in der heiligen Theologie und die natürlichsten Fragen eines einfältigen Menschenkindes nicht beantworten können." Aber es wird noch besser: Rolf, der sich später von jeder bestimmten Kirche lossagt und dessen „Christentum" hauptsächlich in einem reinen Naturleben zum Ausdruck kommt, wird das ') „Es soll freilich nicht allzu selten Vorkommen, daß Priester ungläubig sind, die Ursache mag teils darin liegen, daß sie die religiösen Verrichtungen zu handwerksmäßig auf fassen, wodurch dieselben den Geist verlieren, und daß sie zu viel über das Dogmatische haben studieren and denken müssen, wodurch die Unmittelbarkeit des Herzensglaubens geschädigt wird." („Himmelreich") Dieser Rosegger will sich zum Richter über Glauben und Unglauben der berufenen Hiiter der Religion aufwerfen! Uns scheint, er und seine „Priester" thäten besser, statt in pharisäischer Anmaßung zu kritisieren, sich die ein fachste Kinderdogmatik, genannt Katechismus, zu Gemüte zu führen, um — gläubig zu werden.