98 Mit Gefühlen, mit Antipathien und Sympathien läßt sich nicht urteilen, und die Gabe der Unterscheidung, der Instinkt für das Wahre, ist keine Eigenschaft der Kin der dieser Welt. Mag Rosegger sich noch so sehr zur „Welt" in Gegensatz bringen, wenn je einer das Jenseits um das Diesseits hingegeben, so ist es unser Dichter mit dem Erdgeruch. „Alles was ich Ungutes gethan, hat seine Gründe gehabt, unter denselben Gründen würde ich es immer wieder thun" („Gedanken in schlaflosen Nächten.") — „ich bereue nichts!" So einer hat, wie schon gesagt, die Hölle nicht nötig, und da wollen wir gleich einmal Roseggers Exegese beim Horn fassen: der Schlüssel seiner gesamten Schristauslegung ist der Hedonismus. Es gibt wenig, was mit so erschreckender Deutlichkeit aus dem Herrenwort zu beweisen ist, als das Dasein eines ewigen Strasortes. Und wie findet sich Rosegger damit ab? Auf die einfachste Weise. „Was sagt Jesus vom Himmelreich? Daß es in uns selber sei. Ebenso kann und muß auch die Hölle in uns selber sein, sobald uns das Himmel reich fehlt. Die Hölle mit allen Teufeln, unter denen man nichts anderes als unsere Irrtümer, Schwächen, unsere Anlage zu Sündeu und Lastern versteht. Ach, wie alt ist dies und wie selbstverständlich! Wie gefährlich find diese Teufel, wie falsch, wie furchtbar, einerseits unvergleichlich schlimmer als die Teusel des Mittelalters, die man mit Weihwasser vertreiben, mit Sprüchen bannen konnte." („Der Wauwau".) Die Symbolik ist bei so unangenehmen Erscheinungen der Offenbarung ein recht brauchbares Ding. „Obschon die Christuslehre reiner Geist ist, so hat sic es doch nicht verschmähen dürfen, sinnbildlich zu sein, um von der sinnlichen Menschheit verstanden zu werden."