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häufig geschieht —, muß das Teutsche fast ganz erliegen, es erhält sich aber theils durch den Werth der tcutfchcn Literatur, theils durch teutsche Kirchen und Schulen, theils durch den steten Zufluß neuer Landsleute. Es giebt Wenige hier, die — wie man es zum Theil im Osten anlrifft —, ihrer Abstammung sich schämend und um für Eingeborne zu gelten, ihrer Muttersprache sich entäusert hätten. Viel mehr stellt sich hier — in der Stadt wie aus dem Lande — das teutsche Element ohne Scheu und als vollberechtigt neben das ameri kanische. Manche Teutsche haben, ohne ihr Wesen im Mindesten zu verleugnen, doch zugleich das Amerikanerthum so vollständig sich an geeignet, daß sie durch diese doppelte Befähigung einen Vortheil über die Eingebornen haben, besonders als Geschäftsleute, Advokaten, Aerzte re. rc., einen Vortbeil, der ihnen von jenen oft beneidet wird. Jtt St. Louis kann bereits kein bedeutenderes Geschäftsbaus ohne * einen teutschredcnden Handlungsgehülfen bestehen; in allen deutschen Niederlassungen findet man teutsche Friedensrichter und andere teut sche Beamten. Tas hiesige Leben ändert und bildet an Jedem, der neu in das selbe eintritt. Die in Europa aufgegebenen und deshalb hierher ge sandten Subjekte gehen hier entweder ganz zu Grunde, oder sind ge zwungen, zu irgend Etwas tauglich zu werden, und oft kommen wun derbare Bekehrungen und Umkehrungen vor. (Ein lüdcrlicher Stu dent endet als augcnvcrdrehender Methodistenpreriger, ein ausran- girter Lieutenant als Holzspaltcr oder Seifensieder, ein stolzer Baron treibt den Ochsenkarren, ein katholischer Psaffc hat hier Frau und Kind und farmert lustig, und ein schlauer Stallknecht ssebt einem der größten Gcschäftsbäuscr in St. Louis vor). Jeder lernt und sicht Neues, sein Blick erweitert sich, sein Urtheil schärft sich, — gezwun gen zu ungewohnten Anstrengungen gewinnt er an Energie und Selbstvertrauen, — die Engherzigkeit, die Bedenklichkeit, das Pbili- stertbum schwinden. Der früher Gedrückte bebt sich und lernt als gleichberechtigter Mensch sich fühlen und betragen, und der früber Vorncbme sieht zu seinem eignen Beßten sich gcnöthigt, von seiner eingebildeten Höhe herabzusteigen und die Andern ass seines Gleichen zu behandeln. — Toch nicht in allen Fällen ist die Umbildung eine erfreuliche. Menschen ohne feste und edlere Grundsätze, welche früher nur die in der alten Welt so mächtige Rücksicht oder die wirkliche