161 Achtzehnter Abschnitt. Kirchcn-und Schulwesen. Teutsche Schriftsteller, wenn sic über Amerika schreiben, lieben es, bas hiesige religiöse Treiben und Sektenwesen zu verhöhnen, und an Ursache zum Hohne sowohl als zu Verdruß unr Mitleid fehlt es aller dings nicht. Aber wo hat jentals in der Masse ein religiöses Leben bestanden ohne Auswüchse, ohne Verirrungen, ohne Uebertreibung? ' Religion ist eine so zarte Pflanze, daß sie nur im reinsten Lichte ge deiht, — dieses Licht aber wird durch Leidenschaft und Wahn ker Menschen immer getrübt, und wäre sie nickt so tief begrüntet im in nersten menschlichen Gefühle, so würde der mit ihr getriebene Miß brauch sie selbst längst von der Erre vertilgt haben. Was soll man thun? Soll man — wie cs meistens in ter alten Welt geschieht—. von Oben herab das religiöse Leben der Völker regeln, überwachen und beherrschen? Dann kann manchem Auswüchse zwar gewehrt werden, aber es ist zugleich-eine Willkühr und eine Ausschlieslichkeit unvermeidlich, welche die Gemütbcr sowohl verletzt als erkältet und eine leere Form an die Stelle des lebendigen Gefühles setzt, weil eien die religiöse Regung der individuellste Zug des menschlichen V esenS ist, und der allergrößten Freiheit zu ihrer Entwicklung bedarf. Hier gestatten wir diese Freiheit, — Niemand würde sic sich neh men lassen, — unr erwarten, daß die fortschreitende Bildung die Auswüchse entfernen wird. Nur soll das kirchliche Leben in das bürgerliche nickt störend ein- und übergreifcn, und daß dieß nicht ge- gcfckehe, ist eine der wichtigsten Aufgaben für die Wachsamkeit Aller. Man ziehe die Hand der Regierungen in Tcutschland von dem Kirchenwesen weg, unr Alles wirr sogleich sein, wie es hier ist, nämlich Unzählige werren von dem Kirchenthumc, welchem sie ge-