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MH! fNr. 3 Wochenblatt für Pulsnitz und Umgegend — Sonnabend, den 7 Januar 1905. Seite 2, 8. Stadtverordnete: 1, Herr Rechtsanwalt Otto Dietrich, 2. „ Schuldirektor Robert Dreher, 3. „ Bäckermeister Oskar Garten, 4. „ Privatus Ernst Grohmann, 5. ,, Schuhmachermeister August Hedrich, 6. „ Kupferschiedemeister Edwiu HoffmavU, 7. „ Lohgerbermeister Bernhard Hnhle, 8. „ vr. meck Kreytzig. 9. „ Buchbindermeister Bernhard Lindenkreuz, 10. „ Wagenbauer Gustav Löhnig, 11. „ Schneidermeister Bernhard Emil Müller, 12. „ Schuhmachermeister Alwin Schreiber, 13. „ Töpfermeister Hermann Sperling, 14. „ Sattlermeister Wilhelm Boigt, 15. „ Klempnermeister Oswald Weber. In der Eröffnungssitzung des Stadtverordneten-Kollegiums vom 3. d. M. ist Herr Rechtsanwalt Dietrich zum Stadtverordneten-Vorsteher und Herr Schuldirektor Dreher zum Stellvertreter des Vorstehers gewählt worden. Pulsnitz, am 7. Januar 1905. Der Stadt rat. vr Michael, Bürgermeister. Neueste Ereignisse. Die Gräfin Montignoso hat den Papst um Ver mittelung beim sächsischen Hofe gebeten, ist damit aber abgewiesen worden. Japanische Kreuzer erschienen in der Meerenge San Bernardino und in der Nähe von Manila. Die kriegsfreundliche „Nowoje Wremja" verlangt, an Stelle Stössels solle man die an Port Arthurs Fall schuldigen „diebischen, gewissen losen Beamten" dem Kriegsgericht überweisen. In der Festung Port Arthur wurden 200 kriegs gefangene japanische Matrosen entdeckt und mit Begeisterung befreit. VertNÄe «sd sächsische U«gelege«heitev. — „Gestrenge Herren regieren nicht lang.» D^s alte Sprichwort hat sich wieder hewahrheitet. Die Macht deL plötzlich gekommenen grimmigen FroüwctterS isi wieder ge brochen und an Stelle der scharfen Kälte ist nicht nur Tau«, sondern auch Regenwetter getreten. Da fehlt es denn auf unseren Straßen auch nicht an dem lieblichen „Matsch". Eine eigentümliche Erscheinung ist es, daß uns in diesem Winter immer Nordwinds Tauwstter bringen. Diese Tat sache entspricht den Voraussagungen mancher Wetterkundigen die schon im Herbst auf den durch den heißen Sommer her- beigesührten Mangel an Eismassen in den nördlichen Regio nen hinwiese» und betonten, daß wir kaum einen dauernden Frostwinter erhalten würden. Der jähe Temperatur»michlag ist für die gesundheitlichen Verhältnisse nicht angenehm und beim Ofenys^,» erscheint eine genaue Beobachtung des Ther» mometers mehr wie je notwendig, denn wenn heute so viel Grad Kälte herrsche», wie morgen Wärme, oder umgekehrt, so ist es mit dem gleichen Quantum Ofenfutter Tag für Tag kein« selbstverständliche Sache. Auch auf die Kleidung haben wir zu achten, da kann dis Einmummelei im Hand umdrehen zur Last werde», ebenso schnell aber auch wieder nötig sein. PulSnitz. Morgen Sonntag findet im Saal« dc8 SchützenhausrS ein Militär-Konzert von der Kapelle des 13. Infanterie-Regiments Nr. 178. (Kamenz) unter Leitung des königlichen Stabshobisten F. Bier statt. Die Leistungen genannter Kapelle sind non dem im Sommer stattgefundensn Konzert genügend bekannt, sodaß wir dieselben nicht be'onders hervorzuheben brauchen. Allen Musikfreunden kann der Be such angelegentlichst empfohlen werden. PulSnitz M. S. Die am Hohneujahr im Menzel- schen Saale veranstaltete zweite öffentliche Aufführung des Turnvereins für PulSnitz M. S. und Böhmisch - Vollung war ebenso außergewöhnlich zahlreich besucht, wie dis erste. Durch Spendung lebhaften Beifall« bekundetes die Besucher ihren Dank sowohl für die schöne Wiedergabe der beiden Theaterstücke, als auch für dis dargebotenen hervorragenden turnerischen Leistungen. Der anschließende frohbelebte Ball hielt in der Hauptsache die Jugend noch lange in ungetrüb tester Harmonie beisammen. Mit Freuden unv Genugtuung kann der Turnverein auf seine beiden wohlgelungenen Ver anstaltungen zurückblicken, brachten sie ihm doch den gewünsch ten reichen Erlös für den Turnstättebaufond. — Am 12. dieses Monats in der Zeit von vormit tag- 9,30 bis nachmittags 1 Uhr halten die Feldartillerie- Regimenter Nr. 12 und 48 ein gemeinschaftliches Scharf, schießen ab. Zur Vermeidung von UnglückSsSllen wird deshalb folgendes angeordnet. 1. DaS Gelände zw schen Wachau, Lichtenberg, PulSnitz M. S., dem Köllenberg und LepperSdors darf während des Schießens unter keinen Umständen betreten werden. Den Weisungen der Poften und Patrouillen ist unweigerlich Folge zu leisten. Zuwi derhandelnde haben ihre sofortige Festnahme zu gewärtigen. 2. DaS Beschädigen oder Wegnehmen der ausgestellten Ziele, Flaggen, Warnungstafeln pp. ist zur Vermeidung der Bestrafung der Schuldigen verboten. 3. Blindgegan gene Geschosse, Geschoßhüllev, Zünder, Zündladungen usw. dürfen nicht berührt werden, weil das mit Lebensgefahr verbunden ist. Der Finder hat nur den Fundort genau zu bezeichnen und umgehend der Königlichen AmtShaupt- Mannschaft Kamenz Anzeige zu machen. DaS Aneignen von Sprengstücken ist nach 88 242 und 291 R. St. B. BS. und 1—4 des Gesetzes gegen den Verrat militäri- scher Geheimnisse strafbar. 4. Zur Vermeidung der Ver- größerung der Flurschäden wird da» Betreten der Fluren durch Unbefugte verboten. Uebertretungen «erden nach 8 368, 9 ReichSstrafgefetzbuchS geahndet. Im übrigen wird noch bekannt gegeben, daß die unbrauchbaren Z'el- scheiben, auS Brettern und Pfählen bestehend, sowie die gefundenen tz prengftücke am Schießtage alsbald nach Ad- brechen der Ziele — nachmittags 3 Uhr am Gasthof« in Leppersdorf — öffentlich meistbietend versteigert werden. — Einen Vortrag über das Land der Goldminen Süd afrikas, über den Buren- und den rassisch-japanischen Krieg veranstaltet morgen Sonntag, den 8. Januar, abends 8 Uhr im Saale zur König Albert-Eich« in Ohorn Herr Rechts anwalt Or. Emil Elschswlcz. Dsrselb? hat den Burenkrieg als Berichterstatter Petersburger Zeitungen mitgemacht. Ec befindet sich jetzt auf einer Vortragstour und sprach bereits in verschiedene» Städten Böhmens. Dis Aussige« Zeitungen schreiben über diese Varträgs: „Herr Or. Elschswicz, der in Aussig, Thürmitz, Karbitz rc. über den Burenkrieg und über die Verhältnisse in Südafrika, dis er aus eigener An schauung kennt, Vorträge hielt, erwies sich als vortrefflicher Sprecher und gewürzter VortragSmsistsr, er versteht es, seins Vorträge sehr lehrreich, aber auch zugleich unterhaltend zu gestalten, sodaß er überall, wo er bis jetzt Vortrags hielt, großen Erfolg erzielte." Dienstag, den 10. Januar, von abends 8 Uhr an halt genannter Redner im Gasthof zur goldenen Krone in Obersteina «inen Vortrag über dasselbe Thema. Der EmtrittsvreiS beträgt nur 15 Pfg. Bretnig, 7. Januar. Gellern Nachmittag in der siebenten Stund« brannte da« mit Stroh bedeckte klein« Wohnhaus seS Herrn Albert Hehls vollständig nieder. Da« Feuer brach auf dim Boden aus, der Grund ist jedenfalls Essrndsfikt. — Se. Majestät der König hat genehmigt, daß die Nachgenannten die ihnen von Sr. Hoheit dem Herzog von Sachsen-Meiningen verliehenen Ordensdekorationen an nehmen und tragen, und zwar Oberschenk Gras von Ein- siedel daS Großkreuz und Kammerherr von Bünau das Komturkreuz 2. Klasse deS Herzoglich Sachfen-Trnestmischen Hausordens. — Wie aus Dresden berichtet Wird, besteht be- gründete! Verdacht, daß der Hochstapler Beyer' der am Weihnachtsheiligenabend bei Sen Besitzern der Hasmühle in DreSven-Plauen, Kommerzienrat Th. Bienert und Er win Bienert, sich als Kriminalkommissar auS Berlin ein- sührte und einen Versuch machte, von den Herren als Kau tion eine namhafte Summe Geldes zu erlangen, dabet aber abgefaßt und verhaftet wurde, identisch ist mit dem angeb lichen Grafen Wedell, der vor einigen Monaten in Leipzig den bekannten 24 000 Markschwindsl in Szene fetzte. Der in diesem Falle in Frage kommende Betrüger hatte sich für einen Grafen Otto v. Wedell ausgegeden, Sa er wußte, daß unter diefem Namen bei der Allgemeinen Deutschen Kreditanstalt in Leipzig ein Depot in Höhe von 24000 Mk. lag. Da er ferner in Erfahrung gebracht hatte, daß diese Summe in nächster Zeit abgehoben werden sollte, hatte er sich einige Tage vor Inszenierung des Coup auf dem Leip ziger Amtsgericht als Graf Wedell eingeführt. Am 24. September, an einem Sonnabend, veranlaßte er die genannte Bank, die gesamte Summe zur Aushändigung durch zwei Bankboten auf daS Amtsgericht zu schicken, wo er sich legitimieren wollte. Auf geschickte Weise wußte er den Boten da- Geld abzunehmen, indem er mit 24000 Mk. ein Zimmer betrat, durch dessen andere Tür er ungesehen verschwand. Nachdem ein Versuch, die Wertpapiere durch einen GcrichtSdiener auf der Reichsbank eivwechseln zu lassen, mißlungen war, glückte das Unternehmen bei der Deutschen Bank. Von da ab fehlre von dem frechen Gau ner, auf dessen Ermittelung 1000 Mk. Belohnung ausge setzt wurden jrde Spur. Dresden. Auf der Augustusbrücke sind die Arbei- ent so gefördert worden, daß jetzt sämtliche Platten und Tragsteine entfernt sind. Die letzteren waren durchgängig defekt. Die gefährlichen Arbeiten sind mit Hülse eines KranS auSgesührt worden, ein weiteres Beseitigen von Mauerwerk macht sich nicht nötig. Der starke Verkehr über. die alte Brücke nötigt dazu, die Gangbahnstrecke so schnell wie möglich wieder dem Verkehr zugängig zu machen. — Gräfin Montignoso beim Papst. Wolffs Bureau verbreitet folgende» Telegramm: „Die Zeitung „Capital«» meldet: Die Gräfin Montignoso hat sich unter dem Namen einer Prinzessin Murat 4 Tage in Rom aufgehalten und ist am Mittwoch Abend nach Sargana abgereist. Sie war nach Rom gekommen, um den Papst um Vermittelung beim säch sischen Hofe zu bitten. Der Papst soll ihr Worte de« Trostes und Mitleids gesagt, aber nicht eine Vermittelung und Wie- derauSsöhnung mit dem König von Sachsen versprochen haben. Dis Worts des Papstes sollen die Gräfin schwer enttäuscht haben und sie soll ssehr bewegt und völlig entmutigt ins Hotel zurückgekehrt sein." Auch dieser Schritt der Gräfin läßt auf eine völlige Verkennung der Situation schließen, wenn sie wirklich eine Rshabilitierung anstrebt, wie eS nach dieser römischen Meldung den Anschein hat. In anderer Beziehung ist die« neueste Unternehmen der Gräfin vielleicht ganz heilsamer Natur. ES zeigt doch greifbar deutlich daS Unsinnige der Fabeleien von den angeblichen Machenschaften der Jesuiten und der angeblich antiklerikalen Gesinnung der Gräfin. Nur nebenbei sei bemerkt, daß der Pavst natürlich eine Wiederaussöhnung mit dem König von Sachsen gar nicht versprechen kann. Bischofswerda. Ein Anfänger in dem edlen Räuberbandwerk gab am vergangenen Sonnabend Nachmittag gegen 3 Uhr auf der Straße von hier nach Weickersdorf eine Gastroll-, indem er «ine kräftig« älter« Frau auS Klein drebnitz anfiel und ihr daS Wohlgefüllte Geldtäschchen zu ent reißen suchte. Die resolute Frau empfing ihn aber mit den derben Worten: „Lausejunge vsrfl ich kratz« dir die Augen aus!" und rief dann, nachdem sie sich längere Zeit mit ihm herumgebalgt hatte, laut: „Hillmann, dort kommt Hillmann, Hillmann, Hillmann l" Dadurch erschreckt, nahm dec Angreifer RsißauS, merkte aber bald, daß Hill mann nicht kam, daß er also von der schlauen Angefallenen nur geäfft worden sei und schrie ihr von ferne drohend zu: „Warte nur, du L . . . ., du kannst mich ein andermal zum Narren halten!" verduftete jedoch, da sich Leute näherten, schnell übe« die Wssenitzwiesen nach hier zu. Schade, daß der saubere Patron entkommen ist. Bautzen. Dis höhere Abteilung der Städtischen Handelsschule wird Ostern 1905 zu einer vierklassigen Schule erweitert. Zur Ausnahme in die 4. Klaff« genügen daS er füllt« 13. Lebensjahr und diejenigen Kenntnisse und Fertig keiten, dis Schüler von mittlerer Begabung mit 13 Jahren in mittleren Volksschulen ohne fremdsvrachlichen Unterricht zu erreichen pflegen. Der systematische Unterricht in HandelS- und Kontorwiflenschast und der Unterricht im Englischs» be ginnen erst in'der 3. Klasse. Dis neue Lshrordnung erleich tert somit den auS Volksschulen kommenden Knaben den Eintritt in die höhere Handelsschule, während sie den au» entsprechenden Klassen höherer Schulen kommenden Schülern die Möglichkeit wahrt, den Kursu» der Schul« auch fernerhin in 3 Jahren zu vollenden. Außerdem befähigt sie die Schule, ihre Aufgabe in noch höherem Maße al» bisher zu erfüllen. Niedsrneukirch. In nicht geringen Schreck wurdr in der Sylvesternacht die Ehefrau des hiesigen SteinarbeiterS H. durch eine unliebsame Verwechslung »ersetzt. Der nichts ahnenden Frau wurde in ziemlich später Abendstunde mitge teilt, daß ihr Mann unweit von der Wohnung jedenfalls tot im Wasser liege. Nachdem der Verunglückte in die Be hausung gebracht, starb derselbe auch in kurzer Zeit, trotz aller angewandten Mittel. Zu gleicher Zeit erfuhr aber die nicht wenig erstaunte Frau, daß ihr für tot gehaltener Mann im Freundeskreise und bei einem Spielchen gesund und mun ter dem neuen Jahre «ntgegensehe. Nun erst wurde festge- stellt, daß der bedauernswerte Verunglückte ein 32 Jahre alter Tischler resp. Handarbeiter aus Waldenburg in Schlesien war, der mit dem hiesigen genannten H. eine solche Aehn- lichkeit hatte, daß selbst die eigene Ehefrau in ihrer Angst den Irrtum nicht bemerkt hatte. Liebstadt, 4. Jan. Mit welcher Sicherheit Tiere ihren Weg zu finden wissen, geht aus folgendem Fall her vor, der sich tn der Nacht von Sonntag zu Montag ab spielte. Ein Geschirr eines hiesigen Fuhrwerksbesitzers be- sand sich nacht- gegen V,1 Uhr noch in Hellendors bei Gottleuba. Bevor die Heimfahrt angetreten wurde, kehrte der Führer deS Geschirres noch einmal ein, um etwa» Warmes zu genießen. A!S er dann vor die Türe trat, bemerkte er zu seinem Schrecken, daß das Geschirr fort war. Obwohl der Rosselenker sich bemühte, da» Zwei gespann einzuholen, gelang ihm die» nicht. Die Tiere trabten munter ihre- Wege» und sind allein und wohlbe halten trotz aller zu überschreitenden Berge und Drehungen der einzufMagenden Wege gegen V, 3 Uhr in Liebstadt in ihrem Stalle mit dem Wagen eingetroffen. Glauchau, 5. Januar. Der tn letzter Zeit viel genannte General Jdittt, der den Artillertekampf -egen Port Arthur führte, hat früher beim 2. Sächs. Feldarttllerie- Regiment tn Pirna Dienst getan. Mit diesem nahm er auch an den Manöver« teil, die im Jahre 1881 t« Gegen- wart de» König» Albert in hiesiger Gegend abgehalten wurden.