der beseelenden Kraft seiner Phantasie über alles lebendige Sein. Ohne diese seelische Kraft, welche die aus der uns umgebenden Aussenwelt aufge nommenen Wahrnehmungen und Vorstellungen zu etwas Neuem umbildet, sie gleichsam mit Geist und Leben erfüllt, wäre ihm die Natur tot wie dem Tier, das weder einen Sinn für äussere Naturschön heit, noch auch die Fähigkeit besitzt, die Dinge und Erscheinungen der Natur anders als in ihrem na türlichen Sinne zu nehmen. In der beseelenden Naturanschauung, die Stimmung, Geist und Gemüt in die leeren Naturformen hineinsenkt, „um die ge meine Wirklichkeit der Dinge den goldenen Duft der Morgenröte webt“, tritt das Wesen der Phanta sie, dieses göttlichen, ausschliesslich dem Menschen verliehenen Geschenkes, am leuchtendsten hervor. Diese von der Phantasie als vergeistigende Leiterin durchdrungene Naturbetrachtung, die also weder in „dunklem Genuss“, noch in bloss äusserlicher Be wunderung besteht, sondern ein inneres Verständ nis, ein blitzartiges Übertragen von Empfindungen, Anschauungen, Gedanken auf die Welt der äusse ren Natur und ihres Geschehens bedeutet, nennen wir darum Naturgefühl. Erst in der lebendigen Anschauung der Phan tasie, die sich wechselweise als eine Vergeistigung oder Beseelung des Sinnlichen äusser uns, zugleich aber auch als eine Versinnlichung des Geistigen in uns darstellt, indem unser Inneres wie ein Spie gel die empfangenen Eindrücke zurückwirft und zwar so, dass wir immer uns selbst und unsere je weilige Seelenstimmung in dem Zurückgestrahlten erkennen, kommt das nur dem Menschen eigne Naturempfinden zu stände, das unbewusst die Ge setze der Schönheit, welche tief in unserem Innern verborgen ruhen, auf Gegenstände und Erschei nungen des aussermenschlichen Seins anwendet 12